Autonome rocken gegen Polizeigewalt

Mario Fehling 28.04.2008 20:54 Themen: Repression
Unter anderem mit der Veranstaltung "Rock it“ versuchte die Berliner Polizei sich im Vorfeld des 1. Mai als Friedenstruppe darzustellen. Ein Gratis-Konzert im Statthaus-Böcklerpark bei dem drei Polizei-Rockbands spielten, sollte die Polizei etwas menschlicher erscheinen lassen. Mit mäßigem Erfolg – fast alle Besucher kamen, um gegen die Polizei zu protestieren.
Der Einladung von der für Kreuzberg/Friedrichshain zuständigen Polizei-Direktion 5, gemeinsam “gegen Gewalt“ zu rocken, kamen am Samstag Nachmittag etwa 120 Menschen nach. Darunter etwa 20 Polizeibeamte und 90 Autonome. Letztere nutzten die Veranstaltung, um auf die tagtägliche Polizeigewalt aufmerksam zu machen. „Als ich von dem Konzert gehört hab, hat mich das wirklich wütend gemacht“, erklärt der 28 jährige Karsten, welcher ebenfalls zum Protestieren vorbeigekommen war. „Vor einer Woche hab ich gesehen, wie ein Polizist grundlos einem Besucher vom Kiezspaziergang gegen Media Spree das Nasenbein gebrochen hat und jetzt spielen die hier die Unschuldslämmer.“

Die Veranstaltung wurde relativ schnell von den Protestierenden übernommen. An den Wänden wurden Plakate aufgehängt und vor der Bühne ein Transparent mit der Aufschrift „gegen Polizei Gewalt“ befestigt. Anstelle von Applaus gab es Buh-Rufe und Sprechchöre, wie „ohne Knüppel – schlagt ihr mit der Faust“ oder „Deutsche Polizisten Mörder und Faschisten“.

Verschiedene Flugblätter wurden verteilt, auf ihnen wurde über brutale Polizeiübergriffe informiert und eine „individuelle Kennzeichnungspflicht für Schläger in Uniform“ gefordert. In einem ebenfalls als Handzettel verteilten offenen Brief eines angeblichen Polizei-Arbeitskreises wurde entschieden gegen das Konzert protestiert: „Dass zur besseren Vermittlung unserer Maßnahmen auch mediale Inszenierungen wie der Einsatz von Anti-Konflikt-Teams nötig sind akzeptieren wir. Das geplante Konzert geht aber deutlich zu weit“.

Dass ausgerechnet eine uniformierte Polizeiband nach Protestparolen gegen polizeistaatliche Verhältnisse das Lied „Polizisten“ von „Extrabreit“ zum besten gab, kann eigentlich nur noch als Realsatire verstanden werden. So heißt es in dem 27-Jahre alten Song, der sich gegen den Überwachungsstaat richtet: „Polizisten speichern, was sie wissen elektronisch ein. Alles kann ja irgendwann und irgendwie mal nützlich sein (...) Tag und Nacht wird sie bei dir sein, die Polizei“.

Kurze Zeit später musste das Konzert für einige Minuten unterbrochen werden. Die Bühne wurde gestürmt. Ohne technische Unterstützung – was der Stimmung allerdings keinen Abbruch nahm - wurde unter anderem die „die letzte Schlacht gewinnen wir“ von „Ton Steine Scherben“ angestimmt. Beim Eintreffen von Hundertschaftspolizeikräften wurden Bühne und Konzert freiwillig verlassen – zurück blieb das verwaiste Statthaus Böcklerpark.
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Ergänzungen

Poooooliiizeiii

dööödüüüüdööödüüü 29.04.2008 - 07:21
Für alle Nazi-Fetischisten: Das war (im strengen Sinne) kein Nazi-Konzert, sondern eine Musikveranstaltung unseres Freund und Helfers!

24.04.08 21:01 Uhr |
News-ID: 707182
1.630 |

Berlin: Polizisten rocken gegen Gewalt am 1. Mai
Angesichts der zu erwartenden Ausschreitungen rund um den 1. Mai wartet die Berliner Polizeidirektion 5 (Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln) dieses Jahr mit einer besonderen Deeskalations-Strategie auf.
Unter dem Motto "ROCK IT - Direktion 5 gegen Gewalt" findet am 26. April im Statthaus Böcklerpark ein Konzert statt. Von 17 bis 22 Uhr wollen drei Bands, deren Mitglieder sich aus Polizeibeamten zusammensetzen, gegen Gewalt "rocken".
Ein Eintrittspreis für das in der Kreuzberger Prinzenstraße Nummer 1 stattfindende Konzert wird nicht erhoben.

 http://www.shortnews.de/start.cfm?id=707182

Presse Artikel zum Thema

verlinker 29.04.2008 - 10:21
Hier gibts ein paar Presse Artikel zum Thema, waren leider nur wenige im Nachhinein, weil es der Direktion 5 wohl peinlich ist, ihr findet da auch Artikel im Vorfeld zu dem Polizei Konzert:  http://erstermai.nostate.net/presse.php

Und hier ein paar Hintergründe zum sog. "Myfest":
 http://www.gegeninformationsbuero.de/frameset.html?/mai/mai2006_testfeld.htm

Bullen zum 1. Mai

- 29.04.2008 - 13:09
Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass Teile der militanten Linken in diesem Jahr in Hamburg gegen den dortigen NPD-Aufmarsch protestieren wollen. „Wenn die zurückkommen, sind sie ausgepowert“, sagte gestern ein ranghoher Beamter.
Quelle: Tagesspiegel.

