Anmerkung der Moderationsgruppe: Trotz der Bitte, de.indymedia.org zum Veröffentlichen von eigenen Berichten und selbst recherchierten Reportagen zu nutzen, wurde hier ein Termin, ein Aufruf, die Einladung zu einer Veranstaltung oder die Ankündigung einer Aktion reinkopiert.
Es ist nicht das Ziel von Indymedia, ein möglichst umfassendes Infoportal incl. Terminkalender anzubieten. Indymedia will eine Plattform für engagierte MedienmacherInnen und ihren eigenen Inhalte bieten. Das Veröffentlichen von Terminen, Aufrufen und Einladungen gehört nicht zu den Zielen des Projektes. Mehr Informationen, warum sich Indymedia nicht zum Veröffentlichen von Terminen eignet, findest Du hier.    Bitte nutze stattdessen die verlinkten Terminkalender-Seiten.

Einführung in die Antipsychiatrie

Jemand 05.03.2008 08:44
Einführung in die Antipsychiatrie - Ankündigung zum Vortrag

Die ursprünglich aus der Linken und radikalen Linken
formulierte Kritik an der am Rand der Gesellschaft
operierenden Institution Psychiatrie ist mit dem Beginn der
Psychiatriereformation in den 70er Jahren zum erliegen
gekommen. Eine Zusammenarbeit mit der radikalen Linken ist
seitdem in der Neuen Antipsychiatrischen Bewegung nicht
mehr erfolgt und auch nicht mehr bewusst angesteuert
worden. Die Neue Antipsychiatrische Bewegung besteht aus
Psychiatriebetroffenen und nicht mehr aus ProfessorenInnen
oder PsychiaterInnen. Bei Selbstzufriedenheit,
Defensivkämpfen und einzelnen Erfolgen ist die
Antipsychiatrische Bewegung zum Stillstand gekommen. Wie
bei einigen anderen der aus der Außerparlamentarischen
Opposition hervorgegangenen, partikular arbeitenden
Gruppen wurde auch in der Antipsychiatrischen Bewegung
vergessen, sich in Bezug zu Kapitalismusanalyse zu setzen.
Scheinbar befreit vom Kontext wird vor sich hin gewerkelt.
Zusammenfassung: Die Antipsychiatrie entwickelte sich seit den 60er Jahren von einer eher akademisch orientierten Disziplin zu einer neuen, im wesentlichen von Psychiatriebetroffenen getragenen Bewegung. In deren Mittelpunkt steht die Forderung nach nutzergetragenen bzw. nutzerkontrollierten Alternativen zur Psychiatrie und nach Verzicht auf toxische Substanzen. Die Sozialpsychiatrie machte sich die Psychiatriekritik lediglich zunutze, um unter Ausblendung der Behandlungsschäden ein umfassendes, Rechtsverstöße und Langzeitschäden begünstigendes System der Gemeindepsychiatrie aufzubauen. Die auf der Stelle tretende alte Antipsychiatrie läuft angesichts vorhandener alternativer Konzepte Gefahr, trotz radikaler Positionen zum Bremsklotz zu werden.

Alte Antipsychiatrie

Die Antipsychiatrie der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts wird im wesentlichen Psychiatern wie zum Beispiel Ronald D. Laing und David Cooper zugeschrieben. Diese machten deutlich, dass es für psychiatrische Diagnosen keine objektiven klinischen Kriterien gibt und sogenannte Schizophrenien lediglich Versuche sind, unter unerträglichen Familienbedingungen und kapitalistischen Ausbeutungsverhältnissen psychisch zu überleben. Wenn auch dem patriarchalischen Denken verhaftet, schufen sie doch die Grundlagen der neueren Entwicklung der Psychiatriekritik. Der konservative US-amerikanische Psychiater Thomas Szasz leitete die historische Entwicklung der Psychiatrie aus der Hexenverfolgung ab und legte die moderne psychiatrische Praxis als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bloß sowie die psychiatrische Lehre als größten wissenschaftlichen Betrug dieses Jahrhunderts.

In der BRD traten mit der 68er Studentenbewegung noch andere akademisch orientierte Kritiker auf, die sich aufgrund ihrer rein theoretischen und wiederum männlichen Orientierung unfähig zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit Psychiatriebetroffenen erwiesen – mit Ausnahme der Sozialistischen Selbsthilfe e.V. Köln, einem Wohn- und Arbeitskollektiv mit ehemals schlagkräftigen Aktionen gegen psychiatrische Menschenrechtsverletzungen.

Den Schwung der Psychiatriekritik nutzten sozialpsychiatrische ReformerInnen (»Auflösung der Großkliniken«), die von der sogenannten demokratischen Psychiatrie des Italieners Franco Basaglia inspiriert wurden, um das System der Psychiatrie zu verdoppeln: Die Anstalten wurden verkleinert und baulich renoviert, psychiatrische Abteilungen an Krankenhäusern sowie ein umfassendes System der Gemeindepsychiatrie mit unterschiedlichsten Einrichtungen neu geschaffen. Den Betroffenen gelingt kaum noch der Ausstieg aus diesem Komplettsystem, das auf der Verabreichung von psychiatrischen ›Medikamenten‹ mit mehrwöchiger Halbwertzeit basiert, den Depotneuroleptika.

Besonders diese neurotoxischen Psychodrogen können katastrophale Schäden verursachen. In einer Studie von 1991 über eine Stichprobe gemeindepsychiatrisch behandelter und zum Teil in ›betreutem‹ Einzelwohnen oder ›therapeutischen‹ Wohngemeinschaften lebender BerlinerInnen sprach eine Autorengruppe von einem durchschnittlichen Vorkommen von 59% tardiven Dyskinesien. Dies sind veitstanzartige und von anhaltenden und schmerzhaften Krämpfen begleitete Muskel- und Bewegungsstörungen, die im Laufe der Behandlung, beim Absetzen oder danach im Gesicht, am Rumpf oder an den Extremitäten auftreten, nicht behandelbar sind, sozial stigmatisieren und mit einer Verkürzung der Lebenserwartung einhergehen (Lehmann 1996b, S. 208 ff.).

Aufgrund der neuroleptika- und antidepressivabedingten Langzeitschäden kommt auch der im italienischen Faschismus von Schweineschlachthäusern abgeguckte Elektroschock wieder verstärkt in Gebrauch. Mit ihm werden in den Gehirnen der Behandelten – zu 80% Frauen – epileptische Anfälle ausgelöst, was irreversible massive Nervenzellausfälle bewirkt (Lehmann 1996a, S. 20ff.; Frank 1996). Reaktion auch der fortschrittlichen Reformpsychiater: Schweigen (Lehmann 2001). Ein ebenso lautes Schweigen schwappt einem entgegen, wenn man sie um ihre Meinung zu der vom Europarat geplanten Ethikerklärung zu den Rechten Zwangspsychiatrisierter befragt, die unter anderem eine gewaltsame Neuroleptikaverabreichung inner- und außerhalb von Anstalten sowie gewaltsame Elektroschocks legalisieren soll (Arbeitskreis des Steering Committee on Bioethics des Europarates 2000).

Mit einer Vielzahl von gut bezahlten Arbeitsplätzen und Teilhabe an der Machtausübung korrumpiert das psychiatrische System die MitarbeiterInnen. Obwohl die Langzeitschäden von Elektroschocks oder Neuroleptika himmelschreiend sind, bleiben die psychiatrisch Tätigen in aller Regel stumm, die politisch Verantwortlichen in den Parteien und den Gesundheitsbürokratien tatenlos und die Betroffenen verloren, sofern sie sich nicht zusammenschließen.

Neue Antipsychiatrie

Ein Vierteljahrhundert, nachdem dissidente Psychiater ihre Wissenschaft als Antipsychiatrie neu erfanden, artikuliert sich seit den frühen achtziger Jahren zunehmend eine radikale Kritik, die als neue Antipsychiatrie bezeichnet werden kann. Sie wird nicht von Professionellen getragen, die für und über ›psychisch Kranke‹ reden wollen, sondern von Psychiatriebetroffenen, die sich auf allgemeine Menschenrechtserklärungen berufen und die wissen, dass es Geisteskrankheiten (im Gegensatz zu Hirnkrankheiten) als medizinische Komplexe mit kategorisierbaren Ursachen, Verläufen und Prognosen nicht gibt. Sie wollen die Psychiatrie nicht reformieren, sondern ein System mitmenschlicher Hilfeleistung für Menschen in psychischen Notlagen sozialer Natur entwickeln, neue – mehr oder weniger institutionelle – Formen des Lebens mit Verrücktheit und Andersartigkeit. Dabei wir Antipsychiatrie als humanistische Bewegung verstanden. "Anti" kommt aus dem Griechischen und heißt mehr als nur einfach "gegen". Es gibt auch die Übersetzung "alternativ", "gegenüber" (z.B. Paros – Antiparos, Libanon – Anti-Libanon, Arktis – Ant arktis) oder "unabhängig".

