Erster Hartz IV-Hungerstreik - kaum Publicity

Precaria 27.03.2008 13:53 Themen: Soziale Kämpfe
Der Erwerbslose Berndt Pfeifer in Gütersloh ist schon in der vierten Woche im Hungerstreik. Das Jobcenter Gütersloh, die beauftragte GT Aktiv GmbH, hatte ihm in den vergangenen Monaten mit ständigen Leistungskürzungen und verschleppten Anträgen das Leben schwer gemacht. Pfeifer verlangt mit dem Hungerstreik, dass sich der Leiter des Jobcenters bei ihm offiziell entschuldigt. Die bürgerliche Presse schweigt zum großen Teil über den Fall.
Seit dem 3.März befindet sich Berndt Pfeifer in Gütersloh im Hungerstreik, um gegen die menschenunwürdige Behandlung durch das Jobcenter zu protestieren. Auch nach dreieinhalb Wochen will der mittlerweile stark geschwächte Langzeiterwerbslose die Aktion nicht abbrechen. Die Hilfsorganisation Bund Soziales Zentrum Deutschland e. V. und der örtliche Kreisverband der Partei Die Linke, die Kontakt zu Pfeiffer haben und sein Anliegen nach Kräften unterstützen, konnten ihn jetzt von dem Vorhaben abbringen, auch die Flüssigkeitsaufnahme zu verweigern.
Der ganze Artikel zur aktuellen Lage:

 http://www.jungewelt.de/2008/03-27/053.php

Erstmals über den Fall berichtet hatte das Westfalen-Blatt, hier der Bericht:

 http://www.westfalen-blatt.de/nachrichten/regional/guetersloh.php?id=16773&artikel=1

Die meisten Medien schweigen sich über den Fall aus, überregional
wurde darüber offenbar nur von junge Welt und Neues Deutschland berichtet.
Hingegen keine Beiträge in der überregionalen Taz, oder etwa Frankfurter Rundschau.
Dabei handelt es sich offenbar um den ersten Hungerstreik eines Einzelnen gegen
eine Jobcenterverwaltung, der zugleich für viele von Hartz IV Betroffene steht.
Das Schweigen der großen Medien hat Methode. So bleibt der Fall auch vielen
Erwerbsloseninitiativen unbekannt, und bundesweit wird die kapitalistische
Ordnung gewahrt.

Es zeigt sich, dass die mediale Meinungsschmiede funktioniert,
die bewußten Protest ausblendet, und lieber erst über Hungertote mit bedauernder
Geste im Nachhinein berichtet. Hingegen wird der Fall zum Alltagskonflikt
im regionalen Rahmen heruntergestutzt, wenn lediglich der WDR über Berndt Pfeifer
eine Beitrag bringt, und nur die Linkspartei vom Kreisverband Gütersloh eine
Presseerklärung herausbringt, in der sie das Jobcenter Gütersloh, die
GT Aktiv, anmahnt, den Betroffenen mehr Aufklärung über ihre Rechte einzuräumen.

Pfeifers Hungerstreik steht jedoch auch für das sozialpolitische Desaster Hartz IV.
Pfeifer braucht unsere bundesweite Unterstützung, Proteste gegen das ausgrenzende
System Hartz IV, an vielen verschiedenen Orten in der Bundesrepublik.


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Ergänzungen

nicht erster hartz-hungerstreik

paulo 27.03.2008 - 15:53
also die überschrift ist irreführend. hungerstreiks wegen hartz 4 gab es schon mehrere, z.b. in göttingen:  http://www.goest.de/arbeitslos_hungerstreik.htm

