Erneut eine Demonstration in Moskau

immigrant 20.04.2008 15:28 Themen: Antifa Weltweit
Erneut eine Demonstration in Moskau gegen polizeiliche Gewalt und Willkür.
Am 18.04.2008 fand in Moskau erneut eine Demonstration statt, als Antwort auf die vielen Angriffe der Polizei und der vielen Festnahmen während der ersten Demonstration am 11.04.2008.
200 teils vermummte AnarchistInnen, Antifas und sonstige AktivistInnen haben sich vereinigt und sind auf die Straße gegangen. Mit einen langem Transparent mit der Aufschrift „Nein zur polizeilichen Willkür“ sind die Leute durch die Moskauer Mitte gezogen. Große Straßen wurden dadurch blockiert. Es war zwar ein Platz für eine Kundgebung angemeldet, doch um zivile Ungehorsam zu zeigen entschieden sie sich für eine spontane Demonstration. Während der Demo wurden Pyros gezündet und Graffitis gesprüht. Ebenfalls wurden Parolen gerufen, wie z.B.: „Höher, höher die schwarze Fahne – der Staat unser größter Feind“, „ACAB“, „Antifa“ ... An die Schaulustigen wurden Flyer verteilt. In der ganzen Zeit hat nur ein Polizeiauto die Demonstration begleitet, also nur 2 Polizisten. Zwischenfälle gab es keine. Die Nazis haben auch zum Glück nichts unternommen, da in Russland die größte Angst bei der Anreise und Abreise vor/nach den Aktionen liegt. Die AktivistInnen haben sich diesmal auch rechtlich besser erkundigt. Da die Gruppe „Anarchist Black Cross – Moskow“ eine Broschüre über den Umgang mit der Polizei veröffentlicht hat. (Ähnlich wie „Was tun wenns brennt?“ der RH)

Nach Einschätzungen der AktivistenInnen war es eine gelungene Aktion. Das Medienecho ist relativ groß, und die Berichte sind nicht abwertend geschrieben. Doch deswegen, auch schon vor der ersten Demonstration, haben die Leute nun mit Machtkämpfen zu tun. Da diese Thematik in der Gesellschaft recht gut ankommt, versuchen andere Organisationen und Parteien die Proteste auf ihren Hut zuschreiben. Dies wird auch schon teilweise belustigt, doch es ist fatal für AnarchistenInnen, da diese immer noch unabhängig und autonom sind.

Was ganz lustiges bringt die Polizei von sich. Sie versuchen in Pressemitteilungen und anderen Medien die ganze Aktion zu vertuschen. Sie schreiben, es wären 20 Fußballfans welche versucht haben eine Straße an einem unerlaubtem Ort zu durchqueren.(!)Und dafür wurden 3 OMON* Busse angefordert. Fotos und Videos, welche was ganz anderes zeigen, werden nicht berücksichtigt.

*OMON ist eine Polizeiliche Sondereinheit.

Internationale Solidarität wäre angebracht!

Videos:

 http://ru.indymedia.org/newswire/display/20367/index.php
 http://grani-tv.ru/entries/205/
 http://voinenet.ru/index.php?aid=15446

Fotos:

 http://voinenet.ru/index.php?aid=15446
 http://ru.indymedia.org/newswire/display/20363/index.php
 http://streetsmedia.livejournal.com/104626.html

Zu Ereignissen der ersten Demo:
 http://de.indymedia.org/2008/04/213126.shtml?c=on#c495232

Polizeibrutalität in Russland:
 http://de.indymedia.org/2008/04/213643.shtml

Übersetzung: immigrant
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Ergänzungen

Gerichte machen nicht mit - nicht wie bei uns

gleiche ellen 21.04.2008 - 11:11
Die russischen Bullen, besonders OMON, sind brutal und repressiv drauf. Aber die russischen Gerichte machen nicht mit bei der Kriminalisierung wehrloser Polizeiopfer. Das ist bei uns anders. Wer von den Bullen besonders schlimm misshandelt wird, riskiert bei uns erst recht eine schwere Verurteilung, damit die Bullen ihr Vorgehen legalisiert bekommen.

