Zerfallene Gesellschaft, Justiz, Nazis

Dokumentation Gardelegen Teil II 12.02.2008 02:38 Themen: Antifa Repression
 Vor einem halben Jahr erschien der erste Bericht über Gardelegen, einem kleinen Provinzstädtchen im Norden Sachsen-Anhalts. War uns beim letzten Mal daran gelegen, einen Einblick in die Mentalität und den Alltag einer kleineren Stadt in Ostdeutschland zu geben, werden wir diesmal zum einen über in der Zwischenzeit stattgefundene Naziaktionen berichten, zum anderen aber anhand zweier Gerichtsurteile und -verfahren sowie staatlicher Opferhilfe die Rolle staatlicher Institutionen und ihrer Realität im Zusammenhang mit rechtsextremistischer Gewalt beleuchten.

Zusammenfassung | Chronik | Opferhilfe | Unschuld | Dummheit | Ergänzungen
 Zusammenfassung des Artikels „Zerfallene Gesellschaft, Revisionismus, Nazis; Dokumentation Gardelegen“ (17.08.2007)

Im ersten Teil des Artikels stellten wir die strukturschwache Stadt Gardelegen vor. Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Abwanderung und ein nicht aufgearbeitetes DDR-Geschichtsbild vom Nazi-Faschismus schaffen ein Klima sozialer, politischer, finanzieller und kultureller Verödung und Ignoranz. Mittlerweile ist zwar auch hier verspätet der viel beschrieene Aufschwung angekommen, kaum gespürt jedoch schlägt der erwartete konjunkturelle Einbruch bereits wieder breite Schneisen in die Masse der Prekären und Zeitarbeiter. AKT – größter Arbeitgeber der Region – hat bereits die Entlassung eines Zehntels seiner „Lohnabhängigen“ angekündigt.

Im zweiten Teil berichteten wir über einen kleinen Historikerstreit um die Mahn- und Gedenkstätte Isenschnibbe bei Gardelegen. Gedenkstättenleiter Becker hatte es mit seinen revisionistischen Entwürfen für eine Neugestaltung zu zweifelhafter Bekanntheit weit über die Stadtgrenzen hinaus gebracht. Dem Bürgermeister und den Stadtpolitikern war mangelhaftes „Krisenmanagement“ vorgeworfen worden. Sie haben dazugelernt. Becker wurde von seiner Funktion als Gedenkstättenleiter entlassen und ein Mantel des Schweigens hüllt sich seitdem um die Mahn- und Gedenkstätte. Vielleicht ein Paradebeispiel nicht ritualisierter Erinnerungskultur.

Im dritten Teil beschrieben wir den gewalttätigen Angriff von zwei Nazis auf einige Jugendliche am Rande des Stadtfestes „Hansefest“, bei der zwei Jugendliche leicht- und einer mit Schlüsselbeinbruch schwerer verletzt wurden. Nur zwei Tage nach Veröffentlichung des Indyartikels fand das Thema Stadt- bzw. Dorffest und Nazigewalt durch die Hetzjagd auf acht indische Männer in Mügeln (Sachsen) auch seinen Weg in eine breitere Öffentlichkeit.

Im letzten Teil ging es dann um die skandalösen Äußerungen eines Polizisten, der sich unmittelbar nach der Tat weigerte, gegen die Täter Anzeige aufzunehmen und den rechtsextremen Hintergrund der Tat nicht sehen wollte („Das ist doch kein Nazi. Das ist Adolf.“) und stattdessen eines der Opfer wegen übler Nachrede und Beleidigung anzeigte. Dazu später mehr.

 Cronik bekannt gewordener rechtsextremer Ereignisse in Gardelegen und Umgebung

Hakenkreuze an der Karl-Marx-Schule

Hakenkreuze an der Karl-Marx-Schule

Am 09.11.2007 (Jahrestag der Reichskristallnacht) sprühten unbekannte Nazis Hakenkreuze, SS Runen, antisemitische- und Anti-Antifa Parolen an die Fassade der Karl-Marx-Gesamtschule in Gardelegen. Täter konnten keine ermittelt werden. Die Schmierereien wurden am nächsten Tag entfernt.

Hakenkreuzfahne

Am Sonntag, 28.10.07, liefen zwei Nazis mit Hakenkreuzfahne durch Gardelegen. Einer von ihnen konnte von der Polizei verhaftet werden.

Altmärker Hof

Am frühen Morgen des 17.11.2007 überfielen ca. 15 Neonazis eine Gruppe Jugendlicher, die auf dem Heimweg von einer Feier auf dem Gelände des Altmärker Hofs waren. Teils vermummt schlugen und traten sie auf die Jugendlichen ein. Es gab drei Verletzte, einer davon durch Tritte ins Gesicht. Die Jugendlichen sind derart eingeschüchtert, dass sie sich nicht trauen, mit den Geschehnissen an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Presseagentur DDP gibt eine knappe Meldung über diesen Vorfall heraus. Die Frankfurter Rundschau berichtet in einem kurzen Artikel.

