Anti-GMO Aktion (Portugal)- ein Terrorakt?
Portugiesische Kriminalpolizei (PJ), klassifiziert Aktion gegen Genmais, stattgefunden im August vergangenen Jahres, als einen terroristischen Akt im Europol-Report.
* aus dem portugiesischen Original uebersetzt und ergaenzt
Weiterhin erklaerte die Kriminalpolizei Portugal die Schaendung eines juedischen Friedhofs durch die Hammerskins, zu einerm terroristischen Akt von rechts. Der Fall wird derzeit verhandelt.
(1) Europol report;http://www.europol.europa.eu/publications/EU_Terrorism_Situation_and_Trend_Report_TE-SAT/TESAT2008.pdf
Der Portugiesische Radiosender „RadioClube“ hat als erster ueber das Europoldokument berichtet und den Pressesprecher der Anti-GMO Aktion nach seiner Meinung ueber die Sache befragt. Dieser referierte, dass die Klassifizierung „laecherlich und ueberzogen sei“, bezog sich auch auf derzeitig stattfindende Genfeldbesetzungen in Deutschland.
Sogar der Anwalt des geschaedigten Feldbesitzers in der Algarve, ebenfalls durch den Radiosender befragt, distanzierte sich von der Formulierung. Er koenne in der Zerstoerung des Genmaises keinen terroristischen Akt erkennen. Auch ein Spezialist in Kriminalrecht, wies eine Verbindung der Aktion in Zusammenhang mit Terrorismus zurueck. Dennoch: Der Fall ist bislang noch nicht vor Gericht gekommen, Anklageschriften sind noch keine veroeffentlicht worden. Insofern rueckt die Einstufung "Terrrorismus" die gesamte Angelegenheit in ein neues Licht.
(2) Radio Clube; http://radioclube.clix.pt/noticias/body.aspx?id=7015
Nicht alle Journalisten in Portugal scheinen allerdings dem Radiointerview gelauscht zu haben. So wurde vergangene Woche in einem der groessten Magazine des Landes „Visão“, ein Artikel mit der Ueberschrift: „GAIA auf gleicher Stufe wie ETA“ veroeffentlicht.
GAIA (http://gaia.org.pt) ist eine Umweltvereinigung, die seit 12 Jahren existiert und die verschiedensten Kampagnen und Projekte von fahrradfreundlicheren Staedten, ueber Stadtgaerten und Umsonstlaeden bishin zu einer Kampange fuer nachhaltige Landwirtschaft betreibt.GAIA wurde im Zusammenhang mit der Aktion in Silves schon oefters diffamiert. Mitglieder wurden als Oekoterroristen und Oekofaschisten in Meinungsartikeln abgestempelt, GAIA wurde ihres Bueros in einer Universitaet Nahe Lissabon mit fadenscheinungen Ausreden verwiesen. Da waehrend der Feldbefreiung keine der sich auf dem Feld befindenen Personen identifiziert wurde und das „Movimento Verde Eufemia“ gesichtslos blieb, mussten Medien wie Polizei schon bald die vermeintlich Schuldigen der Aktion finden. Da das von GAIA mitorganisierte Oekofestival „Ecotopia“ zur selben Zeit wie die Feldbefreiung stattfand, zogen die Medien schnell eigene Rueckschluesse und hatten in GAIA die idealen Suendenboecke gefunden. Schliesslich war und ist GAIA einer der wenigen Organisationen im Land, die sich oeffentlich und mit kreativen Aktionen gegen Gentechnik aussprechen.
Mit der Gleichsetzung von ETA ist eine neue Eskalationsstufe erreicht, zumal GAIA im Europolreport nicht ein einziges Mal genannt wird, sondern „Movimento Verde Eufemia“ in dessen Namen die Aktion stattfand.
Der Portugiesischen Regierung koennen solche Difamierungskampagnen von Seiten der etablierten Medien nur recht sein. So scheint es doch, dass sie jegliche Moeglichkeit wahrnimmt um Opposition gegen Gentechnik, im Keim zu ersticken, in dem sie friedliche Aktionen als Terrorakte abstempelt. Die Moeglichkeit der Klassifizierung ergab sich in diesem Fall, da der Europolreport basierend auf den Beitraegen der jeweils zustaendigen Behoerden eines jeden Landes geschrieben werden kann und dann offenbar ohne groessere Ueberpruefung oder Kritierien Einlass in den offiziellen Bericht findet.
