Freiheit für Andrea

solianda 05.02.2008 03:19
Die Berliner Antifaschistin Andrea sitzt seit dem 01.12. 2007 im Knast, zuerst in Lichtenberg und seit 12.12. in der Pankower JVA ( http://de.indymedia.org/2007/12/201348.shtml).
Ziel des politischen Strafrechts ist es Angst zu verbreiten und Widerstand zu verhindern

Protest ist, wenn ich sage, das und das paßt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, daß das, was mir nicht paßt, nicht länger geschieht. Ulrike M. Meinhof

Ziel von staatlicher Repression ist immer, ein Klima der Angst zu schaffen, ob offen oder unterschwellig, um Menschen davon abzuhalten, effektiven Widerstand gegen die existierenden Verhältnisse zu leisten oder auch nur darüber nachzudenken. AktivistInnen werden durch Gefängnisstrafen ganz unmittelbar davon abgehalten, politisch zu arbeiten und aktiv zu bleiben.

Die Berliner Antifaschistin Andrea sitzt seit dem 01.12. 2007 im Knast, zuerst in Lichtenberg und seit 12.12. in der Pankower JVA ( http://de.indymedia.org/2007/12/201348.shtml).

In den letzten zwei Monaten zeigte sich für die FreundInnen, UnterstützerInnen und besonders für Andrea anhand von Besuchen, Paket- und Büchersendeungen usw. ganz deutlich das Ausgeliefertsein im willkürlichen Knastalltag und die Ausnutzung von Macht und Schikane der SchließerInnen gegenüber den Gefangenen in den Knästen.
In dem Frauenknast in Pankow herrscht de facto Arbeitszwang. Allen Gefangenen, die die Arbeit verweigern, wird der Besuch zum Knast-Kiosk verweigert und damit die Möglichkeit genommen abseits des eintönigen, verkochten Gefängnisfraß Zugang zu frischem Obst, Gemüse oder Süßigkeiten zu haben. Andrea verweigert die Arbeit und ist daher auch vom Besuch des Knastkiosk ausgeschlossen..

Andrea soll 14 Monate Haft absitzen

Warum :
Sie ist Antifaschistin. Und nicht erst seit der Nazidemo am 01.12.2007 (auf der sie festgenommen wurde), sondern schon seit Jahrzehnten. Auf der Demo wurde sie von PMS lern (99100268/642 LKA) festgenommen, die sie persönlich kennen, von Observationen auf Demos und von Prozessbesuchen gegen Linke +Nazis ( http://de.indymedia.org/2007/09/194869.shtml).
Seit August 2007 hatte sie einen offenen Haftbefehl und war nicht bereit sich selbst zu stellen und auch nicht ihre politische Aktivität einzustellen.
Am 12. Juli 2007 verurteilte das Landgericht München sie wegen Waffenbesitz (Pfefferspray und Multitool) zu 4 Monaten Haft ohne Bewährung. Sie wurde mit den Waffen von Zivilpolizisten am Aktionstag 2006 gegen das alljährlich an Pfingsten stattfindende Gebirgsjägertreffen in Mittenwald angehalten, durchsucht und festgenommen. Obwohl es an dem Tag keine linke Demonstration in Mittenwald gab und deswegen das Tragen von Waffen völlig legal war, begründete das Gericht die Verurteilung damit, dass im ganzen Bezirk ein Ausnahmezustand herrschte, allerdings gab es keinerlei öffentliche Mitteilung an die örtliche Bevölkerung darüber. Aufgrund dieses Urteils erfolgte zudem ein Bewährungswiderruf von 3 Monaten wegen Waffenbesitz bei einer antifaschistischen Aktion am 1. Mai 2003 in Berlin. Zusammen gefasst sind das 7 Monate Haft. weil Andrea gegen eine Feier von Mördern protestieren wollte, die während des zweiten Weltkrieges, u.a. die Ermordung von 317 ZivilistInnen im nordgriechischen Kommeno und auch für die Erschießung von 4000 entwaffneten italienischen Soldaten auf der griechischen Insel Kephallonia verantwortlich waren. Von den Gebirgsjägern sowie ihren Bundeswehrnachfolgern und den rechtsradikalen Kameradschaften wird dieses Treffen als Gedenkfeiern für die gefallenen deutschen Wehrmachtsverbrecher der greisen SS-Gebirgsjäger-Kameraden abgehalten. (Andreas Prozesserklärung Siehe Unten)

Wie angemessen es ist, als Antifaschistin nicht blauäugig ohne Bewaffnung in den Wald von Mittenwald zu laufen zeigt die Zeitungsmeldung von 2007, wo die Bullen zwei Nazis mit Schusswaffen in der Höhe des Denkmals festnahmen.

Der Fall Andrea ist ein Beispiel für die akribische Strafverfolgung von Linksradikalen hierzulande, wohingegen Nazis und Konsorten i.d.R. mit wohlwollender Milde bedacht werden, ihnen Bewährung oder offenen Vollzug und andere Hafterleichterungen großzügig gewehrt werden. Aktuelles Beispiel hierfür ist der Vollzugsplan für den Antifaschisten Christian S., wo mit Bezug auf seine politische Überzeugung sämtliche Hafterleichterungen abgelehnt werden, während für Mordversuch inhaftierte Nazis problemlos in den offenen Vollzug kommen. Auch ist es ein überaus beliebtes juristisches Argumentationsmuster, dass angeblich ach so gewalttätige Linksradikale keinerlei Waffen (oder ähnliche Gegenstände) besitzen oder sich gar mit ihnen in der Tasche fortbewegen dürfen und weh, dass sie doch Messer, Schlagstock, Pfefferspray im Haus oder Tasche haben. Da schlägt es dann 13 bei der Justiz und sie reibt sich die Hände, dass sie über dieses Konstrukt der Kriminalisierung von legalen Gegenständen, (wenn diese in Besitz von Linksradikalen sind) Linksradikale drankriegen können, für Waffenbesitz eben. Und so bringen sie die Leute nach und nach in den Knast, Geldstrafe, Bewährung, Haftstrafe- eine feine Methode, um Leute wegzusperren und viele andere abzuschrecken. Letztes Beispiel dazu war, dass bei Matti im Briefkasten ein völlig legaler Schlagstock gefunden wurde, wie ihn viele AutofahrerInnen auch besitzen und zwar werden diese öffentlich zum einschlagen von Fensterscheiben zum Retten aus dem Auto verkauft.

"Wie soll sich die Gesellschaft sonst gegen solche unverbesserlichen Leute schützen? (...) Der Gesetzgeber sieht nach Bewährungsstrafe eben nur noch Haft vor.",
so Richterin Birkmann vom Amtsgericht Berlin am 31. Juli 2007 in einer Verhandlung gegen Andrea wegen Hausfriedensbruch und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Hier wurde eine weitere Freiheitsstrafe von fünf Monaten für Andrea von der Justiz abgesegnet. Diese Haftstrafe setzt sich aus drei Verfahren zusammen, die zusammengezogen wurden.

