Neues vom Freiraum an der Uni Göttingen

Bollywood 25.01.2008 11:52 Themen: Bildung Freiräume
Neue Entwicklungen bei der Raumbesetzung für ein selbstverwaltetes Cafe an der Uni Göttingen. Der Raum wurde am Mittwoch den 16.01. besetzt mit dem Ziel ein selbstverwaltetes Cafe am Campus zu etablieren. Nachdem das Präsidium längere Zeit nicht von sich hat hören lassen, hat es nun einen neuen „Vorschlag“ unterbreitet, der an Unverschämtheit kaum zu überbieten ist. Die Raumverwaltung bietet nun einen Raum im Asta-Gebäude an. Dies ist vorher nicht mit dem Asta abgesprochen worden. Dementsprechend hat dieser weder im Vorfeld seine Zustimmung gegeben, noch hat er vor dies zu tun. Die Räume werden von ihm nämlich genutzt
Die Besetzer_innen wollen ohnehin nicht die Umwandlung von Räumen der studentischen Selbstverwaltung in selbstverwaltete Räume, sondern die Schaffung eines neuen Freiraums. Außerdem liegt der Raum nicht auf dem Campus, wie von den Besetzer_innen gefordert. Deshalb haben sie das „Angebot“ abgelehnt.
Zu den Argumenten im Einzelnen:  http://de.indymedia.org/2008/01/206108.shtml

Das Ziel der Gebäudeverwaltung mit dieser Aktion könnte sein, den Konflikt nun in die Studierendenschaft zu tragen. Hätten die Nutzer_innen dem „Angebot“ zugestimmt, müssten sie sich nun mit dem Asta auseinandersetzen, statt mit der Raumverwaltung. Möglicherweise hat letztere auf die offensichtlichen politischen Differenzen zwischen Besetzter_innen und Asta spekuliert. An dieser Stelle haben der Asta und die linken Aktivist_innen jedoch aus unterschiedlichen Gründen das selbe Ziel, sodass diese Rechnung des Präsidiums nicht aufgeht. Im Gegenteil zwingt es damit den Asta möglicherweise zu handeln, statt sich - wie bisher - passiv zu den Vorgängen rund um die Besetzung zu verhalten.

Die Unileitung verschärft nun jedoch die Gangart. Nach der Ablehnung des „Angebots“ durch die Besetzer_innen wurden sie noch einmal darauf hin gewiesen, das „dies alles hier illegal“ sei. Außerdem wurde auf angebliche Brandschutzmängel verwiesen (Krepppapier vor Neonröhre) womit ein mögliches Ticket angedeutet ist, auf dem in den nächsten Wochen die Räumung propagandistisch vorbereitet werden könnte. Auf verstärkt die Unileitung nun die Öffentlichkeitsarbeit. Der Präsident lässt sich in einer Pressemitteilung zitieren: „Damit sind die bisherigen Angebote der Universitätsleitung hinfällig.“ Weiter heißt es dort: „In dem Wunsch, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen, sei die Hochschule den studentischen Besetzern sehr weit entgegengekommen, weitere Zugeständnisse seien jedoch nicht vertretbar“. Das Säbelrasseln ist hier nicht zu überhören. Es bleibt jedoch Fakt, dass der einzige Grund für eine Räumung, darin bestünde, dass das Präsidium seine Autorität wahren möchte. Sachliche Gründe gibt es nicht. Das Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte, in dessen Verfügungspool der Raum angeblich steht, hat die sowohl bestritten, als sich auch nicht gegen die Umwidmung des Raums ausgesprochen. Die Verlegung der Veranstaltungen aus dem MZG 1140 hat gezeigt, das Ausweichmöglichkeiten vorhanden sind (Die Raumverwaltung hat teilweise sogar noch abweichend von dem Umbelegungsplan der Besetzer_innen Räume anbieten können).

Inzwischen hat sich jedoch die gesammte Unilinke und ein Großteil der Göttinger Linken mit dem Freiraum solidarisiert und auch angekündigt diese Solidarität praktisch werden zu lassen, wenn dies nötig wird. Das könnte den politischen Preis einer Räumung ziemlich in die Höhe steigen lassen, sodass das Präsidium es sich gut überlegen wird, ob ihm die Durchsetzung seiner Autorität dies wert ist.