Portugal scheint ein Interesse daran zu haben, eine difusse Angst und eine verwaesserte Auffassung von Terrorismus zu schaffen. Portugal ist eines der Laender Europas mit der niedrigsten Kriminalitaetsrate und geringen Gewaltverbrechen.
Dennoch wird in den Medien in letzter Zeit immer wieder verstaerkt auf Bombendrohungen und Bedrohungen durch Terroristen hingewiesen, kleinere Delikte hochgespielt. Der Blick in die Zeitung verraet: Hier soll sich keiner mehr sicher fuehlen koennen und duerfen.
Die Klassifizierung einer Genfeldbefreiung, vorallem einer, die vollkommen gewaltfrei von Seiten der Aktivisten ablief, in die Kategorie „Terrorismus“ ist eine Neuigkeit und betrifft nicht nur die, die in diesen Fall verwickelt sind, sondern auch diejenigen, die weltweit fuer eine gerechtere und nachhaltigere Welt ohne Gentechnik kaempfen.
http://ogm.blip.tv (Film der Aktion)
Kontakt fuer weitere Informationen und Unterstuetzung: apoio.mve@googlemail.com
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Ergänzungen
Briefe an portugiesische Botschaft
Botschaft Portugal
Zimmerstrasse 56
10117 Berlin
Sehr geehrter Botschafter: S.E. Herr José Caetano de Campos Andrada da Costa Pereira
mit Erstaunen musste ich zur Kenntnis nehmen, das im Jahresbericht von Europol ueber terroristische Tendenzen, als „terroristischer Akt“ in der Rubrik „Einzelvorfaelle“ eine gewaltfreie Aktion, gerichtet gegen ein Genmaisfeld, im August 2007, in Silves, Algarve, Portugal, bei der 1 Hektar von insgesamt 52 Hektar Anbauflaeche zerstoert wurde, erwähnt wird.
In Anbetracht einer Vielzahl von aehnlichen Aktionen, die europaweit, vor allem aber in Frankreich, Deutschland und Grossbritannien stattfanden und auch in diesem Jahr, oftmals in weit groesserem Umfang, stattfinden werden, ist diese Einstufung willkürlich und völlig unverständlich. Keines der betroffenen Länder hat diese Aktionen unter Terrorismus oder Extremismus eingeordnet.
Da es keine einheitliche Definition für den Begriff Terrorismus gibt, möchte ich auf die Definition von Kofi Annan zurückgreifen: „Es handelt es sich bei all jenen Handlungen um Terrorismus, die die Absicht haben, den Tod oder schwere körperliche Verletzungen bei Zivilisten und nicht Kämpfenden herbeizuführen mit dem Ziel, die Bevölkerung einzuschüchtern oder eine Regierung oder eine internationale Organisation dazu zu zwingen, etwas zu tun oder zu unterlassen.“
Diese Definition ist international der Maßstab, wenn von der Bedrohung durch Terrorismus und dessen Bekämpfung die Rede ist.
Wie man eine ausdrücklich gewaltfreie Aktion, bei der lediglich einige Maispflanzen beschädigt wurden, auch nur entfernt damit in Verbindung bringen kann, ist völlig unverständlich.
Warum hat die portugiesische Kriminalpolizei einen völlig anderen Maßstab zugrunde gelegt? Portugal ist glücklicherweise eines der friedlichsten Länder Europas. Wird deshalb eine Aktion, die in allen anderen EU-Staaten schlimmstenfalls als Sachbeschädigung geahndet wird, hochstilisiert, damit Portugal auch beim Thema Gewalt mitreden kann? Oder, was mir plausibler erscheint, ist es das Werk einer Lobby, die in Portugal eine Chance sieht, die Gegner der Gentechnik ein für alle mal so zu diskretitieren, dass künftig keine Aktionen mehr möglich sind? Die Einstufung als „terroristischer Akt“ hat selbstverständlich Konsequenzen weit über Portugal hinaus. Künftig müssen alle Gentechnikgegner, egal in welchem Land, damit rechnen, mit Terroristen gleich gesetzt zu werden.