FAKTEN

Der Horst 27.03.2008 - 20:57
Hierbei geht es nicht nur um dagegen sein. Um dies zu verdeutlichen hier mal ein Textaus dem Westfalen Blatt. "Bernd Pfeifer im Hungerstreik Von Stephan Rechlin und Wolfgang Wotke (Foto) Gütersloh (WB). Die Hosen rutschen schon alle, Bernd Pfeifer (54) mag keinen Tee und kein Wasser mehr sehen. Dennoch setzt er seinen Hungerstreik gegen die GT Aktiv GmbH, die Gütersloher Hartz-IV-Behörde, fort. Von heute an will er auch nichts mehr trinken. Bis er sich dazu entschlossen hatte, musste schon eine Menge passieren. Der gelernte Mediengestalter verlor nach 37 Jahren krankheitsbedingt seine Festanstellung in einer Kölner Druckerei. Vor zwei Jahren zog er zu seiner Lebensgefährtin nach Gütersloh, bezog hier ein Jahr lang Arbeitslosengeld I, ohne auch nur ein einziges Angebot von der Arbeitsagentur zu erhalten. Hunderte von Bewerbungen wurden in der »Medienstadt« Gütersloh entweder abgelehnt oder nicht beantwortet. Im Juni 2006 rutschte Pfeifer in die Hartz-IV-Liga, wurde Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Seitdem hat er den Eindruck, dass ihn die Behörde regelrecht bekämpft. Wochenlang wurde sein Antrag auf Arbeitslosengeld II nicht bearbeitet. Pfeifer lieh sich Geld bei Bekannten und Freunden, um Miete und Lebensmittel zahlen zu können. »Ich konnte mir nicht einmal mehr die Medikamente leisten, die ich brauche, um arbeitsfähig zu sein«, sagt Pfeifer. Als er in der Behörde deswegen mit seiner Sachbearbeiterin sprechen will, verweist die ihn barsch des Zimmers. Er müsse sich erst telefonisch um einen Termin bemühen. Gleich darauf ruft er vom Foyer aus die Frau vom Handy seines Sohnes aus an - und bekommt prompt einen Termin, gerne auch sofort. Als er sich erkundigt, warum sie sich so verhalte, legt die Sachbearbeiterin auf und ist nun doch nicht mehr zu sprechen. Um endlich wieder arbeiten zu können, nimmt Pfeifer eine Aushilfsstelle in der Küche der Grundschule Pavenstädt an. Dort verdient er 60 Euro im Monat. Die werden ihm prompt vom Arbeitslosengeld II abgezogen. »Dabei darf ich bis zu 100 Euro im Monat hinzuverdienen.« Auf seine Beschwerde hin gibt es keine Antwort. Mit der LWL-Klinik in Gütersloh vereinbart Pfeifer einen Behandungstermin. Die GT Aktiv zieht ihm daraufhin seine Verpflegungspauschale für diesen Zeitraum ab, weil er in der Klinik ja etwas zu essen bekomme. Als er den Behandlungstermin daraufhin absagt, wird ihm das Geld dennoch abgezogen. Begründung laut Pfeifer: »Das war angekündigt, also bleibt es dabei.« Mit einem Mal steht ein Mitarbeiter von GT Aktiv vor seiner Tür und möchte kontrollieren, wie Pfeifer wohnt. Obwohl sich Pfeifer die Zimmer einer Wohngemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin teilt, lässt er den Mitarbeiter hinein, zeigt ihm alles, was der wissen will. Wochen später trifft ein Bescheid ein, in dem ihm die Wohnungspauschale von 293 auf 182,50 Euro gekürzt wird. »Mit 45 Quadratmetern brauche ich nach Ansicht der Behörde zu viel Platz. Dabei war die GT Aktiv gerade erst in solch einem Prozess vor dem Sozialgericht Detmold unterlegen.« l Seine Lebensgefährtin arbeitet als Erzieherin. Sie wird von ihrem Arbeitgeber, der Stadt Gütersloh, gefragt, was denn mit ihrem »Mann« bloß los sei, warum der plötzlich in Hungerstreik trete. »Wie ist das möglich? Diese Informationen lagen doch nur der GT Aktiv GmbH vor. Was passiert hier mit dem Datenschutz?«, fragt Pfeifer. Inzwischen sei ein Mitarbeiter des sozialpsychologischen Dienstes des Kreises bei ihm gewesen. »Der hat festgestellt, dass ich nicht verrückt geworden bin.« Er sei jederzeit gesprächsbereit, doch nun müsse auch die Öffentlichkeit davon erfahren. Was aber macht die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz? Pfeifer: »Ich war in der vergangenen Woche bei meinem Fallmanager. Er war ganz erstaunt und hatte meinen Namen noch nie gehört.« " Darüberhinaus ist Berndt Pfeifer kein Einzelfall. Antragsvrschleppung und Schikane haben bei der GT-Aktiv anscheinend System. Die GT-Aktiv ist zwar eine Gmbh aber auch eine Behörde und scheint sich um diesen Artikel 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. unbedeutenden Nebensatz aus einem eher unwichtigen Gesetz wenig zu scheren. Ich bin zwar kein Freund von Copy Paste Journalismus hoffe aber hiermit einiges klargestellt zu haben.

