Knastalltag in Berlin

Bericht 07.04.2008 18:18 Themen: Repression
Ein Bericht über den Knastalltag in Berlin.
Knastalltag: Bericht von Christian:

Der Tagesablauf in den Berliner Knästen orientiert sich am jeweilgen Sicherheitsstandart. Überall beginnt der Tag zwischen 6.00 und 6.30 mit einer Anwesenheits- und Lebendkontrolle. Das bedeutet, dass der Sationsbeamte jede Zelle aufschließt und den menschlichen Inhalt feststellt. Jede Station hat 20-40 Gefangene. Erst wenn alle Stationen der Zentrale den richtigen Bestand an Inhaftierten gemeldet haben, kann der Ablauf weitergehen. Dieser erste Aufschluß dauert in Moabit nur Sekunden bruchteile, dabei können Post und Müll rausgegeben werden.

In Tegel und Plötzensee folgen 45 Minuten Versorgungsaufschluß. Hier wird im Gegensatz zu Moabit kein Frühstück ausgegeben. Tauchsieder sind nur in Moabit erlaubt , in den anderen Anstalten wird sich jetzt um den Wasserboiler in der Spülzelle gedrängelt. Jede Station hat eine Spülzelle, nur hier gibt es warmes Wasser. In diesem Zeitraum können auch Sani oder Dusche aufgesucht werden.

Zwischen 7.00 und 8.00 erfolgt wieder Einschluß der Nichtarbeiter, die Arbeiter rücken in die Betriebe aus. Die Hälfte der Gefangenen arbeitet nicht, manchen sind froh darüber, andere leiden unter Lnageweile. In Moabit beginnen die Freistunden, Stationsweise auf verschiedenen Höfen. Unter ständigem Gebrüll versucht das Personal das Kommunikationsverbot zwischen Gefangenenverschiedener Stationen durchzusetzen. In Tegel streifen spezielle Sicherheitsteams durch die Anstalt, immer auf der Suche nach Verstößen gegen die Hausordnung.

Mittags ist in Tegel und Plötzensee erneut eine Stunden Aufschluß. man kann sich nun im ganzen Haus bewegen. Speisesäle wie in Knastfilmen gibt es nicht, gegessen wird auf der Zelle, in Moabit bei verschlossener Tür. Anliegen die der Gefangene bis jetzt nicht geklärt hat, können erst am nächsten Tag wieder vorgebracht werden, für die Verwaltung ist Feierabend.

Von 12.30 bis 15.00 werden Nichtarbeiter wieder eingeschlossen. In Moabit findte jetzt Umschluß statt, man kann sich beim Nachbarn einschließen lassen, ausgenommen sind Gemeinschaftszellen und Leute mit Sicherheitsverfügungen. Von 15.00 an finden in Tegel und Plötzensee die Freistunden statt, nach Häusern getrennt, Arbeiter und Nichtarbeiter zusammen. In diesem Zeitraum wird auch das Abendessen verteilt. Jetzt gibt es ein allgemeines hin und her gerenne, bei dem alle versuchen ihren Bedarf an Kaffee, Drogen, Tabak oder Zucker zu befriedigen. Ist auch die Zeit der meisten Schlägereien.

In Moabit ist um 17.00 Nachtverschluß, danach werden Zellen nur noch im Notfall von meheren Beamten geöffnet. In Tegel ist von 16.45 bis 18.00 Einschluß um den Bestand zu überprüfen, in Plötzensee ist Aufschluß bis 19.45. In Tegel ist am fünf Wochentagen nochmal Aufschluß von 18.00 bis 21.45. In diesem Zeitraum ist es möglich sich auf der Station zu bewegen. Die soziale Beziehungen im Stationsleben verlaufen häufig an Herkunftgrenzen, die Russen haben untereinander das kollektivste Verhältnis, Araber kochen mit Araber, Türken spielen mit Türken und Deutschen haben die unsolidarischten Verhaltensweise. Die wichtigsten Gesprächsthemen sind Knastinterna und juristische Probleme. Wer nach dem Grund seiner Inhaftierung gefragt wird sollte das wenigstensAnsatzweise erklären, es gibt nämlich nur eine Personengruppe die ihr Delikt verschweigt.