1. Wegen Barrikadenbau, aus einer Gruppe heraus am 19.08.2006 gegen den Rudolf-Hess-Marsch der Neonazis in Berlin ( http://de.indymedia.org/2006/08/155276.shtml) und wegen unerlaubtem Waffenbesitz, die vorsätzlich gegen Personen eingesetzt werden sollten. Zu diesen äußerst gefährlichen Waffen zählten die Justizbehörden einen Karton Eier, ein Multitool und Pfefferspray. Wegen Waffenbesitz und Verstoß gegen das Versammlungsgesetzes lautet das Urteil zwei Monate Freiheitsstrafe.
2. Schwerer Hausfriedensbruch wurde ihr im Zusammenhang mit dem Besuch der Überflüssigen am 05.10.2006 in der Ausländerbehörde Berlin-Lichtenberg, Nöldnerstr.34 ( http://de.indymedia.org/2006/10/158415.shtml) vorgeworfen. Mit der Übergabe des Blutigen Füllfederhalters, während der offiziellen Öffnungszeiten, gegen die mörderische und rassistische Abschiebepraxis in Deutschland wollten die Überflüssigen protestieren. Andrea wird gemeinschaftlicher schwerer Hausfriedensbruch vorgeworfen, weil sie die Behörde nicht sofort nach Aufforderung durch die Leiterin Silke Buhlmann verlassen hatte. Sie wurde zu vier Monaten Haft verurteilt.
(Die Prozesserklärung von Andrea dazu Siehe Unten)
3. Am 21.10.2006 wurde Andrea wegen "Vermummung" bei Aktivitäten gegen die Nazidemonstration zur JVA Tegel aus Solidarität mit dem Landsersänger Michael Regner (Lunikoff)vom Oktober 2006 festgenommen ( http://de.indymedia.org/2006/10/159747.shtml). Dieses Verfahren wurde eingestellt, da eine Verurteilung nur unwesentlich die Gesamtstrafe erhöht hätte.

Richterin Birkmann konnte es nicht fassen, als das Ausmaß der Delinquenz für sie gewahr wurde.

Im Bundeszentralregister-Datenspeicherung-Auszug von Andrea sind aufgelistet Schwarzfahren und Ladendiebstahle, räuberischer Diebstahl, Waffenbesitz, Hausfriedenbruch, Widerstand und Beleidigung, Körperverletzung und Sachbeschädigung. Sie sei "sozialschädlich" und von der Gesellschaft fernzuhalten, so Richterin Birkmann. Darüber hinaus hielt Birkmann einen Vortrag zu Freiheitsrechten, die sich widersprechen aber dennoch funktionieren würden. Die Richterin suggerierte in ihrer Urteilsbegründung, dass die unzähligen Geldstrafen und Arbeitsstunden, die politische AktivistInnen wie Andrea wegen Vergehen laut StGB und Ordnungswidrigkeiten ständig abdrücken müssen, keine wirklichen Strafen seien. Schließlich sei Andrea weiterhin aktiv und deshalb nur mit Knast daran zu hindern weiter Behörden ohne Termin zu betreten oder gegen Nazis Aktionen zu machen. Weil Andrea schon dreimal Bewährung hatte, müsse nun auch mal Haft dran sein. Dass es Menschen gibt, die trotz der staatlichen Repression, weiter aktiv für ihre Überzeugungen eintreten und politisch aktiv agieren war für die Richterin erschütternd.
(genaue Details zum Prozess Siehe Unten)
Einbezogen in die gesamte Haftstrafe von 14 Monaten, die sie hoffentlich nicht absitzen wird, wird auch noch eine bereits erfolgte Verurteilung zu 2 Monaten Haft ohne Bewährung wegen einer Hausbesetzung in der Liebigstraße vom April 2006. Das dortige fast letzte unsanierte Haus im Nordkiez - wenn man von den längst legalisierten Projekten absieht - soll zu Luxuslofts und Eigentumswohnungen umgebaut werden.
Die Justizbehörden werfen ihr darüber hinaus vor, gemeinschaftlich in das befriedete Besitztum der Yorkstr. 59 von Mark Walter am 07.06.2005 gegen dessen Willen eingedrungen zu sein.

Sie wurde als unverbesserliche "Pink-Fahrerin" im Berliner BVG Verkehrsnetz, und in anderen ÖPNV-Netzen (u.a. Deutsche Bahn) von den Justizbehörden verurteilt. Im Justizbehördenjargon heißt das: Erschleichung von Beförderung.

Auch für Diebstahl wurde sie verurteilt. Sie wurde ab und an geschnappt und hatte unter vielen einen unerhörten Prozess mit einem brutalen Filialleiter (Kaufhalle Jannowitzbrücke), der sie verprügelte und dann behauptete sie hätte ihn angegriffen. Der wahrscheinlich etwas beschränkten Richterin konnte das Attest über Würgemale nicht verständlich gemacht werden. Zu einem Jahr auf Bewährung wurde sie daraufhin verurteilt.
Wie ihr lesen könnt ist Andrea gerade für uns alle im Knast. Wir rufen immer wieder dazu auf, oder schreiben es zumindest auf unsere Flyer: Lasst euch nicht abschrecken, Wehrt euch, Demonstriert gegen Nazis, Repression, Justizwillkür und Bullenterror. Geht nicht wie Schafe in Vorkontrollen, agiert selbstbestimmt, nehmt mit, was ihr für richtig haltet und führt Eure Demos so durch, wie Ihr Lust habt: Warum sollen wir friedlich Nazis gegenüber stehen, nur weil die Bullen es in den Auflagen schreiben. Macht einfach nicht was die Bullen sagen.

Für viele scheint der Spaß und politischer Aktivismus genau da aufzuhören, wo der Staat mit Repression zu antworten droht.

In anderen Ländern riskieren Menschen erschossen zu werden bei friedlichen Demos und dennoch gehen Tausende hin. Hier gehen Menschen nicht zu Prozessen oder verweigern auch ihre praktische Solidarität aus Angst in bestimmten Dateien und Rastern zu landen. Das man da so oder so landen kann nur weil mensch wissenschaftlich zu bestimmten Themen publiziert haben nicht zuletzt die §129a Ermittlungen beim mg-Verfahren gezeigt.

Die Angst ist derzeit das wohl wirksamste Repressionsinstrument. Die wird oft durch Abschreckungsurteile und Konstrukte erzeugt, aber bei allem berechtigten Interesse an der Funktionsweise der ErmittlerInnen z.B. in den §129a-Verfahren, sollte immer auch analysiert werden, welche Anlässe es für das volle Überwachungsprogramm gab, sodass wir damit besser umgehen können. Der Überwachungsstaat ist längst (noch) nicht Realität für Alle, auch wenn einige durchgeknallte PolitikerInnen das gerne hätten. So bleibt immer noch Raum für kreative Aktionen und der sollte auch genutzt werden.
Auch sind Unschulds- oder Opferkampagnen bei Antirepressionsarbeit weit verbreitet, statt offensiven mit Repression umzugehen. Staatliche Repression darf nicht einfach leise akzeptiert werden, sondern wir können uns dagegen direkt und solidarisch wehren - im Alltag, im Kontakt mit Behörden und auf der Straße.

