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Autonome Nachbereitung - SIK0 2008

in bewegung bleiben 15.02.2008 01:09
Autonome Nachbereitung der Mobilisierung gegen die SIKO 2008

Anlässlich der diesjährigen sog. NATO-Sicherheitskonferenz demonstrierten über 5000 Menschen gegen Krieg, Militarisierung und kapitalistische Ausbeutung. Damit war die Demo gegen alle Erwartungen größer als in den letzten Jahren.
Diesmal lag der Fokus erstmals auf dem Abendprogramm der SIKO: Zur Verleihung einer „Friedensmedaille“ und zur Abendgala sollten die Teilnehmer_innen der Konferenz vom Hotel Bayerischer Hof in die Residenz transferiert werden. Die Residenz, der Odeonsplatz und die noblen Einkaufsstraßen der Münchner Innenstadt wurden somit zum zentralen Schauplatz der Protestaktionen. Im Gegensatz zu den letzten Jahren wurde folglich beschlossen die große Demonstration zeitlich in den Abend zu schieben und die Route direkt vom Marienplatz zur Residenz zu legen, um uns so den Kriegsstrategen bei ihrem Transfer in den Weg zu stellen.

Dieses Konzept löste z.T. Missverständnisse und Verwirrung aus und zwar nicht nur beim KVR und den Bullen, sondern leider auch bei vielen angereisten Aktivist_innen, die effektive Blockaden rund um die Residenz erwarteten.

Als eine Gruppe aus der linksradikalen Mobilisierung gegen die SIKO sehen wir es u.a. als unseren Fehler an, dass die verschiedenen Diskussionen und Varianten des Aktionskonzeptes für Samstagabend nicht transparenter gemacht wurden (bzw. werden konnten). Aus diesem Grund sollen in dieser Nachbereitung auch die Entscheidungen im spektrenübergreifenden Aktionsbündnis sowie im linksradikalen Vorbereitungskreis noch einmal kurz beleuchtet und einige Schlüsse für die Zukunft gezogen werden. Schließlich bleibt uns die SIKO – wie es im Moment aussieht – auf absehbare Zeit in München erhalten.

Neues Aktionskonzept: Wir stellen uns Quer

Beflügelt von den Aktionen gegen den G8, wurde im breiten Bündnis frühzeitig die Möglichkeit einer Blockade der SIKO diskutiert. Nach den gescheiterten SIKO-Blockaden 2004 war allerdings klar geworden, dass wenn überhaupt, dann nur Samstags genug Aktivist_Innen in der Stadt sein würden um zu blockieren. Der einzige relevante Transfer am Samstag ist der vom Bayerischen Hof in die Residenz.

In den Diskussionen wurde aber auch klar, dass es wenig wahrscheinlich ist, effektive Blockaden der Residenz zu organisieren. Die Entscheidung mit der gesamten Demonstration den repräsentativen Haupteingang der Residenz dicht zu machen, zielte demnach in erster Linie auf den politischen Ausdruck und wurde unter der Parole „Wir stellen uns quer“ auf den Punkt gebracht.

Wir wollen kurz begründen, warum effektive Blockaden als wenig realistische eingeschätzt wurden. Das Residenzgelände ist sehr groß und hat 5 Zugänge, mehrere von diesen liegen an grossen, abends menschenleeren Strassen. Bei der zu erwartenden Menge an Demonstrant_Innen wurde eine gemeinsame symbolische Blockade einer Aufsplittung der Demo auf mehrere Orte vorgezogen.

Ob die Demo allerdings überhaupt die entsprechende Route zur Residenz nehmen können würde, oder ob im Falle eines Verbots, andere Aktionsformen gewählt werden müßten, war bis kurz vor dem Wochenende nicht klar.

Demoverbot und der (ausbleibende) Skandal.

