Gö: Konflikt um besetzten Raum spitzt sich zu

Aktivist_in 24.01.2008 18:04 Themen: Bildung Freiräume Soziale Kämpfe
+++ Besetzung hält acht Tage an +++ Raumbesetzer_innen lehnen Alternativvorschlag ab +++ Unileitung baut die Drohkulisse weiter auf +++
Gestern war es wieder so weit. Die Uni-Leitung rückte in Person von Rainer Bolli (Chef vom Gebäudemanagement) und Joachim Münch (Vizepräsident) an, um den Besetzer_innen ein neues Alternativangebot zu unterbreiten. Im Angebot war diesmal ein Raum im Rosa-Luxemburg-Haus (inzwischen allzu oft auch AStA-Gebäude genannt). Dort sollte ein Raum, der ehemals als Druckerei Verwendung fand und inziwschen zu einem Lagerraum umgemodelt wurde, als neues selbstverwaltetes Café dienen. Dieses Angebot wurde jedoch aufgrund folgender Argumente abgelehnt:

- Es ist absurd davon auszugehen, dass - wenn es darum geht, neue Freiräume zu schaffen bzw. kurz vorher von der Uni-Leitung geschlossene zurück zu erobern, die als Alternative zum Unialltag dienen sollen - die Besetzer_innen einen Raum akzeptieren, der bereits für die studentische Selbstverwaltung genutzt wird.

- Der Raum widerspricht den Forderungen der Besetzer_innen. Das Rosa-Luxemburg-Haus befindet sich weder auf dem Zentralcampus noch gibt es einen öffentlichen Publikumsverkehr.

- Evtl. Schadstoffe, die die Druckerei hinterlassen hat, konnten bislang nicht nachweislich beseitigt werden.

Darüberhinaus gibt es keine objektiv-gültigen Gründe, die dagegen sprechen würden, dass der bislang besetzte Raum MZG 1140 legalisiert wird. Mehr noch: Das Misstrauen der Besetzer_innen gegenüber der Unileitung wird immer größer. Auf drei Ebenen hat die Unileitung die Repressivität ihrer Funktion nochmal deutlich gemacht.

- Zunächst wurden nur offensichtlich bescheuerte Angebote gemacht, die die Ernsthaftigkeit der Verhandlungen von Seiten der Verwaltung ins Lächerliche gezogen haben (Ein stillgelegtes Trafo-Häusschen, ein ehemaliges Heizwerk, dass im März abgerissen werden soll und ein bereits unter studentischer Selbstverwaltung stehender Raum).

- Darüberhinaus hat die Verwaltung die Besetzer_innen in den Verhandlungen angelogen. Es wurde behauptet, dass der Raum im Zuständigkeitsbereich der Geschichte läge und sie deshalb den Raum im MZG nicht bewilligen könne. Der Vorstand der Geschichte wies dies allerdings in zweierlei Hinsicht zurück: Weder weiß der Vorstand etwas von dieser Zuständigkeit, noch hat er sich jemals gegen die Nutzung des Raumes durch die Besetzer_innen ausgesprochen. Inzwischen scheut sich Rainer Bolli nicht einmal mehr davor, sich selbst offensichtlich zu widersprechen und tut so, als hätte er nie Ähnliches behauptet.

- Das Café Kollabs - der ehemalige Freiraum, der zurück erkämpft werden soll - wurde durch einen Vertragsbruch aufgelöst.

Diese Punkte offenbaren Folgendes:
Die Uni-Leitung fährt eine konsequente Strategie, die den Konflikt auf eine tatsächliche Auseinandersetzung hinaus laufen lässt (vermutlich in Form einer Räumung). Hierbei zeigt sich, dass sie sowohl auf langjährige Erfahrungen gegen neue soziale Bewegungen zurückschauen können als auch, dass sie nicht davor zurückschrecken auf Mittel zurückzugreifen, die sich gegen die Arbeiter_innenbewegung bereits bewährt haben - auch wenn ihnen das vielleicht nicht klar ist. Die Antwort auf ein Erstarken der Arbeiter_innenbewegung in den 60ern und 70ern war die Ausdifferenzierung innerhalb der Betriebe. Vermehrt wurden Angestellte in Positionen gehoben, in denen sie eine Verwaltungsfunktion erfüllen sollten. Damit wurde eine weitere Polarisierung innerhalb der Betriebe verhindert, die Auseinandersetzungen auf diesem Wege geschlichtet.