Weitere Infos zu Freiraumkämpfen an der Uni Göttingen:  http://www.bb-goettingen.de/612

Im Folgenden ein offener Brief an das Unipräsidium, von den Besetzer_innen, der seit heute massiv in der Uni vor den Vorlesungen verteilt wird, um die Öffentlichkeit für die Angelegenheit zu erhöhen:

Offener Brief der Nutzer_innen des Raumes MZG 1.140 an Unileitung und Univerwaltung

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit dem 16. Januar 2008 wird der Raum MZG 1.140 als selbstverwaltetes Café genutzt. Sie waren von dieser Nutzung des Raumes von vorn herein nicht begeistert und haben versucht, uns dazu zu bewegen, einen alternativen Raum zu beziehen. Als wesentliche Begründung von Ihrer Seite haben wir wahrgenommen, dass dieser Raum gar nicht in Ihrer Verfügungsgewalt, sondern in der eines Universitäts-Seminares stünde. Da dies mittlerweile auch von Ihnen dementiert wurde, sehen wir keinen Grund, warum wir den Raum nicht auch weiterhin nutzen sollten. Für die hier von der Raumverwaltung vorgesehenen Veranstaltungen stehen rund um den Campus eine ganze Reihe von Ersatzräumen zur Verfügung, so dass keine Veranstaltung ausfallen musste.

Demgegenüber gibt es eine ganze Reihe von Gründen, warum gerade dieser Raum von uns als selbstverwaltetes Café genutzt werden sollte. Er erfüllt nicht nur die bislang von uns stets genannten und von Ihnen akzeptierten Kriterien, sondern bietet darüber hinaus etliche Vorteile für eine Nutzung durch unterschiedlichste Menschen, vor allem Mitglieder der Universität aus allen Statusgruppen.

Der Raum befindet sich in unmittelbarer Nähe des Studienalltags vieler Studierender. Auf der gleichen Etage sind etliche Lern-, Arbeits- und Computerarbeitsplätze. Der Raum liegt im Mehrzweckgebäude und in unmittelbarer Nähe zum Zentralen Hörsaalgebäude, so dass eine umfangreiche Frequentierung durch Studierende und Universitätsangehörige unterschliedlichster Fakultäten und Fachrichtungen bereits praktizierter Alltag ist. So ist es möglich, sich zwischen einzelnen Veranstaltungen, etwa zwei Vorlesungen im Zentralen Hörsaalgebäude, einen Kaffee oder Tee zu holen, sich mit einem Buch in die Ecke zu setzen oder einfach nur mit Freund_innen zu diskutieren. Der Raum bietet daher eine gute Ergänzung zu den bereits vorhandenen Einrichtungen des Studentenwerkes, nicht zuletzt ob der alternativen Organisationsform (Kaffee nicht gegen Festpreis, sondern nach 'Selbsteinschätzung' etc.) und verbessert die Studiensituation vieler Studierender.

Gerade weil das Café derart zentral gelegen ist, konnte eine pluralistische Betreiber_innen- und Träger_innengemeinschaft entstehen, welche sich in dem Miteinander der Nutzer_innen begründet sieht. Die Menschen, die den Kaffee kochen, sind auch die Menschen, die ihn trinken. Dadurch entsteht eine vollkommen andere Qualität der Nutzung, wie sie nicht mit der von traditionellen Cafeterien zu vergleichen ist.

Die Menschen, die hier ihren Lebens- und Arbeitsalltag verbringen, haben ein Interesse daran, diese für sie attraktive Institution zu erhalten. Daher gibt es ein großes Interesse an einem kooperativem Umgang mit den Menschen, die im Alltag der Cafénutzung eine Rolle spielen, also etwa Hausmeister_innen oder Reinigungskräften. Eigenverantwortlichkeit heißt hier eben auch, aus einem eigenständigen Interesse verantwortlich zu handeln und für den Zustand des Raumes Sorge zu tragen. In diesem Sinne ist die Einhaltung von Brandschutz- und Sicherheitsbestimmungen ebenso wie das eigenständige Putzen des Raumes eine Selbstverständlichkeit.

Der Bedarf an einem solchen Raum ist nach der einseitigen Kündigung des Café Kollabs deutlich geworden. Viele der NutzerInnen haben das Café Kollabs jedoch nicht mehr direkt kennengelernt. Nach dessen Umsiedlung in den Keller des Sozio-Oeconomicums war es letztlich aus dem studentischen Alltag verdrängt und wurde so nur von einer kleinen Gruppe von Studierenden genutzt. Im Laufe der letzten Woche hat sich jedoch gezeigt, dass die gute Sichtbarkeit des Raumes ein breites Spektrum an Nutzer_innen anzieht und eben daher einen völlig anderen Charakter hat.

Vor diesem Hintergrund verbleiben wir mit der Hoffnung auf einen baldigen Abschluss der angedachten Nutzungsvereinbarung für diesen Raum.

Mit freundlichen Grüßen,

das Nutzer_innenplenum
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Ergänzungen

Here to stay!

aaa 25.01.2008 - 13:33
Infos zu der Göttinger Freiraumkampagne zum Erhalt der selbstverwalteten studentischen Wohnhäuser findet ihr unter
www.heretostay.de

Selbstverwaltete Strukturen verteidigen!

Geräumt!

geräumter 29.01.2008 - 10:45
Der Raum wurde heute morgen gegen 7 Uhr geräumt. Einige Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen.

Infos folgen auf indy!

Raum geräumt

Franz 29.01.2008 - 11:09

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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naja — wenns

dududu — dumm wie Brot