Andrea hat in der Konsequenz das gemacht, was viele nur als Parolen vor sich her tragen. Miete verweigern, Kündigung ins Klo, Häuser besetzen sowieso, Gegen den sozialabbau organisiert den Kaufhausklau, Nee nee nee lieber brennt die BVG etc. Nur die wenigsten Szenemenschen setzen die wortreich allseits gepredigte Alltagskriminalität Alltagskämpfe, Squatten, Klauen konsequent um:
Vielleicht haben sie es nicht nötig oder kein Bock auf Stress. Für die allermeisten ist Geld nicht wirklich ein Thema, vielleicht haben sie es fett im Hintergrund (und denken noch nicht einmal daran es zu verteilen). Da bleibt die praktische Solidarität und Kollektivität konkret eben eine Fehlanzeige. Zu viele versuchen sich mit dem System zu arrangieren oder haben es nie konsequent bekämpft. Dabei fängt auch gerade die Ausshohlungskraft da an, wenn wir nen Supermarkt aufmachen, dann bedienen und freuen sich daran fast alle die vorbeikommen. Ob Genua 2001 oder Frankfurter Allee 90 -die Regale wurden immer zusammen leer geräumt. Ne warme Bleibe und genug zum Essen sind die Basis die alle brauchen und wo unsere Politik sich durch die konkrete Aktion leicht vermittelt. Diese Vermittlung unserer Aktionen ist extrem wichtig um die AnwohnerInnen nicht der Meinungsmache von BZ und Co zu überlassen.

Alles für alle und zwar umsonst -schön ja- aber es ist wie so oft wenn alle das machen würden oder zumindest ganz viele von uns, dann hätte sich ein Richter daran auch nicht so aufhängen können.

Unseren besten Waffen sind Solidarität und Widerstand! Widerstand heisst Angriff! Knäste und Zwangsanstalten zu Baulücken. Antifaschismus ist notwendig- mit allen Mitteln-auf allen Ebenen! Gegen Repression und staatliche Unterdrückung! Repression kennt keine Grenzen - Unsere Solidarität auch nicht!
Freiheit für alle politischen, sozialen und emanzipatorischen Gefangenen – Weg mit 129a,b,etc

Im Detail Prozess 31. juli 2007

Die geladenen Zeugen waren alle wegen dem Hausfriedensbruch in der Ausländerbehörde da. Sie wurden gleich am Anfang nach Hause geschickt, da niemand Zweifel an der Schuld der Angeklagten hatte. Stark Sicherheitsdienst GmbH?? (Leipziger Str. 63, 10117 Berlin) hatte einen Mitarbeiter geschickt, weil die Firma in der Behörde die Pförtner stellt. Die Amtsrätin der Ausländerbehörde LABO Abt. IV Frau Buhlmann war ebenfalls höchstpersönlich erschienen, um vorzusprechen. Sie hatte am 5. Oktober 2006 die Polizei gerufen, um die unerwünschten BesucherInnen?? aus der Behörde entfernen zu lassen. Ihre Vorgesetzte Frau Langheine stellte am nächsten Tag "aus rechtlichen Gründen" direkt beim LKA 534 Strafantrag. Auch der junge Kriminalkommissar Timo Bank vom LKA 534 (früher Radsportler bei RC Charlottenburg) musste heute wieder abziehen und durfte nicht mal als Zuschauer an dem Prozess teilnehmen. Er war nicht nur Chefermittler im ganzen Verfahren wegen Hausfriedensbruch, sondern sollte heute auch den Prozess für seine Abteilung protokollieren.
Rund 40 ZuschauerInnen?? zeigten, dass dieses Verfahren von erheblichem öffentlichen Interesse ist. Die Richterin kündigte gleich zu Anfang an den Saal räumen zu lassen, falls irgendwer dazwischenplappert. Zehn Personen verweigerte sie den Zutritt, weil angeblich zu wenig Sitzplätze vorhanden waren und die Öffentlichkeit genügend vertreten sei. Der Antrag der Verteidigung zur Verlegung in einen größeren Saal wurde abgelehnt. Dazwischen gequatscht wurde trotzdem und der tosende Applaus als Reaktion auf die Prozesserklärung der Angeklagten stand sicher auch nicht im Programm des eingespielten Teams Raupach (Staatsanwalt) – Birkmann (Richterin).
Die Akten wurden gewälzt – der erste Fall schien klar. Ja, klar sind da Sachen auf die Fahrbahn geflogen – ja Pfefferspray und anderen Kram hatte sie auch da bei. So ist das halt mit den Naziaufmärschen – mit Sitzblockaden lässt sich da schwer was reißen.
Bei dem Hausfriedensbruch in der Ausländerbehörde wurde es allerdings interessanter. Andrea verlas eine elendlange Erklärung über institutionellen Rassismus, Behördenblindheit, Naziaufmärsche, über Polizeigewalt und Festnahmen nach Quote, vertuschte Justizskandale, die Situation in den Knästen, Widerstand, gesellschaftliche Verantwortung und spontane Handlungsfähigkeit von sozialen Bewegungen. Nachdem sie fertig war, schlossen sich gleich hurtig die Plädoyers an. Darin wurde die beliebte "Rechtgüterabwägung" je nach Prozessposition ausgelegt. Die Verteidigung setzte das Recht zur freien Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und politischen Partizipation über das Recht der MitarbeiterInnen?? der Ausländerbehörde einen ruhigen Arbeitstag zu verbringen. Schließlich müssten sich Beamte, die täglich Flüchtlinge schikanieren und abschieben auch gefallen lassen ein Flugi in die Hand gedrückt zu bekommen. Das Hausrecht einer Behörde mit Öffnungszeiten sollte nicht so hoch angesiedelt sein wie bei einer Privatwohnung. Dass sich Andrea über das Hausrecht im Ausländeramt hinweggesetzt hat, um Protest an die SachbearbeiterInnen?? heranzutragen, spricht sogar für ihre bewusste Rechtsgüterabwägung. Eine quasi nicht vermeidbare Beugung untergeordneter Rechte zum Wohle der Allgemeinheit. Daumen hoch für die gute Argumentation von Überflüssigen-Aktionen (  http://ueberfluessig.tk/)
Staatsanwalt Raupach viel es nicht schwer dagegen zu argumentieren. Auf inhaltliche Diskussionen über gesellschaftlichen Rassismus und über die Bekämpfung der Nazis wollte er sich nicht einlassen. Seine Abteilung sei von allen Seiten unter Beschuss und er fand Andreas Erklärung anmaßend. Gähhn. Für ihn sei der Fall klar. Die Rechtsgüter der Behörde bzw. der MitarbeiterInnen?? dort wurden missachtet, weil da Leute waren die da nicht hingehörten und ziemlich genervt haben. Jetzt muss eine Verurteilung her, damit das nicht ständig passiert.
In einem Punkt waren sich alle Prozessbeteiligten einig: Die verhandelten Straftaten lohnten eigentlich den Aufwand nicht. "Knapp über Beleidigung" (Richterin Birkmann) und "unterster Strafrahmen" (Staatsanwalt Raupach). Was führte also letztlich zu der harten Verurteilung von fünf Monaten?
Schon bei der Befragung zu den Personalien konnte die Richterin es nicht fassen, dass die immerhin fast 40 Jährige Andrea keinen erlernten Beruf angeben konnte. Während sich das Publikum darüber freute, dass sich Andrea nicht über irgendeine Berufsbezeichnung definiert, kullerten Birkmann fasst mitleidvoll die Tränen als ihr das Ausmaß der Delinquenz gewahr wurde. Die beachtliche kriminologische Karriere von Andrea beginnt 1988 mit Schwarzfahren und Ladendiebstahl. Auch später kommt sie nicht über das Level Körperverletzung und Sachbeschädigung mit politischem Hintergrund hinaus. Sie sei dennoch "sozialschädlich" und von der Gesellschaft fernzuhalten. Anstatt Andreas politisches Engagement zu würdigen, hielt Birkmann einen Vortrag zu Freiheitsrechten, die sich widersprechen aber dennoch super funktionieren würden. Sie schloss sich betreff behördlicher Rechtsgüterautorität dem Staatsanwaltschaft an. Die Richterin suggerierte in ihrer Urteilsbegründung, dass die unzähligen Geldstrafen und Arbeitsstunden, die politische AktivistInnen?? wie Andrea wegen geringfügiger Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ständig abdrücken müssen, keine wirklichen Strafen seien. Schließlich sei Andrea weiterhin aktiv und deshalb nur mit Knast daran zu hindern weiter Behörden ohne Termin zu betreten oder sich Nazis in den Weg zu stellen. Weil Andrea schon dreimal Bewährung hatte, müsse nun auch mal Haft dran sein. Dass es Menschen gibt, die trotz der staatlichen Repression, weiter für eine freie Gesellschaft eintreten, wollte die Richterin nicht verstehen

