Todesstrafe in den USA - Überblick Jan 2008

Joachim Kuebler in coop Mumia-Hörbuchgruppe 23.01.2008 12:00 Themen: Medien Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Todesstrafe in den USA - geht das staatliche Morden bald weiter?

Während es in dem von Todesstrafengegner_innen mit Spannung erwarteten Prozeß vor dem US-Surpreme Court im Fall Baze et al. vs. Rees (  http://www.nodeathpenalty.eu/baze.htm ) um die Frage des 3-Gifte-Cocktails bei Hinrichtungen bisher so gut wie keine Neuigkeiten gibt, warten einzelnene Bundesstaaten mit ersten Reaktionen auf den seit Ende September 2007 bestehenden Hinrichtungsstopp auf.
In Tennessee hat Gouverneur Bredesen erklärt, dass er nicht beabsichtige von der Methode der Lethal Injection ( LI ) mit drei tödlichen Substanzen zur Methode mit einer tödlichen Substanz zu wechseln. Bredesen (Demokraten), ein Todesstrafenbefürworter, der in seiner Amtszeit bisher drei Hinrichtungsbefehle unterschrieben hat, erklärte dass dieser Wechsel Hinrichtungen eher verhindern denn fortführen würde. Laut Bredesen sind die stärksten Befürworter der Methode mit einer tödlichen Substanz gleichzeitig die unerbittlichsten Gegner der Todesstrafe.
Wie viele andere Bundesstaaten war auch Tennessee gezwungen, Hinrichtungen zu stoppen nachdem der U.S. Supreme Court beschlossen hatte Baze et al. vs. Rees (  http://www.nodeathpenalty.eu/baze.htm ) zur Verhandlung zuzulassen. Bredesen befürchtet nun dass ein Wechsel zur LI mit einer tödlichen Substanz zu 10 Jahren voller Prozesse um diese Methode führt, in denen keine Hinrichtungen durchgeführt werden könnten. Grund für Bredesen’s Befürchtung ist, dass ein Todestraktinsasse in Tennessee in einem Berufungsverfahren vor einem Bundesgericht erfolgreich argumentiert hatte, dass eine staatliche Kommission diese Methode nicht ausreichend als Alternative zur Methode mit drei Substanzen geprüft hat.

Sollte der U.S Supreme Court die LI mit drei tödlichen Substanzen für verfassungswidrig erklären, könnte Tennessee wieder den Elektrischen Stuhl als Hinrichtungsmethode einsetzen. Laut dem Generalstaatsanwalt von Tennessee, Robert Cooper, würde die Verfassung des Bundesstaates dies erlauben. Cooper glaubt aber, dass die derzeitige Methode der LI nur modifiziert wird.
Quelle:  http://www.tennessean.com/apps/pbcs.dll/article?AID=/20080121/NEWS03/801210350/1017/NEWS01

In Nebraska hat Senator Ernie Chambers ein Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe eingebracht. Durch das Gesetz soll - falls es tatsächlich angenommen wird - die Todesstrafe durch Lebenslänglich ohne Begnadigungsmöglichkeit (LWOP) ersetzt werden. Laut AP würden 11 von 49 Senatoren in Nebraska das Gesetz unterstützen, 23 würden es ablehnen und der Rest war unentschlossen oder hat auf die Anfrage von AP nicht reagiert. Ernie Chambers hatte ein ähnliches Gesetz bereits 1979 eingebracht, wo es mit 26:22 Stimmen angenommen und dann durch ein Veto des damaligen Gouverneurs Charley Thone gestoppt wurde.
Quelle: Beatrice Daily Sun (  http://www.beatricedailysun.com/articles/2008/01/22/ap-state-ne/d8ub2l200.txt )

In Kalifornien werden die Kosten für den neuen Todestrakt in San Quentin auf mittlerweile 356 Millionen Dollar veranschlagt. Im Jahre 2003 wurden bereits 220 Millionen Dollar genehmigt. Der neue Todestrakt würde 768 Zellen beinhalten, die im chronisch überbelegten San Quentin anscheinend dringend benötigt werden. Kalifornien hat den größten Todestrakt der USA mit 660 Gefangenen, in 30 Jahren wurden 13 Hinrichtungen vollstreckt.
Kritiker bemängeln die übertrieben hohen Kosten, während Gouverneur Arnold Schwarzenegger gleichzeitig im Sozialbereich Gelder gekürzt hat…
Quelle: Death Penalty Information Center (  http://www.deathpenaltyinfo.org/article.php?did=2600&scid=64 )


Weitere Webseiten zum Thema:

 http://www.nodeathpenalty.eu/
 http://www.mumia-hoerbuch.de/stopptodesstrafe.htm
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Ergänzungen

unterstützt Gefangene in den USA

Mumia-Hörbuchgruppe 23.01.2008 - 12:22
Freiheit für Kenneth Foster!
Unterstützt die Häftlinge im Beeville-Gefängnis gegen unmenschliche Behandlung!