Antipsychiatrische Psychiatriebetroffene setzen sich zudem ein für deren rechtliche Gleichstellung mit gesunden sowie kranken Normalen (d.h. straffreie Behandlung nur nach informierter Zustimmung auf Grundlage des allgemeingültigen und von der Haltung zur Psychiatrie unabhängigen Menschenrechts auf körperliche Unversehrtheit), für ihre Organisierung und die Zusammenarbeit mit anderen Menschenrechts- oder Selbsthilfegruppen, für die Unterstützung beim Entzug von psychiatrischen Psychopharmaka, für die Ächtung von Elektroschocks sowie den Schutz vor ambulanter Zwangsbehandlung, die durch den Ausbau der Gemeindepsychiatrie begünstigt wird.

Ein prominenter Vertreter der neuen Antipsychiatrie ist der Däne Karl Bach Jensen, ehemaliger Vorsitzender des Europäischen Netzwerks von Psychiatriebetroffenen. Er brachte 1998 die Position der neuen Antipsychiatrie auf den Punkt:

»Das überkommene Konzept der psychischen Krankheit und des Bedarfs an synthetischen Psychopharmaka abzulehnen, speziell wenn sie über lange Zeit oder gar lebenslänglich verordnet werden, kann natürlich nicht heißen, die Augen zuzumachen vor den realen Problemen, die viele Menschen haben. Ich will keineswegs darauf hinaus, dass wir uns um andere, wenn sie verrückt werden, etwa gar nicht kümmern sollten, dass die Leute eingesperrt und allein gelassen werden sollten.

Ein wesentliches Charakteristikum alternativer psychosozialer Dienste würde darin bestehen, Menschen bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen – unter anderem durch gegenseitige Lernprozesse, Rechtsbeistand, alternative Medizin, gesunde Ernährung, natürliche Heilverfahren und spirituelle Übungen. Die alternative Arzneimittelkunde hat beispielsweise ein großes Wissen über die Wirkung von Kräutern und Homöopathika, die dem Körper und der Psyche helfen können, Entspannung zu finden und das innere Gleichgewicht wiederherzustellen. Mit solchen Dingen kann man möglicherweise nicht so viel Geld verdienen, doch sie sind es, die Zukunft haben.

In diesem Feld können Psychiatriebetroffene eine wichtige Rolle als MitarbeiterInnen und RatgeberInnen spielen, denn sie haben das Wissen darüber, was ihnen geholfen hat. Solche mit einer positiven Subkultur?Identität und Würde verbundenen Dienste können von der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden oder, mit öffentlicher finanzieller Unterstützung, von der Betroffenenbewegung selbst, wobei Menschen einfach ein Ort gegeben würde, sich zu treffen und ihr eigenes Leben zu gestalten. Falls Menschen eingesperrt werden müssen, um ihnen das Leben zu retten oder um sie davon abzuhalten, anderen ernsthaften Schaden zuzufügen, sollte niemand das Recht haben, ihnen irgendeine Art von Behandlung aufzuzwingen. Zum Schutz vor Zwangsbehandlung sollten Psychiatrische Testamente oder andere Vorausverfügungen (in denen steht, welche Form der Behandlung eine Person wünscht oder nicht wünscht, falls es zu einer Zwangseinweisung kommt) in allen Staaten und Ländern rechtskräftig werden.

Alternative Systeme und dezentrale Dienste müssten sich um die Bedürfnisse von Menschen mit psychosozialen Problemen in einer Weise kümmern, dass der Gebrauch von synthetischen und giftigen psychiatrischen Psychopharmaka minimiert und auf lange Sicht überflüssig wird.

Einen integrierten Teil eines zukünftigen, ökologisch und humanistisch ausgerichteten Gesellschaftssystems stellt der Verzicht auf toxische Stoffe in der Natur, im Wohnbereich, in der Ernährung und in der Medizin dar. Der Verzicht auf den Einsatz chemischer Gifte im psychosozialen Bereich könnte unter folgenden Gesichtspunkten entwickelt werden:

*

In der Öffentlichkeit, bei Professionellen wie bei Betroffenen ist ein Bewusstsein über das inhumane, gefährliche und schädliche Kosten?Nutzen?Verhältnis chronischer Einnahme psychiatrischer Psychopharmaka zu schaffen.
*

Internationale Empfehlungen und nationale Gesetze, die psychiatrische Zwangsbehandlung und speziell juristisch verfügte Auflagen zur Dauereinnahme im ambulanten Bereich ermöglichen, müssen bekämpft und verhindert werden.
*

Es ist wichtig, Wissen über Entzugsprobleme und darüber, wie diese gelöst werden können, zu sammeln und zu verbreiten.
*

Spezielle Hilfsprogramme und Einrichtungen für Menschen mit Abhängigkeitsproblemen müssen entwickelt werden.
*

Die Aufklärung über schädliche Wirkungen und Abhängigkeitsrisiken ist bereits vor der Erstverabreichung psychiatrischer Psychopharmaka sicherzustellen.
*

Es müssen Methoden, Systeme, Dienste und Institutionen einer kurz?, mittel? und langfristigen Hilfe und Unterstützung entwickelt werden, die in keiner Weise auf der Verabreichung von synthetischen Psychopharmaka aufbauen.
*

Die Verursacher psychopharmakabedingter Schmerzen, Leiden und Behinderungen sind zur Zahlung von Schmerzensgeld zu verpflichten.« (Bach 1998, S. 342 – 344)

Die neue Antipsychiatrie in Deutschland wurde im wesentlichen von der Berliner Selbsthilfeorganisation Irren-Offensive e.V. entwickelt. Schon kurz nach ihrer Gründung 1980 hatten ihre Mitglieder, AkademikerInnen wie NichtakademikerInnen, Frauen wie Männer, den entwertenden Krankheitsbegriff über Bord geworfen. All die Schritte der ›alten‹ Irren-Offensive, nachzulesen in Tina Stöckles Buch »Die Irren-Offensive – Möglichkeiten und Grenzen antipsychiatrischer Selbsthilfe« (Stöckle 1983, 2000), sind inzwischen auch von einigen neugegründeten Gruppen in anderen Städten nachvollzogen worden oder werden zumindest teilweise angestrebt:

*

(Nichtangeleitete) Selbsthilfe zur Lösung psychischer Probleme und Verarbeitung verrückter (›psychotischer‹) Erfahrungen – unter Verneinung der Zuständigkeit von MedizinerInnen und unter Abwehr sexistischer Verhaltens- und Denkweisen
*

Organisierung eigener Räume und Beratung von Betroffenen für Betroffene, insbesondere beim Absetzen psychiatrischer Psychopharmaka
*

Rechtsberatung und Entwicklung eines Rechtsschutzes gegen psychiatrische Übergriffe unter dem Motto »Recht auf psychopharmakafreie Hilfe«
*

Aufbau einer eigenen nationalen Organisation und Zusammenarbeit mit anderen politischen und Menschenrechtsorganisationen
*

Aufbau eines eigenen, nichtzensierbaren Kommunikationssystems
*

Umwidmung psychiatrischer Gelder zugunsten nutzerkontrollierter Alternativprojekte statt eines weiteren Ausbaus der Gemeindepsychiatrie.

Veraltete und neue Antipsychiatrie im Konflikt

Letztlich spiegelt sich in der Entwicklung der Irren-Offensive in den letzten zwölf Jahren der Konflikt zwischen alter und neuer Antipsychiatrie. Nahezu alle ehemals antipsychiatrisch aktiven Mitglieder dieser Gruppe wechselten Anfang der 90er Jahre zum Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt e.V. und seinem Weglaufhausprojekt über, nachdem eine Reihe der damaligen Mitglieder zum Schritt von reiner Selbsthilfe hin zum Aufbau einer nutzerkontrollierten Alternative zur Psychiatrie ansetzten (Lehmann 1998). Während das 1996 in Berlin eröffnete Alternativprojekt durch seine Praxis Positionsklärungen ermöglichte bzw. erzwang, blieben die bei reiner Psychiatriekritik stehengebliebenen Mitglieder der neuen Irren-Offensive letztlich auf dem Szasz'schen Entwicklungsstand verhaftet: mit der Abschaffung der Psychiatrie würden die Probleme psychiatrisierter Menschen verschwinden.

