studentische Rezeptionsräume: Bsp. FU Berlin

apk 15.04.2008 04:35 Themen: Bildung
Kurze Übersicht über Dauer und Entwicklung des jahrelangen studentischen Widerstands gegen analoge visuelle verspamung studentischer Denk- und Aktionsleistungspotenziale. Ein Spaziergang durch das Hauptbebäude (Silberlaube/Rostlaube) der FU Berlin.
Ein Spaziergang durch die weitläufigen Flure des Hauptgebäudes der Freien Universität Berlin kann selbst für höhere Semester immer neue Überraschungseffekte hervorzaubern. Der Umgang von Studierenden mit der ihrer Rezeptionstätigkeit aufoktroyierten Reklame beispielweise gehört zu jenen – in ihren Einzelschritten hochfrequenten, als Gesamterscheinung langwelligen - Phänomenen, zu deren Wahrnehmung jedoch eine gewisse Ausdauer und ein für aussichtslose Reinigungs-Spuren geschärfter Blick gehört.

Während vor bald mehr als 3 Jahren studentische Reklamekritik noch zaghaft begann und beispielsweise ein mit einem einzigen Wort bedrucktes DinA4-Blatt (WERBUNG), auf die Werbeplakate geklebt, noch äußerst wirkungsvoll sein und zu baldigen Variationen führen konnte (SPAM, dann mehrzeilige Texte, ebenfalls noch ausschließlich Schrift auf Paierblatt), sind durch die Semester hinweg auf beiden Seiten (Angestellte der Firma i h m, im Verbund mit Pförtnern und dem Sicherheitsdienst an der Uni einerseits, Studenten andererseits) die Nerven geschärft und gespannt, es wird zu härteren Methoden gegriffen (früher rasches Abreißen mit der Hand, heute Spachteleinsatz gegen schelltrocknende, irreversible, wasserunempfindliche Klebemittel) und verlangt nunmehr auch von einem geübten objektiven Zuschauer ein Höchstmaß an Geschwindigkeit und Kombinationsgabe, um (Schwund- und Säuberungs-) Zeichen ihren potenziellen Auslösern (Werbetafeln besetzen!-Schriftzüge, reclaim-your-uni-aufforderungen, make-love-not-werbung-plakate, DIETER-zeilen) zuzuordnen.

Tatsache ist: so kurzlebig auch ein reclaim-your-uni-flugblatt nach der aggressiven Entfernung durch Muskelkraft und Spachteleinsatz wirken mag, es läßt sich nicht verheimlichen, daß das von der Gegenseite Behütete (also die Werbeplakate selbst) eine noch kurzlebigere Verweildauer in der Riesen-Sardinenbüchse „Silberlaube“ hat.
Es muß im vergangenen Semester geschehen sein, als Studenten die Geduldsfäden rissen und sie kurzerhand begannen, ans konkrete Werk der Werbeplakatentfernung und an die Alu-Werberahmen zu gehen, die – sofern einmal für den studentischen Zweck von der Allgemeinheit der Nutzer des Gebäudes akzeptiert (Werbedesigner, -verkäufer und –vermittler gehören nicht dazu…), einige sagenhaft praktische Züge aufweisen.

Ob sich alle Rahmen derart simpel durch Kippen der Seitenrahmenteile öffnen lassen, um eventuelle nächste Plakateversuche einzutauschen gegen Flugblätter, Informationen und vielleicht sogar Kunst diverser Sorten… konnte noch nicht in Erfahrung gebracht werden, bei einigen jedoch klappt ertaunlich rasch und leicht. Studenten, denen die Wegreißwut gegenüber linken Politplakaten vor der Universität – verstärkt seit dem letzten Semester – aufgefallen ist, könnten hier den einen oder anderen gesicherteren Ort für das Ihre finden – sobald den paar angestellen Saubermännern vermittelt werden konnte, daß nicht sie es sind, die über die Zukunft zur Verwendung von ex-Werbeplakat-Rahmen entscheiden und zu entscheiden haben.

