Brigadisten gegen Paramilitärs, Chiapas

Brigadisten aus allen Teilen der Welt kommen nach Chiapas um zapatistische Gemeinden vor Gewalt und Terror zu schützen.

Die zapatistische Bewegung kämpft seit dem Aufstand der EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional, dt. Nationale Zapatistische Befreiungsarmee)1994 für indigene Selbstbestimmung in Chiapas und ganz Mexiko. Die Reaktionen der Regierungen variierten seitdem zwischen Repression, Verleumdung, Korruption,  Drohungen und Verhandlungen deren Ergebnisse (Acuerdos de San Andres ) nicht umgesetzt wurden.

Die aktuelle Situation ist einKrieg mit geringer Intensität der zwar offiziell nicht von der Regierung geführt, aber mehr als toleriert wird. Die Paramilitärs erhalten Rückendeckung von Polizei und Justiz sodass diese ungehindert agieren könnten wenn da nicht die Brigadisten von Capise und Frayba wären. Diese fahren für mindestens eine Woche (Capise ) oder zwei Wochen (FrayBa ) in Gemeinden die von den Paramilitärs beroht werden und dokumentieren dort die Ereignisse.

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Ein Antrag in einer Dorfversammlungen, der die Tötung von allen zapatistischen Familien einschließlich der anwesenden Brigadisten forderte, sowie Tötungversuche, Entführungen und schwere Körperverletzungen gegen Zapatisten sind Teil einer traurigen Wahrheit. Die Aufgabe der Brigadisten besteht nicht in aktiver Einmischung sondern in der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen. Die Präsenz von, größtenteils ausländischen, Beobachtern lässt die Paramilitärs spüren, dass die Welt nicht einfach wegsieht wenn die Rechte von Indigenen mit Füßen getreten werden. Einen vollständigen Schutz kann aber auch die Präsenz von Brigadisten nicht garantieren.

 

Die Brigadisten sind Freiwillige aus allen Teilen der Welt und alle Altersstufen (mind. 18 Jahre) sind vertreten. Mit einem Aufenthalt in einer zapatistischen Gemeinde, den einige direkt in San Cristobal mit den beiden Entsendeorganisationen planen, tragen die Brigadisten zur Deeskalation des Konfliktes bei. Es ist aber nicht nötig sich auf eigene Faust alles Wissen über die zapatistische Bewegung und die derzeitige Problemlage zu Hause anzueignen. Es gibt in vielen Teilen der Welt Netzwerke wie zum Beispiel B.A.S.T.A. , die sich um zukünftige Brigadisten kümmern.

 

Einmal in Mexiko angekommen werden die Freiwilligen von ihrer jeweiligen Organisation über den neusten Stand der Dinge in den betreffenden Gemeinden unterrichtet und wenn genügend Brigadisten zusammengekommen sind dorthin entsandt.

Bevor man aber in die Zielgemeinde fahren kann, muß man zuerst mit seiner Gruppe und einem Schreiben von Capise oder Frayba in den zuständigen Caracol fahren, um die Erlaubnis der Junta del Buen Gobierno (dt. Die Versammlung der guten Regierung) einzuhohlen. Diese Formalität verläuft in der Praxis zwar eher schleppend bietet den Freiwilligen aber einen Einblick in die Organisationsstrukturen der Zapatisten.

Mit der Erlaubnis der Junta geht es dann weiter in die Gemeinden. Dort wird man in manchen Gemeinden von der Dorfgemeinschaft empfangen und eingewiesen. In einigen Gemeinden gibt es bereits extra Koch- und Schlafmöglichkeiten für die Brigadisten die sich die gesamte Zeit selbst versorgen. Außer desinfiziertem Quellwasser und Maistortillas gibt es in der Gemeinden meist nichts. Strom fließt von der Solarzelle zum Funkgerät und von der Batterie in die Taschenlampe ansonsten ist man vor Elektrosmog weitestgehend geschützt.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Dorfgemeinschaften die weitaus weniger homogen sind. Es kann durchaus passieren das man in ein Dorf geschickt wird, indem 80 % der Familien nicht zapatistisch sind sondern mit den Paramilitärs sympathisieren. In diesen Fällen werden die Brigadisten direkt in der Hütte der Familien untergebracht und gekocht wird auf dem selben Feuer.

Gebadet wird meistens, aufgrund des erhöhten Spaßfaktors im Fluss. Sein Geschäft verrichtet man über selbst ausgehobenen Latrinen und der Biomüll landet auf dem von den Brigadisten errichteten Kompost. Alles was nicht biologisch abbaubar ist wird entweder verbrannt oder wieder dahin zurückgebracht wo Brigadist es gekauft hat.

 

Der Tag eines Brigadisten beginnt in der Regel mit dem Sonnenaufgang, da viele der Freiwilligen eher an Autos als an krähendes Federvieh gewöhnt sind. Da man aber aufgrund des nur spärlich vorhandenen Lichts (Kerzen/Taschenlampe) früh zu Bett geht, also ohnehin schon 10 -12 Stunden geschlafen hat, fällt das Aufstehen nicht wirklich schwer. Außerdem lockt der frisch aufgebrühte zapatistisch-organische Kaffee die Brigadisten aus den Schlafsäcken.