So war es ›zufällig‹ die Person von Thomas Szasz, an der sich am 1. Mai 1998 dieser Konflikt konkretisierte. Im Jahr zuvor hatte der erzkonservative und mit den Scientologen eng verquickte Psychiater in Berlin sein Buch »Grausames Mitleid« präsentiert. Darin stellte er Psychiatriebetroffene auf eine Stufe mit Verbrechern und Landstreichern und forderte den Verzicht auf jegliche sozialstaatliche Tätigkeit, das Wahlrecht nur für Steuerzahler, dafür das Recht auf Armut, auf Obdachlosigkeit, Sucht und Drogentod für alle übrigen. Er formulierte unter anderem:

»Ein Individuum, das nicht produktiv werden kann oder will, muss ein Abhängiger oder ein Räuber werden oder zugrunde gehen. (...) Einfach ausgedrückt, jemand, der Diabetes oder Bluthochdruck hat, ist nicht notwendigerweise unproduktiv oder kriminell, während Personen, bei denen Schizophrenie oder antisoziale Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde, typischerweise unproduktiv sind und sich häufig in einer Weise verhalten, die als gesellschaftsfeindlich oder kriminell bezeichnet wird. (...) Die simple Wahrheit ist, dass manche Menschen es vorziehen, ihr Geld nicht für eine Behausung aufzuwenden (sondern vielleicht lieber für den Kauf von Drogen), dass sie es ablehnen, bei Familienmitgliedern zu wohnen, die bereit wären sie aufzunehmen, und ein Leben in psychischer Krankheit, Verbrechen und Landstreicherei bevorzugen.« (Szsaz 1997, S. 213, 211, 140)

In seiner Presseerklärung zur Einladung zum »Foucault-Tribunal«, einem von der ›neuen‹ Irren-Offensive 1998 in Berlin veranstalteten Tribunal gegen die Psychiatrie, schrieb der Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt e.V.:

»Sehr geehrte Damen und Herren von den Medien, wir möchten unseren Unmut ausdrücken darüber, dass beim ›Foucault-Tribunal‹ ausgerechnet Thomas Szasz als Vertreter der antipsychiatrischen Anklage auftreten soll bzw. sollte. Wir halten dies für einen Affront gegenüber Psychiatriebetroffenen, die Strategien entwickeln, um die psychiatrische Bedrohung abzuwehren und Möglichkeiten echter Unterstützung für Menschen in psychischen Notlagen sozialer Natur zu schaffen, die sich für den politischen Zusammenschluss mit anderen Menschenrechts- oder Selbsthilfegruppen einsetzen sowie für neue Formen des Lebens mit Verrücktheit, für Verrückten- und Weglaufhäuser.

Dabei sind die historischen Verdienste von Thomas Szasz um die Kritik der Psychiatrie unbenommen. Allerdings hat er in letzter Zeit, speziell in seinem Buch ›Grausames Mitleid‹, eine immer drastischere Wendung unternommen in Richtung Primitivstkapitalismus (sinngemäß ›Rechte nur für diejenigen, die Geld machen‹), wobei er zuletzt diejenigen, die am Ende der sozialen Hierarchie stehen, nämlich Psychiatriebetroffene und insbesondere wohnungslose Psychiatriebetroffene, als tendenziell kriminelle Sozialschmarotzer diffamiert und für die Abschaffung des Sozialstaats eintritt.

Am 1. Januar 1996 nahm das Weglaufhaus in Berlin-Reinickendorf seinen Betrieb auf. 13 obdachlose Psychiatriebetroffene, die das psychiatrische Netz verlassen haben und ihr Leben wieder in die eigene Hand nehmen wollen, finden für maximal ein halbes Jahr Unterkunft und Unterstützung bei der Bewältigung ihrer vielfältigen Probleme. Im Team arbeiten zehn Teilzeitkräfte (unter anderem SozialarbeiterInnen, ehemalige Psychiatriebetroffene, PsychologInnen). Die MitarbeiterInnen und BewohnerInnen finden es absurd, Thomas Szasz als antipsychiatrisches Zugpferd einzuladen und ihm publizistische Gelegenheit zu geben, weiter Wasser auf die Mühlen derer zu kippen, die derzeit den Sozialstaat demontieren. Szasz steht mit seinen Aussagen diametral entgegengesetzt zu den existentiellen Bedürfnissen vieler Psychiatriebetroffener nach sozialer Unterstützung. Insbesondere im Weglaufhaus, in dem weggelaufene wohnungslose Psychiatriebetroffene Unterstützung suchen, finanziert nach § 72 BSHG (›Hilfe in besonderen sozialen Schwierigkeiten‹), findet die Einladung von Thomas Szasz keinerlei Verständnis. Unklar bleibt auch, wie Angehörige der Freien Universität Berlin, die gegen Mittelstreichung im Bildungswesen eintreten, hinter der Einladung eines Mannes stehen, der offenbar in den USA eine solche Mittelstreichung publizistisch unterstützt und anscheinend letztlich den gesamten Staat privatisieren möchte – mit Ausnahme vielleicht von Gefängnissen, in die er am liebsten Psychiatriebetroffene gesteckt haben möchte (...).

Wir werden nicht sprachlos zusehen, wie das – auch von uns – mühevoll aufgebaute positive Image der neuen Antipsychiatrie zerstört wird von einigen Besserverdienenden, die möglicherweise gerne einfach im Rampenlicht stehen möchten und sich nicht um mögliche Konsequenzen ihres Tuns für die sozial Schwächsten kümmern. Deshalb sehen wir uns gezwungen, mit unserer Kritik an die Öffentlichkeit zu gehen. (...) Übrigens beschimpft Thomas Szasz nicht nur (Psychiater und) Psychiatriebetroffene als tendenzielle Feinde der Freiheit, sondern auch Kommunisten, Psychoanalytiker, Feministinnen und Laingianer.« (Verein zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt e.V. 1998)

Die neue Antipsychiatrie in der Praxis

Wie die Ablehnung der psychiatrischen Ideologie den Blick auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit psychosozialen Problemen geradezu erzwingt – Empathie und Interesse für diese Menschen vorausgesetzt –, geht aus einem 2000 von Thilo von Trotha verfassten Diskussionspapier des Weglaufhausteams hervor. Mit seiner Reflexion reagierten die MitarbeiterInnen auf spezifische Fragen, die ihnen häufig vor allem von Professionellen aus anderen Einrichtungen gestellt werden, wenn diese mit dem Weglaufhaus konfrontiert werden. Das Papier setzt daher schon gewisse allgemeine Kenntnisse über das Projekt voraus und gibt, für sich allein genommen, kein vollständiges und angemessenes Bild der Arbeit des Weglaufhauses, sondern beleuchtet nur einen sehr spezifischen Ausschnitt:

»Antipsychiatrie bedeutet für unsere tägliche Praxis, dass im Weglaufhaus der Schwerpunkt auf der Wahrnehmung, Entwicklung und Stärkung der Selbstbestimmung von psychiatrieerfahrenen Menschen liegt. Maßgeblich für die Unterstützung, die die BewohnerInnen des Weglaufhauses erfahren, sind die jeweils eigenen Vorstellungen der BewohnerInnen darüber, welche Formen der Beratung, der Hilfe und des Schutzes ihnen wünschenswert erscheinen.

Der psychiatrische Krankheitsbegriff und die entsprechenden Diagnosen spielen für die Arbeit mit den BewohnerInnen keine Rolle und werden von den MitarbeiterInnen als Arbeitsgrundlage prinzipiell abgelehnt. Die BewohnerInnen gelten weder als krank, noch als fremdbestimmt, sondern bleiben für ihr Leben, für ihre Handlungen und Äußerungen selbst verantwortlich. Einer der zentralen antipsychiatrischen Positionen besteht in der Überzeugung, dass es psychische Krankheit als medizinische Kategorie nicht gibt und dass mit der Diagnostizierung einer solchen ›Krankheit‹ neue Probleme erst geschaffen werden, statt bei der Lösung der bestehenden zu helfen.

Diese Position leugnet jedoch nicht – wie häufig fälschlich behauptet – den großen Bedarf an Unterstützung, Zuwendung und Beistand, den Menschen mit Erfahrungen von Verrücktheit, in Lebenskrisen und in den damit einhergehenden sozialen Existenznöten haben, im Gegenteil: Die Ablehnung der psychiatrischen Raster ermöglicht überhaupt erst einen unvoreingenommenen Blick auf die besonderen Schwierigkeiten der Einzelnen und führt zu einer radikalen individuellen Anpassung der jeweiligen Formen der Unterstützung an die spezifische Situation der Betroffenen. Eine zentrale Aufgabe der MitarbeiterInnen des Weglaufhauses besteht unter diesen Voraussetzungen darin, die Balance zwischen der Hilfebedürftigkeit und der Selbstverantwortung der BewohnerInnen immer wieder neu auszutarieren und Umgangsweisen zu finden, die beiden Aspekten so weit als irgend möglich gerecht werden, ohne dabei auf allgemeine Richtlinien oder Patentrezepte zurückgreifen zu können. (...)

