Uni Hamburg vs selbstverwaltete Cafés

Stefan Streik 07.05.2008 11:21 Themen: Bildung Freiräume
Im neoliberalen Diskurs ist immer wieder davon die Rede, dass Studierende sich neben dem Studium ehrenamtlich engagieren sollen. Was allerdings passiert, wenn sie sich dabei nicht auf Schritt und Tritt kontrollieren lassen wollen, bekommen derzeit Studierende der Philosophie zu spüren. Am Semesteranfang wurde das seit über 20 Jahren existierende Philcaphé im zehnten Stock des Philosophenturms von der Fakultätsleitung geschlossen.
Die Nutzer_Innen wurden aufgefordert, die Schlüssel herzugeben. Um dies zu unterstreichen wurden vorsichtshalber die Schlösser ausgewechselt. Der Anlass für diese abrupte Maßnahme erscheint banal: Es wurde sich nicht immer hundertprozentig an das Rauchverbot gehalten. Die Nutzer_Innen des Caphés hatten seit Januar im keinen einzigen Glimmstängel mehr gequalmt - bis kurz vor Semesteranfang an einem Wochenende wieder einem besonders aufmerksamer Mitarbeiter der Universität der tödliche Geruch in die Nase zog, und die Schnüffelnase dieses Vergehen sofort der Fakultätsleitung meldete.
Die Geschäftführende Direktorin, Frau Recki, ordnete daraufhin an, das Caphé sofort schließen zu lassen. Eine Wiedereröffnung wurde in Aussicht gestellt -allerdings nur unter absolut unanehmbaren Bedingungen. So soll der mit Sofas bestückte Vorraum verschwinden, der faktisch Teil des Caphés ist, ferner soll das Caphé unter der Obhut eines Angestellten der Uni stehen und sämtliche Schichtpläne mit den Namen der ehrenamtlichen Tresenkräfte der Leitung des Departments übermittelt werden. Auf diese Weise soll dafür gesorgt werden, dass im Fall von Verstößen gegen die Hausordnung Verantwortliche bekannt sind, die zur Rechenschaft gezogen werden können. Außerdem würde das bedeuten, dass die Studierenden über keinen Schlüssel für den Raum verfügen und die Öffnungszeiten daher von den Arbeitszeiten des für das Caphé verantwortlichen Uni-Angestellten abhängig wären.
Nachdem weder von Seiten des Departments noch der Fakultätsleitung die Bereitschaft zu erkennen war, an diesen Punkten irgendetwas zu verhandeln, entschieden sich am Montag einige Studierende, es nicht länger hinzunehmen, dass sie aus ihrem Caphé ausgesperrt werden. Am Dienstagabend wurde zur Freude der Studierenden im Philosophenturm der Caphébetrieb wieder aufgenommen. Nachdem zunächst die Drohung im Raum stand, das Caphé polizeilich räumen zu lassen, kamen im Laufe des Abends einige Verantwortliche aus dem Universitätspräsidium sowie die Geschäftsführende Direktorin Frau Recki. Heraus kam dabei überhaupt nichts. Frau Recki bleibt bei ihrer harten Linie und weigert sich auch nur einen Millimeter auf die Studierenden zuzugehen. In der Diskussion betonten die Nutzer_Innen des Caphés, dass die Schließung eine unnötige Eskalation von Seiten der Univerwaltung darstelle, und forderten ein, dass das Engagement der Studierenden gewürdigt statt verhindert werden sollte. Die Auseinandersetzung bleibt spannend. Der Protest gegen die Schließung des Caphés hat dann gute Chancen auf Erfolg, wenn er in den nächsten Wochen ausgeweitet wird. Die Verantwortlichen müssen merken, dass sie sich eine Menge Ärger ersparen, wenn sie von ihrer engstirnigen Haltung abrücken. Also: In die Puschen kommen und gegen die Leute aktiv werden, die die Uni zum langweiligsten Ort der Welt machen wollen. Derzeit ist der Caphébetrieb wieder aufgenommen. Kommt vorbei trinkt einen Kaffee und informiert euch!

Außerdem findet morgen (Donnerstag, 08.05) um 18:00 im Vorraum des Philcaphés eine Vollversammlung aller Philosophiestudierenden statt.
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Ergänzungen

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der nestscheisser 07.05.2008 - 12:24
dabei hat die uni hh doch haufenweise wenig benutzte immobilien wie diese ... liebe rote gruesse aus der ferne