Die ursprünglich angemeldete Route, auf direktem Weg vom Marienplatz zur Residenz zu ziehen, war vom KVR zunächst verboten worden. Es folgte ein nerviges Hin und Her um mögliche Alternativenrouten. Das Bündnis ging offensiv mit dem Verbot um und machte klar, dass sich die Demo nicht aus der Innenstadt drängen lassen würde. Die Erwartung, dass das Demoverbot ein breites mediales Echo und wie beim Demoverbot 2002 eine kämpferische Stimmung in der Stadt erzeugen würde, erfüllte sich allerdings nur sehr begrenzt. Trotzdem war der offensive Umgang des Aktionsbündnisses richtig und wirkte unserer Einschätzung nach mobilisierend. Die Ansage des Bündnisses, dass wir im Falle eines Verbotes unserer Route lieber gar keine Demo machen würden und die Demonstrationsteilnehmer_Innen sich ihren Weg zur Residenz autonom suchen würden, brachte das KVR möglicherweise zum Einlenken. Am Ende wurde schließlich (annähernd) die Route bewilligt, die wir anfangs wollten. Wir sind der Meinung, dass das Konzept, die Demo direkt in die Innenstadt auf den Weg des (vermeintlichen) Transfers zu verlegen richtig war, auch wenn die Demo dadurch sehr kurz geriet.

Wochenende

Am Freitag beteiligten sich ca. 300 Leute an einer, von der SDAJ organisierten, satirischen Jubeldemo unter dem Motto „Join the White Block!“.
Mit weißen Klamotten, Schildern und Transperenten mit ironischen Forderungen zog die gutgelaunte Demo durch die Innenstadt.

Luftkissen, die wie Steine angemalt waren, wurden gegen die Fenster einer Bank geworfen. Die Polizei illustrierte die Forderungen nach „mehr Überwachung“ und „Abschaffung des Demonstrationsrechtes“ durch ein martialisches Aufgebot und trug damit auf ihre Weise zu diesem grotesken Schauspiel bei.

Die Demo endete am Marienplatz, wo das Bündnis für 16 Uhr zu einer Kundgebung aufgerufen hatte. Leider war die Beteiligung an der Kundgebung ziemlich gering.

Am Samstag war ab 16 Uhr die Kundgebung am Marienplatz angemeldet. Gegen 18.00 waren ca. 5000 Menschen auf dem Platz und somit mehr als die Meisten erwartet hatten.
Dieses Jahr war der internationalisitsche Block größer und durch verbindliche Absprachen mit einigen Gruppen besser organisiert als die letzten Jahre. Der Lauti sorgte mit coolem Sound und heitzigen Durchsagen und Jingles für Stimmung. Die Route war fast komplett auf beiden Seiten eingegittert – vor allem in der Theatinerstr., einer der bonzigsten Einkaufsmeilen Münchens. Die Demo zog in engem Bullenspalier von Marienplatz zum Odeonsplatz.

Schon fast mit Verwunderung haben verschiedene Genoss_Innen registriert, dass es dieses Jahr zu keine größeren Bullenangriffen auf den Block kam. Wir sehen dafür zwei Gründe: Einerseits hatten die Bullen wohl keinen Bock auf Pressemeldungen über „Randale in der Innenstadt“. Zum anderen wurde dieses Jahr nicht versucht Seitentransparente durchzusetzen, da die Demo auf dem Weg zu Residenz (und damit zum möglichen Transfer) nicht unnötig aufgehalten werden sollte. Auch wenn die Zurückhaltung des Internationalistischen Blocks also durchaus Sinn machte, wären offensivere Momente auf der Demo erfreulich gewesen. Die Leuchtspurkugeln gegen die Residenz, auf der Abschlusskundgebung waren eine positive Ausnahme.

Auf der Abschlusskundgebung zeigte sich dann, dass die möglichen Szenarien die nun Folgen könnten, zu wenig vermittelt worden waren: Für den Fall, dass der Transfer nicht über unsere Route stattfinden würde, gab es einen Plan B: Mit Flugblättern wurde für 20 Uhr zur Kaufingerstraße mobilisiert, um dort „mit Wut und Witz, lästig und laut“ gegen die Kriegskonferenz zu demonstrieren. Diese Flyer wurden um frühzeitige Repression zu vermeiden nicht ganz öffentlich verteilt, was zur Folge hatte, dass nur eine begrenzte Menge an Demonstrant_Innen davon wußte. Während also viele noch Blockaden erwarteten, machten sich andere schon auf den Weg zu Innenstadtaktionen.