Der Trägerverein hat die Konzeption des Weglaufhauses als praxisbezogene und um die Erfahrungen der Selbsthilfebewegung bereicherte Umsetzung antipsychiatrischer Positionen der siebziger und achtziger Jahre entwickelt. Das Weglaufhaus konnte sich so zu einem beschützten Ort entwickeln, an dem die Betroffenen meistens zum ersten Mal die Gelegenheit haben, zwischen Alternativen zu wählen und konkrete psychiatriefreie Lebensentwürfe auch praktisch zu erproben.

Ohne die antipsychiatrische Grundhaltung des Projekts und die daraus resultierende bewusste konzeptionelle Abgrenzung von psychiatrischen Diskursen und Praktiken würde sich das Weglaufhaus in einer psychosozialen Landschaft, die in aller Regel eng mit der Psychiatrie zusammenarbeitet, nach kurzer Zeit in wesentlichen Aspekten nicht mehr von Einrichtungen des sozialpsychiatrischen Versorgungsangebots unterscheiden und damit als Alternative entfallen.

In den Alltag des Weglaufhauses fließen antipsychiatrische Positionen unter anderem in folgende konkrete Verhaltens- und Arbeitsweisen ein:

*

Es gilt das Prinzip vollständiger Transparenz bei der Einsicht von Berichten und Stellungnahmen für Behörden oder andere Einrichtungen und bei Aufzeichnungen der MitarbeiterInnen, die sich auf die BewohnerInnen beziehen. Darüber hinaus gibt es für die BewohnerInnen die Möglichkeit, diese aktiv mitzugestalten. Die BewohnerInnen haben immer das Recht zur Teilnahme an Teamsitzungen oder auswärtigen Terminen, bei denen über sie gesprochen wird. Mit Dritten sprechen die MitarbeiterInnen über die BewohnerInnen nur mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung.
*

Die BewohnerInnen werden in alle wichtigen Entscheidungen, die das Zusammenleben im Haus betreffen, einbezogen, zum Beispiel bei der Einstellung neuer MitarbeiterInnen und PraktikantInnen, bei der Aufnahme von neuen BewohnerInnen, der Gestaltung des Hauses und des Gartens oder Änderungen der Hausordnung.
*

Mindestens die Hälfte der MitarbeiterInnen haben selbst Erfahrungen mit der Psychiatrie gemacht. Bei Neueinstellungen wird darauf geachtet, dass diese Quote erfüllt bleibt. Für alle Entscheidungen des Trägervereins gilt ein Vetorecht der Mehrheit der betroffenen Mitglieder.
*

Innerhalb des Teams selbst gibt es keine Hierarchien, Entscheidungen werden gemeinsam getroffen.
*

Im Weglaufhaus besteht die Möglichkeit, mit Hilfe der MitarbeiterInnen ein Psychiatrisches Testament zu verfassen, in dem die Betroffenen mit größtmöglicher juristischer Absicherung festgelegen können, wie sie in der Psychiatrie (nicht) behandelt werden wollen.

Aus der antipsychiatrischen Kritik folgt keine eindeutige und detaillierte Handlungsanweisung für die Realisierung eines alternativen Ortes zur Bewältigung tiefgreifender sozialer und psychischer Krisen. Eine Institution, die lediglich Theorie und Praxis der Psychiatrie mit umgekehrten Vorzeichen zu ihrer eigenen machte, brächte sich um die Chance, etwas ganz Anderes und Neues in ihre Praxis zu integrieren. Deshalb ist das Weglaufhaus ein auf der Grundlage dieser Kritik konzipierter geschützter Ort, an dem die jeweiligen BewohnerInnen gemeinsam mit den MitarbeiterInnen und den Mitgliedern des Vereins zum Schutz vor psychiatrischer Gewalt die Praxis einer antipsychiatrischen Institution überhaupt erst hervorbringen, entwickeln und immer wieder revidieren.« (Weglaufhaus »Villa Stöckle« 2000)

Resümee

Vieles an Angeboten haben die wenigen antipsychiatrisch ausgerichteten Gruppen verständlicherweise nicht zu bieten. Sie haben notorisch zu wenig Geld und zu wenig MitarbeiterInnen. Psychiatriekritische Gruppen werden in aller Regel von staatlicher Förderung ausgeschlossen. Propsychiatrische Einrichtungen werden dagegen vom Staat und der Pharmaindustrie mit Milliardenbeträgen bedacht. Anliegen aller psychiatriekritischer Gruppen ist es deshalb, mit Spenden oder aktivem Engagement unterstützt zu werden. Das mindeste ist, ihr humanistisches Anliegen zu respektieren: Menschen in psychischen Nöten sozialer Natur nicht weiter den Anspruch auf Unterstützung und Hilfe zu verwehren, nicht weiter stumm zuzuschauen, wie diese Menschen elektrogeschockt oder mit synthetischen Psychopharmaka ruhiggestellt und als psychisch krank und damit als gemeingefährlich und behandlungsbedürftig, letztlich nicht mehr ernst zu nehmen, verunglimpft werden.

Nur wenn Psychiatriebetroffene in ihrem Streben nach Menschenrechten, rechtlicher Gleichstellung mit gesunden und kranken Normalen und nach finanzieller Absicherung und Unterstützung solidarisch unterstützt werden, kann sich an der jetzigen miserablen Situation etwas ändern. Ein klarer Blick auf die bestehenden Probleme soll dabei helfen.

Angesichts der fortschreitenden Organisierung von Psychiatriebetroffenen und der Konkretisierung der von ihnen entwickelten alternativen Konzepte gerät eine auf der Stelle tretende alte Antipsychiatrie in die Gefahr, sich trotz radikaler Positionen zum Bremsklotz zu entwickeln. Die bloße Kritik an psychiatrischen Menschenrechtsverletzungen, und mögen diese noch so drastisch sein, wird den Interessen und Problemen vieler Betroffener, die in ihren Nöten mangels Alternativen in der Psychiatrie Hilfe suchen, nicht mehr gerecht, wenn Alternativkonzepte und Organisationsformen der neuen Antipsychiatrie ignoriert werden.


Die ursprünglich aus der Linken und radikalen Linken
formulierte Kritik an der am Rand der Gesellschaft
operierenden Institution Psychiatrie ist mit dem Beginn der
Psychiatriereformation in den 70er Jahren zum erliegen
gekommen. Eine Zusammenarbeit mit der radikalen Linken ist
seitdem in der Neuen Antipsychiatrischen Bewegung nicht
mehr erfolgt und auch nicht mehr bewusst angesteuert
worden. Die Neue Antipsychiatrische Bewegung besteht aus
Psychiatriebetroffenen und nicht mehr aus ProfessorenInnen
oder PsychiaterInnen. Bei Selbstzufriedenheit,
Defensivkämpfen und einzelnen Erfolgen ist die
Antipsychiatrische Bewegung zum Stillstand gekommen. Wie
bei einigen anderen der aus der Außerparlamentarischen
Opposition hervorgegangenen, partikular arbeitenden
Gruppen wurde auch in der Antipsychiatrischen Bewegung
vergessen, sich in Bezug zu Kapitalismusanalyse zu setzen.
Scheinbar befreit vom Kontext wird vor sich hin gewerkelt.
Im Vortrag sollen die Theorien der Antipsychiatrie einführend
vorgestellt werden. Wichtige Theoretiker, wie Cooper, Laing,
Basaglia und Szasz werden mit ihren Theorien besprochen
und der der Psychiatrie innewohnende Bezug zum
Kapitalismus aufgedeckt. Aktuelle Antipsychiatrische
Institutionen und Bewegungen werden erwähnt. Ziel soll das
Aufzeigen von Anknüpfungspunkten der Antipsychiatrie zur
radikalen Linken sein.
Der Referent arbeitet seit 2 1/2 Jahren im
Weglaufhaus „Villa Stöckle“, der einzigen antipsychiatrischen
Einrichtung in Deutschland. Er ist dort im selbstverwalteten
Team als studentisch Beschäftigter tätig mit besonderem
Schwerpunkt auf Öffentlichkeitsarbeit.