Wir berichteten im letzten Jahr öfter über das Schicksal des Afroamerikaners Kenneth Foster. Er war vor 13 Jahren wegen eines völlig absurden Kommunalgesetzes ("Law of Parties") zum Tode verurteilt worden. Grund war lediglich, dass ein ihm entfernt Bekannter in seiner Nähe einen Mord beging, mit dem Kenneth aber nichts zu tun hatte. Als für den 30. August 2007 Kennths Hinrichtung in Texas angesetzt wurde, brach ein Sturm der Empörung in den USA los. Von antirassistischen und grundsätzlichen Todesstrafengegener_innen über eine breite bürgerliche Öffentlichkeit reichte der Widerstand. Selbst die morgendliche Verlegung in das Hinrichtungsgefängnis von Huntsville wurde von vielen Aktivist_innen blockiert. 5 Stunden vor der angesetzten Hinrichtung "begnadigte" der Governeur von Texas Kenneth Foster zu lebenslanger Haft im Gefängnis.
Die erfolgreiche Verhinderung der Hinrichtung des langjährigen Anti-Todesstrafenaktivisten, den auch Mumia unterstützt (  https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/2007/09-15/008.php?sstr=kenneth%7Cfoster ), wurde zurecht als großer Sieg von seinen Angehörigen und der Anti-Todesstrafenbewegung aufgenommen.
Jetzt sitzt Kenneth in der McConnell Unit in Beeville, Texas ein. Vor Kurzem benachrichtigte Kenneth Unterstützer_innen, dass er und viele andere Gefangene dort unter strengen Haftbedingungen leiden. So wird ihnen z.B. die Erholungszeit (= gemeinsamer Umschluß) gestrichen. Die Insassen haben oft mehrere Tage am Stück ihre Zellen nicht verlassen dürfen. Das bedeutet eine unmenschliche Behandlung von Gefangenen und verstösst gegen die in Texas üblichen Umschlußregelungen.
Kenneth bittet die Öffenlichkeit, durch Schreiben an die Gefängnisleitung Unterstützung für die Insassen und ihre Forderung nach menschenwürdiger Behandlung herbeizuführen.
Ihr könnt bei Interesse einen eigenen Text schreiben (am besten in Englisch) und an folgende e-mail von Kenneth Fosters Unterstützer_innen senden:  lauraebrady@hotmail.com Ansonsten haben die dort auch Sammeltexte vorbereitet, die ihr euch zuschicken lassen und unterschreiben könnt.
Die Briefe werden dann der Gefängnisleitung gesammelt übergeben.
Laura Brady hat Kenneth Foster kurz vor Neujahr im Knast besucht. Es gehe ihm gesundheitlich gut und er sei sehr stark auf zukünftige Kampagnen eingestellt.

weitere Infos:

 http://www.todesstrafe-usa.de/foster/foster_start.htm

Unterstützung von Todestraktinsass_innen

Berliner Bündnis Freiheit für Mumia Abu-Jamal 23.01.2008 - 12:39
Todestrakte in den USA sind Orte, in der die Öffentlichkeit kaum Einblick hat.
Weit über 3200 Gefangene sitzen zum Teil mehrere Jahrzehnte in Minizellen ohne ungefiltertem Tageslicht, mit nur wenigen Stunden Umschluß pro Woche, Telefon- und Postrestriktionen und fernab der Großstädte, so dass sie kaum Besuch von Angehörigen erhalten.
Sicherlich gibt es bestimmt noch schlimmere Haftbedingungen auf diesem Planeten. Aber Kontakt nach aussen ist für Gefangene in diesen langen Jahren der Isolation oft eine große Hilfe.
Unterstützt Gefangene praktisch. Schreibt ihnen z.B.:  http://todesstrafe-usa.de/stimmen.htm

Oder beteiligt euch an der FREE MUMIA Kampagne, die seit 1995 die den Kampf gegen die Todesstrafe in den USA als auch international auf die Tagesordnung gesetzt hat.

Mumia Abu-Jamal sitzt seit über 26 Jahren in den USA im Gefängnis, über 24 davon im Todestrakt von Pennsylvenia.
In einem von Rassismus, Klassenjustiz und politischer Repression geprägten Verfahren wurde er 1982 für einen angeblichen Polizistenmord zum Tode verurteilt. Bereits zweimal (1995 und 1999) konnte eine starke internationale Unterstützungsbewegung seine Hinrichtung verhindern.

