Proteste gegen Nazizentrum in Vlotho

Robert Schwarz 19.01.2008 17:18 Themen: Antifa
Trotz extrem ekligen Schmuddelwetters protestierten am Samstag, den 19. Januar 2008, gut 200 Menschen gegen die Nazi-“Bildungsstätte“ Collegium Humanum im beschaulichen Vlotho (NRW). Die dort geplante Veranstaltung mit Olaf Rose, einem Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion in Sachsen, hatten die Nazis der Nationalen Offensive Schaumburg zwar schon unter der Woche an einen anderen Ort verlegen wollen. Weil sie in der Region jedoch keinen Raum bekamen, mussten sie sie absagen. Jetzt schmollen sie mal wieder und kündigen für kommenden Samstag eine „Veranstaltung unter freiem Himmel“ in Minden an.
Die kleine Stadt Vlotho, idyllisch an der Weser gelegen, hat seit Jahrzehnten ein Problem: Auf dem Winterberg befindet sich das Collegium Humanum, ein Tagungshaus, das Kennern als das Zentrum der Holocaustleugnung in der Bundesrepublik gilt. So wurde dort im Jahr 2003 der „Verein zur Rehabilitierung der wegen des Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ (VRBHV)gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören unter anderem Ernst Zündel, Germar Rudolf oder Horst Mahler, der Vorsitzende Bernhard Schaub war 2006 Redner bei der so genannten Holocaust-Konferenz in Teheran.

Aber nicht nur ältere Hitlerverehrer, Holocaustleugner und selbst ernannte „Reichsbürger“ treffen sich immer wieder in dem Haus, das auch Übernachtungsmöglichkeiten bietet. Auch Konzerte mit bis zu 150 Teilnehmern oder Ausbildungswochenenden für „Unterführer“ der Freien Kameradschaften haben dort stattgefunden. Der VRBHV ist zudem nicht der einzige Verein im Umfeld des Collegiums, ein Vertreter des Bielefelder Vereins „Argumente und Kultur gegen Rechts“ sprach deshalb auf der Demonstration mit Blick auf die Strukturen rund um das Collegium von einer Hydra. Weitere Köpfe dieser Hydra sind der obskure Verein Bauernhilfe e.V. und der Verein Gedächntisstätte, der eine Erinnerungsstätte für die deutschen „Opfer“ des 2. Weltkriegs im sächsischen Borna errichten möchte.

Gemeinnützige Revisionisten

Ein besonderes Ärgernis für die Vlothoer Bürger, die sich seit Jahren gegen das Collegium engagieren, ist, dass sowohl der Gedächtnisstätten-Verein als auch das Collegium Humanum als gemeinnützig anerkannt sind. Versuche von verschiedenen Seiten gegen dieses steuerliche Privileg vorzugehen scheiterten bislang, obwohl das Collegium im NRW-Verfassungschutzbericht seit Jahren als eindeutig rechtsextrem eingeordnet wird und mehrere Vereinsmitglieder wie auch die Vorsitzende Ursula Haverbeck mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt wurde.

Diese Gemeinnützigkeit war auch Thema bei der Demonstration am Samstag. Sie ist besonders ärgerlich, weil dadurch die verfassungsfeindlichen Aktivitäten staatlich alimentiert werden, Rechtsextreme die an die Verein spenden, erhalten bei der jährlichen Steuererklärung 20 Prozent der Spenden erstattet. Deshalb müssen für die Hauspostille „Stimme des Gewissens“, in der regelmäßig Nazigrößen gefeiert werden und der Holocaust geleugnet wird, auch keine Abokosten bezahlt werden, vielmehr werden die Empfänger des Naziblättchens zu Spenden aufgefordert. „Bei einer Auflage von 3000 Stück erhält das Collegium so 10.000 Euro an Steuergeldern pro Jahr“, rechnete ein Redner den Demonstranten vor.