4.3.Postdam/Chamäleon/Hermann-Elflein-str.32/20:00
www.kontext-potsdam.net

5.3.Köln/MAD/Unikum/Raum_C/Universitätsstr.16b/20:00
www.mad-koeln.de

6.3.Freiburg/KTS/Kritik_zum_Frühstück/Baslerstr.103/20:00
www.kts-freiburg.org

7.3. Frankfurt a. M./Theorie Praxis Lokal/IVI (kettenhofweg 130)/19:30
www.theoriepraxislokal.org

12.3.Berlin/K9/Kinzigstr.9/20:00
www.kinzig9.de
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

(Anti-)Psychiatrie

Hans Renner 05.03.2008 - 10:10
AG SPAK - arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer arbeitskreise:  http://agspak.twoday.net/

:  http://www.agspak.de/psychiatrie.htm

Kontakt: Rolf Schwendter, GHK - FB Sozialwesen, Arnold-Bode-Str. 10, 34113 Kassel
Fax 0561/8043388 oder 8047940

Andere Initiativen, Gruppen, Verbände etc zum Thema im Internet:
Hinweise, Informationen, Nachrichten:
Dezember 2003
Aufruf zur Demonstration gegen ambulante Zwangsbehandlung am 19.12.03
Juli 2003
Die neue Irrenoffensive Nr. 11 ist erschienen
90 Prozent der Euthanasieopfer unbekannt: Ein Kapitel der NS-Geschichte unter Verschluss?
-----

Aufruf zur Demonstration gegen ambulante Zwangsbehandlung am 19.12.
Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener und Landesverband NRW protestieren ebenfalls
Demonstrationsaufruf des Landesverband NRW für 18.12. in Düdo (in .rtf Format)
Demonstrationsaufrufe des Landesverband Saar und Rheinland-Pfalz (in .rtf Format)
Demonstrationsaufruf des Weglaufhaus (in .pdf Format)
Aufruf zur Demonstration vor dem Bundesrat
am 19.12.03 um 9.00 Uhr
(Leipziger Str. 3-4 und im befriedeten Bereich des Bundesrats genehmigt)
Horror:
Der Bundesrat will die Folter an
Entmündigten beschließen!
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eigentlich klar die verfassungsrechtlichen Schranken für ambulante Zwangsbehandlung gewiesen. Böswillige werden aus dem Urteil, wie es hier vollständig nachzulesen ist: www.rws-verlag.de/bgh-free/volltex2/vo72345.htm
herauslesen wollen, dass nur ein Gesetz gefehlt habe. Dem ist selbstverständlich nur für schlichte Gemüter so - allerdings muß man Herrn Dr. Jurgeleit (vom NRW Justizminsterium) als dem Zauberkünstler und Strippenzieher des Machwerks eines neuen § 1906a BGB und sämtliche Justizminister der Länder dazu zählen (nur Annemarie Lütkes, grüne Justizministerin und Vize-ministerpräsidentin von Schleswig Holstein, hat zwar inzwischen im Bunderat Bedenken angemeldet, jedoch bei der Justizministerkonferenz noch zugestimmt*).
Am 28.11. (wegen zu erwartenden Proteste wurde der Termin offenbar sogar nochmal vorgezogen) wurde der Gesetzentwurf, der am 6.11. völlig überraschend von der Justizministerkonferenz aus dem Ärmel geschüttelt wurde (Bundesrats Drucksache 865/03), vom Bundesrat an seine Ausschüsse verwiesen, wird aber, wie es bis jetzt aussieht, mit den positiven Stimmen aller stimmberechtigten Vize-Länderchefs aller im Bundestag vertretenen Parteien am 19.12. den Bundesrat passieren, der damit die umfassende Faschisierung der Republik einleitet!
Die ganze Angelegenheit ist so haarsträubend, dass es einem die Sprache verschlagen könnte:
Insbesondere die Kombination von gesetzlicher Vertretungsmacht durch nahe Angehörige mit einem neuen § 1906a ist bizarr. Er wird lauten:
§ 1906a BGB.
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bei der zwangsweisen Zuführung zur ärztlichen Heilbehandlung.
Eine zwangsweise Zuführung des Betreuten zur ambulanten ärztlichen Heilbehandlung durch den Betreuer ist nur zulässsig, solange sie zum Wohl des Betreuten notwendig ist, weil
1. der Betreute aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Behandlung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
2. die Gefahr besteht, dass er sich der notwendigen ambulanten ärztlichen Heilbehandlung entzieht.
Die zwangsweise Zuführung ist nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig. § 1906 Absätze 3 und 5 gelten entsprechend.
Offensichtlich kann dann jeder Angehörige (OHNE dass ein anderer verfolgter Angehöriger, also das Opfer, auch nur für "gefährlich" oder selbstgefährdend gewähnt werden muß!!) einen Angehörigen zum ambulanten Drogenabschuß** freigeben, irgendein Psychiater wird sich IMMER finden, der Behandlungsbedürftigkeit und selbstverständlich mangelnde Krankheitseinsicht feststellt (der Richter muß dann abnicken, wähnt er sich doch sonst, der "unterlassenen Hilfeleistung" bezichtigt zu werden) - er verdient mit der verleumderischen Diagnose einer nicht vorhandenen "Krankheit" schließlich sein Leben lang sein Geld.
Das heißt also nicht mehr und nicht weniger, als dass wir uns alle gegenseitig Folterknechte qua Option auf folterartige, körperverletzende ambulanter Zwangsbehandlung sein sollen, und die umfassende Faschisierung der Gesellschaft vollzogen wird.
Kurz zusammengefasst: Alle Parteien beteiligen sich an diesen massiven, systematischen Menschenrechtsverletzungen per Gesetzgebungsverfahren in der BRD !!
Die zynische Republik präsentiert sich in ihrer reinen Form.
* zitiert aus dem Protokoll der Bundesratssitzung 19.12.:
... Die Betreuerbestellung ist ein schwer wiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht jedes Betroffenen und damit grundrechtsrelevant....
... Drittens. Der Gesetzentwurf greift jenseits seines eigentlichen Anliegens, Betreuungsverfahren zu vermeiden, die Problematik der Zwangsbehandlung auf. Auch diesbezüglich sehen wir erheblichen Diskussionsbedarf in den Ausschüssen. Wir halten die vorgeschlagene Regelung der Zwangsvorführung für ausgesprochen bedenklich und bitten sehr um Überarbeitung. Ich möchte grundsätzlich klarstellen, dass wir das gesamte Vorhaben der Reform des Betreuungsrechts mittragen. Schleswig-Holstein hat sich, wie alle Länder, sehr intensiv mit der Materie befasst; wir waren Mitglied der Arbeitsgruppe. Wir tragen insbesondere die Einführung der pauschalierten Betreuervergütung mit...
** psychiatrische Drogen werden von Psychiatern betrügerisch "Medikamente" genannt
Letzte Meldung: Die Mitglieder der beteiligten Bundesrats-Ausschüsse wurden bei Demonstrationen am 3. und 4.12. so gut wie alle von uns schriftlich über die Bösartigkeit des geplanten § 1906a informiert. Keiner wird mehr sagen können, man habe von unserer Empörung nichts erfahren!
Und die allerletzte Meldung: Es wird offensichtlich, WIE sehr sich die Gesetzgebenden der Bösartigkeit ihres Tuns bewußt sind, soll doch sogar noch bevor die Bundesrats-Ausschüsse abschließend darüber beraten haben per Geschäftsordnungs-Antrag am 19.12. im Bundesrat endgültig über den § 1906a abgestimmt werden, nur damit ja nicht noch die Medien hinter den Skandal kommen und berichten!
So wird die Folter an Entmündigten mit glühender Nadel gestrickt und durchgepeitscht -
Tagesordnung der Bundesratssitzung am 19.12. :
Punkt 16.
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts
(... Betreuungsrechtsänderungsgesetz - ... BtÄndG)
gemäß Artikel 76 Abs. 1 GG
Antrag der Länder
Nordrhein-Westfalen, Bayern, Sachsen und Niedersachsen, Rheinland-Pfalz
Geschäftsordnungsantrag des Freistaates Bayern
Drucksache 865/03, Drucksache 865/1/03 [siehe D: Der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Ausschuss für Familie und Senioren sowie der Gesundheitsausschuss haben ihre Beratungen noch nicht abgeschlossen.]
Presseberichte: TAZ Ruhr, 10.12. Seite1 ,WAZ Bochum , Ruhrnachrichten Bochum, Neues Deutschland, 1.12. Seite 10
-----

Die neue Irrenoffensive Nr. 11 ist erschienen
Inhaltsangabe mit Links zu vielen Artikeln findet ihr auf www.antipsychiatrie.de
-----