Diese Dinge sind zwar nicht unmittelbar miteinander vergleichbar, da unterschiedliche Interessen, Zeiten und Faktoren eine Rolle spielen, dennoch deutet diese Strategie auf eine gewisse Kontinuität. So muss zum Beispiel der das Vorgehen als Versuch gewertet werden, die Studierenden untereinander zu isolieren und die unterschiedlichen Gruppen gegeneinander auszuspielen. So soll die Studierendenschaft unter sich um die bereits für sie verfügbaren Ressourcen kämpfen, um damit den Druck von der Verwaltung selbst zu nehmen. Anders ist das Raumangebot im AStA-Gebäude nicht zu verstehen.

Es ist klar, dass an dieser Stelle, zu diesem Zeitpunkt Widersprüche ausgetragen werden. Die Frage ist nur wer am Ende gestärkt aus der Auseinandersetzung hervor geht. Bis dahin gilt: Jeder Tag, den die Besetzer_innen im Raum sind, ist ein Sieg für sie. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden:

Der Raum ist wieder Räumungsbedroht - das ist eindeutig aus dem Ton der Verwaltung zu entnehmen.
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Ergänzungen

Solidaritätserklärungen

Soli-Team 24.01.2008 - 18:26
Bisher haben sich folgende Zusammenhägne solidarisch erklärt mit den Besetzer_innen:

Fachschaftsräte:
- Biologie
- Geo
- Sozialwissenschaften

Basisgruppen:
- bg Germanistik
- bg Sozialwissenschhaften
- bg Kulturanthropologie
- bg Philosophie
- bg Geo
- AK Gender
- bg Kunstgeschichte
- bg Jura
- bg Geschichte
- bg fIMP (Informatik, Mathe, Physik)
- bg Medizin
- bg Biologie

Hochschulgruppen:
- Basisdemokratisches Bündnis
- Schwarz-Rot-Kollabs
- Grüne Hochschulgruppe
- Linke.SDS

Stadtgruppen:
- JuZI VoKü
- Gruppe 180°
- AUT
- AK Asyl
- Bauwagenplatz Göttingen
- Anti Ü
- Cafeten Kollektiv (Mathe)
- Weltladen
- Here to Stay
- OLAfA
- Redical[M]
- Antifa A&K
- Stipendiatengruppe der Hans Böckler Stiftung

Über Göttingen hinaus:
- AStA Uni Bremen
- AStA Uni Oldenburg
- AStA FU Berlin
- Freie uni Bochum
- Frankfurt am Main
- B-Team (Uni Hannover)
- Café Knallhart (HH)

Die Besetzer_innen freuen sich sehr über die zahlreichen Soli-Bekundungen

Kein Vertretungsanspruch

Autor_in 24.01.2008 - 18:42
Der_Die Autorin spricht lediglich ii ihrem eigenen Namen, nicht für die Besetzer_innen des Raums.

stating of solidarity

ILF 25.01.2008 - 02:46
Die Soli-Gruppe hat anscheinend die Erklärung der ILF und jene diverser Einzelpersonen vergessen zu erwähnen..

Hiermit moechte die International Liberation Front (ILF) sich explizit mit dem Projekt des befreiten Raumes MZG 1140 in der George-August-University Göttingen sowie dessen Besetzer_inne_n und Nutzer_inne_n solidarisieren.
Die Besetzung des Raumes ist ein praktisches Beispiel und eine Grundlage, um eine hierarchiefreiere, gleichberechtigtere und gewaltlose und damit bessere, lebenswertere Gesellschaft zu verwirklichen.
Diese Lokalitaet eignet sich idealerweise dazu, wichtige menschliche Charakterzuege pro-sozialen Verhaltens auszubilden bzw. zu intensivieren. In oekonomisierterem Sprachduktus kann man auch von sozial-kommunikativen Schluesselkompetenzen sprechen.
Die ILF wuerde sich freuen, wenn auch der Praesident und das Gebaeudemanagement der University diese wichtigen Werte zu wuerdigen wissen und die Forderungen der Besetzer_innen respektieren.
Entgegen des Statements der Antifa | Aktion & Kritik ist die ILF jedoch der Meinung, dass die Notwendigkeit solcher Raeume immer gegeben ist und sein wird, auch in einer hoffentlich zukuenftigen hierarchiefreien und sozio-oekonomisch gerechten Weltgesellschaft. Alle Lebewesen sollten sich staendig frei auf der Bandbreite zwischen individualistisch bis soziophobem Einzelgaenger_innen_tum und sozial-kommunikativem Kommunitaetsleben bewegen koennen. Zu letzterem werden freie Orte der Zusammenkunft - wie der jetzige Freiraum - immer notwendig bleiben.

Sincerely

ILF


Los Angeles, CA January, 23rd 2008 *** Niedersaechsischer Suedosten 18. Hartung 2008

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

super — antifa 4-ever

Gibt es die Antifa A&K noch? — ex-göttinger

@exgö — egal

@ egal — ex-gö