Aktuell kämpft Mumia um ein neues Verfahren. Er beabsichtigt, einerseits die Manipulationen, die zu seiner Verurteilung führten, öffentlich zu machen. Er geht völlig richtig davon aus, dass sein Verfahren nicht die Ausnahme sondern die Regel war und ist. Arme und Nichtweiße haben in den meisten US-Bundesstaaten wenig "Fairness" vor Gericht zu erwarten. Ausserdem hat Mumia in einem neuen Verfahren gute Chancen, endlich frei zu kommen.

Es ist aber auch durchaus möglich, dass Mumia erneut ein Todesurteil oder aber Lebenslänglich erhält!!!
Tragt euch in die e-mail Notfallliste ein:  free.mumia@gmx.net
Bereitet euch vor:  http://mumia-hoerbuch.de/text/DayAfter.pdf

Ausserdem läuft ein Aufruf, ihm verstärkt zu schreiben, da das aktuell einen großen Schutz für ihn darstellt:  http://mumia-hoerbuch.de/bundnis.htm#SchreibtMumia

In Berlin gibt es seit Frühjahr 2007 kontinuierlich Veranstaltungen, auf denen die Todesstrafe in den USA und auch der Kampf für Mumias Freiheit Thema ist:

 http://mumia-hoerbuch.de/stopptodesstrafe.htm#film
 http://mumia-hoerbuch.de/termine.htm

In prison my whole life

Mumia-Hörbuchgruppe 26.01.2008 - 11:50
... heißt der neue Film, der den Todestraktinsassen Mumia Abu-Jamal vorstellt. Im Januar hatte er USA-Premiere auf dem Sundance-Festival.
Überraschend war das starke Medieninteresse an Mumia selbst und dem Kampf gegen die Todesstrafe.
Einen ausführlichen Artikel gibt es hier:  http://www.jungewelt.de/2008/01-25/015.php

Polizeigewalt zum Erringen von Geständnissen

Anti-Todesstrafe 26.01.2008 - 12:10
Ein weiteres Problem in den USA, aber nicht nur da, ist Polizeigewalt beim Verhör, um "Geständnisse" aus Gefangenen rauszufoltern.
Dies ist mehrfach auch gerichtlich dokumentiert worden, z.B. in den 90ern in Pennsylvenia. Philadelphia ist bekannt für Polizeikorruption. (Das war übrigens eines von Mumias Hauptthemen, als er in den 70ern als freier Journalist dort tätig war...)
Aktuell gab es in Illinois einen Prozeß, indem 4 Polizeifolteropfer freigesprochen und sehr hoch entschädigt wurden. Es gibt jedoch ca. 2 Dutzend Gefangene mehr, die von den selben Beamten "verhört" wurden und mit Langzeitverurteilungen einsitzen.
Ich hänge jetzt hier mal einen englischen Brief im Original an, da ich das nicht so gut übersetzen kann:

RALLY--Tell Lisa Madigan: "Have a Heart: We Want New Trials for Police
Torture Victims!"

WHEN: Thursday, February 14, noon

WHERE: Thompson Center, 100 W. Randolph


Four victims of police torture under former Commander Jon Burge--Madison
Hobley, Leroy Orange, Aaron Patterson and Stanley Howard--recently won a
$19.8m settlement for the treatment they endured at the hands of Chicago's
finest, and the more than 65 combined years on death row they spent for
crimes they did not commit.

But dozens of men still remain in Illinois prisons who were forced to
"confess" to crimes after they were electro-shocked, suffocated and beaten
by Chicago police. Lisa Madigan oversees prosecution of dozens of these
cases, yet in five years on the job she has failed to order evidentiary
hearings for any of the victims. In July, a Cook County resolution urged her
to do just that, and she could comply with the stroke of a pen. Meanwhile,
Burge's victims and their families continue to wait for justice.

On Valentine's Day, join us in telling Lisa Madigan to have a heart and stop
turning a blind eye to torture. Tell her to meet with the families of Burge
torture victims and community activists, call for new trials for all police
torture victims and grant immediate evidentiary hearings to those under her
jurisdiction.

Sponsored by Campaign to End the Death Penalty; Illinois Coalition to
Abolish the Death Penalty; International Socialist Organization; Men and
Women in Prison Ministry--Universal House of Refuge Center; National
Alliance Against Racist and Political Repression; and The October 22
Coalition Against Police Brutality (list in formation).

For more information call (001) - 773-955-4841 or email  cedp@nodeathpenalty.org