Israelische Aufklärung in Deutschland

shoshana 10.03.2008 14:02 Themen: Medien Weltweit
Eine Uebersetzung eines sehr lesenswerten Artikel von der israelischen Zeitung "Haaretz" ueber die deutsche Medien und Israel.
Israelische Aufklärung in Deutschland? Der Botschafter stößt nicht
wirklich auf Probleme

Assaf Uni
8.3.2008

Die Berichterstattung über Israel in Deutschland nimmt in der europäischen Medienlandschaft ein. Der Krieg in Gaza kam nur nachgeordnet vor. „Bei uns können Sie sich immer wie unter Freunden fühlen“ sagte ein leitender Redakteur.

Niemand erwähnte Gaza. Die acht führende Journalisten der Bayrischen Sendeanstalten, die gestern morgen (Mittwoch) dem Botschafter Israels in Deutschland, Yoram Ben Zeev gegenüber saßen, stellten Fragen zu den besonderen Beziehungen zwischen beiden Staaten, zur Konfrontation mit Hizbollah und zu den atompolitischen Aktivitäten Irans.

Die jüngste Eskalation im Gazastreifen, bei der drei Israelis und über hundert Palästinenser getötet wurden, kam am Tisch aus schweren Holze im Konferenzsaal der Fernsehanstalt bei München nicht zur Sprache. Und dies obwohl die weltweite Ausstrahlung der unerträglichen Bildaufnahmen vor Ort das israelische Außenministerium veranlasst hatten, eine „Aufklärungskampagne“ auszurufen.

In dieser Hinsicht ist Deutschland in der europäischen Medienlandschaft – dessen ist sich Ben Zeev bewusst – einzigartig. Die auf Israel abgefeuerten Quassamraketen spielten ebenso wie der Angriff auf Gaza eine nachgeordnete Rolle in der nationalen Berichterstattung des Landes. Vielleicht, weil sie sich am Wochenende ereigneten, wegen des tobenden Sturms in Deutschland, oder aber wegen der Wahlen, die zur selben Zeit in Russland stattfanden. Vielleicht aber, weil die Medien sich gegenwärtig – ebenso wie die Politik – scheuen, Israel
ständig mit Kritik zu löchern. Nur die Zeitung der Linken, „TAZ“ druckte ein Bild von einem getöteten palästinensischen Baby auf der ersten Seite, mit dem Untertitel, „Bombardierung von Gaza“. Alle anderen Zeitungen verdrängten die Bilder und Berichte auf die inneren Seiten. „Es ist unmöglich, die Berichterstattung der Medien in Deutschland mit der in Großbritannien oder Frankreich zu vergleichen“ sagte der Botschafter, „der israelische Standpunkt erfährt hier weit mehr Zustimmung als in jedem anderen Land Europas. Selbstverständlich muss hier zusammengearbeitet werden, damit dieser Zustand erhalten bleibt, denn er mag sich ändern.“

Und das ist der Grund für die Treffen, die gestern mit drei zentralen Medienanstalten in München stattfanden: Mit der Bayrischen Rundfunk- und Fernsehanstalt, deren Gesandter in Israel auch Korrespondent der öffentlich rechtlichen Fernsehanstalt, ARD, ist, mit leitenden
Redakteuren der linksliberalen „Süddeutsche Zeitung“ sowie mit Redakteuren des Wochenmagazins, „Fokus“. Die Treffen sind Bestandteil der Zusammenarbeit der Botschaft (Ben Zeev, der sein Amt vor ungefähr vier Monaten antrat, sagt, dass er den Begriff, „Aufklärung“ nicht mag, und es vorzieht von „Zusammenarbeit“ zu sprechen). Ihre Dringlichkeit und Bedeutung hat sich allerdings angesichts der Aktionen im Gazastreifen sowie der anhaltenden Raketenabwürfe auf Israel verändert.

Was interessiert nun hier die deutsche Fernsehanstalt, wenn sie auf den Botschafter Israels trifft? „In welchem Maße fürchtet Israel die arabische demographische Bedrohung?“, fragten die Redakteure. „Stellt der UN-Beschluss, weitere Sanktionen gegen Iran zu verhängen, Israel
zufrieden?“ „Wie beurteilen Sie die Unterschiede der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel im Vergleich zu den übrigen Staaten Europas?“, „Wie verhält sich Israel zur Begegnung, die zwischen dem Außenminister Deutschlands und seinem syrischen Kollegen stattfand?“
Am Ende beschloss Ben Zeev das Thema Gaza selbst auf den Tisch zu bringen. „Wir wollen erklären. Es gibt nichts, wofür wir uns rechtfertigen müssten“, sagte er, „wie sollen wir handeln, wenn wir seit Jahren einen tagtäglichen Beschuss von Sderoth bestehen müssen? Es gibt doch keinen Staat auf der Welt, der wie Israel seine Bürger so vielen Gefährdungen ausgesetzt hat, um zu einem Frieden zu kommen.

„Im Laufe von 60 Jahren versuchten die Palästinenser uns ins Meer und wir versuchten sie in die Wüste zu stoßen“, bilanzierte er. „Israel versteht, dass die Zeit gekommen ist, der Konfrontation abzuschwören und der Zweistaatenlösung entgegenzugehen“.

„Herr Botschafter“, sagte einer der leitenden Redakteure, „erlauben Sie mir Ihnen zu versichern, dass Sie sich bei uns immer wie unter Freunden fühlen können.“ Ben Zeev sagt, dass es sein Ziel sei, Medienvertretern die Dilemmata Israels zu vermitteln. „Wenn ich mit Redakteuren zusammenkomme, will ich, dass sie das israelische Ringen
nachempfinden, die Tatsache, dass es ein Schwarz-Weiß nicht gibt. Ich will den Raum mit dem Wissen verlassen, dass ich ihnen ein Gefühl für die inneren Konflikte vermittelt habe.“

In den Redaktionen des Wochenmagazins, „Focus“, scheint Ben Zeev offene Türen eingerannt zu haben. „Wie können Sie in Sachen Frieden optimistisch sein?“, wurde er von einem der Gastgeber gefragt. „Uns ist es verboten, Pessimisten zu sein“, antwortet Ben Zeev. „Sie werden sicher viel zur Operation in Gaza gefragt“, überlegt ein Journalist, „nicht wirklich“, erwiderte der Botschafter.


Der originale Artikel ist
 http://www.haaretz.co.il/hasite/pages/ShArtPE.jhtml?itemNo=962214&contrassID=2&subContrassID=21&sbSubContrassID=0
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