Brandanschlag in Chemnitz

Antifa 29.04.2008 19:46 Themen: Antifa Freiräume Soziale Kämpfe
Brandanschlag auf Kultur- und Wohnprojekt in Chemnitz
In der Nacht vom 28. zum 29. April versuchten unbekannte Täter in Chemnitz einen Brandanschlag auf das Wohn- und Kulturprojekt Reitbahnstraße 84 zu verüben.
Mindestens zwei Brandsätze wurden gegen die Fenster und die Plakatwand im Erdgeschoss des Gebäudes geschleudert.
Der eine Brandsatz bestand aus einer Bierflasche, die mit Spiritus gefüllt war, der andere aus einem Eistee-Tetrapak, ebenfalls gefüllt mit Spiritus. Augenzeugen berichteten, sie hätten zwei jung wirkende, vermummte Personen in schwarzer Kleidung fliehen sehen.
Eine der Bewohnerinnen des Hauses: „Das ist ein offensichtlicher Mordversuch. Wer Brandsätze auf Wohnhäuser wirft, muss davon ausgehen, dass dabei Menschen ums Leben kommen.“
Ein weiterer Bewohner: „Nur die Dummheit der Täter hat Schlimmeres verhindert.“
Die Täter warfen ihre Brandsätze offenbar ungeachtet der etwa 150 Meter stehenden Polizei, die gerade einen Autofahrer nach Alkohol kontrollierte.
Die Zeugen machten die Polizeibeamten auf ihre Beobachtungen aufmerksam, diese reagierten erst nach Beendigung der Kontrolle.
Seit Beginn des Projektes vor knapp zehn Monaten sehen sich die Bewohnerinnen Diffamierungen, Drohungen und auch Angriffen aus der Naziszene ausgesetzt. Dass auch dieser Anschlag seine Wurzeln im rechtsradikalen Spektrum hat, liegt daher nahe.
Damit reiht sich dieses Ereignis ein in eine Kette von Vorfällen, wie den Brandanschlag in Colditz und diverse Überfälle in Burgstädt und im mittelsächsischen Raum. Die dabei zu beobachtende erhöhte Gewaltbereitschaft schafft ein Klima der Angst.
Die Gesellschaft kann es sich unter diesen Umständen nicht mehr leisten, die Zustände weiterhin zu ignorieren.
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Ergänzungen

Rassistische Brandanschläge in Sachsen

rollo 29.04.2008 - 20:39
April 2008: Rassistische Brandanschläge in Cossebaude bei Dresden und anderen sächsischen Orten

 http://venceremos.antifa.net/ddneonazis/uebergriffe/april08_brandanschlag.htm

Ratlos nach dem Anschlag in Lodersleben

http://www.mz-web.de 01.05.2008 - 23:18
Nach dem Brandanschlag auf eine Unterkunft polnischer Erntehelfer in Lodersleben (Saalekreis) sitzen vier Jugendliche wegen versuchten Mordes in Haft. Die Tat löst Empörung und Ratlosigkeit aus.

Seine Telefone klingeln den ganzen Tag, selbst das polnische Fernsehen hat sich inzwischen angemeldet: Horst Fabich (Freie Wählergemeinschaft) ist als Ortsbürgermeister von Lodersleben zwei Tage nach dem Brandanschlag auf die Unterkunft polnischer Erntehelfer ein gefragter Gesprächspartner. Einer, der selbst viel grübelt über die Hintergründe der Tat - aber noch keine wirkliche Antwort findet.

Im Ort ist es ruhig an diesem Montag. Die Zeitungen im Supermarkt sind schnell vergriffen - und immer wieder ist da Kopfschütteln, wenn Einwohner nach rechten Tendenzen unter Jugendlichen gefragt werden. Eigentlich, sagt ein junger Mann, habe es im Ort eine ausgeprägte Heavy-Metal-Szene gegeben, die früher jeden Versuch erstickt habe, von außerhalb rechtes Gedankengut hereinzutragen. Das war es wohl, was Ortsbürgermeister Fabich meint, wenn er sagt, dass so ein kleines Dorf sich auch ein Stück weit "selbst erzieht". Rechtsextremismus sei ihm nie aufgefallen, so Fabich.