Alles in allem fanden wir die Demo gut. Demos bei Nacht haben durchaus Charme, allerdings war die Route zu kurz und trotz des großen Internationalistischen Blocks und des powervollen (aber leider nicht sehr lauten) Lautis kam nur wenig Stimmung auf, was auch daran gelegen haben mag, dass die offensiven Momente fehlten.

Out of Control?

Die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass bei so einer massiven Bullenpräsenz die Handlungsspielräume auf der Demo selbst stark eingeschränkt sind. Deshalb fanden wir es sinnvoll, dass unberechenbare, dezentrale Aktionen in der Stadt laufen sollten.
Trotz der massiven Bullenpräsenz in der ganzen Innenstadt gelang es verschiedenen größeren und kleineren Gruppen vom Marienplatz die Kaufingerstraße hinunter zu ziehen. Das bei Demos in Wanderkesseln so häufig entstehende Ohnmachtsgefühl war nicht zu spüren, es wurden lautstark Parolen gerufen und mit Leuchtis Stimmung gemacht. Mit den „Demos“ durch die Fußgängerzone war Schluss, als die Bullen einige Gruppen kesselten. Viele, die dem entronnen waren hielten sich dann aus Solidarität bei dem Kessel auf obwohl es vielleicht mehr Sinn gemacht hätte einfach weiter zu ziehen und die Bullen so zu zwingen wie 2002 den Kessel aufzulösen um einer dynamischen (und vermeintlich gefährlichen) Menschenmasse hinterher zu laufen.

Wir fanden die Innenstadtaktionen insgesamt gelungen, aber auf jeden Fall noch ausbaufähig: Es zeigte sich nicht zum ersten Mal, dass die Bullen bei solchen Innenstadtaktionen vor allem dann Schwierigkeiten haben, wenn die Leute „zivil“ gekleidet sind und nicht als eine starre Demo laufen, sondern sich zwischendurch auflösen, um sich dann wieder zu einen Mob zusammen zu finden. Mal Parolen rufen und Feuerwerkskörper anzünden, dann wieder nette Einkäufer_in spielen ...

Nach 20:00 Uhr lehrte sich die Fußgängerzone zusehends, es gab also ab einem gewissen Zeitpunkt weder Publikum für die Demos, noch konnte mensch sich unter die Einkaufenden mischen. Solche Aktionen sollten also auf jeden dann stattfinden wenn viele Passanten unterwegs sind – von da her war 20.00 zu spät.

Leider gab es v.a. bei den Spontandemos (aber auch schon vorher) einige Festnahmen. Laut Rote Hilfe wurden an dem Wochende insgesamt 45 Leute von den Bullen eingefahren – zwei davon mit Haftbefehl.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde (wie im Polizeibericht nachzulesen ist) die Anwaltskanzlei Seibolt mit Farbflaschen angegriffen und Fensterscheiben eingeworfen. Seibolt ist der Ausrichter der jährlich Freitags stattfindenden Abendgala für SIKOteilnehmer_innen im Nobelrestaurant Käfer.

Fazit

Die Mobilisierung gegen die SIKO läuft seit mittlerweile sieben Jahren und ist inzwischen die grösste jährlich stattfindende Antikriegsmobilisierung in der BRD. Dieser relative Erfolg verdankt sich der kontinuierlichen Arbeit eines recht breiten Aktionsbündnisses von Friedensgruppen über Attac, die Linke, Parteikommunist_innen und Autonomen. Dass diese Zusammenarbeit nicht immer reibungsfrei ist liegt auf der Hand – trotzdem halten wir es für wichtig, dass linksradikale Kräfte in dem Bündnis präsent sind: Das relativ offensive Aktionskonzept dieses Jahres kann z.T. sicherlich als Resultat einer langsamen Radikalisierung der moderaten Kräfte durch die jahrelange Zusammenarbeit begriffen werden. Gleichzeitig ist aber festzuhalten, dass die Beteiligung im Aktionsbündnis eher ab- als zunimmt und so viel Arbeit auf eher weniger Schultern verteilt werden muss. Dies gilt insbesondere für die linksradikale Mobilisierung, die in diesem Jahr von einem sehr kleinen Kreis getragen wurde. Dies gilt sowohl für die konkrete Mobilisierungsarbeit zum Internationalistischen Block als auch für das Convergence Center und die damit verbundene Pennplatzbörse. Zugleich zeigt aber die Tatsache, dass dieses Jahr mehr Leute von außerhalb gekommen sind, dass der abnehmenden Beteiligung linksradikaler Kräfte an der Mobilisierung ein eher wachsendes Interesse an dieser gegenübersteht. Allerdings hat wohl auch die aktuelle Debatte um die Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan dazu beigetragen, dass dieses Jahr einerseits mehr Leute zur Demo kamen und andererseits die mediale Berichterstattung im Vergleich zu den letzten Jahren wieder mehr von politischen Inhalten geprägt war.