Das ist der Tagesablauf im Normalfall, in Tegel gibt es Teilanstalten mit kürzeren Aufschlußzeiten bis hin zu Isolationen. In Moabit sind "gefährliche" Gefangene über die Stationen verteilt nehmen aber nicht mit anderen an Freistunde oder Dusche teil. Alle genannten Knäste sind Altbauten aus dem vorletzten Jahrhundert und der entsprechende zustand der Hafträume führt bei manchen Gefangenen zu physischen und psychischen Problemen. Die meisten sind in Einzelzellen, in Tegel gibt es sogar 6Mannzellen. In Moabit verläßt der Gefangene nur noch wegen Besuch, Arzt oder Anwalt seinen Haftraum, vielleicht hat er einmal die WocheSport. In Tegel gibt es zweimal pro Woche Sport, in Plötzensee täglich. Wr grade aus der U-Haft ineine der Strafanstalten verlegt wurde freut sich zunächst mal über die Aufschlußzeiten, eine Kochplatte in der Spülzelle und ein Telefon auf dem Flurkönnen genutzt werden. Die absolut sinnfreie Alltag bringt aber auch viele dazu ihre Zelle gar nicht mehr zu verlassen. Freizeitangebote oder Behandlungsangebote im Sinn des Strafvollzugsgesetzes wurden hier nicht beschrieben, sie existieren nicht in Berlin für Insassen des Regelvollzugs.
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Ergänzungen

wow

egal 07.04.2008 - 18:54
wirklich spannend. oder mit anderen worten so wie es im jedem knast der republik tagtäglich abgeht. frage ist nur, was dieser rassitische scheiss mit "russen arabern" und bla bla soll.
ich glaube kaum das man aus beobachtungen (es sei denn er ist soziologe) oder knastradio, sprich gespräche von gefangenen über gefangene schliessen kann wer mit wem auch immer kann.
da ein großteil der deutschen substituierte sind, viele sich von der platte draussen kennen ist gerade bei den "junkies" im knast auch die solidarität groß, fernab von jeder rassistischen nationalitätenselektion.

der ist wirklich antifa ?...

Keine Ahnung vom Knast

Brian 07.04.2008 - 19:05
"Wer nach dem Grund seiner Inhaftierung gefragt wird sollte das wenigstensAnsatzweise erklären, es gibt nämlich nur eine Personengruppe die ihr Delikt verschweigt."

Welche Personengruppe denn? Nazis, Vergewaltiger,...?

@ egal

BerlinerAtze 07.04.2008 - 19:25
beobachtungen sind kein rassismus,der zusammenhalt von einzelnen häftlingen der gleichen nationalität ist knastalltag...wenn man wem auch nur entfernt rassismus unterstellen kann dann russen/deutschen/türken die sich nur mit landsmännern/frauen solidarisch zeigen.

vor peinlichen kommentaren nochmal lesen und nachdenken!

annsonsten danke für den artikel,ist immer gut zu wissen was einen im extremfall erwartet

@Brian

ohcaptain 07.04.2008 - 19:28
Pädophile.

Nicht-Inhaltlich und doch Inhaltlich :p

Roland Ionas Bialke 07.04.2008 - 19:46
@ egal
Ich denke, dass viele der genannten Gruppen im Gefängnis sich so selbst (und gegenseitig) definieren. Christian schreibt ja, dass die sozialen Beziehungen häufig an Herkunftsgrenzen verlaufen und nicht, dass er derjehnige ist der die Herkunftsgrenzen für die anderen Gefangenen definiert. Ichfinde es sehr schlecht was Du da reininterpretierst. Auch wenn irgendwer mal Anführungszeichen (zur Kenntlichmachung von Zitaten, etc.) vergisst oder der Übersicht wegen einiges verkürzt darstellt, dann ist ignorant nicht auf den hauptsächlichen Inhalt des Textes zu achten. Christian hat hier wirklich gut einen grossen Teil des Gefängnisalltags in Berlin beschrieben.

@ Brain
Damit sind wahrscheinlich "Kinderschänder" gemeint.

Mich würde noch interessieren, ob es wirklich so geächtet ist im Gefängnis unter den Gefangenen und Schliessern Gewalt zu thematiseren. Ich habe eine "Legende" mitgekriegt, dass solche Personen dann als "32er" abgestempelt wurden und dann besonders auf den Kieker der Gefangenen genommen wurden. Einen Ähnlichen Code gab es, soweit ich Legenden glauben schenken kann, auch für "Kinderschänder"

Ich finde gut, dass Christian diesen Bericht geschrieben hat, denn die meisten Menschen wissen überhaupt nicht was im Gefängnis passiert und wie das so alles funktioniert. Ein solcher Bericht kann das sehr gut thematisieren. Daran sollte angeknüpft werden!

Nicht ganz richtig ist...

BotSa 08.04.2008 - 10:28
dass alle genannten Bauten Altbauten sind. In Plötzensee gibt es nur 2 Altbauten die für die für den Knast genutzt werden. Bei der Jugendstrafanstalt ist es das Haus für die Drogenabhängigen und bei den Erwachsenen ist das Haus für die Freigänger ein Altbau.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

@ egal — ich

traurig — ####

@Brian — listen ergänzung

tzt — gh

knastgewalt — icke

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