Aufmarsch in Stendal

Außerdem gab es in einer der nächst größeren Städt am 29.12.2007 einen Naziaufmarsch mit ca. 400 Teilnehmern.

Antisemitische Parolen an der Karl-Marx-Schule

 Opferhilfe als Kompromiss mit der Realität

Für Opfer rechtsextremistischer Gewalt gibt es die Möglichkeit, eine finanzielle Entschädigung vom Bundesamt für Justiz zu erhalten. Dies hat auch den Vorteil, Naziübergriffe auch den offiziellen Statistiken zugänglich zu machen und zu verfolgen. Im Zuge der Strafanzeige gilt es daher, auch die mobile Opferberatung (pdf-Datei) zu kontaktieren, um ein Antragsblatt für die so genannte Billigkeitsentschädigung von Opfern rechtsextremistischer Gewalt zu erhalten. Allerdings muss der geschädigte Antragsteller zuvor bei der Strafanzeige auf dem Polizeirevier deutlich gemacht haben, dass es sich dabei um einen rechtsextrem-motivierten Angriff gehandelt hat. Hierzu ist es notwendig, auf evtl. gefallene rechtsextreme Aussagen oder getragene (Nazi-Fashion-) Kleidung hinzuweisen, damit die Straftat als rechtsextrem eingestuft wird. Denn Polizeibeamte weigern sich oft, eine offensichtlich rechtsextreme Straftat als solche anzuerkennen, um die offiziellen Statistiken zu verfälschen. Sollte es infolge des Nazi-Angriffs zu körperlichen Verletzungen gekommen sein, ist es unbedingt notwendig, diese vom Arzt attestieren zu lassen. Auch die Dokumentation der Verletzungen durch Anfertigung von Fotos ist sehr ratsam.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass die BRD als rechtlicher Nachfolgestaat Nazi-Deutschlands eine besondere historische Verantwortung trägt, und dass die Verunglimpfung im Ausland, die fremdenfeindliche, antisemitische und andere rechtsextreme Vorfälle nach sich ziehen, zu einer Diskreditierung des Standortes Deutschland führen.

Dies wiederum erschwert die deutschen Bestrebungen, endlich wieder als eine normale Nation unter vielen zu gelten. Diese Forderung nach „Normalisierung“ geht einher mit dem öffentlichen Zelebrieren bestimmter Erinnerungsrituale, die im Zeichen der geleisteten Aufarbeitung bzw. Bewältigung des deutschen Projektes der Ermordung aller Juden steht. Von diesem Interesse ist auch die Entschädigung für Opfer neo-nazistischer Gewalt geleitet. Unter Berücksichtigung dieses Aspektes ist auch der folgende Satz aus einem Schreiben des Bundesamtes für Justiz zu verstehen, der die offizielle Funktion der Entschädigung darstellt: „Werten Sie diese Härteleistung bitte als Zeichen der Ächtung des Rechtsextremismus und zugleich als Ausdruck der Solidarität des Deutschen Staates und seiner Bürger mit Ihnen.“ In unserem Fall wurden den zwei Geschädigten Beträge in drei und vierstelliger Höhe in Aussicht gestellt. Das Bundesamt für Justiz streckt diese Beträge vor und holt sich das Geld von den Tätern zurück. Der etwas bürokratische Vorgang der Antragstellung etc. wird von uns durchaus zur Nachahmung empfohlen. Die Gefahr, sich durch Geld freizukaufen, besteht wohl beim „Deutschen Staat und seinen Bürgern“ dadurch bei keinem Opfer rechtsextremistischer Gewalt.

 Unschuld schützt vor Strafe nicht

Bereits am 08.01.2008 fand der Prozess gegen eines der Opfer des Angriffs beim Hansefest wegen Beleidigung eines Polizeibeamten statt. Der Angeklagte hatte dem Polizisten, der sich weigerte die Anzeige gegen die Nazis aufzunehmen und den rechtsextremen Hintergrund partout nicht sehen wollte, auf die Aussage: „Geht nach Hause und schlaft euren Rausch aus!“ geantwortet, „Sie haben bestimmt mehr getrunken als ich“. Wie tief der seelische Schmerz des Polizisten gesessen haben muss, zeigte sich dann auch daran, dass ihm die Schwere der Beleidigung erst bewusst wurde, als eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen des Verhaltens des besagten Polizeibeamten folgte.

In der Verhandlung wurde dann groß und breit dargelegt, dass wohl alle, zumindest aber die zwei, deren Atemalkohol gemessen wurde, auf dem Stadtfest und/oder in der Disko danach unerwarteter Weise alkoholische Getränke zu sich genommen hatten.