Das werden wir ja sehen. Randale. Bambule.

Mehr 1.Mai Presse

du 29.04.2008 - 13:25
(Nicht nur) Springer empört sich schrecklich darüber, dass der Anmelder der 18h-Demo Ralf Reinders (ehemaliger mitglied "Bewegung 2. Juni"). Außerdem streiken Teile der Polizei ab Mittwoch (u.a. auch GeSa-Bewacher) und die bürgerliche Presse hat Angst, dass die Aushilfsbullen dann an der "Randale-Front" (BILD) fehlen.

Böser Terrorist meldet Demo an:  http://www.bz-berlin.de/BZ/berlin/2008/04/29/erster-mai-demo-chef-ralf-reinders/erster-mai-demo-chef-ralf-reinders,geo=4401436.html
 http://www.morgenpost.de/content/2008/04/29/berlin/959842.html

"Es wird brenzlig in der Hauptstadt!" (Haupthetzartikel der BILD gegen den 1. Mai):
 http://www.bild.de/BILD/berlin/aktuell/2008/04/28/erster-mai-in-berlin/polizei-kuendigt-streik-an-hier-wirds-brenzlig,geo=4394776.html

"Brennende Mülltonnen, Flaschen und Steine gegen Polizisten – am 1. Mai wollen die Chaoten wieder randalieren." Rundumschlag der BILD gegen alles irgendwie Linke (gewaltbereite Chaoten + Gewerkschaft, die streiken will):
 http://www.bild.de/BILD/berlin/aktuell/2008/04/29/berliner-polizisten/streiken-am-ersten-mai,geo=4399062.html

Die Polizei gibt bekannt

Bulle 29.04.2008 - 13:54
Eingabe: 29.04.2008 - 12:20 Uhr
1. Mai - Migrantenverbände und Polizei arbeiten zusammen
Friedrichshain-Kreuzberg
# 1263

Am 1. Mai 2008 um 12 Uhr wird der Leiter der Polizeidirektion 5, Direktor beim Polizeipräsidenten Bernhard Kufka, an diesem Tage unter anderem verantwortlich für die polizeilichen Maßnahmen rund um das Kreuzberger MyFest, mit den Vorsitzenden diverser Migrantenverbände am Oranienplatz Ecke Dresdener Straße zusammenkommen.

Mit diesem Treffen werden die bestehenden guten Beziehungen zwischen den teilnehmenden Verbänden und der Polizeidirektion 5 signalisiert. Allen Beteiligten ist sehr daran gelegen, insbesondere an diesem Tag öffentlichkeitswirksam zu zeigen, dasselbe Ziel eines gewaltfreien und friedlichen Verlaufes des 1. Mai 2008 zu verfolgen. Der „Schulterschluss“ angesehener Persönlichkeiten der jeweiligen Community mit der Berliner Polizei soll einen präventiven Effekt auf den Verlauf des 1. Mai 2008 erzielen.

Presse war nicht da

Hans Hartz 29.04.2008 - 16:21
Dass im Vorfeld über das "Rockkonzert" berichtet wurde, und danach nicht, hat einen einfachen Grund: Die Polizei hat vorher eine Pressemitteilung rausgegeben, die brav fast überall abgedruckt worden ist - so wie alles, was von der Polizei kommt, ob es nun ein Handtaschenraub ist oder eine gerettete Katze.
Nach dem für die Polizei äusserst peinlichen Event hat sie wohl aus naheliegenden Gründen auf eine weitere Pressemitteilung verzichtet.
Und die Journalisten selbst fanden dieses Konzert wohl so unwichtig, das sie ebenfalls nicht aufgetaucht sind; mir sind jedenfalls keine aufgefallen.

Nicht nur deshalb fände ich es wichtig, Kontakte zu Presseleuten direkt zu haben, um zum einen Einfluss auf die Berichterstattung zu haben und zum anderen auch Journalisten/-innen kurzfristig zu Aktionen mobilisieren zu können.

Ansonsten fand auch ich die Aktion sehr gelungen und spassig. Viele Grüsse an alle, die dabei waren.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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??? — berliner

??? — Dresdner

fascho-konzert — alt auto

Presse — name

Super Aktion !!! — keep on rocking