Mit der Gleichsetzung von Menschen, die bei tatsächlichen Terrorakten ihr Leben oder ihre Gesundheit verloren haben, mit einigen Maispflanzen und einem kaum ins Gewicht fallenden wirtschaftlichen Schaden, werden diese Opfer verhöhnt und ihr Schicksal wird der Lächerlichkeit preisgegeben. Gleichzeitig wird der Terrorismus verharmlost und erhält damit zusätzlichen Auftrieb. Haben diejenigen, die die Einstufung zu verantworten haben, darüber nachgedacht?
Abgesehen von der haltlosen Klassifizierung, hat der Inhalt der Aktion nichts, aber auch gar nichts, mit Terrorismus zu tun. Im Gegenteil, den Gegnern der Gentechnik geht es darum die Bevölkerung auf die Gefahren durch die Gentechnik hinzuweisen und künftigen Schaden vom Land abzuwenden. Also das genaue Gegenteil von Terrorismus. Das es sich nicht um weltfremde Ökofreaks handelt, und die Gefahren durchaus real sind, kann man auch daraus ableiten, dass in der europaeischen Union bereits 7 Laender ein Moratorium fuer die Kultivierung von genmanipulierten Pflanzen durchgesetzt haben. In den restlichen Laendern, wie auch in Deutschland steht eine breite Masse der Bevoelkerung dem Konsum und dem Anbau kritisch gegenueber, wie auch ich selbst. Dies hat zum Beispiel in Bayern dazu geführt, dass künftig keine Gentechnikpflanzen auf Flächen des Freistaates ausgebracht werden. Der bayrische Landwirtschaftsminister Miller dazu: „Die bisherigen Erkenntnisse zeigen, dass Genmais keinen Vorteil gegenüber konventionellen Pflanzen aufweist“.
Im Gegensatz dazu wirbt der Landwirtschaftsminister, Portugals, Jaime Silva, immer noch fuer die „Sicherheit“ und den „grossen Nutzen“ der Gentechnik. Er uebersieht dabei voellig, dass in aktuellen Umfragen nur 26% der Portugiesen sich fuer Gentechnik aussprechen und die Mehrheit der Bevoelkerung zumindest ein Recht auf Wahlfreiheit einfordert, indem Lebensmittel, die Gentechnik enthalten ausreichend gekennzeichnet werden.
Man kann sicher über die eingesetzten Mittel diskutieren, aber nicht darüber ob Protest gegen die Gentechnik gerechtfertigt ist. Die Befürworter scheinen jedoch keine Argumente zu haben und setzen deshalb auf Einschüchterung und Verleumdung.
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Die kritiklos positive Einstellung der portugiesischen Regierung gegenueber den Befürwortern der Gentechnik beguenstigt Fehltritte wie dem im Europolbericht erwähnten.
Portugal, ein Land, dass mit ausgezeichneter Kueche und einer atemberaubenden Naturlandschaft mit der groessten Biodiversitaet Europas sehr viele Touristen anzieht, die sich klar gegen Gentechnik aussprechen, sollte ganz besonders behutsam beim Einsatz dieser Technik vorgehen und sich nicht der Gefahr aussetzen, als williges Werkzeug internationaler Konzerne zu erscheinen.
Ich bitte Sie die portugiesische Regierung davon in Kenntnis setzen, dass man im Ausland ihre Aktionen mit kritischem Auge verfolgt und die Verharmlosung des Begriffes „terroristischer Akt“ und die damit einhergehende Verhöhnung der Opfer nicht verstehen kann.
Ich fände es sehr positiv, wenn die portugiesische Regierung sich zu einer Änderung der Einstufung einer Prostestaktion, wie sie schon zig-mal in anderen europäischen Ländern stattgefunden hat, entschließen könnte. Portugal hat in der EU ein sehr hohes Ansehen erworben. Dies sollte nicht leichtfertig riskiert werden.
Über eine Antwort von Ihnen würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Gruessen
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