Das umstrittene Mega-Projekt Mediaspree

Daniel Knopp 17.02.2008 21:33 Themen: Freiräume
Bon voyage, mon captain! Das städtebauliche Großprojekt Mediaspree in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg gerät unter Druck. Gleichzeitig wird versucht mit beschleunigtem Tempo die landeseigenen Grundstücke entlang der Spree unter den Hammer zu bringen. Die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (BEHALA) beantragt fünf Bauvorbescheide für Grundstücke am Osthafen. Die BVV-Fraktionen der Grünen fordert den Senat auf, zugunsten der direkten Demokratie einzugreifen, während die Fraktion DIE LINKE eine Rhetorik der Sympathie schwingt, aber bereits ablehnende Beschlüsse gefasst hat.
Das von dem Initativkreis „Mediaspree versenken!“ initiierte BürgerInnenbegehren „Spreeufer für Alle“ zeigt Wirkung. Nach Meinung eines Mitglieds des Abgeordnetenhauses Klaus-Peter von Lüdeke (FDP) könne der Senat nicht weiterhin so tun als ob das BürgerInnenbegehren unschädlich sei. Nach Auffassung Lüdekes solle der Senat Druck auf den Bezirk ausüben, denn die Initiatoren des BürgerInnenbegehrens überschneiden sich, seiner Meinung nach, mit den BesetzerInnen des Bethanien in Berlin-Kreuzberg, die vom Bezirk geduldet werden (Morgenpost 22.01.2008).
Auch Christian Meyer, seines Zeichens Geschäftsführer beim Regionalmanagement Mediaspree e.V. teilt die Befürchtung, dass im Falle eines Erfolges weitere Investitionen verhindert werden könnten. (vgl. Tagesspiegel-Videobeitrag) Dieses Szenario ist so unwahrscheinlich nicht, denn die Banken werden das Risiko bei der Kreditvergabe für geplante Investitionen nun als erhöht bewerten. Diese Befürchtungen kommen beim Initiativkreis erwartungsgemäß gut an.

Der Dialog mit den Parteien Grüne/ Bündnis 90 und DIE LINKE
Am Mittwoch den 30.01. veranstaltete „DIE LINKE. Friedrichshain Kreuzberg“ im Kato am Schlesischen Tor unter dem Titel „Mediaspree versenken. Spreeraum verschenken?“ eine Diskussionsrunde zum Thema. Auf dem Podium war neben Andrej Holm (Stadtsoziologe) und Carsten Joost (Mediaspree versenken!) u.a. der BVV-Fraktionsvorsitzende Lothar Schüßler vertreten. Ablehnende Beschlüsse hatte es aus der Fraktion und dem Vorstand bereits am 18.01. gegeben, knapp zwei Wochen vor der Veranstaltung. Darin heißt es u.a.: „Das eingereichte Bürgerbegehren „Spreeufer für Alle“ ist ohne Zweifel ein Zeichen der geforderten Demokratisierung in der Stadtentwicklung – es entbehrt jedoch nicht einer gewissen politischen Naivität und Unkenntnis weil die erhobenen Forderungen auf Grund der gesellschaftlichen Verhältnisse und der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht realisierbar sind.“ Entsprechend musste sich Schüßler viel Kritik gefallen lassen und fand es gegen Ende der Veranstaltung dann sehr Schade, dass „nur die Differenzen statt der Gemeinsamkeiten betont wurden“. Auf die Frage aus dem Publikum, wieso man eigentlich noch „DIE LINKE“ brauche, blieb er die Antwort schuldig. Katrin Lompscher, Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, ihres Zeichens auch Diplomingenieurin für Städtebau, die ebenfalls auf dem Podium saß, begrüßte gleichfalls die basisdemokratische Initiative, sprach sich allerdings ebenfalls gegen das Begehren mit der Behauptung aus, der Widerstand käme zu spät.
Innerhalb der Grünen/ Bündnis 90 gibt es noch keine Beschlüsse zum Thema, doch die interne Diskussion läuft. VertreterInnen des Initiativkreises sind bereit im November vergangenen Jahres bei der Bezirksgruppe vorstellig geworden.