90 Prozent der Euthanasieopfer unbekannt: Ein Kapitel der NS-Geschichte unter Verschluss?
jW sprach mit Hagai Aviel, Vorsitzender der Israelischen Vereinigung gegen Psychiatrische Angriffe, einer Interessenvertretung fuer Psychiatrieopfer
Interview: Patrick Naumann
F: Sie haben die Namen von 30000 Opfern der sogenannten Euthanasiemorde der Nazis ins Internet gestellt. Mit welcher Absicht?
Wir wollten den Opfern ihre Namen und damit auch ihre Wuerde zurueckgeben. Dies ist Teil unseres politischen Kampfes fuer Menschenrechte und die Abschaffung psychiatrischen Zwangs. Mir persoenlich wurde die Richtigkeit des beruehmten Satzes des Medizinhistorikers Ernst Klee – "Nicht die Nazis haben die Aerzte, sondern die Aerzte die Nazis gebraucht" – bewusst, als ich ueber die Publikationen der juedischen Psychiater in Israel in den 30er Jahren recherchiert habe. Diese Aerzte sind 1933 aus Nazi-Deutschland gefluechtet und haben bis 1943 in der offiziellen Zeitschrift des Verbands der hebraeischen Mediziner offen ihre Visionen zur Verbesserung der Rassen propagiert. (  http://www.freedom-of-thought.de/zwang/levin.htm ) Ihr erklaertes Ziel war es, den "gesunden Volkskoerper der Nation" zu erhalten und zukuenftige Kosten fuer die Sozial- und Krankenhilfe zu vermeiden. Als Jude kann ich verstehen, wie ein Denken in diesem medizinisch-biologistischen Modell in Deutschland den Weg zum "Gesetz zur Verhuetung erbkranken Nachwuchses" am 14. Juli 1933 und schliesslich zur "Endloesung" bahnte.
F: Warum haben Sie sich mit der Veroeffentlichung der Opferliste bewusst ueber Gesetze hinweggesetzt, die nach Aussagen der deutschen Behoerden die Opfer und ihre Angehoerigen schuetzen sollen?
Unter dem Vorwand des Rechts auf Privatsphaere des Patienten verweigert der deutsche Staat die Veroeffentlichung der Liste und verhindert damit, dass alle Verwandten die Wahrheit ueber das Schicksal ihrer ermordeten Familienmitglieder erfahren und sich oeffentlicher Protest gegen die begangenen Verbrechen aeussert. Von staatlicher Seite wird offenbar befuerchtet, dass auch andere, durch diesen oeffentlichen Protest angeregt, auf die Bildung einer unabhaengigen Kommission bestehen koennten, um auch die Namen der rund 90 Prozent noch unbekannten Opfer des aerztlichen Massenmordes zu erforschen und oeffentlich zu machen.
F: Gab es auf die Veroeffentlichung bereits Reaktionen von ueberlebenden Opfern beziehungsweise Angehoerigen?
Ich habe schon mehrere E-Mails erhalten. Ich vermute, dass die Zahl der Anfragen groesser waere, wenn es keine Sprachbarriere gaebe und die Website in Deutsch statt wie bisher nur in Englisch verfasst waere.
F: Planen Sie in Zukunft weitere Schritte zur Rehabilitierung der Opfer des Euthanasieprogramms der Nazis?
Ja. Am 2. Mai dieses Jahres wurde zum ersten Mal in Tel Aviv, Berlin und Amsterdam der internationale Tag der Erinnerung und des Widerstands veranstaltet. Dieser Tag wurde von einem internationalen Internetforum von Einzelpersonen und Menschenrechtsgruppen ins Leben gerufen, die sich gegen den psychiatrischen Zwang engagieren. An diesem Tag soll der Opfer des medizinischen Massenmords der deutschen Aerzte von 1939 bis 1945 gedacht sowie der Widerstand gegen den psychiatrischen Zwang in die Oeffentlichkeit getragen werden.
*  http://www.iaapa.org.il/claims.htm Ein weitergeleitetes Posting desWerner-Fuss-Zentrum, Scharnweberstr. 29 10247 Berlin http://www.psychiatrie-erfahrene.de

Initiative Selbstbestimmung
Wirksamer Schutz vor psychiatrischer Kolonialisierung und Versklavung: die Vorsorgevollmacht
Die Initiative Selbstbestimmung stellt sich vor
Nach 2 Jahren Erfahrung mit der Vorsorgevollmacht zur Wahrung der Selbstbestimmung und der bürgerlichen Grundrechte auf Freizügigkeit und körperliche Unversehrtheit auch bei Versuchen psychiatrischer Gewaltanwendung steht eines fest: so und nur so geht es rechtswirksam.
Damit ist ein historisch zu nennender Erfolg gelungen, denn die Grundlage von Psychiatrie ist der Zwang mit dem sie ihre angebl. "Patienten" festhalten und sogar gewaltsam in deren Körper eindringen kann. Nirgends auf der Welt, wo es eine Psychiatrie gibt, konnten erwachsene Menschen ihr Recht auf ihren eigenen Körper, geschweige denn den Umgang mit ihrem mentalen Erleben, gegen den Machtanspruch der Psychiatrie behaupten, nichtkriminelles Verhalten, das willkürlich zu angebl. "Krankhaftem" erklärt wurde, zu sanktionieren.
Nun hat sich erstmals weltweit in der BRD das System in seiner dafür benötigten legitmatorische Rhetorik verheddert und kann zu Fall gebracht werden: rechtliche Grundlage der Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die die Psychiatrie fortgesetzt begeht, ist die sog. "staatliche Fürsorgepflicht" für seine Bürger.
Daraus ergibt sich zwar eine Hilfeleistungspflicht des Staates – z.B. die Sozialhilfe - , die aber die Psychiatrie mit Hilfe des staatlichen Gewaltmonopols rigoros gegen die Bürger gewendet hat.
Vorbei der Spuk für diejenigen, die sich mit Hilfe dieser Vorsorgevollmacht dagegen verwehren, mit irgendwelchem Zwang in einer psychiatrischen "Einrichtung", sprich Gefängnis, festgehalten zu werden, geschweige denn dort mit Zwang "behandeln" zu werden. Zum 1.1.1999 hat der Gesetzgeber in der gleichen Logik, mit der er schon 1992 das bundesweite Betreuungsrecht geändert hat, die Lücke geschaffen, die zum Schlupfloch aus dem psychiatrischen Lügensystem geworden ist:
Auch wenn ein Mensch medizinisch für verrückt oder "einwilligungsunfähig" erklärt wird, kann er sich eine Person "wünschen", die insbesondere seine rechtliche Vertretung gegenüber Ärzten wahrnimmt: per Vorsorgevollmacht nach § 1896 Absatz 2 BGB, die er vorher rechtswirksam unterzeichnet hat. Damit ist einer privatrechtlichen Regelung der Vorzug gegenüber dem staatlichen Privileg auf "Therapie" - auch mit Zwang - gewährt worden. Durch die auf den folgenden Seiten als Vordruck zu verwendende Vorsorgevollmacht, ist allen weiteren noch möglichen Ausflüchte der Ärzte und Vormundschaftsgerichte ein Riegel vorgeschoben, wenn sie nach den Empfehlungen des auf der Homepage www.vo-vo.de im Internet veröffentlichen Muster ausgefüllt wurde und die folgenden Bedingungen eingehalten sind:
l Es wurde keine relevante Straftat begangen (sonst greift das Strafgesetzbuch)
l Man ist bei Unterzeichnung der Vo-Vo volljährig, nicht psychiatrisch interniert und wird nicht zwangsbetreut
l Man hat seine Vorsorgevollmacht oder Teile davon nicht durch Widerrufung unwirksam gemacht (dies ist, wie bei jeder Vollmacht, jederzeit von beiden Seiten möglich, da sie ein freiwilliges, eben nicht staatlich erzwungenes Mandat ist)
l Man hat einen Überwachungsbevollmächtigten Rechtsanwalt in der Vo-Vo bestimmt
Der/die Vorsorgebevollmächtigte setzt im Bedarfsfall die vertraglich vereinbarten Schritte energisch und sozusagen "bedenkenlos" um, auch wenn er/sie der Überzeugung sein sollte, daß diese Schritte dem/r Vollmachtgeber/in nicht "gut tun". Der/die Vorsorgebevollmächtigte muß also gewährleisten, kein "besserer" Arzt oder womöglich "besserer" Betreuer sein zu wollen, sondern sich vertragstreu zu verhalten.
Die letzten beiden Punkte sind wesentlich für die volle Wirkung einer Vorsorgevollmacht.
Nur wenn ein Rechtsanwalt Überwachungsbevollmächtigter ist, ist ein Organ der deutschen Rechtspflege als Schutz vor einem Vertrauensbruch des Bevollmächtigten installiert und dann kann kein Vormundschaftsgericht in der BRD mehr etwas machen, was rechtlichen Bestand hätte.
Da wir immer wieder von Schwierigkeiten gehört haben, einen Vorsorgebevollmächtigten zu finden, dem man auch die nötige Durchsetzungskraft gegenüber den Ärzten und Gerichten zutraut, haben wir uns entschlossen, die Initiative Selbstbestimmung zu gründen: wir
Professionalisieren die Aufgabe des Vorsorgebevollmächtigten und bieten die Vorsorgevollmacht im Paket an:
ein/e professionelle/r bei einem Zwangseinweisungsversuch rund um die Uhr erreichbarer Vorsorgebevollmächtigte/r,
einer der besten Rechtsanwälte auf dem Gebiet des Betreuungs- und Unterbringungsrecht als Überwachungsbevollmächtigten
gegen Aufpreis professionelle rechtliche, psychologische, religiöse und ärztliche Beratung bei dem Abschließen einer Vorsorgevollmacht
Registrierung im Zentralregister Vorsorgevollmacht (eingetragenes Warenzeichen) mit fälschungssicherem Ausweiskärtchen als Beweis der Vorsorgevollmacht
Wir garantieren Ihnen vollen Rechtsschutz auf die Vorsorgevollmacht – wir wetten drauf, daß sie nie mehr zwangsweise in einer Psychiatrie untergebracht werden ohne eine Straftat begangen zu haben und zahlen alle eventuell anfallenden Anwalts und Gerichtsgebühren, um sie freizubekommen – sowie um strafbare Handlungen der Ärzte zur Anzeige zu bringen.
Darüber hinaus bieten wir Schulungen und Informationsveranstaltungen für interessierte Träger an, die Kunden auf die Möglichkeiten der Vorsorgevollmacht hinweisen möchten. Und wir werden ein bundesweites Vertriebsnetz mit Zweigniederlassungen des Zentralregisters Vorsorgevollmacht der Initiative Selbstbestimmung aufbauen.
Die genauen Preise für Leistungen der Initiative Selbstbestimmung sind noch nicht festgelegt. Sie werden mit Eintragung der gGmbH beim Amtsgericht im Internet unter www.vo-vo.de und www.initiative-selbstbestimmung.de ca. ab Frühsommer 2002 veröffentlicht.
An dieser Stelle möchten wir noch mal betonen, daß wir die Initiative Selbstbestimmung nur als ein notwendiges Instrument, als ein Provisorium ansehen, bis alle PsychKG´s, das Zwangsbetreuungsgesetz und Forensik als Teil der Psychiatrie abgeschafft sind. Dieses Ziel kann bis auf weiteres am sinnvollsten durch Professionalisierung und Kommerzialisierung der Vorsorgevollmacht verfolgt werden – gerne schmeißen wir unsere Arbeit hin und verzichten auf diese Einkommensquelle, wenn dieses Ziel eines Tages erreicht ist!
Warn-Hinweis: die Vorsorgevollmacht kann ein gnadenlos scharfes Messer sein, um die eigene Selbstbestimmung gegen familiäre oder gesellschaftliche Einflussnahme und Unterdrückung zu gewährleisten. Wer Angst vor den Konsequenzen seiner Selbstbestimmung haben sollte, möge mit der ärztlichen Kolonialisierung zufrieden sein. Auch eine angekündigte Selbsttötung oder Selbstverstümmelung kann nach Buchstaben und Geist der vorgeschlagenen Vorsorgevollmacht begangen werden, OHNE daß eine staatlich/psychiatrische Intervention dies verhindern könnte (solange dabei offensichtlich keine anderen Menschen zuschade kommen, z.B. hätten die 11.Sept. Suizid-Attentäter zur Vereitelung der Straftaten verhaftet werden können).
Davon sind unberührt Interventionen und strafbare Taten von Freunden oder Verwandten, die sie begehen, um einen von solchem Tun abzuhalten. Gegen diese Freunde und Verwandte besteht dann gegebenfalls die Möglichkeit mit einer Strafanzeige vorzugehen. Nach christlichem Ethos mögen sie milde Richter finden.
Fazit: die Initiative Selbstbestimmung kann zwar keinen gesellschaftlichen, familiären oder persönlichen Gründe dafür beseitigen, die jemanden in den "Wahnsinn" treiben, aber sie kann gewährleisten, daß man seinen "Wahnsinn" ohne irgendeine Einschränkung der Menschenrechte leben kann. Damit wird erst die Notwenigkeit geschaffen, tatsächlich die gesellschaftlichen und familiären Umstände so zu verändern, daß man nicht mehr in den "Wahnsinn" getrieben wird.
Denn es bleibt dabei: menschliches Verhalten hat Gründe und keine Ursachen.
Herausgeber von www.vo-vo.de: Initiative Selbstbestimmung gGmbh i.Gr.
Scharnweberstr. 29, 10247 Berlin, Tel: 030-29 77 47 20 Fax: 030-29 77 47 21, V.i.S.d.P: Uwe Pankow Die Formularvordrucke sind Copyright geschützt!
Der Eigentümer der Copyrights ist R.A. Thomas Saschenbrecker.
Sie dürfen ausschließlich zum privaten Gebrauch kopiert werden.
Jede kommerzielle Nutzung verstößt gegen das Copyright und löst Regressforderungen aus.
-----