Prozesserklärung Mittenwalde

Antifaschismus gehört zu den wichtigen Bereichen meiner politischen Arbeit. Seit mehr als 50 Jahren treffen sich jährlich zu Pfingsten greise Gebirgsjäger-Kameraden der Wehrmacht im Schulterschluss mit ihren Bundeswehrnachfolgern und rechtsradikalen Kameradschaften und Einzelpersonen im bayrischen Mittenwald. Trotz der stark rückläufigen Teilnehmerzahl ist es die letzte grössere soldatische Feier Deutschlands. Von einer Bundeswehrkapelle begleitet, findet unter den Fahnen revisionistischer und faschistischer Organisationen- u.a. der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger-ein ökumenischer Feldgottesdienst statt. Man gedenkt unterschiedslos aller „Opfer“ des Zweiten Weltkrieges, seien es die deutschen Gebirgsjäger, Soldaten der Alliierten, so genannte „Vertriebene“, Angehörige der Mussolini-treuen „Divisione Monterosa“ oder in Afghanistan gestorbene Bundeswehrsoldaten. Mit Ansprachen bayerischer Politprominenz versichert die Zivilgesellschaft der Bundeswehr, dass man nach wie vor hinter ihr stehe und stolz auf sie sei. Hochrangige Militärs fordern Kampfbereitschaft und Kriegseinsätze zur Sicherung „deutscher Interessen“ weltweit. Antisemitistische Ausfälle gegen Überlebende der Shoah begleiten die Veranstaltung. Die von Gebirgsjäger-Einheiten in Ganz Europa verübten Kriegsverbrechen und Zerstörungen während des zweiten Weltkrieges werden vom Kameradenkreis dagegen bis auf wenige heute geleugnet. Dass die beiden Massaker, erstens die Ermordung von 317 Zivilistinnen im nordgriechischen Kommeno sowie die Erschiessung von circa 4000 entwaffneten italienischen Soldaten auf der griechischen Insel Kephallonia auch von der Kameradschaft der Gebirgsjäger annerkannt werden mussten, ist das Ergebnis von antifaschistischer Geschichtforschung antifaschistischen Engagements!!! Mein Erlebnis in Mittenwald, die schikanösen Bemühungen der eingesetzten Beamten, Personen als „Antifas“ zu entlarven und durch polizeiliche Massnahmen zu entmutigen stützt leider diese Einschätzung. Das ist und war jedoch völlig überflüssig: Denn ich bin aktiv gegen Nazis und entmutigen lasse ich mich nicht!!! Ermutigt und bestärkt, mich an den Protesten gegen die Gedenkveranstaltung zu beteiligen wurde ich auch wieder einmal durch die Zeitzeugenveranstaltung, sie gehört zum inhaltlichen Rückrat unseres Protestes. Und es ist beeindruckend wenn Max Tzwangue, Jahrgang 1925, organisierte sich zunächst 1942 in der Union des Jeunes Juifs, ab 1943 war er Mitglied der Stadtguerilla-Einheiten der kommunistisch orientierten FTP-MOI in Lyon und Grenoble und kämpfte bis zur Befreiung im Maquis Perigrod. In Grenoble kämpfte er gegen die Gebirgsjägereinheiten(157.Res.Division), die Massaker auf dem Glieres, im Vercors und in Seyssel zu verantworten haben, von seinen Kämpfen berichtet. Als Vertreterin der slowenischen Befreiungsfront nimmt Ana Zablatnik an dem Treffen teil. Sie war 19 Jahre alt, als im April 1942 aus der Gemeinde Ludmannsdorf/Bilcovs? slowenische Familien deportiert wurden. Insgesamt wurden über 1300 Personen aus Kärnten vertrieben. Slowenisch zu sprechen, war bereits seit 1938 überwiegend verboten. Nach den Deportationen verbreitete sich in nahezu allen Gebieten Kärntens mit slowenischer Bevölkerung schrittweise der Widerstand der Partisaninnen und Partisanen, der teilweise auch von deutschsprachigen Kärntnerinnen und Kärntnern unterstützt wurde. Die slowenische Befreiungsfront kämpfte südlich der Karawanken in der so genannten „Operationszone Adriatisches Küstenland“ gegen die Mörder der 188. Gebirgsdivision unter Kübler, gegen die SS-Karstwehr, gegen das Gebirgsjäger Polizeiregiment 18 und gegen die Masenmörder der Aktion Reinhardt, Globocnik und Wirth, die die Vergasungen von Behinderten im Rahmen der Euthanasiemorde organisierten und später die Gaskammern in Sobibor, Belzec und Teblinka betrieben. Wir können es auch als Erfolg der beharrlichen Proteste in Mittenwald in Verbindung mit der Geschichtsforschung des Vereins „Angreifbare Traditionspflege“ vebuchen, dass das Gebirgsjäger Polizeiregiment 18 im Jahr 2005 aus der Kameradschaft der Gebirgsjäger ausgeschlossen wurden. Druck der Öffentlichkeit, Strassenproteste und antifaschistische Geschichtsforschung in Italien und Deutschland ermöglichten auch die Anklage und Verurteilung von u. anderen Josef Scheungraber darf nicht öffentlich erwähnt werden, der wegen 14-faches Mordes, verübt im toskanischen Dorf Falzano zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Er war Angehöriger der Gebirgsdivision, die die Massaker u.a. in Komeno und Kephallonia zu verantworten haben. Verurteilt wurde er in Abwesenheit von einem Gericht in La Spezia. In Deutschland kann er sich weiterhin frei bewegen und nimmt auch immer noch am Mittenwalder Pfingsttreffen teil, zuletzt wieder vor einigen Wochen. Die politische Notwendigkeit unseres Widerstandes und unserer Präsenz in Mittenwald an jenen Tag im Mai sind nun hoffentlich sehr deutlich geworden!!! Zu meinen eigenen Beitrag möchte ich nur noch folgendes sagen: Unser Ziel an jenen Morgen war es am Berg präsent zu sein, die Berge nicht ohne entschlossenen Widerstand den Kameraden der Gebirgsjäger und ihren Angehörigen zu überlassen. Wie wichtig es ist, nicht ohne angemessene Ausrüstung loszugehen zeigt, neben der Bedrohung durch die Polizei und BGS Präsenz, die Tatsache, dass in diesem Jahr 3 Nazis mit Messern und Schusswaffe nahe des Denkmals am Hohen Brenden von der Polizei kontrolliert wurden. Mit keinem Gedanken dachte ich an diesem Morgen, auf die Kulturveranstaltung im Dorf zu gehen, wo eine „Szenische Lesung“ angekündigt worden war. Ich hatte mich an der Veranstaltung am Vortag inhaltlich auf die Proteste eingestellt und bin an aktivem praktischen politische Handeln interessiert.