Die relativ starke Beteiligung an der Demo, aber auch die Tatsache, dass vom Internationalistischen Block (abgesehen von einem powervollen Lauti) recht wenig Initiative ausging und der Informationfluss hinsichtlich des Aktionskonzeptes offensichtlich stockte zeigt unserer Meinung nach Folgendes: Die Mobilisierung gegen die SIKO hat sich als politisches event soweit etabliert, dass jenseits aktueller politischer Konjunkturen (bei entsprechender Vorarbeit) einige Tausend Leute auf die Straße gehen, aber der sehr begrenzte Kreis von Leuten, der die in die linksradikale Mobilisierung trug stieß an die Grenzen seiner Möglichkeiten. Wenn die SIKO weiterhin ein wichtiger Angriffspunkt für linksradikalen antimilitaristischen Widerstand bleiben soll, ist es daher notwendig, dass sich bundesweit mehr Gruppen frühzeitig in die Mobilisierung und in die verschiedenen Strukturen mit einbringen – wie eine solche Unterstützung aussehen könnte wäre gemeinsam zu überlegen.

Zusammen Kämpfen – Smash NATO!

Einige Autonome aus dem Süden
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Ergänzungen

Meine Sicht

ich 15.02.2008 - 11:11
1. die ewig lange Auftaktkundgebung sollte man endlich mal kürzen. großes bündnis, viele wollen auf die bühne, schon klar, aber bei der länge hören große teile schlicht nicht zu, da ist mit einer knackigen rede mehr erreicht
2. die demo in gittern UND 2 reihen bullenspalier war wirklich grausig. so ist demonstrieren ne reine farce und als abschluss noch auf nen komplett vergitterten platz...hat vielleicht den odeonsplatz blockiert, aber dank der menschenleeren gäßchen ging die außenwirkung wohl auf null zu
3. out of control aktionen sind für viele zu konfrontativ: 50 jährige friedensaktivistInnen werden da niemals mitziehen. deswegen wird das wohl maßgeblich an linksradikalen kräften hängen bleiben, aber da kann man sicher einiges besser machen, aber soweit ich mitbekommen habe, war das doch ein netter erster versuch und wurde wenigstens kurzzeitig das von kvr und bullen abgesteckte spielfeld verlassen

Friedenspreis an US-Deserteur

anti-siko 15.02.2008 - 13:29
Zur Verleihung des ersten Jahrespreises "FRIEDEN AUS ÜBERZEUGUNG", an Chris Capps-Schubert (München, 9. Februar 2008)

Die "44. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik" (früher Wehrkundetagung) ist mal wieder vorbei. Nachdem sie ein Wochenende lang im öffentlichen Rampenlicht gestanden waren, gehen die Kriegsminister, Rüstungsmanager und Militärstrategen wieder ihren täglichen, tödlichen Geschäften nach. Auch die Demonstrantinnen und Demonstranten sind wieder abgereist, hoffentlich mit einem guten Gefühl und dem festen Willen, im nächsten Jahr wieder zu kommen. Das Aktionsbündnis gegen die NATO-"Sicherheitskonferenz" atmet nach den organisatorischen Anstrengungen erstmal auf, die Nachbereitung der Aktivitäten gegen die Kriegskonferenz steht jedoch noch an.