Anarchisten, bleibt in Deutschland, es gibt hier genug zu kämpfen!

Hitlers Geburtstag in Russland

http://www.stern.de 21.04.2008 - 19:44
Die gewalttätigste Neonazi-Szene weltweit agiert in Russland, allein dieses Jahr starben 60 Menschen nach Übergriffen. An Hitlers Geburtstag dürfen "Nichtrussen" in Moskau nicht auf die Straße - aus Sicherheitsgründen. Die Bevölkerung ist gleichgültig.

Malika Sakirowa, 21, hat zu Adolf Hitlers Geburtstag am 20. April zwei Liter Milch, Joghurt, Äpfel, etwas Schokolade und sogar Kerzen gekauft. Malika stammt aus Usbekistan und studiert in Moskau. Keineswegs will sie das Wiegenfest des Führers feiern, im Gegenteil: Das ganze Wochenende ist sie in ihrem Studentenwohnheim im Süden der Stadt gefangen. Und mit ihr noch rund 500 Studenten aus dem Kaukasus und Zentralasien, die im selben Wohnheim leben. Am Eingang stehen Wachleute, die nur Russen auf die Straße lassen. Für Einwanderer und Ausländer hat die Hausverwaltung nämlich Ausgehverbot verhängt, aus Angst vor Angriffen von Neonazis.


So geht das schon seit Jahren. 2006 sei an Hitlers Geburtstag ein Molotowcocktail durchs Fenster geflogen, erzählt Malika, und 2007 wäre das Ausgehverbot gleich für eine Brandschutzübung genutzt worden. Fällt der Führergeburtstag auf einen Wochentag, ist es "nichtrussischen" Studenten verboten, Vorlesungen zu besuchen. Derart drakonische Vorsichtsmaßnahmen werden nicht nur in Moskau, sondern auch in St. Petersburg, Nischni Nowgorod und anderen Großstädten getroffen. Denn die russische Neonaziszene gilt als die brutalste der Welt.


60 Todesopfer durch rassistischer Übergriffe

Das "Moskauer Büro für Menschenrechte" hat allein in den ersten Monaten diesen Jahres 60 Todesopfer infolge rassistischer Übergriffe registriert. 2006 waren es noch 39 insgesamt. Offizielle Stellen allerdings leugnen den dramatischen Anstieg: "Aus irgendeinem Grund kann bei uns kein Kirgise umgebracht werden, ohne dass es ein anderes Motiv als Nationalismus dafür in Frage kommt", sagte vor zwei Wochen zynisch ein Sprecher der Moskauer Staatsanwaltschaft.

Der Kommentar verharmlost die Wahrheit. Vergangenen März kam die Moskauer Miliz einer Bande Skinheads auf die Spur, die mordend durch Schlafstädte mit hohem Ausländer- und Immigrantenanteil zog. Zwei der Täter wurden auf frischer Tat gefasst. Mit blutbeschmierten Hosen und zwei blutigen Messern in einem Rucksack saßen sie plaudernd in einer Straßenbahn, als Beamte den Waggon stürmten. 20 Minuten zuvor hatten sie einen armenischen Geschäftsmann vor den Augen seiner Frau erstochen.


"Die Stadt von Nichtrussen säubern"

Der eine Täter war ein mit Orden für beste Noten ausgezeichneter Sportstudent, der andere lernte Ikonenmalerei und war zum Zeitpunkt der Tat gerade 17. "Ich wollte die Stadt von Nichtrussen säubern", erklärte er der Miliz. Im Lauf der Vernehmungen gab er 22 Angriffe auf Ausländer zu, 20 Opfer hatten nicht überlebt, einige wiesen bis zu 30 Messerstiche auf. Die Jugendlichen hatten sich per SMS zu ihren nächtlichen Mordorgien verabredet. Ob alle Mitglieder der Bande gefasst sind, steht bis heute noch nicht fest.