Prozesserklärung der Beschuldigten Andrea im Verfahren wegen Hausfriedensbruch und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz am 31.07.2007

Als wir am 5. Oktober 2006 die Ausländerbehörde besuchten und um ein Gespräch mit der Leiterin baten, wurden wir schroff abgelehnt. Die Angestellten dieses öffentlichen Gebäudes sind es anscheinend weder gewöhnt auf gleicher Augenhöhe mit ihren Kunden zu sprechen, noch zeigen sie ein Problembewusstsein für das, was sie tagtäglich anrichten. Seit Jahren schon steht die Behörde unter massiver Kritik von Verbänden und Politik, denn Handlungsspielräume der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter fallen regelmäßig zu ungunsten der Flüchtlinge aus. Das repressive Vorgehen gegen uns ist ein weiteres Beispiel dafür, wie gravierend die Missstände in der Ausländerbehörde tatsächlich sind, und wir konnten selbst erfahren, welchem aggressiven und abfälligen Umgangston die meist ausländischen Besucherinnen und Besuchern hilflos ausgeliefert sind.
Der Verein Pro Asyl nennt die Behörde 2005 zynisch "Integrationsverhinderungsbehörde" (  http://www.proasyl.de/fileadmin/proasyl/fm_redakteure/Newsletter_Anhaenge/106/classen.pdf) und deckt Mängel auf, die 2006 die Linkspartei wiederum dazu veranlassten, eine 55seitige externe Evaluation der Serviceangebote der Behörde erstellen zu lassen. Darin (Zitat): "werden Ziele der Verwaltungsreform und der Berliner Integrationspolitik von den Mitarbeitern nicht akzeptiert". Selbst wenn also seitens der Berliner Politik Besserungen in der Situation von Flüchtlingen veranlasst werden, scheitern diese in der Praxis an den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern. Dies war die Grundlage für unseren kritischen Besuch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz. Wir wollten an ihr Verantwortungsbewusstsein appellieren und sie durch eine symbolische Aktion dazu bewegen, ihre Praxis zugunsten ihrer Kunden zu ändern.
Einige Beispiele aus der Behörde am Nöldnerplatz, die teilweise bundesweit einmalig sind:
- Die Mitarbeiter verschanzen sich vor den Kunden hinter Panzerglas. Flüchtlinge, die zur Beratung kommen, müssen in einen kleinen Schalterraum. Hinter der Scheibe wartet der oder die Sachbearbeiterin. Wenn spontan die Duldung aberkannt wird, schließt jemand die Tür des Schalters von außen – die Person ist sofort fertig für den Abtransport in den Grünauer Abschiebegewahrsam. Die hauseigene Abteilung des Landeskriminalamts wacht zusammen mit einem privaten Sicherheitsdienst über die Kunden. - Im Jahr 2004 wurde die bundesweite Absicht für ein Bleiberecht bosnischer Flüchtlinge ausschließlich von der Ausländerbehörde am Nöldnerplatz gezielt unterlaufen, indem Aufenthaltsmöglichkeiten in Berlin verweigert wurden. Die Flüchtlinge wurden angeblich aus Kapazitätsgründen abgelehnt (  http://www.abschiebehaft.de/presse/p412.htm) - Die Wartezeit kann trotz Termin bis zu sechs Stunden andauern (  http://www.fluechtlingsrat-berlin.de/pdf/protokoll_424_425.PDF) - Dolmetscherinnen oder Dolmetscher stehen nicht zur Verfügung. - Weitere Beispiele sind der Evaluation von Kerstin Gudermuth aus dem Jahr 2006 zu entnehmen. (  http://www.pds-fraktion-berlin.de/pdf/EvaluationABH2006.pdf)
Angesichts dieser unhaltbaren Situation sahen wir uns in der Pflicht als Menschen zu handeln, die nicht von diesen Schikanen betroffen sind. Also ergriffen wir die Initiative. Die Reaktion hat uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und das Thema wieder neu verhandelt wird.
Der Besuch der Ausländerbehörde am 5. Oktober war außerdem Teil der Migrations-Aktionstage (  http://de.indymedia.org/2006/10/158585.shtml). Auf der Anklagebank sitze also nicht nur ich allein, sondern auch alle anderen, die sich gegen die rigide Abschottungspolitik der EU und gegen die miserable Situation der Flüchtlinge in Deutschland bei den Migrationstagen 2006 engagierten. Auch diejenigen sollten nicht vergessen werden, die gegen das inoffizielle Abschiebelager in der Spandauer Motardstraße demonstrierten (  http://de.indymedia.org/2006/10/158432.shtml) / jene 500 die in Oldenburg gegen den Abschiebegewahrsam Blankenburg eintraten (  http://de.indymedia.org/2006/10/158201.shtml) / die vier Bootsflüchtlinge in Lindau die symbolisch auf einem Floß versuchten den Bodensee zu überqueren (  http://de.indymedia.org/2006/10/158518.shtml) / jene 300 in Freiburg die auf die Situation afrikanischer Flüchtlinge aufmerksam machten (  http://de.indymedia.org/2006/10/158669.shtml) / die Aktionstheater "Grenzziehung" in Görlitz (  http://de.indymedia.org/2006/10/158747.shtml), Potsdam (  http://de.indymedia.org/2006/10/158703.shtml) Frankfurt/Main?? (  http://de.indymedia.org/2006/10/158769.shtml), und die 200 in Augsburg (  http://de.indymedia.org/2006/10/158931.shtml), die 400 in Köln (  http://de.indymedia.org/2006/10/158541.shtml) und 700 Menschen in Hamburg (  http://de.indymedia.org/2006/10/158576.shtml) auf antirassistischen Demos.
Wenn schon unser Beitrag zu den Migrations-Aktionstagen kriminalisiert werden soll, dann sollte der Kontext nicht in Vergessenheit geraten. Im Juli 2006 verkündete der Berliner Innensenator Körting stolz einen Abschiebungsstopp für langjährig geduldete Flüchtlingsfamilien und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (  http://www.berlin.de/imperia/md/content/labo/auslaenderangelegenheiten/vaabhbln.pdf). Körting versprach auf der Innenministerkonferenz im November 2006 ein Bleiberecht für Flüchtlinge zu erwirken, die seit mehreren Jahren nur den unsicheren Status der Duldung haben. Mit unserem Besuch in der Ausländerbehörde wollten wir den Berliner Senat daran erinnern, Wort zu halten.
Das Gesetze in der Praxis der Behörden oftmals keine Rolle ist uns bewusst. Zu groß ist die Versuchung, die bestehenden Regelungen repressiv nach eigenen Gutdünken auszulegen. Deshalb demonstrierten wir mit unserer Aktion auch gegen die Strafverfolgungswut, welche Flüchtlinge in Deutschland ganz besonders hart trifft und erschreckend häufig zum Tode führt. Im August 2006 starben gerade erst sechs Flüchtlinge aus Vietnam in einem Auto im Landkreis Königswusterhausen bei Berlin (  http://de.indymedia.org/2006/08/154329.shtml). Sie wurden von der Bundespolizei wegen illegaler Einreise verfolgt, verloren die Kontrolle über ihren Wagen und fuhren frontal gegen einen Baum. Es erschien uns angemessen, Protest zu äußern, war doch der Fall seit August schon wieder in Vergessenheit geraten und die Verfahren gegen die verantwortlichen Beamten eingestellt worden.