Einige AktivistInnen des Bündnisses bemühen sich bereits um eine inhaltliche Aufarbeitung, denn auch für die Protestbewegung stehen am SIKO-Wochenende die eigenen Aktionen, speziell die Internationale Demonstration, im Blickpunkt. Dabei kommen die Menschen nicht nur hierher, um ihren Protest und Widerstand gegen Krieg, Folter und Terror auf die Straße zu tragen. Auch die politischen Inhalte der Redebeiträge spielen eine entscheidende Rolle für die TeilnehmerInnen der Kundgebungen. Kritik an den herrschenden Zuständen reduziert sich dabei nicht auf die "aktuellen" Kriege, wie im Irak und in Afghanistan. Im Fadenkreuz der Antikriegsbewegung steht vor allem auch das kapitalistische System. Ein System, für welches Krieg lediglich ein profitables Geschäft ist, das im Namen der Rendite Arbeitsplätze vernichtet, das zuerst weltweit Fluchtursachen erzeugt und dann die Flüchtlinge mit allen erdenklichen Mitteln bekämpft.

"I have a dream" so Martin Luther King 1963, in seiner wohl bekanntesten Rede. Auch wir träumen von einer besseren Welt. Von einer Welt ohne Krieg, Hunger und Armut, von einem gleichberechtigten Miteinander und nicht einem "Jeder gegen Jeden". Die Schritte dorthin sind mühsam, es sind kleine Schritte und sie strapazieren unsere Geduld, aber sie gehen in die einzig wahre Richtung.

Die Verleihung des ersten Jahrespreises "FRIEDEN AUS ÜBERZEUGUNG", auf der Kundgebung am 9. Februar, an den U.S.-Army-Deserteur, Chris Capps-Schubert, war solch ein kleiner Schritt. Chris hatte bereits einen Kriegseinsatz im Irak hinter sich, bevor er zu der Überzeugung gelangte, sich an keinem weiteren völkerrechtswidrigen Angriffskrieg mehr zu beteiligen. Seiner bevor stehenden Kommandierung nach Afghanistan entzog er sich 2007 durch Desertion. Für die Initiative einen Friedenspreis zu verleihen, zeichnet das Munich American Peace Committee (MAPC) verantwortlich, welches denselben auch stiftete.

Es waren die beeindruckendsten und ergreifendsten Momente dieses Tages, als Vietnam-Veteran Stephen Summers die Laudatio hielt und Richard Forward, vom MAPC, die Urkunde überreichte. "Für seine Überzeugung, dass ein Soldat einen illegalen Angriffskrieg und eine Besetzung eines fremden Landes nur ablehnen kann, in dem er den Waffengebrauch und die Beteiligung am militärischen System verweigert. Und für seine aktive Verbreitung dieser Überzeugungen, um andere Soldaten auch dazu zu bringen, das Militär zu verlassen und für den Frieden zu kämpfen," sei Chris Capps-Schubert ausgezeichnet worden, so Forward.

Tosender Beifall brandete über den Marienplatz, als der sichtlich gerührte Preisträger sich bedankte: "Euch Allen hier auf dieser Protestkundgebung: Ich möchte Euch danken, nicht nur für die Verleihung dieses Preises an mich, sondern auch dafür, dass Ihr die Arroganz dieser Führer bloßstellt und ihr entgegentretet, die gewöhnlich Entscheidungen treffen, welche das Leben derjenigen zerstören, die gewiss keine Bedrohung der Sicherheit ihrer Länder sind. ... Die Art von "Sicherheitspolitik" welche mein Land, die Vereinigten Staaten, in den letzten Jahren verfolgte, hat einen Großteil der muslimischen Bevölkerung der Welt empört, und mehr Verzweiflung über Irak und Afghanistan gebracht ... und sie hat mein Land in jene dunklen Zeitalter zurückgeworfen, als die Folter eine akzeptierte Form der Befragung war. ... Tausende von Soldaten haben die gleiche Entscheidung getroffen wie ich: Die Entscheidung, nicht denjenigen zu gehorchen, die sie als Regierungseigentum betrachten. ... und dann gibt es Leute wie Ihr, die auf die Straße gegangen sind, um ihre Empörung über diese zerstörerische Politik zu zeigen. Es wird uns alle erfordern und alle unsere Anstrengungen, um dieser Politik ein Ende zu setzen und unsere Führer dafür zur Rechenschaft zu ziehen."