Der Angeklagte verwies den Richter Axel Bormann auf das unentschuldbare Verhalten des Beamten, nachdem Bormann ihn aufgefordert hatte, sich zu entschuldigen. Die Antwort des Richters: „Darüber liegen mir keine Informationen vor“. Wie auch, das polizeiinterne Ermittlungsverfahren wurde nach einer Woche eingestellt und erreichte nicht einmal die Instanz Staatsanwalt.

Der noch junge Angeklagte wurde daraufhin zu einer Geldbuße von 150 Euro und 40 Sozialstunden sowie der Übernahme der Gerichtskosten verurteilt. Eine sehr hohe Strafe für einen nicht vorbestraften Arbeitslosengeld-II -Empfänger. Wen das schon aufregt – jetzt geht’s erst richtig los.

 Dummheit schützt vor Strafe nicht

1. Prozesstag

Am 28.01.2008 begann dann der auf zwei Verhandlungstage angelegte Prozess gegen den Nazi Patrick Ahlfeld. Ahlfeld ist bereits vorbestraft und war während seiner Straftaten auf Bewährung. Er hatte einen älteren Mann in seiner Wohnung überfallen und ihn „brutalst“ – so die Akte – zusammengeschlagen.

Gleichzeitig wurde noch ein weiteres Verfahren gegen Ahlfeld verhandelt. Er hatte vor einer Disko einen etwa Gleichaltrigen wegen politischer Differenzen – so die Darstellung des Opfers – zusammengeschlagen. Die Anklage belief sich daher auf drei Mal Körperverletzung aus dem uns bekannten Fall und ein Mal Körperverletzung und Sachbeschädigung aus dem zweiten Fall.

Nazis waren nur drei als Zuschauer erschienen. Davon zwei Frauen und alle verhältnismäßig dezent gekleidet und unauffällig. Man hatte sich scheinbar vorgenommen das Strafmaß durch bürgerliche Etikette zu senken. Ein politisch aufgeheiztes Verfahren bot sich den Nazis nicht an, denn was folgte, passt zumindest in der Theorie nicht zum Bild des heroisch kameradschaftlich gesinnten Deutschen. Er habe höchstens ein wenig „geschubst“, so Ahlfeld. Geschlagen habe nur sein Begleiter Andreas Wiesel (alias Adolf). Publikum und Würdenträger sind erstaunt.

Als erstes wird Manfred, einer der Verletzten, der als Nebenkläger auftritt, vernommen. Der bereits bekannte Richter Axel Bormann versucht wie bei allen folgenden Zeugen den Grad der Trunkenheit abzuwägen. Der Zeuge berichtet klar über die von ihm erlebten Ereignisse und lässt bewusst Unsicheres weg. Auf ein kurzes Nachfragen folgt die Wendung. Richter und der Staatsanwalt setzen den Zeugen massiv unter Druck, beschuldigen ihn der nachträglichen Erwirkung eines ärztlichen Attestes bei einem angeblich unseriösen Arzt. Als er das Blatt zum Richter bringen soll, sagt dieser hämisch: „Sie brauchen nicht zittern, wir tun ihnen nichts.“ und stellt damit den (im Übrigen nicht zitternden) Zeugen bloß. Manfred widersteht dem Druck und lässt sich nicht zu unüberlegten „vielleicht“, „wahrscheinlich“, „ungefähr“ Aussagen hinreißen. Ganz im Gegensatz zu den folgenden Zeugen, die sich die Worte von Richter und Staatsanwalt zum Teil in den Mund legen lassen. Der rechtsextreme Hintergrund der Tat spielt nur eine sehr untergeordnete Rolle. Manfred bestätig noch einmal, dass er, nachdem er bereits geschlagen worden war, zum Angeklagten die Sätze: „Zuschlagen, das könnt ihr Nazis. Wie damals mit den Juden. Ich bin Jude, schlag doch zu.“ gesagt habe, woraufhin dieser noch aggressiver gegen Manfred vorgegangen sei. Kommentar Staatsanwalt und Richter – eine verständliche Reaktion auf eine solche Provokation.

Weitere fünf Zeugen und Opfer werden verhört. Weil sich Opfer und Zeugen untereinander teils nicht kennen, Namen verwechseln, Alkohol im Spiel war und Richter und Staatsanwalt die Übersicht verlieren, wird die Verhandlung langsam chaotisch. Hierzu tragen auch die an Bud Spencer und Terence Hill - Filme erinnernden Vernehmungsprotokolle der Polizei bei, die mit der Rekonstruktion der Tat nur bedingt zu tun haben. Unstimmigkeiten bei den Vernehmungsprotokollen wurden uns schon vorher von den Zeugen berichtet. Diese hatten aber dennoch unterschrieben. Am Ende der Verhandlung werden sich die Vernehmungsprotokolle als derartig falsch herausstellen, dass der Richter offen die Arbeit der zuständigen Beamten kritisiert.