Die BEHALA drückt auf die Tube
Auf der Sitzung des Stadtplanungsausschusses der BVV am 06.02., der auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain stattfand, wurde bekannt, dass die landeseigene BEHALA auf dem Areal des Osthafens versucht Nägel mit Köpfen zu machen: Herr Peckskamp vom Stadtplanungsamt informierte den Ausschuss, dass die BEHALA für fünf Grundstücke Anträge auf Bauvorbescheid gestellt hat. Die BEHALA versucht damit sich rechtlich abzusichern und „Planungssicherheit“ für mögliche Investoren zu schaffen, die auf dem Gelände bauen wollen. Herr Reimann, bei der BEHALA verantwortlich für Grundstücke und Vermietungen, bestätigt diese Vermutung: Die Ziele des BürgerInnenbegehrens verhalten sich gegensätzlich zum Interesse der BEHALA, die Grundstücke am Osthafen zu verkaufen (Morgenpost, 08.02.2008).
Am 12.02., nach dem Bekanntwerden des Vorhabens, forderten die Grünen Friedrichshain-Kreuzberg den Senat in einer Presseerklärung auf, auf die BEHALA einzuwirken, sodass die Anträge auf Bauvorbescheide zurück gezogen würden. Aufsichtsratsvorsitzender der BEHALA ist übrigens Senator Harald Wolf (DIE LINKE). Diese Forderung fällt den Grünen nicht schwer. Die politische Verantwortlichkeit wird so weg von der Bezirksebene hin zum Senat verschoben. Im Bezirk, in dem die Grünen jedoch maßgeblich in der Verantwortung sind, wird auf keine Weise versucht, politisch zu intervenieren. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn der derzeitige Bezirksbürgermeister Herr Dr. Schulz (Grüne) ist seit 1996, da wurde er Bezirksbürgermeister des ehemaligen Bezirks Kreuzberg, mit der städtebaulichen Planung bestens vertraut und in keiner Weise gewillt, auf die Bremse zu treten. Im Gegenteil: Schulz will Mediaspree. Er rechnet es dem Bezirk und natürlich sich selbst als Erfolg an, mit den Investoren einige als „Spreefester“ oder auch „Pocketparks“ bezeichnete Bebauungslücken ausgehandelt zu haben sowie einen Uferwanderweg, der an einigen Stellen entlang der Spree in Friedrichshain-Kreuzberg bis zu 10 Meter breit sein soll.
Es bleibt also weiter spannend, zumal die BEHALA weiterhin Besitzerin des Grundstücks an der Schillingbrücke auf Kreuzberger Seite ist. Zur Zeit ist dort noch der Baustoffhandel Dämmisol ansässig. Allerdings hat der bereits ein Ausweichgrundstück am Wriezener Bahnhof erhalten. Im Herbst wird umgezogen, bereits im Sommer soll das Bieterverfahren für das Grundstück angestoßen werden.

what the hell are you talking about!? -basic info:
 http://ms-versenken.org/

FDP-Anfrage „Investitionsverhalten“:
 http://www.morgenpost.de/content/2008/01/22/bezirke/942809.html

Tagesspiegel-Video:
 http://www.tagesspiegel.de/medien/videos/sts388,679.html?SORT=PRIO
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Ergänzungen

landwehrkanal - kampf um die bäume

spaziergänger 22.02.2008 - 17:22
Passt nicht ganz zum Thema, aber hat dann doch genug damit zutun (Rotrote Baupolitik)

Ich frage mich seit längerem warum ich Nahe des Landwehrkanals keine Transpis "Rettet die Bäume am Landwehrkanal" und auch keine Leut mehr auf der Adminralsbrücke sitzen seh. Ich war längere Zeit nicht in Berlin... ist der Kampf gewonnen oder liegt's am Wetter?