Russlands Miliz und Justiz hat den Ruf, rechtsextreme Straftaten halbherzig und mit großer Nachsicht zu verfolgen. Den mordenden Ikonenmaler nannten die Ermittler lapidar "den Anti-Kanaken". In St. Petersburg verurteilte ein Gericht mehrere Skinheads, die ein neunjähriges Mädchens aus Tadschikistan erstachen, lediglich wegen Rowdytums. Die Begründung: Sie seien betrunken gewesen. Auf 150 wird die Zahl der rechtsextremistischen Gruppierungen in Russland geschätzt. Sie agieren so unbehelligt, wie nirgends sonst in Europa. Die meisten sind lose Zusammenschlüsse höchst gewaltbereiter Jugendlicher mit grenzenloser Verehrung für Adolf Hitler. Der Zweite Weltkrieg, der in der Sowjetunion über 20 Millionen Tote forderte, so ihre krude Logik, musste sein, weil große Führer nun mal Kriege führen.


Fäuste, Messer und Kalaschnikows

Dimitrij Rumjanzew, 36, ist Chefideologe der Nationalsozialistischen Gesellschaft (NSO). Er trägt einen gepflegten Bürstenhaarschnitt, Polohemd und weiße Turnschuhe. "Wer heute in Russland eine nationalsozialistische Gesinnung hat, läuft nicht mehr unbedingt mit Glatze rum", sagt er. "Das ist nur eine Art, gegen die Überfremdung unseres Landes zu protestieren, aber sicher nicht die effektivste." Rumjanzew organisiert in der Provinz Trainingscamps für Jugendliche, in denen sie lernen, mit Fäusten, Messer und Kalaschnikow umzugehen. Denn er ist überzeugt, dass sich die Russen nur im bewaffneten Kampf gegen Einwanderer und Immigranten wehren können.

Dass er noch nicht verhaftet wurde, führt der NSO-Ideologe darauf zurück, dass er eben "sehr vorsichtig" sei. Außerdem gebe es bei der Miliz viele Gleichgesinnte. Rumjanzews Reden kann man im Internet nachlesen. Er ruft zum "Krieg gegen die Parasiten" auf, erzählt von Armeniern, Tadschiken und Aserbaidschanern, die mit Drogen handeln, stehlen und den Russen die Arbeitsplätze wegnehmen. Er sagt, das russische Volk sei vom Aussterben bedroht. "Wenn wir nicht handeln, wird eines Tages ein Kanake Präsident!"


Kaum jemand empört sich

Das Fatale in Russland ist, dass sich kaum jemand über Hetzer wie Rumjanzew empört. Auch die wachsende Zahl rassistischer Straftaten berührt wenige. Die Mehrheit der Gesellschaft erscheint völlig demoralisiert. Im wachsenden Brutalkapitalismus dreht sich fast alles nur ums Geld - für viele, weil sie ihre Existenz sichern müssen. Wer immer dabei stören könnte, ist nicht willkommen.

54 Prozent der Bevölkerung stimmen der These zu "Russland der Russen" - was noch erschreckender ist, wenn man bedenkt, dass 20 Prozent ethnisch gar keine Russen sind. Russland ist ein Vielvölkerstaat, dessen Mehrheit das nicht akzeptiert. Allein im Nordkaukasus leben hunderte Clans, Stämme und Nationalitäten, dazu kommen Millionen Einwanderer aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. Sie brauchen Russland, weil es dort Arbeit gibt, und Russland braucht sie, weil nämlich dessen Bevölkerung, vor allem die "ethnisch reine", jährlich um 700.000 Menschen schrumpft - was die Phobie nur noch anheizt.