Die Stimmung wird gereizter. Als ein weiterer Zeuge völlig verunsichert und verängstigt wirkt, fragt ihn Richter Bormann, ob er bedroht wurde. Er antwortet, er habe Angst. Man wüsste aus der Sache mit dem Altmärker Hof und aus Erfahrung, wie Nazis reagieren und in Gardelegen regieren. Bormann beruhigt – um den Zeugen im nächsten Moment wegen Handyklingelns einer Disziplinierungsmaßnahme zu unterziehen und 100 Euro Strafe aufzubrummen. Später klingelt einem Nazi im Publikum ebenfalls das Handy. Es bleibt bei einem prüfenden Blick.

Dann werden die zwei Begleiter Andreas Wiesel (Adolf) und die damalige Freundin des Beschuldigten Nehring in den Zeugenstand berufen. Adolf belastet sich selbst. Nehring belastet ihn ebenfalls. Für eine der Körperverletzungen wird er verantwortlich gemacht. Nehring belastet „Adolf“ auch mit der Verantwortung für den Schlüsselbeinbruch. Dies, so hatten vorher alle Zeugen dargestellt, könne Adolf jedoch nicht gewesen sein. Ob eine Provokation der Anfang der Gewalttätigkeiten gewesen sei, fragte der Richter – Nein.

Keine weiteren Fragen. Ein ganz anderes Bild der Befragung als bei den Zeugen zuvor.

Dann wird noch einmal das Opfer mit dem Schlüsselbeinbruch in den Zeugenstand berufen. Ob er sich wirklich nicht an den Täter erinnern könne, hatte er doch auf dem Polizeirevier aus Fotovorlagen sofort den Angeklagten als einen der Beteiligten identifizieren können. „Nein.“, so das Opfer, denn er sei sich nicht hundertprozentig sicher.

Plötzlich bricht es aus dem Staatsanwalt hervor: Sie hätten die drei Nazis kommen sehen, sich im Vorteil gefühlt und herumgepöbelt. Die Nazis wären darauf angesprungen und wären tätlich geworden. Die Opfer hätten sich nicht gewehrt, um die Nazis später anzeigen zu können. Ein abgekartetes Spiel, so der Staatsanwalt, um sich für die Sache am Altmärker Hof zu rächen.

Der Zeuge versteht nicht, weiß gar nichts von der Sache beim Altmärker Hof und entgegnet nichts. Die ZuschauerInnen schütteln den Kopf, die Geschichte mit dem Altmärker Hof hatte sich erst Monate nach der Tat zugetragen. Das Verfahren wird auf den nächsten Prozesstag vertagt.

Im zweiten Prozess das gleiche Spiel. Patrick Ahlfeld gibt zu, dem Opfer eine Backpfeife gegeben zu haben. Geschlagen habe sein damaliger Begleiter (Grossmann). Dieser, ebenfalls straighter Nazi, hat auch überhaupt keine Probleme, seinem Stolz, ordentlich in die Fresse gehauen zu haben, Ausdruck zu verleihen. Es scheint, als könne die jetzt erkennbare Strategie der Nazis aufgehen. Verteilen der Taten auf viele Schultern, um Ahlfeld die drohende Gefängnisstrafe zu ersparen. Allein das juristische Fachwissen fehlt glücklicherweise vollständig. Der Staatsanwalt beantragt die Eröffnung eines Verfahrens gegen Ahlfeld und seinen damaligen Begleiter wegen schwerer gemeinschaftlicher Körperverletzung. Nun droht eine höhere Strafe als vorher.

2. Prozesstag

Am 04.02.2007 fand dann der 2. Prozesstag statt. Es galt, an diesem Tag ein gerechtes Urteil zu fällen. Hierzu wurde nochmal die damalige Freundin (Nehring) des beschuldigten Patrick Ahlfeld als Zeugin geladen. Sie sollte sich nun zu dem anderen Vorfall in der Disko äußern. Nehring schilderte nochmal die gleiche Geschichte wie eine Woche zuvor. Eigentlich sei ja nur „rumgeschubst“ worden, was ein Foto, das das Opfer mit blauem Auge und zugeschwollenem Gesicht zeigt, widerlegt. Auch der Jochbeinbruch beim Opfer bleibt dadurch unerklärt. Wieder sei Ahlfeld provoziert worden, ja sogar angerempelt worden, woraufhin sich das Opfer am Boden liegend wieder gefunden hatte. Später, außerhalb der Disko, habe das Opfer den beschuldigten Ahlfeld weiter „vollgesungen“. Ein Kamerad von Ahlfeld namens Grossmann (aus Klötze) sei auch dort gewesen. Dieser hatte sich am 1. Verhandlungstag selbst belastet, indem er stolz gestand, dem Opfer eine in die Fresse gehauen zu haben. Nehring habe aber davon nichts gesehen. Angeblich sei ja nur „rumgeschubst“ worden. Sie spielt ihre Rolle als vermeintlich glaubwürdige Zeugin gut und selbstbewusst. Eine vorbildliche Kameradin verlässt die Bühne der Justiz.