Bis es soweit ist – bis dem entsprechenden Personal mit seinem Hang zu Spachtelangriff und Wegreißtilgung eingeleuchtet hat, daß sie sich in punkto Entscheidungskompetenz vergreifen, daß ihre schlecht bezahlte ‚Arbeitsmoral‘ hier weniger gefragt als ein weit gesünderes Pausenbierchen… - muß sicherheitshalber zugegeben werden, daß Schritte Gegenmaßnahme nach sich ziehen und an dieser Stelle dem Edding-Fachmenschen vom vergangenen Semester eine gewisse Weitsicht nicht abgesprochen werden kann. Auch sollte es mehr Sprühschablonenwerke an der Uni geben.
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Ergänzungen

Protest und Protestantismus

... 18.04.2008 - 00:12
Der Artikel ist ein erstaunliches Dokument der aktuellen Misere im (FU-)Studi-Protest-Milieu. Kein Wort wird verloren darüber, dass an der FU derzeit ein Protestsemester vorbereitet wird. Denn es gibt schwerwiegendere Probleme als Werbung im FU-Hauptgebäude: Ein Studiensystem, das auf verstärkter Kontrolle und Fremdbestimmung basiert, Anwesenheitszwang in Seminaren, unstudierbare Studiengänge, Schließung von Studiengängen, Immatrikulationen nur noch im Wintersemester (und das heißt niedrigere Studierendenzahlen), Elite-Uni und nicht zuletzt nach wie vor drohende Studiengebüren.

Stattdessen wird in bester Elite-Manier die Uni als Ort beschworen, der im Gegensatz zur übrigen kapitalistischen Welt frei von Werbung zu sein hat, weil diese das ästhetische Empfinden stört. Dass die Sprache in obigem Artikel nicht leicht verständlich ist, gehört zu genau diesem elitären Ästhetizismus.

Die eigene Rolle als diejenigen, die zumindest hoffen dürfen, mal zum oberen Drittel der Gesellschaft zu gehören, wird zwar gelegentlich angesprochen, nicht aber wirklich reflektiert: Dazu ist studi dann doch zu stolz darauf, mit all den gelesenen Texten der Menschheit die Welt erklären zu können und ach so kritisch zu sein. Da träumen sich die linken Studierenden schon als Avantgarde einer kommenden Protestgeneration.

Der Protest reicht dann aber erstmal nur bis dahin, ein paar Werbeplakate umzudekorieren, was das Auge tatsächlich auch freut. Was aber dahinter steht, verdeutlicht der oben stehende Artikel nur zu gut: Protest und Protestantismus stehen für viele der Aktivist_innen doch noch zu nahe beieinander. Bildersturm statt Kritik der Universität. Denn wie soll eine Uni vernünftig kritisiert werden, wenn sie noch als (bedrohter) Freiraum des Lernens romantisiert wird und daher "rein" gehalten werden muss?

Es bleibt zu hoffen, dass rege Teilnahme bei den Veranstaltungen zum Protestsemester zu einer tiefgreifenderen Universitäts- und Elitekritik führen. Verschönerung ist eine hübsche Sache und soll auch weiter betrieben werden - aber noch lange keine Politik.

antismus und proetst

._- 18.04.2008 - 11:19
die ergänzung ist leuchtendes beispiel für die schreibmisere im aktuellen studi-protest-zirkel. kein wort wird verschleudert an die tatsache, daß a) beiträge zu protestsemestern beiträge zu protestsemester sind, vor gelingenden größeren vollversammlungen eher angedeutet als klar beschrieben zu sein haben, daß dies b) in zeiten, in denen neue protestseiten noch im aufbau sind und zusätzliche mitmacher dringend benötgen denkbar fehl am platze und schlicht verführ wären, dies nur als erste argumente.