Jeden Tag mehr Menschen von Neonazis ermordet

Wladimir Putin geißelt den wachsenden Fremdenhass mit geballter Faust und markigen Worten. Er tut das oft. Bei den Rechtsextremisten ist seine Politik dennoch beliebt. Er will "eine patriotische, national gesinnte, neue junge Generation" erziehen lassen. Dazu autorisierte Putin persönlich ein an den Schulen obligatorisches Geschichtsbuch, das Stalin als den "erfolgreichsten Führer der UdSSR" feiert. Kreml-nahe Jugendorganisationen beteiligen sich an Kampagnen gegen Einwanderer. Georgien, das mit den USA eng verbündet ist, darf auf Entscheidung der Duma keinen Wein und kein Mineralwasser mehr nach Russland importieren. "Aus hygienischen Gründen", wie es hieß. Gefährliche Signale in einem Land, in dem jedem Tag mehr Menschen von Neonazis ermordet werden.

Wer glaubt dem "Stern"?

halbrusse 22.04.2008 - 08:43
Indymedia ist eigentlich nicht dazu da, Hetzschriften aus der Boulevardpresse wiederzugeben. Ich möchte trotzdem auf Behauptungen und Widersprüche im als Kommentar angehängten Text eingehen.

Dass die Neofaschisten nirgends so brutal sind wie in Moskau, ist bekannt. Das heutige Moskau mit Russland gleichzusetzen ist hingegen grundlegend falsch. Moskau ist mit Abstand die dekadenteste Stadt Russlands, wo es am meisten Superreiche und auch am meisten Verwahrloste und Arme hat. So pro-westlich wie Moskau ist keine andere Stadt Russlands.

Dass in Moskau ein starker Rassismus gegen Personen aus anderen Sowjetrepubliken herrscht, ist richtig. Dass Putin mit seiner Politik diesen Rassismus eher fördert als eindämmt, stimmt auch. Dass aber Hitler in Russland beliebt sei, ist eine schlichte und einfache Verdrehung der Tatsachen. Ich möchte hier an die Postings unseres deutschen Anarchisten in Russland erinnern.

 http://de.indymedia.org/2008/02/209012.shtml

Rassismus gegen Nichtrussen ist verbreitet, Rassismus gegen Deutsche hingegen auch. Wenn man Deutscher ist, dann geschieht es leicht, dass das Wort Hitler gegen einen gebraucht wird - oft ohne Zusammenhang. Einmal hat mich ein russischer Freund mit seinem Wagen zu meinem Hotel zurück gefahren. Irgendwann sagte er so etwas wie: Was für einen Russen gut ist, ist für einen Deutschen der Tod. Da musste ich ihm erklären, dass ich nur Halbdeutscher bin, damit die Stimmung ungetrübt blieb.

NSO ist noch lange nicht NPD

NSO ist eine kleine Splittergruppe ohne politische Bedeutung. Schaut nach Deutschland, hier hat der Staat nicht einmal mehr den Mut, die Nazis als parlamentarische Partei zu verbieten!

Dem letzten Abschnitt möchte ich ein besonderes Augenmerk schenken:
Es stimmt, dass Putin in einem Schulbuch Stalin als grossen russischen Staatsmann darstellt. Stalin hiess eigentlich Dschugaschwili und war Georgier.

Gegen Georgien wird in Russland kein rassistischer Hass gepflegt, sondern ein Antiimperialistischer. Genauer gesagt trifft dies nicht die GeorgierInnen, sondern den Georgischen Präsidenten Saakaschwili, der ein Verbündeter der USA gegen Russland ist. Dass die USA ein militärischer Feind Russlands sind, zeigen sie mit ihrem Raketenschild in Osteuropa.

Stalin hat Hitler besiegt, und er (beziehungsweise die Rote Armee) hat Auschwitz befreit. Ob die USA sich am Zweiten Weltkrieg beteiligt hätten, wenn nicht zu befürchten gewesen wäre, dass Europa bei einer Niederlage Hitlers gegen die Sowjets kommunistisch wird, darf gefragt werden. Russland ist schon ideologisch und traditionell kein Naziland. Diesen Vorwurf schicken wir gerne zurück an die nazideutschen Absender.

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