Dann kommt die Verhandlung wieder auf den Angriff beim Hansefest zurück. Als die beiden befragten Zeugen nicht sagen können, wie es eigentlich zur „Schlägerei“ (so das Vokabular im Gericht, obwohl es sich vielmehr um einen Angriff handelte) gekommen sei, bohren Richter und Staatsanwalt sie minutenlang mit Fragen. Es wird bestätigt, dass auch das Wort „Jude“ gefallen sei.

Dann wird noch die Bewährungshelferin Ahlfelds in den Zeugenstand gerufen, die nichts von Bedeutung beitragen konnte.

Als nächste Zeugen sind insgesamt sieben Polizeibeamte geladen. Fünf davon waren nach dem Nazi-Angriff beim Hansefest vor Ort. Bis auf den ersten Polizeibeamten Kinzel waren sich alle anderen darin einig, dass die Opfergruppe verbal rumgepöbelt hätte, gänzlich „dumm-dreist“ aufgetreten und völlig besoffen gewesen sei. Außerdem hätten Sicherheitsmaßnahmen von Seiten der Polizeibeamten vollzogen werden müssen (Rückendeckung), weil die Stimmung derart aufgeladen gewesen sei, dass sie körperliche Angriffe befürchteten. Es war wie in einem absurden Theaterstück. Der Nebenkläger Manfred stand im Mittelpunkt des Interesses. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Welt auf dem Kopf stand, denn es ging nicht mehr um den beschuldigten Ahlfeld, sondern einzig und allein um die Wahrnehmung aus der Perspektive der Polizisten. Ja, Manfred sei „getaumelt“ und hätte rumgepöbelt. Nach mehreren Schlägen ins Gesicht, mindestens einem Kopfstoß, einen Tritt in den Unterleib und dem Auftritt von Polizeibeamten, die sich weigern, Anzeige gegen die Nazis aufzunehmen und gegen die Opfer Platzverweise erteilen, ist dies jedoch nicht ganz unverständlich. Staatsanwalt und Richter sahen das natürlich ganz anders.

Als der Inhalt der „Pöbelei“ dann noch zum Gegenstand des Gerichtsverfahrens gemacht wurde, war die Umdeutung vom Status der Opfer hin zum Status der pöbelnden und provozierenden Täter mühelos machbar. Damit waren die Opfer gänzlich unglaubwürdig gemacht und Richter und Staatsanwalt spitzten die Ohren. Denn sie übertrugen das Verhalten gegenüber der Polizei auf die eigentliche Tat. Diese erschien in ihrer Rekonstruktion wegen Erinnerungslücken und Widersprüchen zu den Aussagen bei der Polizei weiterhin undurchsichtig. Der eigentliche Anlass der verbalen Ausfälle („Genügt Ihre DDR-Ausbildung überhaupt, um einen solchen Fall aufzunehmen?“ u. a.) wurde nicht genannt. Es wurde mit keinem Wort erwähnt, dass einer der Polizeibeamten (M.K.) sichtlich unmotiviert seiner Arbeit nachging und den Opfern in abwertender Weise empfahl nach Hause zu gehen und den Rausch auszuschlafen. Auch der Ausspruch über den Nazi Andreas Wiesel, er sei kein Nazi, sondern „Adolf“ stammte von diesem Polizisten.

Anschließend wurden die zwei Polizeibeamten, die an den Folgetagen die Zeugenaussagen bei der Polizei aufnahmen, in den Zeugenstand gerufen. Ihnen wurde vorgeworfen, dass die Zeugenaussagen bei der Polizei teilweise sehr stark von den Aussagen vor Gericht abweichen würden. Außerdem wurde ihnen vom Richter unterstellt, die Identifikation durch Wahllichtbildvorlagen nicht korrekt durchgeführt zu haben, da Adolf nach Eingabe des Such-Profils nicht auf dem Monitor erschien. Dieser trat allerdings, nach Ansicht aller Zeugen aus der Gruppe der Opfer, auch nicht als Haupttäter auf.

Der Höhepunkt des absurden Schauspiels folgte im Plädoyer des Staatsanwaltes und der Verkündung des Urteils durch Richter Bormann. Zunächst richtete der Staatsanwalt eine Standpauke an den Nebenkläger. Er bezeichnete diesen als „politischen Brandstifter“ und als „das Öl in der Flamme“. Solche Leute seien „gefährlich“. Was auf diese Moralpredigt folgt, sind zwei Theorien des Staatsanwaltes, die in ihrer realitätsfernen Verworrenheit so lächerlich wirken, dass man fast schon darüber lachen könnte, wäre die Situation nicht so ernst.