"Denn es gibt schwerwiegendere Probleme als Werbung im FU-Hauptgebäude:"
ja wirklich? du siehst das erstaunlich gelassen. immerhin führt dies rasch zu einer gleichgültigen akzeptanz von geschehen, das im übrigen leuten, die häufiger sich in nurstudentischen räumen aufhalten (also hauptgebäude, FB-gebäude) möglicherweise eher unter den nägeln brennt, als gelassen aus villengegenden-gegenüber ergänzenden tippfähigen. dies nur als vermutung. die folge sind studenten, die - wie in den letzten semestern - von der werbung auf plakaten durch spaliere renenn müssen, bei denen die reklame ("promotion tours", "promotion stände") auf beinen steht und aufdringlich in ihrer joberfüllung werden kann. aber lassen wir selbst das, versuchen wir, zu einem größeren zusammenhang zurückzukommen: ist dir nicht aufgefallen, daß zum gelingen eines jeden protestsemesters gewisse - nennen wir es - basisfragen geklärt werden müssen. in zeiten, in denen werbung eben nicht nur werbung sondern gezielte desinformation sein kann, gehört die frage "wo werden wir / werdet ihr" plakatieren, wie die studis informieren, wenn die vorbereitung der nächsten uniweiten vollversammlung - die am 7.5. stattfinden wird - bei noch ungeklärter raumfrage - weiter gediehen ist. ich halte das für eine frage, die ein jeder begabte ergänzer sich gerne einmal durch den kopf gehen lassen kann.


zur "Elite-Manier" der Sprache: ...Dass die Sprache in obigem Artikel nicht leicht verständlich ist, gehört zu genau diesem elitären Ästhetizismus.
dazu kann ich nur sagen: ergänzer, versuch es woanders. es gibt nicht den geringsten grund, leuten, die a) hyoptyxen gewohnt sind, weil sie ihren denkschritten z.b. entsprechen (die fähigkeit, gewisse vorzeichen und 'wenn' und 'abers' in fortgang- und formulierungstätigkeit einzubinden) selbige zu verbieten, eines nebulösen schlichtizismus wegen, der - dies nur nebenbei - auch sehr leicht zu einem einheits-protestantismus im sprachlichen gebrauch führen kann. bei gelegenheit und persönlich an anderer stelle genauer, aber ich würde mir an deiner stelle den hang zur "einen einzigen aber gefälligst schlichten einfachen simplen möglichst unkomplizierten" sprache überlegen und gleich den gedanken mit einem frgezeichen dranhängen, ob du da wirklich keine parallelen mit der vorstellung einer nonnen- oder mönchekluft verbindest (oder auch den gefälligst schlicht zu sein habenden bürgerlichen hauskleidchen des 16. jh. - oder auch die reizenden einheitskittel, die gewisse katalogverkäufer, glaube ich, bis heute erfolgreich an die provinz verkaufen), soviel also vorerst dazu.


Zum "oberen Drittel der Gesellschaft" oder auch der frage, wo genau im text du ein ausweichen vor genau diesen fragen siehst... würde ich gerne gelassen an einer anderen stelle beantworten, ich schlage dafür einen geeigneten raum vor, inbewährter manier.

Also lade ich den ergänzer an dieser stelle zum weiterlesen ein auf:
 http://wiki.bildung-schadet-nicht.de/index.php/Bild:Infofluggifuer140408b.jpg

...fortsetzung der diskussion

an "mein "..."" 25.04.2008 - 03:09
hallo "...", ich wolte mich entschuldigen für die verspätete sichtung deines längst eingetragenen eintrags auf dem wikilink, der ja schon auf dieser seite steht (sicherheitshalber nochmal: "Also lade ich den ergänzer an dieser stelle zum weiterlesen ein auf:  http://wiki.bildung-schadet-nicht.de/index.php/Bild:Infofluggifuer140408b.jpg ")

dort auf der unterseite, die du ja sehr schnell gefunden hast - und wo dein beitrag zur fortsetzung der diskussion vor fast einer woche schon erschienen ist - ich habe es erst heute gefunden, verzeihung. es war ein bißchen zu tun in letzter zeit. auch "uniprotest goes wikibildung" (über hauptseite auf dem o.a. link zu erreichen) gab ein wenig zusatz-(lese-)beschäftigung in den letzten tagen, daher...
"..."? wir schreiben jetzt den 25.4. und die diskussion kann weitergehen, wenn du willst. leser sind selbstverständlich ebenfalls eingeladen. aber ihr müßt suchen. es ist dort auf einer kleinen unterseite versteckt. hätte nicht gedacht, daß "mein "..."" sie so schnell findet.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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juhuuu — hehe