BPE 10 Jahre

„10 Jahre BPE e.V. - Standortbestimmung“ Gestern – Heute – Morgen

Zu unserer diesjährigen Jahrestagung laden wir euch/Sie herzlich vom 11. bis 13.10.2002 nach Bonn ein. Der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V. feiert sein 10-jähriges Bestehen. Professionelle nannten damals die Gründung dieses bundesweit einmaligen Verbandes von jetzigen und ehemaligen Psychiatrie-Patienten „das Jahrhundertereignis in der Psychiatrie“. Viele waren überzeugt, dass unser Verband den Jahrhundert-/Jahrtausend-wechsel nicht erlebt. Jedoch wir haben allen bewiesen, dass psychiatrisch behandelte Menschen in der Lage sind, eine ernst zu nehmende Verbandarbeit zu leisten. So sind wir mit Recht stolz darauf, Menschen mit den unterschiedlichst diagnostizierten sogenannten psychiatrischen Krankheitsbildern bis heute unter einem Dach in Vorstand und Mitgliederschaft vereinigt zu haben.

Anlässlich der Jahrestagung 2002 wollen wir Rückschau halten auf die Tagung in Irsee 1991 und die Gründungsvorbereitung. Wir wollen uns an die gelungene Gründungsversammlung 1992 in Bedburg-Hau erinnern und die Euphorie beschreiben, die uns alle damals packte. Wir wollen berichten, warum wir die in der Satzung fixierten Ziele zu den unseren machten. Und schließlich werden wir festhalten, auf welchen unterschiedlichen Wegen wir versuchten, diese Ziele zu erreichen. Was konnten wir bisher umsetzen? Haben sich unsere Erwartungen erfüllt? Hatten wir auf breiter Linie Erfolg? Wie können unsere nächsten Schritte aussehen? Wo ist der Handlungsbedarf am dringendsten?

Schlussendlich werden folgende Fragen im Raum stehen:
Was ist eine psychische Erkrankung?
Wie kann man derartige Erkrankungen meistern?
Weshalb entwickelt sich die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden so schleppend?
Wie kommen wir zu einer soliden finanziellen Basis?
Auf welche Weise können wir mehr Mitglieder gewinnen?
Es gibt noch so viel zu tun. Wir wollen es anpacken und bitten alle um Unterstützung, damit wir weiterhin zum Wohle der Gesellschaft und der/des Einzelnen gesundheitspolitisch tätig sein können. Den vollständigen Text und das ausführliche Programm gibt es auf:
 http://www.bpe-online.de/termine/Programm-Bonn-2002.rtf
 http://www.bpe-online.de/