Er entspann zunächst eine Verschwörungstheorie, wonach die Opfergruppe sich für eine Aktion am Altmärker Hof rächen wollte. Danach kannten die Opfer die Nazis und wollten mit denen noch eine Rechnung begleichen. Besagte Aktion am Altmärker Hof fand am 17.11.2007 statt, also drei Monate nach dem Nazi-Angriff beim Hansefest, was der Staatsanwalt aber nicht wissen wollte. Denn für ihn war der Entschluss gefasst. Da es offensichtlich keine konkreten und sinnhaften Hinweise zur Rekonstruktion der Ursache der Gewalteinwirkung gibt, diese aber in der Juristerei nicht fehlen dürfen, halluzinierte er zur Verschwörungstheorie noch eine Provokationstheorie hinzu. Und so ließ sich dann auch der Tathergang in der Gardeleger Volksstimme lesen (vom 06.02.2008):

«Der Tätlichkeit voraus gegangen seien Provokationen der Jugendlichen. Die hätten versucht, „die Situation zu nutzen, um eine Auseinandersetzung zu führen.“ Alle hätten gesehen: Da kommen drei Rechte. „Sie haben nichts anderes getan, als zu provozieren“, sagte der Staatsanwalt in Hinblick auf Sprüche wie „Ich bin ein Jude, schlag mich doch auch“, die so oder so ähnlich gefallen sein sollen. […] Klar, dass die beiden Männer aus der rechten Szene „zwangsläufig darauf angesprungen“ seien.»

Mehr Mitgefühl hatte der Staatsanwalt da mit dem Beschuldigten. „Sie haben einfach Pech gehabt.“ Tatsächlich hat er damit Recht, denn Staatsanwälte wie er sind dafür verantwortlich, dass zu oft gewaltbereite Neo-Nazis vor Gericht mit Bewährungsstrafen und Freisprüchen davonkommen. In diesem Fall jedoch scheint die Beweislast erdrückend. Der Richter schließt sich in seiner Urteilsverkündung dem Staatsanwalt an: „Schlagen ist ganz schlimm, egal ob Linke Rechte hauen oder Rechte Linke.“ Patrick Ahlfeld wird insgesamt zu 7 Monaten Haft verurteilt. Geringst mögliche Strafe wären 6 Monate gewesen. Von drei separaten Körperverletzungen bleibt ein einziger Schlag im Urteil über. Was wäre wohl gewesen, wenn nicht das zweite Verfahren das Strafmaß gehoben hätte und Ahlfeld nicht vorbestraft gewesen wäre? Vielleicht 150 Euro und 40 Sozialstunden? Wahrscheinlich weniger.

Bormann fasst zusammen, dass der Angriff ein „Stück aus dem Tollhaus“ gewesen sei. Ohne es zu wissen, spricht er damit auch die Verhältnisse im Gerichtssaal an, wo das Theaterstück ungeahnt absurde Züge annahm. Denn es wurden im Nachhinein nicht nur Ursachen für die Gewalteinwirkung ausgedacht, sondern darüber hinaus wurde die vermeintliche Provokation als Racheaktion für eine vom Nazi-Mob drei Monate später verübte Aktion auf Jugendliche gedeutet. Lose herumstehende Jugendliche, die sich teils nicht einmal kannten, wurden zu einer Gruppe stilisiert, die pöbelt und sich ohne Gegenwehr verprügeln lässt, um dann unter Absprache als Rache einen der Nazis vor Gericht zu schleifen.

Versöhnlich am gesamten Verfahren stimmt nur, dass noch auf zwei weitere Täter Strafanzeigen wegen Körperverletzung warten. Und natürlich, dass wir mal wieder einen leider nur zu wahren Bericht über die Zustände im wenig beachteten Niemandsland schreiben konnten.

 Ergänzungen
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Ergänzungen

Polizeiaffäre in Sachsen-Anhalt

gagarin 13.02.2008 - 15:13

Brauner Sumpf MD

Lutz Trümper 20.02.2008 - 23:17

Über rechte Gewalt und polizeiliches Versagen

Hövelmann 25.02.2008 - 17:23

Überaus sehenswerte Dokumentation

gagarin 08.03.2008 - 14:58
Eine herausragende filmische Dokumentation deutscher Zustände aus einer Provinz in Brandenburg sei allen Interessierten an's Herz gelegt:
 http://www.zurfalschenzeit.de/film.htm

Nachtrag: Name des Staatsanwalts

Gargamel 25.08.2010 - 22:44
Der Name des negativ aufgefallenen Staatsanwaltes lautet:
Blasczyk, Bernd (*1959) - Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Stendal

Neues aus Gardelegen

Mr. Gagarin 02.12.2012 - 11:43
Ein ergänzender Beitrag über die Tristesse in Gardelegen aus dem Jahr 2012:
 http://jungle-world.com/artikel/2012/35/46145.html