 

Die Aufgabe eines Brigadisten besteht eigentlich ausschließlich in der Dokumentation von Unregelmäßigkeiten. Übergriffe der Paramilitärs oder Räumungen der Polizei sind aber, insbesondere dank der permanenten Präsenz der Brigadisten, eher die Ausnahme. Daher lenkt ein Hubschrauber über dem Dorf oder die Marktfrau, die eventuell vorbeikommt um die Brigadisten mit Gebäck zu versorgen, die  Aufmerksamkeit der, im Schachspiel oder Diskusionen vertieften Brigadistenfamilie, sehr leicht auf sich. Fussballspiele zwischen der Dorf- und der internationalen Brigadistenauswahl, sowie Exkursionen zu eventuellen Naturschauspielen wie Wasserfällen oder heißen Quellen sind willkommene Abwechslungen im Brigadistenalltag.

Da die Brigaden aber nicht regelmäßig sondern je nach Verfügbarkeit von neuen Freiwilligen ausgesendet werden, kann es durchaus sein, dass man neben den Compas mit denen man anreist noch viele andere Brigadisten kennenlernt die vielleicht früher gehen oder erst später ankommen. So entsteht eine sehr internationale Gruppe die sich ständig mischt aber einen Gedanken teilt: Die Unterstützung der zapatistischen Bewegung! So kommt es, das viele der Freiwilligen aus dem linken Spektrum der Gesellschaft kommen und es zu einem regen Erfahrungs- und Ideenaustausch kommt.

Außerdem bringen gelegentliche Besuche von Journalisten, wie zum Beispiel einem Fernseh Team von Al-Jazeera International oder einer Karawane von Fair-Trade Kaffee Röstern neuen Gesprächsstoff.

Die Tage ziehen ins Land und wenn man sich richtig eingewöhnt hat ist es auch schon wieder Zeit zu gehen. Von der Gemeinde aus geht es, mit Zwischenstopp im Caracol, wieder zurück nach San Cristobal de las Casas um Bericht zu erstatten. Dort kann dann die nächste Brigade geplant oder Exkursionen in das nahegelegene Guatemala organisiert werden. Außerdem gibt es in San Cristobal de las Casas und Umgebung viel zu sehen und zu tun.

 

Ständig werden Brigadisten gesucht um die Sicherheit der zapatistischen Familien in Chiapas zu überwachen. Interesenten aus dem deutschsprachigen Raum können sich an das B.A.S.T.A. Netzwerk wenden oder eines der vielen anderen Netzwerke kontaktieren. Ein Brigadist muss Volljährig, also mindestens 18 Jahre alt,  sein und sollte die spanische Sprache weitestgehend beherrschen.

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Ergänzungen

Link zu Infos über Menschenrechtsbeobachtung

Gruppe B.A.S.T.A. 19.02.2008 - 21:09
Der Verein Carea e.V. (Berlin) führt Vorbereitungsseminare für Menschenrechtsarbeit durch:
 http://www.buko.info/carea

Weitere Vorbereitungsarbeit wird von Peacewatch Schweiz geleistet:
 http://www.peacewatch.ch

Die Gruppe B.A.S.T.A. kann bei Fragen zur Thematik gerne Auskunft geben (oder es zumindest versuchen), wir selbst organisieren jedoch keine Brigaden.

Veranstaltung in Berlin

robert 25.02.2008 - 15:52
Di. 26.2.08 [20Uhr]
Krieg in Chiapas?
In den letzten Monaten haben die Angriffe auf die zapatistische Gemeinden in Chiapas/Mexiko drastisch zugenommen. Der Krieg niederer Intensität hat ein Ausmaß erreicht, wie seit dem Massaker von Acteal vor zehn Jahren nicht mehr. Gleichzeitig nimmt die mediale Aufmerksamkeit international ab und auch die mexikanischen Medien schweigen.
Im Zuge der Umsetzung des Plan Puebla-Panamá (PPP) und anderer neoliberaler Megaprojekte in Folge der infrastrukturellen und touristischen Erschließung der chiapanekischen Biosphärenreservate hat sich die Situation der dort lebenden indigenen Gemeinden im Widerstand deutlich verschlechtert.
Ein Bericht von Carea e.V. über die aktuelle Situation in Chiapas.
[Veransstaltungsort: FAU-Lokal, Straßburger Str. 38, Berlin-P'berg, U2
Senefelderplatz]

interview capise

j-xap 25.02.2008 - 17:01
Ein Interview mit Ernesto Ledezma von CAPISE über die aktuelle Situation in Chiapas:  http://de.indymedia.org/2008/01/204955.shtml

Keiner hats offenbar gemerkt

Ralf 26.02.2008 - 11:11
Erneut Massenproteste gegen Mexikos Regierungspolitik

Nach der Großdemonstration gegen das Freihandelsabkommen mit den USA wurden nun Protestaktionen zur Verteidigung des staatlichen Energiesektors gestartet
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27369/1.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Super Artikel! — kein name

Pressemitteilung — CCIODH