Die große „Hartz IV-Anklagebank“ bleibt leer

Linke-Rhein-Neckar-News 26.01.2008 00:26 Themen: Repression Soziale Kämpfe
Im Amtsgericht Mannheim bleibt für elf sozial aktive „Hartz IV“-Kritiker die Anklagebank leer: Überraschend wurde der Prozess gegen sie ausgesetzt. Diese Nachricht wurde anlässlich einer gut besuchten Veranstaltung mit dem Berliner Prof. Peter Grottian am Dienstagabend im Mannheimer DGB-Haus bekannt. Weil durch die Anklage jedoch schon erhebliche Kosten entstanden sind, spendeten die rund 120 Gäste einen beachtlichen Geldbetrag in die „Soli-Kasse“.
Mannheim: Die große „Hartz IV-Anklagebank“ bleibt leer!

Wie die Betroffenen, die vor drei Jahren im Gemeinderat der Stadt Mannheim gegen die kommunale Umsetzung von „Hartz IV“ protestierten, öffentlich informierten, wurde der auf
den 24.01.2008 terminierte Prozess kurzfristig im Einvernehmen aufgehoben. Die Anklage
lautete auf „Hausfriedensbruch“ und „Nötigung“. Das Amtsgericht hat mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft allen Angeklagten wegen „geringfügiger Schuld“die Einstellung des
Verfahrens angeboten.

Dies hat zur Folge, dass für zehn Angeklagte, außer den Rechtsanwaltskosten, keine neuen
Kosten mehr entstehen. Der elfte Mitstreiter, welcher der "Nötigung" angeklagt war, muss allerdings 250.- Euro an die Gerichtskasse zahlen, damit auch das gesonderte Verfahren
gegen ihn sofort eingestellt werden kann.

Noch im Dezember des vergangenen Jahres lehnte die Staatsanwaltschaft den Antrag des
damals zuständigen Richters, eine einvernehmliche Lösung zu praktizieren, ohne
wenn und aber ab. Die positive Wendung im Mannheimer „Sozial-Prozess“ verstehen die Betroffenen als einen eindeutigen Rückzug des Gerichtes und werten dies als einen
politischen Erfolg.

„Hätten die Angeklagten auf die Durchführung des Strafprozesses bestanden, wäre der Ausgang relativ ungewiss gewesen“ so beurteilten die Rechtsanwälte die Prozesslage. Ein unbedingtes Festhalten am Prozess, wäre für jeden einzelnen Angeklagten (die Mehrheit wird vom Sozialabbau materiell direkt tangiert) mit einem sehr hohen finanziellen Risiko verbunden gewesen. Für die Umsetzung der konkreten politischen Forderungen hätte dies aber kaum einen Nutzen gehabt.

Wie die elf Angeklagten in der Diskussionsrunde mit Prof. Peter Grottian auf der Mannheimer
Solidarität-Veranstaltung erklärten, ist das Eingehen auf das Angebot des Gerichtes, kein Schuldeingeständnis. Im Gegenteil: Für die nach wie vor sozial aktiven Bürgerinnen und Bürger erbrachten drei Jahren „Hartz IV“-Praxis den realen Beweis, dass ihr damaliger „Anti-Hartz IV“-Protest auch heute noch legitim ist. Deshalb wird es weiterhin politische Aktionen gegen die unsozialen Hartz-Gesetze und den damit verbundenen repressiven Maßnahmen geben.

Erklärte Absicht an diesem Abend war es, den Widerstand gegen die ungerechte Politik der Umverteilung „von unten nach oben“ mit kreativen und vielfältigen Aktionsideen wieder zu beleben und im Zusammenschluss mit antikapitalistischen Kräften, den Gewerkschaften und der sozialen Bewegung eine neue Dynamik im Kampf gegen Sozialabbau zu organisieren.
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Ergänzungen

Auch in Hanau...

fürdie5stundenwoche 26.01.2008 - 04:08
Auch in Hanau ...sind 5 Menschen nach einer "Go-In"-Aktion beim AQA-Recycling-Center in Nidderau-Heldenbergen angezeigt worden.

Bericht zur Aktion:
 http://de.indymedia.org/2007/03/171576.shtml

Ob es zu einer Verhandlung kommen wird, bleibt abzuwarten.
Falls ja, würden sich hierbei allerdings auch gute Möglichkeiten bieten, die bestehende - rechtwidrige, da reguläre Arbeitsplätze vernichtende - 1-Euro-Job-Praxis der Optionskommune Main-Kinzig-Kreis öffentlich zu machen.



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