Bisher bekanntgewordene Hungerstreiks

Hanseat 28.03.2008 - 01:47
Hungerstreik für Hartz IV-Opfer
Mittwoch, 25. Oktober 2006
Jörg Rogall kämpft gegen illegale Vergabe von Ein-Euro-Jobs
Quelle:  http://linkszeitung.de/content/view/62121/51/

Hungerstreik von Rüdiger S. doch nicht beendet E-Mail
Samstag, 20. Januar 2007
Verwaltung in Osterode will die Heizkosten noch weiter reduzieren
Quelle:  http://www.elo-forum.net/hartz-iv/hartz-iv/201-2007012069.html

Bereits vier ALG II-Bezieher im Hungerstreik
Dienstag, 6. Februar 2007
Hartz IV: Arbeitslose fühlen sich wie im «offenen Strafvollzug»
Quelle:  http://linkszeitung.de/content/view/89774/42/

Bekannt gewordene Verhungerte:

KOMMENTAR: Verhungert wegen Hartz IV?
Mittwoch, 18. April 2007
Hungertod eines 20-jährigen Arbeitslosen wirft Fragen auf
Quelle:  http://linkszeitung.de/content/view/105954/1/

Tragödie
Der Hungertod auf dem Hochsitz
Quelle:  http://www.welt.de/vermischtes/article1664099/Arbeitsloser_hungert_sich_zu_Tode.html

Ein weiterer tragischer Fall

Hartz 28.03.2008 - 10:14
Ein 27jähriger Arbeitslosengeld II (ALG II) Bezieher aus Mönchengladbach erhält aufgrund von absurden Forderungen der Behörden seit Monaten keine ALG II Sozialleistungsbezüge. Momentan ist der gesundheitliche Zustand des Mannes in eine kritische Phase fortgeschritten. Lese:  http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/0344e19a6b0cf7601.html

Fakten Teil 2

Der Horst 28.03.2008 - 10:20
Von einem Hungerstreik für mehr Brot kann hier nicht die Rede sein. Herr Pfeifer fordert nämlich nicht mehr Geld sondern hat folgende Forderungen an die GT Aktiv GmbH



1. Offizielle Entschuldigung der Verantwortlichen für die verzögerte ALGII Antragsbearbeitung und dem daraus entstandenen Fehler der Auszahlungshöhe des ALGII. Damit verbunden die menschenunwürdige Behandlung durch die zuständige Sachbearbeiterin.

2. Offizielle Entschuldigung der Verantwortlichen für die sechsmonatige Nichtbearbeitung- oder Weiterreichung meiner Daten an die zuständige Sachbearbeiterin/Fallmanagerin.

3. Offizielle Entschuldigung der Verantwortlichen für die Nicht- oder Verzögerte Bearbeitung meiner Widersprüche.

4. Offizielle Entschuldigung der Verantwortlichen für den menschenunwürdigen Kontrollbesuch stasiähnlicher Methoden nach sechs Monaten ohne Kentnissnahme meiner Mitbewohnerin.

5. Rücknahme des Widerspruchbescheid vom 29. 2. 2008, insbesondere den Punkt II.

6. Offizielle Entschuldigung der Verantwortlichen wegen Datenmißbrauchs/Weitergabe der persönlichen Daten an prozessfremde Dienststellen der Stadt Gütersloh. Verstoß gegen das Datenschutzgesetz in mehreren Fällen und tiefster Vertrauensmißbrauch zwischen der GT aktiv und mir.


Hierbei geht es doch wohl eher um eine Entschuldigung für die Behandlung durch die Arge als darum mehr Brot zu bekommen!

Aufmerksamkeit ist wichtig

Michael 28.03.2008 - 17:35
Um einmal bei den Kommentaren soweit anzuschließen:

Klar ist, das Herr Pfeifer einfach nur sein Recht haben möchte und nichts mehr.
Sein recht schleißet eine Entschuldigung durch die Arge bzw. der verantwortlichen dort natürlich ein.
Auch wenn an anderer Stelle schon einmal jemand einen Hungerstreik durchgeführt hat, ist es nicht Bundesweit bekannt geworden - und dort liegt der Hase im Pfeffer.
es muß dringend gewährleistet werden, das diese Angelegenheit öffentlich gemacht wird, egal wie.
Habt Ihr eine Homepage - rein damit!
habt Ihr einen Blog - reinsetzen, aber nicht kopieren sondern kleinen Artikel schreiben und verlinken, ebenso in der HP.
Es liegt an uns, die so etwas lesen, das zu verbreiten.
Tun wir es nicht, müssen auch wir uns Gleichgültigkeit nachsagen lassen - zu Recht will ich meinen.
Ob nun also jemand einen Hungerstreik macht, der durch die medein geht oder sich jemand irgendwo ankettet, ist irgendwie schon ein deutlicher Unterschied, denn das anketten ist ein alter Hut aus der Castor-Aera und nicht mehr wirklich Medienwirksam.
Zum zweiten kann man damit anecken und sich auch noch eine Anzeige einhandeln, und das wäre der Falsche Weg möchte ich meinen.
Nachbarn oder überhaupt die menschen aus Gütersloh müssen mehr zusammenhalten, Flugblätter verteilen, sich nach Bielefeld begeben und dort Flugblätter verteilen.
Das zeigt Wirkung, weil es eine große Anzahl Studenten gibt, die aus der ganzen Bundesrepublik kommen und auch schon mal am Wochenende nch Hause fahren.
Wenn sich das nicht wie von alleine verbreitet weiß ich auch nicht...