In der Nacht auf den 25. Oktober 2012 wurden Gräber der in der Isenschnibber Feldscheune Ermordeten geschändet.
 http://www.buchenwald.de/47/date/2012/10/28/empoerung-ueber-grabschaendung-in-gardelegen/

Der aktuelle Sachsen-Anhalt-Monitor:
 http://www.miteinander-ev.de/index.php?page=61&modaction=detail&modid=456

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 6 Kommentare

"nicht ritualisierte Erinnerungskultur"

drt 12.02.2008 - 07:26
meint ihr vielleicht "ein Beispiel FÜR RITAULISIERTE Erinnerungskultur".

umgang mit justiz

antifa hh 12.02.2008 - 09:08
Solche Prozesse sind - vor allem in der Provinz - leider keine Seltenheit. Daher ein Tipp: Als Opfer von Nazis sollte mensch sich auf einen Prozess gut vorbereiten. Man muss dort als Zeuge auftreten und es ist, wie das oben genannte Beispiel zeigt, nicht unwahrscheinlich, dass man dort eine ganze Reihe von Frechheiten seitens Staatsanwaltschaft und Gericht zu hören bekommt. Daher sollte man als Opfer möglichst auch als Nebenkläger auftreten und einen erfahrenen Anwalt mitbringen. Der kann dann Anträge stellen usw. und weiss einfach besser, wie man mit einem solchen Gericht umgeht. Sowas kann den Ausgang des Verfahrens erheblich beeinflussen. Außerdem kann dann auch Berufung eingelegt werden, sprich das ganze wird nochmal verhandelt.

nicht ritualisierte Erinnerungskultur

gagarin 13.02.2008 - 14:35
Die Erinnerungskultur in Gardelegen ist absichtlich als "nicht ritualisierte Erinnerungskultur" bezeichnet worden, da die Erinnerungskultur in Gardelegen nicht einmal die Standards erfüllt, die im Zuge des Erinnerungsrituals damit einhergehen. Hier gibt es kein plichtgemäßes Erinnern, sondern nur Vergessen und Tabuisierung. Bei Kranzniederlegungen zu Ehren der sowjetischen Gefallenen beispielsweise kommt es vor Ort immer zu Beschimpfungen durch eine große Zahl von Neo-Nazis der Kameradschaft "Freie Nationalisten Altmark West". Später wird dann der Kranz geklaut. Das ist inzwischen tatsächlich ritualisiert. Auch eine Schändung des Sowjet-Friedhofs hat es bereits gegeben.
Die Bürger der Stadt wollen zum Großteil überhaupt nicht mit diesem Thema in Berührung kommen. Das ist ja schon so lange her, heißt es dann. Oder: Woanders gab es auch Massaker. Die Stadt ist nicht in der Lage, einen authentischen oder wenigstens ritualisierten Umgang mit den Verbrechen darzustellen und zu pflegen.

Niemandsland

Piet 15.02.2008 - 14:49
Auch, wenn es keine inhaltliche Ergänzung ist. Ich danke dem / den Schreiber /n für die detaillierte Beschreibung des Prozesses. Ich fühl mich danch einfach nur noch mies. Wenn ich es nicht besser wüßte, käme es mir vor wie ein Stück von Kafka, surreal. Gibt es Juristen hier, die wissen, wie man sich dagegen wehrt ???

Statisten_des_Gerichts

Seelenlos 18.02.2008 - 14:52
Super,danke für den Artikel.
Sehr gut geschrieben,da ich es ja selber erfahren durfte und soger*Statist*diese Aufführung war...
Erschreckend war das Bild des hießigen Staatsanwaltes,was die generelle Einstellung der hier wohl *vor sich hinsichenden*
Menschen wiederspiegelt...und dann noch dummdreist zu sagen,das der Angeklagte wohl einfach Pech gehabt habe!
Absolute Frechheit!Soetwas bringt das Faß eigentlich sofort zum Überlaufen!
So nach dem Motto:Éinfach mal wieder probieren über das Thema hinwegzuschaun...

Nochmals vielen Danke an Euch!

Richter Bormann

wieder in Aktion 21.02.2008 - 10:06
Volksstimme Gardelegen 21.2.2008:

21–jähriger Gardeleger soll für zwölf Monate in Haft

Flaschenwürfe auf Polizisten: "Krawall-Tourist" verurteilt

Der Angriff beginne jedes Jahr kurz nach Mitternacht. Flaschen und Steine fliegen im hohen Bogen auf die uniformierten Polizisten. Gruppen ganz in Schwarz gekleideter junger Menschen schleudern alles, was sie zu fassen bekommen, durch den Himmel. Sie seien für den Kampf bestens gerüstet, tragen zumeist schwarze Jacken und schwarze Kapuzen, dazu Handschuhe aus Leder.