Der Friedenspreis an den Deserteur Chris Capps-Schubert war die passende Antwort der Antikriegsbewegung auf die jährliche Verleihung der sogenannten "Friedensplakette" durch den Veranstalter der NATO-Kriegstagung, Horst Teltschik. In diesem Jahr wurde ein kanadischer Soldat – stellvertretend für alle Soldaten, die an den völkerrechtswidrigen Kriegseinsätzen der NATO beteiligt sind - ausgezeichnet. Diese Plakette hat genau so wenig mit Frieden zu tun, wie das scheinheilige Motto des Kriegsratschlags: "Frieden durch Dialog". - Die Medaille ist im wahrsten Sinne des Wortes ein KRIEGSVERDIENST-ORDEN. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer höchstpersönlich heftete dem kanadischen Soldaten den Orden an die Brust und ehrte damit die NATO-Aggressionstruppen.

Dieses groteske Schauspiel wurde bisher, im Rahmen eines Empfanges der Bayerischen Staatsregierung, in der Münchner Residenz aufgeführt. In diesem Jahr fand die Verleihung - völlig unspektakulär - bereits Samstag vormittags, im Bayerischen Hof, statt. Offensichtlich war selbst Herr Teltschik zur Erkenntnis gelangt, dass es in der Öffentlichkeit nur als peinlich und unglaubwürdig wahrgenommen worden wäre, hätte er die Verleihung seines "Blutordens" an die große Glocke gehängt.

Abschließend ein Auszug aus der Erklärung des MAPC, in der Albert Einstein zitiert wurde: "Es hat niemals einen guten Krieg und niemals einen schlechten Frieden gegeben. Ich bin nicht nur Pazifist, ich bin militanter Pazifist. Ich will für den Frieden kämpfen. Nichts wird Kriege abschaffen, wenn nicht die Menschen selbst den Kriegsdienst verweigern. Um große Ideale wird immer zunächst von einer aggressiven Minderheit gekämpft..."


PS: Biographie von Chris Capps-Schubert (MAPC)

Chris Capps-Schubert meldete sich im Frühjahr 2004 zur Armeereserve der USA von seinem Heimatort, Hackettstown, New Jersey, aus. Er absolvierte die Grundausbildung in Fort Jackson, South Carolina, wo er unter den Besten seines Lehrgangs war, und besuchte dann die Fernmeldeschule der Armee in Fort Gordon, Georgia, die er mit Auszeichnung abschloss. Er kehrte dann als Mitglied der 305. Fernmeldekompanie des 392. Fernmeldebataillions der Armeereserve nach Hause; kurz darauf meldete er sich freiwillig zum aktiven Dienst in Deutschland. Bald nach seiner Ankunft in Deutschland, wo er der
Kompanie C des 440. Fernmeldebataillions zugeteilt worden war, wurde Chris Capps-Schubert nach Camp Victory in Bagdad verlegt, wo er vom November 2005 bis Ende September 2006 diente.

Um nicht kurz nach seiner Rückkehr aus dem Irak dem 44. Fernmeldebataillion in Mannheim zugewiesen, und mit diesem wieder in den Kampfeinsatz zu gehen, ist Capps-Schubert im Februar 2007 nicht aus dem Urlaub zurückgekehrt, und blieb über 60 Tage lang unerlaubt von der Truppe entfernt ["Absent Without Leave" = AWOL], ehe er sich in Fort Sill, Oklahoma, selber stellte, und "Nicht Ehrenhaft" entlassen wurde. Heute wohnt Chris Capps-Schubert mit seiner Ehefrau Meike in Hanau und ist in der Organisation "Iraq Veterans Against the War" (IVAW), als regionaler IVAW-Koordinator für Europa aktiv. Seit seiner Rückkehr nach Deutschland berät und unterstützt er andere US-Militärangehörige, welche die US-Army verlassen wollen oder bereits fahnenflüchtig sind.

Er arbeit eng mit Organisationen wie dem Military Counseling Network, Connection EV und dem DFG-VK, sowie regionalen Anti-Base Bewegungen in Deutschland und Italien zusammen.

München, 14. Februar 2008


AKTIONSBÜNDNIS GEGEN DIE NATO-"SICHERHEITSKONFERENZ"

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