Burgstädt: Antifa - Demonstration 21.4.2008

c.o.o.l. and the gang 22.04.2008 23:16 Themen: Antifa
Am Abend des 21. April demonstrierten in Burgstädt (Landkreis Mittweida/Sachsen) 120 Antifaschist_innen gegen Nazi-Gewalt.
Bei der etwa einstündigen Demonstration durch die Kleinstadt machten die Sprechchöre

"Kein vergeben, kein vergessen - Nazis in den Asphalt pressen!"
"Hepatitis A, Hepatitis B, Hepatitis C - für die ganze NPD!"
"Ein Baum - ein Strick - ein Nazigenick!"

vor allem eines deutlich: Hier demonstrierten in der Mehrzahl Punks, die nahezu täglich von Nazis angegriffen werden. Dass die Demonstration dadurch nicht den geordneten Charakter erhielt, die sich manche_r teilnehmende Genoss_in der LINKEN vielleicht gewünscht hätte, schmälert den Erfolg der Demonstration keineswegs. Die Mischung war erfrischend.

Der Skandalisierungseffekt einer solchen Demonstration (und der Auflistung von Naziübergriffen) ist als marginal zu betrachten, es handelt sich weniger um einen Akt des Protestes, wenn hundert Leute unter blinden Fenstern leerstehender Häuser entlang laufen und etwas gegen Nazis rufen, sondern es geht eher um den Anfang einer Vernetzung der Leute, die vor Ort noch etwas gegen Nazis unternehmen wollen.
In diesem Zusammenhang kommt der Linkspartei mit ihrer Infrastruktur aus lokalen Büros in der sächsischen Provinz eine besondere Verantwortung zu. Deshalb war die Präsenz der Linksparteigenoss_innen in Burgstädt erfreulich, in anderen Regionen wurde schließlich schon mit Parteiaustritten gedroht wenn sich eine Antifakundgebung ankündigte.

Die Demonstration von örtlichen Jugendlichen, aber auch Nazis, begleitet. Offensichtlich ist der moderne "Autonomen"style auch in Burgstädt angekommen, denn eine hohe Anzahl der in Burgstädt zu sichtenden Nazis trug schwarz. Anfangs waren es noch wenige, äußerlich der Bodybuildinghobbyszene zuordenbare Personen, die sich vor einer Spielothek und der Imbissbude vorm Kaufland zusammenfanden und zur Demo herüberblickten, das Handy am Ohr.
Erst im Lauf einer Stunde waren die offenbar entscheidenden zehn Aktivisten eingetroffen, hinter denen sich der restliche desorganisierte Nazimob zusammentat. Mobilisierungspotential in einer Stunde: 40 Personen.

Die Polizei wirkte ebenfalls desorientiert, insbesondere als die Demonstrant_innen unerwartet von der vereinbarten Route abwichen. Da saß die Dienstmütze schonmal etwas schief als der Funkstreifenwagen über den Bordstein rumpelte. Auch ein Problem: einem Polizisten im kurzärmligen Hemd war bei gefühlten 8 Grad Celsius das Gehirn herunter gekühlt, eine ältere Linkspartei-Genossin klärte er darüber auf, dass sie auf der falschen Demo sei. Obwohl die Demonstration vor Beginn der Polizei eine halbe Stunde Zeit ließ, erreichten gerade weiter 10 Polizist_innen und damit insgesamt nicht mal 20 das Areal. Wieso die Polizei in ihrer PM von 52 Beamten spricht, bleibt ihr Geheimnis.

Warum das Ganze bzw. ein Einblick in den Alltag von Burgstädt/Landkreis Mitweida:

Am Samstag, den 12. April, stiegen eine Gruppe von 10 PunkerInnen aus Ostsachsen fälschlicherweise am Bahnhof Burgstädt aus, obwohl sie eigentlich zu einem Konzert ins AJZ Talschock Chemnitz wollten. Eine schlechte Routenplanung, wie sich herausstellte. Denn kaum war die Clique angekommen, beobachtete sie einen hektisch telefonierenden Einheimischen. Gerade 20 Minuten nach Ankunft und damit in kürzerer Zeit als sie den "nächsten Zug heraus" nehmen konnten, wurden sie von 10 vermummten, mit Baseballkeulen und Reizgas bewaffneten Nazis angegriffen. Mehrere Punks wurden dabei verletzt, zwei davon erlitten stärkere Blessuren durch Baseballkeulen. Obwohl die Polizei die Punks sogar noch zum Konzertort fuhr, erschien der Übergriff nicht in der Polizeipressemitteilung.

Während beim Prozess gegen die Mittweidaer Nazikameradschaft Sturm 34 immer mehr Details über die Beteiligung mindestens eines V-Mannes des Staatsschutzes sowie über Aufträge eines NPD-Funktionärs an die Schlägertruppe ans Licht kommen, geht der Terror auf der Straße gegen aussagebereite Opfer der Nazigruppierung weiter. In der letzten Woche setzten sich die Bedrohungen gegen ZeugInnen im Sturm 34 Prozess fort. Menschen werden verfolgt, die Autos zerschlagen, vor deren Häusern lungern Nazis herum, kurz: Es wird gedroht sie "platt zu machen".

Am 17. April wurde ein Jugendlicher von einem Nazi bis vor seine Haustür in Taura verfolgt und hier mit einer Schreckschusspistole bedroht. Am späten Abend durchsuchte die Polizei die Wohnung des 22-Jährigen Nazis und stellte drei Schreckschusspistolen mit Munition, ein Schreckschussgewehr, eine Softairgewehr, ein beidseitig geschliffenes Messer, ein Bajonett und einen Wurfstern sicher.

Am Samstag, 19. April wurde ein lokaler Politiker der LINKEN auf dem Parkplatz vor einem Supermarkt angepöbelt und bedroht. Dass das LINKE-Büro bereits mehrmals - letztmalig im März - angegriffen wurde, ist leider, wie die anderen Vorfälle auch, sächsischer Standart.
Auf selbigen Parkplatz begann auch die antifaschistische Demonstration am Montagabend.
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Ergänzungen

Demo gegen Rechts In Burgstädt

antifa.sozialbetrug 23.04.2008 - 12:02
In Burgstädt haben etwa 100 Teilnehmer gegen die rechte Gewalt in der Region demonstriert. Nach Polizeiangaben war die linksorientierte Demo nicht angemeldet, verlief aber ohne Zwischenfälle. Gegen 18.00 Uhr hatten sich die Teilnehmer am Kaufland getroffen und waren von dort etwa 2 Stunden durch die Stadt gezogen. Etwa 50 Beamte sicherten die Demo ab.

Die Linken hatten im Internet zu der Kundgebung aufgerufen.

 http://www.sachsen-fernsehen.de/default.aspx?ID=3736&showNews=214174

 http://antifasozialbetrug.siteboard.de/antifasozialbetrug-about368.html

DEMOS
 http://antifasozialbetrug.siteboard.de/antifasozialbetrug-forum-5.html

ergänzung

atomic kitten 23.04.2008 - 13:20
vielleicht eine kurze ergänzung, weil der abschnitt gleich danach kommt: der vorfall mit schreckschusspistole bezog sich nicht auf einen zeugen im prozess. das war auch in burgstädt und nicht in taura. in taura hingegen wurden zwei zeugen bedroht. das nur am rand, was den artikel wie die demo nicht "schmählert".

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Schauder — Dubslav

@ Dubslav — berliner