Viele der 500 bis 700 Leute seien einzig wegen der Randale hierher gekommen, in den Leipziger Stadtteil Connewitz, um bei den Silvesterausschreitungen mitzumischen. Die Krawalle seien beinahe traditionell, sagte der Zeuge Marco, einer der vielen hundert Polizisten, die auch am Neujahrsmorgen 2007 die Leipziger Straßen sichern mussten. Dabei sei ihm der junger Gardeleger Frank aufgefallen, der sich dafür gestern vor Gericht verantworten musste. Der Vorwurf: Landfriedensbruch in besonders schwerem Fall.

Dass der bisher nicht vorbestrafte Mann nun für zwölf Monate in das Gefängnis gehen soll, wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte, geht über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß ( zehn Monate, ausgesetzt zur Bewährung ) deutlich hinaus. Der Angeklagte, der auf einen Verteidiger verzichtete, habe keine Reue, keine Entschuldigung, keine Mitarbeit gezeigt, sagte Richter Axel Bormann und gab ihm in seiner Urteilsbegründung mit auf den Weg: "Vielleicht lernen sie jetzt, dass wir in einem Rechtsstaat leben."

Die Geschehnisse in der Silvesternacht schilderten außer dem Polizisten Marco noch zwei weitere Beamte, die gestern aus Sachsen nach Gardelegen zur Verhandlung reisten. Einen Sitzungstermin im September ohne Anwesenheit der Beamten hatte Bormann damals aufgehoben. Gestern nannte er deren Aussagen "absolut glaubwürdig".

Danach sei Folgendes passiert. Polizist Marco, in Zivil gekleidet, bemerkte etwa zehn Minuten nach dem Jahreswechsel eine Gruppe von schwarz gekleideten Menschen. Einer davon warf eine Flasche in Richtung der uniformierten Beamten, die die Feier am Connewitzer Kreuz sichern sollten. Es sei eindeutig der Angeklagte gewesen, sagte Marco, der ihn daraufhin beschattet und verfolgt haben will.

Zwei weitere Flaschenwürfe von Frank habe er gesehen. Der dritte landete auf dem Körper eines Kollegen. Ausführlich schilderte der Polizist das Vorgehen des Angeklagten. " Er bewegte sich systematisch, hatte keinen festen Standort. Nach den Würfen hat er sofort wieder versucht, sich zu verstecken", sagte Marco: "Das war seine bewusste Strategie." Nach dem dritten Wurf habe Marco mit der zuvor gerufenen Verstärkung den Flaschenwerfer widerstandslos verhaften können. Bei sich trug er Reizgas, eine schwarze Sturmhaube, ein schwarzes Dreieckstuch und einen Plastikmundschutz.

"Das ist eine Kampfausrüstung. So fährt man doch nicht zu einer Silvesterfeier", sagte Richter Bormann und breitete die Beweisstücke auf seinem Schreibtisch aus." Das hatte ich alles bloß zum Selbstschutz bei mir", entgegnete der Angeklagte überzeugt. Er habe keine Flaschen geworfen. Das müsse eine Verwechslung sein.

Kein Irrtum ist allerdings, dass der Angeklagte just am vergangenen Wochenende – also wenige Tage vor der gestrigen Verhandlung – wieder wegen einer Körperverletzung auffällig wurde. Bei einer Großdemonstration in Dresden soll er einem Demonstranten aus der rechten Szene mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Dumm nur: Wieder verhaftete ihn Marco – also genau der Polizeibeamte, der ihn auch schon in Leipzig festnahm.

"Das ist doch vollkommen abgefahren jetzt", entfuhr es Richter Bormann. Er nahm das zufällige Wiedersehen der Beiden dann mit Humor." Jetzt haben sie wohl einen neuen Lieblingspolizisten?", fragte er im Scherz den Angeklagten, der den Vorfall in Dresden – im Gegensatz zur den Flaschenwürfen von Leipzig – sofort gestand.

Doch weshalb werde aus einem 21–jährigen jungen Mann, der ordentlich gekleidet zur Verhandlung erschienen war, ein "Krawall-Tourist", fragte sich die Staatsanwaltschaft. Kein Aufschluss gab Franks Biografie. In" geordneten Verhältnissen" sei er aufgewachsen. Eine "gute Kindheit" habe er verbracht, Schule und Lehre mit guten Noten abgeschlossen, seinen Zivildienst absolviert, berichtete der Jugendgerichtshelfer, weshalb der das Erwachsenenstrafrecht empfahl.

"Ihr Auftreten ist korrekt, aber das Blenden nützt nichts", sagte Bormann und betonte: " Die Beamten sind kein Freiwild. Ihr Angriff war planmäßig und feige, weil er aus der Menschenmenge geschah." Doch Frank blieb bis zuletzt dabei: "Ich habe nichts gemacht."