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Konferenz in Berlin zu städtischen Bewegungen

Heiner Grabow 11.04.2008 04:19 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Dieses Wochenende findet im Berliner Mehringhof eine Konferenz mit verschiedensten Workshops zu linken politischen Initiativen und sozialen Bewegungen statt, die sich mit neoliberaler Stadtpolitik auseinandersetzen. Eine Gelegenheit zur Vernetzung und zum Erfahrungsaustausch.
The Right to the City - Soziale Kämpfe in der neoliberalen Stadt
11.-13. April im Berliner Mehringhof
Konferenz mit Workshops zur Diskussion und Vernetzung

Es ist schon ein Gräuel mit der aktuell vorherrschenden Stadtpolitik. Städte scheinen nur noch dazu da zu sein, sich bestmöglich als Wirtschaftsstandort zu verkaufen, während die öffentliche Daseinsvorsorge immer mehr abgebaut und privatisiert wird. Ungeachtet dessen, dass nach der Privatisierung von Wohnungsunternehmen, Strom und Gas die Preise erstmal ordentlich anziehen. Das städtische Personal wird - mal abgesehen von den kämpfenden Einheiten - drastisch abgebaut, dabei gehen noch mehr halbwegs okay bezahlte Stellen verloren und werden durch Billigjobs ersetzt.
Währenddessen versuchen die Stadtobersten, ihre Stadt in der Standortkonkurrenz bestmöglich zu platzieren. Also wird die Stadtmitte aufgemotzt, Geld ins Stadtmarketing gesteckt, schicke tourismusfördernde Events durchgezogen und vielleicht noch ein paar Großprojekte angeschoben, die internationales Aufsehen erregen, internationaler Stararchitekt inklusive.
Dabei wird immer herumgeheult, es sei ja kein Geld in der Stadtkasse, und es müssten hier und dort noch ein paar Schwimmbäder und Sozialprojekte wegrationalisiert werden. Als Lösung für die Misere gelten Unternehmensansiedlungen und Bauprojekte: Je mehr sich da regt, um so besser. Das macht die Stadt auch schicker, und die einkommensstarke Mittel- und Oberschicht fühlen sich dann auch wohler. Abgesehen davon geht es der Stadtpolitik aber meist nicht darum, die tatsächlichen Bedürfnisse der Einwohner_innen zu bedienen, sondern eine Angebotspolitik zu betreiben, die am meisten Gewinne für private Unternehmen verspricht.
Regelmäßig wird das eine oder andere Stadtviertel zur Aufwertung auserkohren - offiziell ist die Verdrängung der ärmeren Leute natürlich nie beabsichtigt gewesen! Dazu kommen dann noch ausufernde Sicherheitswahn mit Überwachung und Kontrolle, die Ausgrenzung missliebiger Bevölkerungsgruppen aus den beliebtesten Stadträumen, rassistische Immobilienunternehmen und Druck auf dem Jobcenter bzw. bei der ARGE. Und trotz ständig steigender Mieten hat schon lange niemand mehr von sozialem Wohnungbau oder festen Mietobergrenzen gesprochen.
Da kommt schon verdammt viel Druck zusammen, und er treibt die meisten Betroffenen nicht dazu, sich zusammen zu tun, sondern vielmehr in die Vereinzelung. Dahinter steht die individuelle Verantwortungszuschreibung, die sich zunehmend durchsetzt: Wer keinen Job hat, ist selbst schuld und braucht sich demnach nicht zu wundern, gerade mal noch vor dem Verhungern gerettet zu werden - zumindest solange mensch ordentlich pariert auf dem Amt. Viele Verinnerlichen dies tatsächlich, fügen sich und/oder verzweifeln undd gehen langsam innerlich kaputt daran.

Millionen Gründe also, diesem perfiden System, das Gewinnmaximierung für die einen und den Abstieg in die Bedeutungslosigkeit für die andren bringt, den Kampf anzusagen und sich dagegen organisiert zu bekommen. Aber wo anfangen?

Viele, die in irgendwelchen linken Szenen aktiv sind, sorgen sich eher um den Verlust der szeneinternen Freiräume. Wie können aber Brücken geschlagen werden von solchen partikularen Kämpfen hin zu den großen sozialen Fragen in der neoliberalen Stadt? Zu den viel deutlicher benachteiligten Gruppen und den Aktiven unter ihnen? Und wie können die Linken ihrer immer wieder deutlich werdende Rolle als Pioniere in der Aufwertungslogik innenstadtnaher Stadtviertel begegnen?

Immerhin gibt es ja hin und wieder tolle Initiativen Bewegungen, Kampagnen, die Mut geben und von denen wir einiges lernen können. Dafür müssen sie ja nicht mal durch und durch perfekt gelaufen sein, aber beeindruckend gelungene Ideen und Strategien lassen sich eine Menge finden.

Sei es das Erstreiten eines vielfältig-bunten Stadtplatzes statt eines Bürohochhauses, wie in Hamburg-St.Pauli mit dem Projekt "Park Fiction". Sei es die Kölner Aktion "Zahltag", bei der sich Erwerbslose gegenseitig auf dem Amt unterstützen und der Behörde Druck machen, wenn das ALG2 gekürzt wird. Sie es die Abschaffung des rassistischen Chipkarten-Systems für Flüchtlinge in Berlin. Oder sei es mit dem Bethanien in Berlin-Kreuzberg nach langer Zeit mal wieder eine erfolgreiche Hausbesetzung, die nebenbei eine Privatisierung verhindert hat und der nun eine Kampagne gegen das Großprojekt "Media Spree" gefolgt ist.

Mit den Tücken und den Spielräumen linker stadtpolitischer Initiativen beschäftigen sich zahlreiche Workshops an diesem Wochenende im Berliner Mehringhof. Das Programm reicht von der Organisierung im Stadtteil bis zum Widerstand gegen Großprojekte, vom Kampf gegen Ausgrenzungspolitiken bis zur Bedeutung queerer Räume, von der Beschäftigung mit Kontrollstrategien bis zur Hinterfragung, welchen Anteil ursprünglich links-alternative Strategien, Identitäten und Arbeitsweisen bei der neoliberalen Umstrukturierung der Stadt haben. Nebenbei werden Filme gezeigt, es wird zu einzelnen Stadtspaziergängen geladen, und es gibt Streetart-Workshops.

Drei Workshops am Samstag sollen für gehörlose Interessierte von Dolmetscherinnen in die Deutsche Gebärdensprache (DGS) übersetzt werden.

Los geht es am Freitagabend (11.4.) um 19:30 mit einer Podiumsdiskussion zum Thema "Linker Neoliberalismus?". Der Samstag beginnt mit ein paar Crashkursen zu Grundbegriffen wie "neoliberale Stadt" oder "Right to the City". Nachmittags und Sonntag vormittag gibt es dann Unmengen von AG's und mehr, am Sonntag nachmittag schließt die Konferenz mit einer Abschlussveranstaltung.
Eine Programmübersicht gibt es hier:
 http://www.buko.info/stadtraum/images/Programm/righttothecityuebersicht.pdf
Und das ausführliche Programm hier:
 http://www.buko.info/stadtraum/images/Programm/righttothecityprogramm.pdf

Alle weiteren Infos ebenfalls auf der Internetseite www.buko.info/stadtraum , oder schaut einfach vorbei im Mehringhof, Gneisenaustr. 2a (2. Hinterhof), U-Mehringdamm.

Veranstaltet wird das ganze vom Arbeitsschwerpuntk Stadt/Raum der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
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