-----

Antipsychiatrie

Russell Tribunal zur Frage der Menschenrechte in der Psychiatrie
Das Urteil des Russell Tribunal zur Frage der Menschenrechte in der Psychiatrie
Als Ergebnis der vorgetragenen Beweise, die das Tribunal bei seiner ersten Sitzung am Wochenende des 30.6. und 1.7. gehört hat, ist das Tribunal davon überzeugt, daß im Namen der Psychiatrie schwere Verstösse gegen die Menschenrechte verbreitet sind, die aber im wesentlichen unbekannt bleiben.
In Übereinstimmung mit der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen beklagt die Mehrheit der Mitglieder der Jury zutiefst die Einsperrung von Menschen gegen ihren Willen im Namen der Psychiatrie. Die Fortsetzung dieser Praktiken ist überall eine Bedrohung der individuellen wie der kollektiven Freiheit.
Wir sehen das Konzept "psychischer Krankheit" und das "medizinische Modell" der Psychiatrie, mit dem menschliches Verhalten erklärt wird, als gefährlich und irreführend an, weil es deterministisch ist (insbesondere in der Bio-Psychiatrie) und damit Menschen ihrer Wahlmöglichkeiten und Verantwortung beraubt. Es rechtfertigt sogar solche Konzepte wie das des "Geisteskranken" als rechtliche Kategorie, die eine völlige Verweigerung der Menschen- und Bürgerrechte ermöglicht und in Wirklichkeit dazu verwendet wird, antisoziales und kriminelles Handeln zu entschuldigen.
Wir beklagen das Handeln der Freien Universität, die dem Druck ihrer psychiatrischen Abteilung gewichen ist und ihr Versprechen gebrochen hat, das Tribunal bei sich tagen zu lassen. Nichtsdestotrotz sind wir entschlossen, unsere Anhörungen und Untersuchungen fortzusetzen und alle verfügbaren Medien und Möglichkeiten der Kommunikationstechnik zu nutzen, um Mißhandlungen zu erkunden und die Öffentlichkeit über die Gefahren für die menschliche Freiheit zu alarmieren, die durch die unkritische Akzeptanz der Ansprüche und Praktiken der Psychiatrie entstehen. Wir denken, daß weitere Untersuchungen angestellt werden sollten, um die spezifisch psychiatrischen Mißhandlungen zu untersuchen: Elektroschock, Fixierung und Zwangseinweisung.
Strenge juristische und politische Überwachung psychiatrischer Anstalten und psychiatrischer Praktiken sind eine Voraussetzung für den effektiven Schutz der Menschenrechte. Juristische Vorkehrungen sollten die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, Zugang zu wichtigen Dokumenten, zivile und strafrechtliche Haftung für Einsperrung und das Verbot der Diskriminierung gegen "psychisch Kranke" einschließen. Weitere politische und öffentliche Schritte sollten unternommen werden, einschließlich kritischer öffentlicher Untersuchung der Rolle der Psychiatrie, ihrer wissenschaftlichen Basis und der Rechtfertigungsmöglichkeit moderner psychiatrischer Praktiken.
Die Psychiatrie weigert sich nicht nur die Gewalt, die sie historisch vom Staat bekommen hat, aufzugeben, sondern sie spielt sogar die Rolle eines hochbezahlten und respektierten Organs sozialer Kontrolle, einer internationalen Verhaltens-Polizei, und des Unterdrückers politischer und sozialer Abweichung.
Wir halten die Psychiatrie einer Kombination von Zwang und Unverantwortlichkeit für schuldig - sie entspricht damit der klassischen Definition von totalitären Systemen. Als ersten Schritt fordern wir die Abschaffung der "Psychisch Kranken" Gesetze, so daß die Psychiatrie gegenüber der Gesellschaft verantwortlich wird. Darauf sollten Wiedergutmachungszahlungen für die Schäden folgen, die sie verursacht hat. Öffentliche Gelder sollten für humane und würdevolle Alternativen zur Zwangspsychiatrie zur Verfügung gestellt werden.
Gezeichnet (die Mitglieder der Jury):
Kate Millett, Ken Fleet, Esther Hertzog, Ron Leifer, Jacob Emanuel Mabe, Wolf-Dieter Narr, Richard E. Vatz
Zwei Jurymitglieder stimmten diesem Urteil nicht zu und gaben folgendes Minderheitenvotum ab:

Minderheitenvotum
Als Ergebnis der vorgetragenen Beweise, die das Tribunal bei seiner ersten Stitzung am Wochenende des 30.6. und 1.7. gehört hat, sind wir, die Minderheit der Jurymitglieder (Paulo Coelho und Alon Harel) davon überzeugt, daß im Namen der Psychiatrie schwere Verstösse gegen die Menschenrechte verübt werden, die im wesentlichen unbekannt bleiben.
Wir, die Minderheit der Jurymitglieder, bedauern zutiefst die ungerechtfertigte Einweisung von Personen gegen ihren Willen im Namen der Psychiatrie als eine massive Menschenrechtsverletzung. Wir sind der Meinung, daß weitere Untersuchungen und Anhörungen stattfinden sollten, um den Mißbrauch zu erforschen und die öffentliche Meinung auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die die unkritische Akzeptanz der Behauptungen der Psychiatrie darstellt.
Strenge juristische und politische Überwachung psychiatrischer Anstalten und psychiatrischer Praktiken sind eine Voraussetzung für den effektiven Schutz der Menschenrechte. Juristische Vorkehrungen sollten die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, Zugang zu wichtigen Dokumenten, zivile und strafrechtliche Haftung für Einsperrung und das Verbot der Diskriminierung "psychisch Kranker" einschließen.
Weitere politische und öffentliche Schritte sollten unternommen werden, einschließlich der kritischen öffentlichen Untersuchung der Rolle der Psychiatrie, deren wissenschaftlicher Begründung und der Rechtfertigung moderner psychiatrischer Praktiken.
Gezeichnet: Paulo Coelho, Alon Harel
 http://www.freedom-of-thought.de
www.psychiatrie-erfahrene.de
----

Irrenoffensive
Freedom of Thought
DIE Konferenz des Jahres 2001 vom 29. Juni bis 2. Juli 2001 an der Freie Universität Berlin Freedom of Thought ist eine Internationale Konferenz über Menschenrechte, biologistische Diskriminierung und psychiatrischen Zwang. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, wird einen Vertreter entsenden, der die Konferenz mit einer Grußadresse eröffnen wird. Nach der Eröffnungsveranstaltung am 29. Juni 2001 teilt sich die Konferenz in das Fünfte Internationale Russell Tribunal on Human Rights in Psychiatry und das Symposium Geist gegen Gene (The Mind Challenges Genes). Eine Pressekonferenz wird die Konferenz am 2. Juli 2001 beschließen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen garantiert das Recht auf Freiheit der Gedanken (Artikel 18). Das Fünfte Internationale Russell Tribunal on Human Rights in Psychiatry untersucht den psychiatrischen Begriff der Geisteskrankheit sowie die Zwangseinweisung und Zwangsbehandlung in psychiatrischen Institutionen vor dem Hintergrund der Verletzung von Grundrechten. In Berlin 2001 wird das Tribunal das Augenmerk auf die Geschichte der Psychiatrie, die Gesetzgebung im Bereich der Psychiatrie und auf die Stigmatisierung und Ausgrenzung der Betroffenen richten. Es soll in den Folgejahren mit anderen Schwerpunkten in New York und Jerusalem stattfinden. Geist gegen Gene (The Mind Challenges Genes) eröffnet ein Forum jenseits des konventionellen Paradigmas zweckgebundener Produktion biotechnologischen Wissens und der Ideologie der "Verbesserung" des Menschen. Mit voranschreitender Kommerzialisierung der Biowissenschaften steigt die Gefahr, daß der Wert des Menschen an der "Qualität" seines Erbgutes gemessen wird: eine Aufwertung des "Gesunden" geht mit der Abwertung des "Kranken" einher. Einem Rassismus ohne Rasse wird auf der Basis von genetischen Profilen das Feld bereitet. Die Kriterien der Zuordnung bleiben im Dunkeln und spiegeln lediglich neueste biologische und medizinische Erkenntnisse wider.  http://www.freedom-of-thought.de
weitere interessante LINKS:
Haus des Eigensinn - Museum der wahnsinnigen Schönheit:  http://www.psychiatrie-erfahrene.de/eigensinn
Die vom Staatsschutz behinderte Ausstellung "The Missing Link - Karl Bonhoeffer und der Weg in den medizinischen Genozid":  http://www.psychiatrie-erfahrene.de/eigensinn/tumarkin.htm
Dokumentation und Möglichkeit der Solidarisierung mit dem Urteil des Foucault Tribunal:  http://www.foucault.de
Die jeweils aktuelle Ausgabe der "Irren-Offensive ":  http://www.antipsychiatrie.de
"Freedom from Fear": Dokumentation einer internationalen Fahrt zu den Gasmordanstalten in der BRD und des Gegenkongresses zum Weltkongress der Psychiatrie in Hamburg:  http://www.irren-offensive.de
Der "Lehrstuhl für Wahnsinn" an der Freien Universität Berlin präsentiert sich und sein Programm:  http://www.irrenoffensive.de
--------

www.psychiatrie-erfahrene.de
Diese Webseite ist wohl die interessanteste für die Psychiatrie-Erfahrenen-Scene. Hier findet ihr folgende Zeitungen:
Seelenpresse, Irrenoffensive, Was uns bewegt, Der bunte Spleen, Im Brennpunkt, Narrenspiegel, Unser kleines Stimmenhörerjournal, Rosdorfer Kreisel, Nicht ohne uns.
Weiter gibt es Informationen zur Geschichte der Irrenoffensive, dem Lehrstuhl für Wahnsinn und über das berühmte Experiment.
Adressen konsequenter Rechtsanwälte/innen...
Die Seite ist das Eingangsportal zur Antipsychiatriescene Deutschlands und Europas
--------------------------------------------------------------------------------

Das Ende des Alptraums
Wie die Vorsorgevollmacht der Zwangspsychiatrie ein Ende setzt: www.vo-vo.de
oder: Die Irrenoffensive Nr. 9. Bezug gegen Vorkasse von 6.50 auf das Konto der Irrenoffensive e.V. Postbank Berlin Konto Nr.: 457065-103 (BLZ: 10010010) bei Werner-Fuß-Zentrum, Scharnweberstr. 29, 10247 Berlin tel:030-2911001
--------------------------------------------------------------------------------
AG SPAK - arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer arbeitskreise:  http://agspak.twoday.net/

(Anti-)Psychiatrie:  http://www.agspak.de/psychiatrie.htm

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 4 Kommentare an

Ihr habt was — vergessen:

@vergessen — bärbel