Kontinuität regiert im spanischen Staat

Ralf Streck 15.04.2008 14:28 Themen: Weltweit
Am Montag ist die neue spanische Regierung vor dem König Juan Carlos vereidigt worden. Am Freitag war der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero dann im zweiten Wahlgang ( http://de.indymedia.org/2008/04/212932.shtml)im Parlament für die zweite Legislaturperiode gewählt worden. Besonders wird hervorgehoben, dass nun die Frauen die Mehrheit in der Regierung bilden. Das stimmt nicht und ihr Gewicht ist auch weiter deutlich geringer. Die Abschaffung des Umweltministeriums ist angesichts der massiven ökologischen Probleme ( http://de.indymedia.org/2007/09/193585.shtml) ein weiteres Zeichen für eine Politik der schlechten Kontinuität im Pakt mit den den Postfaschisten. Vermutlich fällt bald auch der Ausstieg aus dem Ausstieg der Atomkraft offiziell ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21808/1.html).
Erstmals wird aber die Mehrheit der Ministerien von Frauen geführt, weil ein neues Ministerium für Forschung und Innovation geschaffen wurde, das die Baskin Cristina Garmendia leiten wird. Die Leitlinien dieses Ministeriums werden aber vom neuen Industrieminister Miguel Sebastián, einem Vertrauten Zapateros, bestimmt. Zählt man den Ministerpräsidenten hinzu, ist nun aber die angestrebte Parität in der Regierung hergestellt.

Den Ton geben aber weiter die Männer an, die weiterhin alle Schlüsselministerien kontrollieren. Hier wurden die Vorgänger im Amt bestätigt. Das gilt für den Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba, den Wirtschaftsminister Pedro Solbes, den Außenminister Miguel Ángel Moratinos und den Justizminister Mariano Fernández Bermejo. Der ist durch einem
zweimonatigen Streik der Justizangestellten stark angeschlagen, den er mit großen Kompromissen kurz vor der Regierungsbildung beilegen konnte. Politisch hat er mitzuverantworten, dass ein Päderast trotz zwei rechtskräftigen Verurteilungen in Freiheit blieb und kürzlich ein Kind ermordet haben soll. Dieser Fall zeigte die gravierenden Probleme im Justizwesen auf.

Die auffälligste Umbesetzung betrifft das Verteidigungsministerium, dem erstmals eine Frau vorsteht. Die bisherige Wohnungsministerin Carme Chacón übernimmt das Ressort, dabei wird die 37jährige Katalanin demnächst das Amt, zumindest vorübergehend, für einen Mutterschaftsurlaub abgeben. Ihr Ministerium übernimmt die 39jährigen Beatriz Corredor, bisher Sprecherin für Wohnungsbau der PSOE im Madrider Stadtrat.

Auffällig ist, dass Zapatero Magdalena Álvarez festhielt. Die Infrastrukturministerin war umstritten, und monatelang forderten die Katalanen ihren Rücktritt. Der Bau der Hochgeschwindigkeitsbahn hatte sich stark verzögert und wegen Problemen mussten Bahnhöfe in Barcelona geschlossen werden, was der Stadt wochenlang ein Verkehrschaos bescherte.
Dazu kam das Chaos in der Stromversorgung und auf dem Flughafen im vergangenen Sommer ( http://de.indymedia.org/2007/10/195732.shtml). Sie ist ein Hindernis bei der Suche nach Mehrheiten, wo Zapatero Stimmen der katalanischen Nationalisten braucht. Denn Gesetze können nicht mit einfachen Mehrheiten verabschiedet werden, wie es bei seiner Wiederwahl möglich war.

Mit nur 31 Jahren wurde die Andalusierin Bibiana Aído zur jüngsten Ministerin bisher. Sie wird für die Gleichstellung der Frauen in Spanien eintreten, die weiter stark unter der steigenden Macho-Gewalt ( http://de.indymedia.org/2006/03/142052.shtml) und der Diskriminierung am Arbeitsplatz leiden. Ausscheiden musste, zum Bedauern der Umweltorganisationen, Cristina Narbona. Die Umweltministerin hatte
weder den Ausstieg aus der Atomenergie voran gebracht, noch Spaniens ständig steigenden Ausstoß von Klimagasen wenigstens begrenzt.

Aber Narbona wollte umzusteuern, wurde aber von anderen Ressorts ausgebremst ( http://de.indymedia.org/2006/11/162124.shtml). Dazu gehörte auch das Ministerium für Landwirtschaft und Fischfang unter Elena Espinosa, dass den Bau illegaler Brunnen duldet oder gar unterstützt ( http://de.indymedia.org/2007/09/193585.shtml). Das Umweltministerium wurde nun ausgerechnet in Espiosas Ministerium eingegliedert und die fiel bisher nicht durch den Schutz der Natur auf. Ein fatales Signal für Greenpeace,
auch vor der Tatsache, dass fast die Hälfte des Landes droht zur Wüste zu werden. "Wo der Umweltschutz in einer katastrophalen Lage ist, ist das ein schwerer Fehler“, sagte deren Direktor Juan López Uralde.

Angesichts der aufkommenden Wirtschaftskrise, wegen der platzenden Immobilienblase, wird der Umweltschutz noch stärker auf die Schlachtbank fallen als bisher. Als erste Maßnahme wird die Regierung beschließen, massiv in Infrastrukturmaßnahmen investieren, um die Bauindustrie zu stützen. Wirtschaftminister Solbes, der die sich seit Jahren abzeichnete
Krise verschlafen hat, kündigte nun eine Konjunkturprogramm in Höhe von 10 Milliarden Euro an.  http://de.indymedia.org/2008/04/212827.shtml

© Ralf Streck, den 15.04.2008
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