Einen Monat nach unserer Aktion hatten wir dann den Beweis, wie wenig Vertrauen in die große Politik gesetzt werden kann. Das von Körting versprochene Bleiberecht kam nicht zustande. Stattdessen entschieden sich die Innenminister der Länder für einen faulen Kompromiss (  http://www.fluechtlingsrat-berlin.de/print_pe.php?sid=315), der den meisten langjährig geduldeten Flüchtlingen keine Besserung ihrer Situation bringt. Demnach wird nur dann ein Bleiberecht vergeben, wenn die betreffenden Flüchtlingsfamilien über ein entsprechendes Einkommen verfügen, umfangreiche Deutschkenntnisse vorweisen können und ihre Gesundheitsversorgung selber leisten. Für Menschen, die dauerhaft vom ohnehin prekären Arbeitsmarkt ausgeschlossen waren und die deshalb auch von keiner Krankenversicherung akzeptiert werden, ist diese Lösung inakzeptabel. Bis heute hat sich keine signifikante Verbesserung gezeigt, die auf diese Gesetzesänderung zurückzuführen ist (  http://de.indymedia.org/2007/02/169084.shtml).
Wer diese Entwicklungen aufmerksam verfolgt, muss feststellen, dass die lang vorbereiteten Gesetzesnovellierungen und Lippenbekenntnisse der Politikerinnen und Politiker in diesem Bereich zu keiner nennenswerten Verbesserung führen. Der Handlungsbedarf besteht also auch auf anderen gesellschaftlichen Ebenen.
Öffentliche Aktionen, wie die am 5. Oktober in Lichtenberg, welche auf Missstände hinweisen, gehören zur parlamentarischen Demokratie und sind notwendig, Diskurse anzuregen. Woher sonst kommt der Druck die Situation für Flüchtlinge in Deutschland zu verbessern, wenn nicht von uns, Pro Asyl, den Flüchtlingsräten oder anderen Menschenrechtsorganisationen? Wer diese Arbeit strafrechtlich verfolgt und vor Gericht stellt, verkennt unsere Funktion in den Aushandelungsprozesse.
Unser Besuch eines öffentlichen Gebäudes während der Öffnungszeiten hat verschiedene Ermittlungsverfahren gegen uns nach sich gezogen: Verstoß gegen das Versammlungsrecht, schwerer Landfriedensbruch, Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Verstoß gegen das Waffengesetz und Verstoß gegen das Vermummungsverbot.
Diese gegen uns angestrengte Strafverfolgung steht jedoch in keinem Verhältnis zu der von uns durchgeführten symbolischen Aktion. Der Aufwand, der hier betrieben wurde, zeigt, wie repressiv hier mit Kritik umgegangen wird und wie wenig Interesse an der menschenwürdigen Betreuung von Flüchtlingen besteht.
Während für die Strafverfolgung scheinbar unbegrenzt Ressourcen zur Verfügung stehen, ist für ein paar Dolmetscherinnen oder Dolmetscher in der Ausländerbehörde das Budget offenbar zu knapp.
Die Überreaktion der Exekutive in unserem Fall legt offen, dass wir mit unserer Aktion einen sensiblen Punkt getroffen haben. Unser bescheidener Hinweis, dass in den Gängen dieser Behörde institutioneller Rassismus am werkeln ist, wurde als ein Angriff auf den scheinbar so objektiven Verwaltungsapparat wahrgenommen. Und als dieser symbolische Angriff war die Aktion auch gedacht.
Dieser Prozeß heute hier ist nur ein weiteres Beispiel für die Kriminalisierung von emanzipatorischem Widerstand und Aktionen. Heute werden bei jeder angemeldeten politischen Aktion die Teilnehmenden von der Polizei abgefilmt. Es gibt immer öfter Personalienkontrollen im Alltag - unter den fadenscheinigsten Gründen, wie dass jemand vom Äußeren oder Verhalten her nicht einer gesellschaftlichen Norm entspricht. "Ingewahrsamnahmen" bei Demonstrationen sind an der Tagesordnung und werden - so scheint es - oft nach einer vorgegebenen Quote durchgeführt. Die Polizei konstruiert Straftaten wie z.B. angebliche Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder Körperverletzung. Vor Gericht haben diese Konstrukte leider Bestand, da die ZeugInnen?? ihre Aussagen abstimmen oder wie in letzter Zeit in Berlin gehäuft, nur noch als Nummern als codierte Belastungszeuginnen auftreten und behaupten irgendeine Straftat gesehen zu haben. Besonders aktiv werden Polizei, Verwaltung und Justiz, wenn ihre Institutionen als Teil einer herrschaftsförmigen Ordnung selbst Gegenstand von emanzipatorischer Kritik und Widerstand sind. Diese Reflex konnten wir hier sehr gut am Medikamentenskandal sehen oder an der Vertuschungstaktik der Justizsenatorin wegen der ungewöhnlich vielen Todesfälle in den Knästen oder derselben Taktik in Dessau bei der Tötung von Oury Jalloh im Gewahrsam (  http://initiativeouryjalloh.wordpress.com/). Wieso aber werden emanzipatorische Bewegungen dermaßen kriminalisiert:
Zum einen sollen soziale und politische Bewegungen, die mit ihren Aktionen in die herrschende Ordnung eingreifen, zerschlagen oder zumindest in friedliche und militante gespalten werden. Die vom Polizeiapparat ausgehende Gewalt und Kriminalisierung soll Angst verbreiten und Menschen einschüchtern, die sich gegen die herrschenden Verhältnisse wehren. Gerne nutzen Polizisten ihre Machtposition auch individuell, um z.B. für sie unbequeme Demonstrierende gezielt abzustrafen, etwa durch verdeckte aggressive Übergriffe gleich vor Ort oder im Nachhinein durch Straftatvorwürfe. Staatliche Institutionen wie Behörden oder Polizei wollen der Öffentlichkeit "Erfolge" vorweisen. Kriminalisierung soll auch martialische und teure Großeinsätze wenigstens nachträglich begründen und Vorwände schaffen, Überwachungs- und Kontrollapparate weiter auszubauen. Soziale, emanzipatorische Bewegungen wollen die eigene Handlungsfähigkeit und in gleichem Maße auch die der anderen Menschen erweitern. Staatliche Repression darf nicht einfach leise akzeptiert werden, sondern wir können uns dagegen direkt und solidarisch wehren - im Alltag, im Kontakt mit Behörden und auf der Straße.
Dieses sich wehren und bekämpfen im Alltag gilt ebenso auch für den Kampf gegen Nazis. Proteste und antifaschistische Aktionen bei Naziaufmärschen oder -kundgebungen bedeuten leider auch, sich an den Terminen der Nazis aufzureiben. Erforderlich ist aber auch ein entschlossenes, kontinuierliches antifaschistisches Engagement im Alltag. Direktes Eingreifen und Widerstand, wenn in der Schule, im Bus rassistische Sprüche geklopft werden; wenn Neonazis versuchen, durch gewalttätiges Auftreten Stadtteile nach ihren rassistischen Vorstellungen zu organisieren, damit die Bewegungsfreiheit Anderer einschränken; wenn jüdische Gedenkstätten geschändet werden, Zeitungsläden nationalistische Medien verbreiten; wenn für Probleme Menschen ohne deutschen Pass verantwortlich gemacht werden; wenn die Verbrechen der Nazis relativiert oder geleugnet werden; wenn Staatsbüttel versuchen, MigrantInnen?? abzuschieben. Ein Termin der Nazis war der 20.Oktober 06, damals wollten Neonazis von NPD bis Freie Kameradschaften und Autonome Nationalisten für die Freiheit von "Lunikoff", dem Sänger der Naziband Landser, vor der JVA Berlin-Tegel demonstrieren. Der in der JVA Tegel sitzende Neonazi Michael Regner alias Lunikoff, ist führendes Mitglied der Berliner Neonazigruppierung "Die Vandalen" und begann im Judith-Auer-Club, einem Jugendclub, der Rechte Jugendliche förderte ( und später von Antifas durch Brand geschlossen wurde und in dem auch der Mörder von Silvio Meier verkehrte) seine musikalische, ideologische Karriere dort in einem Übungsraum, indem er dort mit seine Band "Endlösung", später in "Landser" umbenannt probte. 2003 wurde er vom Berliner Kammergericht neben andren Mitgliedern der Naziband "Landser". wie André Mörike, Christian Wenndorff zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt, da die Band als kriminelle Vereinigung eingestuft wurde. Die Verurteilung brachte ihm eine Art Märtyrerstatus in der Neonaziszene ein.