Aber eines sollte jedem klar sein: man muß hier einfach helfen, egal wie. Denn jeder! kann morgen der nächste sein - das muß jedem klar sein.

Gruß aus Oldenburg

Hungerstreiks in 2005/2006/2007

Hunger 10.04.2008 - 01:19
Ich bin vermutlich einer der ersten Hungerstreiker gegen das Hartz 4 -Verbrecher-Gesetz.

Im April 2005 habe ich fast 4 Wochen einen an sich unbefristeten Hungerstreik gemacht. Diesen habe ich dann unterbrochen, weil mir Menschen zusicherten gegen dieses Gesetz zu kämpfen(Was eine Abbruchbedingung war).
Im Dezember 2006 hat dann Rüdiger Steinbeck sich auf meinem Forum gemeldet und seinen Hungerstreik dargelegt.
Noch zu Weihnachten 2006 kam es fast dazu, das ich meine Hungerstreik-Unterbrechung beendete, doch vorrübergehend schien die ARGE im Falle Rüdiger Steinbeck einzulenken, nachdem ich einen Solidaritäts-Hungerstreik ankündigte und Herr Grottian und andere als Vermittler auftraten.
Im Januar 2007 kam es dann dazu, das die Vereinbarungen von Seiten der ARGE nicht eingehalten wurden und mehrere Personen entschlossen sich spontan zu Solidaritätshungerstreiks. Es wurde verfälscht und einseitig im NDR aber auch bei RTL berichtet doch nur RadioFlora in Hannover berichtete korrekt. Weil wir wußten, das auch wir ausgesetzt werden sollten, haben wir die Strategie zu einem Dauerhungerstreik erweitert und konnten abwechselnd den Zeitraum hinausdehnen.
Rüdiger Steinbeck hat zumindest einige kleinere Ziele erreicht, was ihn allerdings bis heute nicht zufrieden läßt ist die weitere Existenz von Hartz 4.

Ausschnitt Presse-Erklärung der Dauer-Hungerstreiker Nr.5 vom 7.5.2007

"Die Dauer-Hungerstreik-Aktion wird mit heutigem Datum offiziell unterbrochen bis zum Sommer diesen Jahres."

Wir hatten organisiert das seit dem 1.Dezember 2006 bis zum 7.5.2007 immer mindestens ein Hungerstreiker aktiv war. Den Hauptteil der Zeit trugen Rüdiger, Beate und ich. Zwei weitere konnten aus gesundheitlichen Gründen nur tageweise oder eine Woche mit streiken.

Da uns klar wurde, das eine Menge mehr falsch läuft in diesem Staat, haben einige der Hungerstreiker nun eine umfassendere Aktion gestaltet und uns wie versprochen im Sommer mit der Aktion "Eine Verfassung für Deutschland" zurückgemeldet.
Es wurde uns nämlich klar, das dieses Hartz 4 Verbrechergesetz nur in einer rechtlichen Situation entstehen konnte, die mit Demokratie reichlich wenig zu tun hat. Dabei mußten wir feststellen, das wir in der BRD gar keinen Rechtsstaat mehr haben und auch keine Demokratie. Daher macht der thematische Kampf, also z.B. gegen Hartz 4 oder gegen staatlichem Kinderraub keinen Sinn mehr, wenn wir weiterhin ohne eine rechtliche von der Volkssouveränität abgeleitete Verfassung versuchen von Gerechtigkeit oder Recht zu sprechen.

unter folgendem Link könnt ihr alle Nachrichten und Presse-Erklärungen über die Hungerstreiker nachlesen.

 http://www.milanstation.de/index.html#lereigniss

Die Überschrift des Artikels ist nicht irreführend, sondern einfach nur grottenfalsch.

VG Hunger

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