Irgendwann muss die Selbsterziehung wohl nicht mehr funktioniert haben. Etwa ein halbes Jahr sei es her, dass die 17 und 20 Jahre alten mutmaßlichen Brandstifter immer öfter Alkohol tranken und dabei rechte Musik hörten, sagt ein Jugendlicher. Sie rannten nicht Naziparolen grölend durch den Ort, unter Gleichaltrigen soll ihre Gesinnung aber kein Geheimnis gewesen sein. "Wir haben uns dann von denen abgekoppelt", so der junge Mann. Vor allem bei einem der Verdächtigen, von dessen Partykeller der Anschlag ausging, sei die Einstellung "schon manchmal krass" gewesen. Mit "schwierig" wird dessen familiäres Umfeld im Ort beschrieben. Ohne Lehre, der Vater vor drei Jahren gestorben, die arbeitslose Mutter offenbar überfordert. Der Anschlag aber - der habe auch ihn überrascht, sagt der Jugendliche.

Die Arbeitsstelle Rechtsextremismus beim Verein "Miteinander" beobachtet die Region Querfurt schon lange. "Es gibt dort gewaltbereite rechtsextreme Strukturen", sagte Sprecher Torsten Hahnel. Rechtsextreme in und um Querfurt, die sich selbst "Autonome Nationalisten" nennen, hätten Verbindung zu führenden Köpfen der Szene etwa nach Sangerhausen. In Querfurt selbst war es in der Vergangenheit mehrfach zu Vorfällen gekommen. Ob ein Zusammenhang mit den Tatverdächtigen aus Lodersleben besteht, werde geprüft, so Hahnel. Im Ort selbst war die Gruppe Jugendlicher durchaus schon unangenehm aufgefallen. Von zerschlagenen Autoscheiben, zerstörten Dachrinnen, umgeworfenen Mülltonnen reden Einwohner. Und vom Verdacht, die Gruppe könnte auch etwas mit dem Scheunenbrand hinter dem Erntehelfer-Haus im Februar zu tun gehabt haben. Die Polizei hatte eine Verurteilung wegen Diebstahls bestätigt.

Drei der Verdächtigen sollen aus durchaus intakten Familien kommen. Zwei gehen zur Schule, einer hätte am Montag seinen Ausbildungsvertrag für eine Handwerks-Lehre abschließen sollen. Zwei Jungen waren in der Feuerwehr integriert - rechtsextremes Gedankengut hat aber auch dort niemand bemerkt, heißt es. Ein 17-jähriges Mädchen, das am Sonntag wieder auf freien Fuß kam, gilt als Mitläuferin.

An sich ist Lodersleben ein Ort wie viele. Die Heimatstube lädt ein, das Schloss lockt, ein Schützenfest steht an. In der ehemaligen Schule gibt es einen betreuten Clubraum für Jugendliche. Für die Verdächtigen war der aber wohl kein Anlaufpunkt mehr: Er schließt um 18 Uhr. Und die ältere Jugend "weiß wohl nichts mehr mit sich anzufangen", sagt Ortsbürgermeister Fabich. Dass die Jugendlichen nun einen Molotow-Cocktail in das Haus der Erntehelfer warfen und einer sogar in ein Zimmer einstieg, um den zunächst wirkungslosen Brandsatz selbst zu entzünden, verbittere ihn.

Zeichen will nun neben Stadt und Kreis auch die evangelische Kirche setzen. Man bemühe sich um Kontakt zu den Opfern und den Eltern der Täter, heißt es. Morgen findet in Querfurt eine Andacht statt, in der "wir uns deutlich auf die Seite der Menschen stellen, denen offensichtlich der Brandanschlag gegolten hat. Wir lehnen jede Form von Gewalt ab", so Superintendentin Annette-Christine Lenk. Die Polen arbeiten unterdessen weiter auf dem Hopfenfeld - möglicherweise ist ihr Einsatz jetzt aber der letzte.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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55 — rt5

in umständen — xxx