Die Verurteilung der Bandmitglieder nach § 129 ist im Übrigen einer der exotischen Fälle, wo der §129/129a ausnahmsweise nicht gegen linke Aktivistinnen anwendet wird, um die aktuell interessante Szene auszuforschen und abzuschrecken. Bevor Regener am 11. April 2005 seine Reststrafe von 2 Jahren und 10 Monaten in der JVA Berlin-Tegel antreten musste, gab er im Thüringen bei einer Veranstaltung zum Landesparteitag der NPD sein Abschiedskonzert mit seiner neuen Band "Die Lunikoff Verschwörung". Die Nazibands stellen über die Musik ein verbindendes Element zwischen Nazis aller Couleur her. Durch diese informelle Vernetzung von militanten Nazis mit Rechtsrockfans und NPD-Parteivolk gewinnen die Nazis leider an Stärke, deshalb ist es wichtig sich nicht nur an ihren Demos abzuarbeiten, sondern ihre Rückzugsräume, Infrastruktur, Merchandising, etc. anzugehen.
Wie wichtig es ist gegen Nazis allgemein auch im Alltag vorzugehen und auch sich gegen die Aufnahmen der Nazis, die diese von ihren politischen GegenerInnen?? machen zu wehren, durch unkenntlich machen, zeigen auch zwei Fälle aus der jüngster Zeit. Zum einen beruhte die Inhaftierung des Antifaschisten Mattias Z. allein auf den Aussagen von zwei Nazis, die mit Fotos von ihm zur Polizei gingen und behaupteten, er sei an dem Überfall auf sie beteiligt gewesen. Zweitens wurde der Antifaschist Christian S. von Nazis mit Mord und Aufforderung zum Selbstmord bedroht, die Nazis wünschten ihren einsitzenden Kameraden viel Spaß und crossposteten das ganze auf indymedia (  http://de.indymedia.org/2007/07/188457.shtml). Zudem feierten sie in dem Artikel die Verlegung von Christian vom offenen Vollzug in Hakenfelde in den geschlossenen in die JVA Tegel, die Tatsache, dass die Nazis sofort über die Verlegung Bescheid wussten zeigt, wie eng die Verbindungen der Nazis draußen mit ihren einsitzenden Kameraden sind und es ist auch ein allseits bekannt, dass rechtsradikale als Sozialarbeiter oder Schließer im Knast arbeiten.
Bereits im Jahresbericht von 2001 des Arbeitskreis Kritische Justiz findet sich folgendes::.. "Es zeigt sich, dass es in den Strafvollzugsanstalten Rechtsextremismus in vielfältigen Formen gibt. Zugleich wird sichtbar, dass neben einer kleinen Zahl engagierter Anstaltsleitungen und Landesregierungen eine größere Zahl von Anstaltsleitungen und Justizbehörden nur mangelhafte Informationen hat und dazu neigt, die Problematik zu bagatellisieren. Optisch und akustisch ist Rechtsextremismus in den Anstalten präsent in Form der Ausgestaltung der Zellen mit rechtsextremen Symbolen, entsprechenden Tätowierungen an Körpern_ der rechtsextremen Inhaftierten und vor allem auch durch das laute Abspielen von Musik mit rechtsradikalen Inhalten, die sich, wie verschiedene Gefangene berichten, der Wahrnehmung vieler Bediensteter entziehen. Es wird berichtet, dass von rechtsextremen Gruppierungen Propagandatätigkeit durch Verbreitung von Inhalten (z.B. durch entsprechende Zeitungen) oder die Besetzung einflussreicher Positionen innerhalb der Gefangenenhierarchie ausgeht. Eine besondere Rolle spielt die HNG ("Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige"), die für eine Vernetzung der rechtsradikalen gefangenen, Informationsverbreitung und auch soziale Betreuung sorgt." (  http://www.zakk.de/ulmerecho/ArchivUlmerEcho/Ue2-01/Themen/Rechtsradi.html)
Ebenso wie draußen wird also auch in den Knästen eine Organisierung der Nazis geduldet und gefördert während linke Aktivisten wie Thomas Meyer-Falk (  http://www.freedom-for-thomas.de/), Christian Klar etc. in Isolation gehalten werden, die Kommunikation nach draußen behindert wird, sie knastintern mit Repression überzogen werden und Vollzugslockerungen wie offener Vollzug rigoros abgelehnt werden. In diesem Land wird im Namen der Sicherheit ein schwer traumatisierter Mensch wenige Tage nach einer komplizierten Herz OP aus einer ReHa?? -Klinik heraus verhaftet und in Totalisolationshaft gesteckt. Ich spreche hier von dem türkischen Aktivisten Mustafa Atalay, der aufgrund von Aussagen eines Spitzels nach § 129b (angebliche DHKP-C Mitgliedschaft) inhaftiert wurde und nach 9 Monaten Totalisolation kürzlich, lediglich in ein Haftkrankenhaus verlegt wurde, von denen wir in Berlin nur zu gut auch wissen, wie miserabel die Behandlung dort ist (  http://de.indymedia.org/2007/07/186859.shtml). Politische Justiz dient als Instrument Bewegungen zu spalten und politisch missliebige Personen zu kriminalisieren und schließlich einzuknasten. Staatsschutz und Staatsanwaltschaften kriminalisieren mit dem Versammlungsgesetz jeglichen antifaschistischen Protest bereits im Vorfeld. Protest-Vorbereitungen und der bloße Aufruf, sich den Nazis entgegenzustellen werden zu Straftaten. So geschehen im Münchner Landgericht, das den KZ-Überlebenden Martin Löwenberg wegen Aufruf zu Straftaten verurteilte, weil er auf den Schwur von Buchenwald verwies und die Antifaschisten aufrief präsent zu sein, wo die Nazis sind. Das Fazit aus dem Urteil lautet: Nazis darf man sich nicht ungestraft in den Weg stellen. So wird der geforderte zivilgesellschaftliche und gewaltfreie Protest gegen Neonazismus und Rassismus von Staatswegen behindert. Selbst ein pädagogisch, antifaschistisches Engagement wie das des Heidelberger Lehrers Michael C. führt zu Kriminalisierung bis hin zum Berufsverbot.
Um Handlungsfähigkeit zu erhalten und zu erweitern, muss eine emanzipatorische Strategie staatliche Repression, Polizeigewalt und Kriminalisierung zum Thema politischer Auseinandersetzungen machen und aktiv bekämpfen. Denn man sollte nie davon ausgehen, dass man keine Chancen und Handlungsmöglichkeiten hätte. Für mehr spontane, kreative Aktionen, wo wir Zeitpunkt und Inhalt selbst bestimmen und wirklich agieren können.
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Ergänzungen

kontakte zu andrea

solianda 05.02.2008 - 13:14
schreiben könnt ihr ihr:
Andrea Neff,
Bnr: 746/07/2,
Justizvollzugsanstalt für Frauen in Berlin,
Arkonastraße 56,
13189 Berlin
spendet geld:
Rote Hilfe e.V. ,
Kontonummer: 7189590600,
BLZ: 100 200 00
Berliner Bank
Verwendungszweck: Soli Andrea

Kontakt Soligruppe:  freiheitfuerandrea@riseup.net

flyer zum verteilen

solianda 05.02.2008 - 14:23
flyer allgemein
demoplakat 8.3.

ANDREA-DEMO - PLAKATE & FLYER SIND FERTIG!

Andrea-Soli 3000 05.02.2008 - 15:55
Am 8.März wird es eine Demo für die Freilassung von Andrea in Berlin geben.
Mobilisiert in eurem Kiez und in eurer Stadt.

DEMONSTRATION:
"Freiheit für Andrea!"
Samstag, 8. März 2008 / 14 Uhr / U-Bhf. Eberswalderstraße / Berlin

AUFRUF, BANNER ZUR DEMO UND MEHR:
 http://freeandrea.de.vu/

PLAKATE UND FLYER FÜR DIE DEMO:
... sind fertig und liegen hier aus:

Buchladen Schwarze Risse / Kreuzberg
Gneisenaustr. 2a
Öffnungszeiten:
Mo - Fr 10.00 - 18.30 Uhr
Sa 11.00 - 14.00 Uhr

Buchladen Schwarze Risse / Prenzlauer Berg
Kastanienallee 85
Öffnungszeiten:
Mo - Fr 11.00 - 19.00 Uhr
Sa 11.30 - 15.00 Uhr

Infoladen Daneben / Friedrichshain
Liebigstr. 34
Öffnungszeiten:
Mo-Fr 18:00-20:00
So 10:00-14:00


UND SONST SO....

Plakate und Flyer bestellen:
schreibt an  mail@abc-berlin.net

Aufruf unterstützen:
schreibt an  nea@riseup.ent

Soli-Arbeit für Andrea:
 freiheitfuerandrea@riseup.net

@mann

... 05.02.2008 - 23:10
die demo bezieht sich zwar auch auf den 8.3., aber soll definitv keine nur-frauen-demo sein. der erste block wird zwar nur aus frauen bestehen (und solche personen, die sich mit diesem geschlecht identifizieren), und das soll auch bitte respektiert werden, aber zur demo mobilisieren ja auch anti-repressionsgruppen und antifa-gruppen.

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