Diese hoffen, dass es damit bald ein Ende hat: Nachdem bereits der verstorbene Herforder Landtagsabgeordnete Wolfgang Aßbrock (CDU) erfolglos bei der Landesregierung wegen der angeblichen Gemeinnützigkeit der Holocaustleugner interveniert hatte, hat sich nun der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Spanier (SPD) direkt an das zuständige Finanzamt Herford gewandt, wie auf der Demonstration bekannt wurde. Und schließlich hat sich jüngst auch die Innenministerkonferenz dafür ausgesprochen, rechtsextremen Vereinen die Gemeinnützigkeit abzuerkennen.

Kein Raum den Nazis

Letztlich bleibt es aber das Ziel des breiten „Bündnisses gegen das Collegium Humanum“, dass das Nazizentrum auf dem Winterberg geschlossen wird, denn es hat eine wichtige Bedeutung für die Naziszene in Ostwestfalen und dem südlichen Niedersachsen. Dass ein Verbot des Collegiums für die ein schwerer Schlag wäre, zeigte sich schon am Samstag. Die im Zusammenhang mit dem Landtagswahlkampf im nahen Niedersachsen geplante Veranstaltung mit Olaf Rose zum Thema „Motive und Methoden in- und ausländischer Geschichtsfälscher“ sollte aus „organisatorischen Gründen“ vom Collegium Humanum in die Gaststätte „Friedenseiche“ nahe Minden verlegt werden. Dort hatte bereits im Dezember ein Rechtsrock-Konzert unter anderem mit der Band „Weiße Wölfe“ stattgefunden. (de.indymedia.org/2007/12/203860.shtml) Inzwischen scheint sich der Besitzer der Gaststätte allerdings eines Besseren besonnen zu haben und kündigte den Mietvertrag mit den Schaumburger Nazis um Marcus Winter.

Die schmollen jetzt und kündigen an, die Veranstaltung am kommenden Samstag eben unter freiem Himmel durchzuführen, da ihnen in der Region anscheinend niemand mehr Obdach für ihre Hetze bieten möchte. „Dann wird Dr. Rose eben nicht vor einer ausgewählten Zuhörerschaft referieren, sondern seinen Vortrag auf einer Kundgebung vor hunderter (sic!) Zuhörern vortragen“, phantasiert die Nationale Offensive Schaumburg auf ihrer Homepage und droht auch Musikbeiträge an: „Dann werden Musikgruppen zukünftig nicht nur bei Geburtstagen in Minden und Umgebung auftreten, sondern auch auf Demonstrationen ihr können (sic!) einer wesentlich größeren Gruppe vortragen“, heißt es auf der Seite weiter.
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Ergänzungen

Gute Sache!

saarländer 19.01.2008 - 18:29
200 Leute bei solchem schlechten Wetter ist doch schonmal ganz gut aber es wär sicher mehr drin gewesen.
Denn das Nazi"bildungs"zentrum muss geschlossen werden!
vllt. sollte da mal eine Großdemo stattfinden zu der auch überregional mobilisiert wird.
Aber da an diesem Wochenende auch etliche andere Demos sind ist 200 schonmal ziemlich gut.


PS: Vllt. könnt ihr ja solche Demotermine nächstes mal beim demo-planer (www.demo-planer.com) reinpacken bzw. den dortigen Admins den Termin melden denn dann sollten eigentlich nochmal ein paar Leute mehr kommen.

Doch mit Rosen gebettet?

Paul 20.01.2008 - 22:28
Laut Faschoseite der nos hat die Veranstaltung vor 60 Leuten statt gefunden. Auf den Bildern ist zumindest "Dr." Rose und der Liedermacher "flex" Bennekenstein zu erkennen. Allerdings halten sich die Faschos bedeckt wo das Ganze gewesen ist. Da es eine öffentliche Versammlung gewesen ist, so wäre sie Anmeldepflichtig!!! Ich hoffe mal das der Winter da gleich die nächste Post wegen irgendwelcher Verstöße bekommt!!!

Bruch und Kotten

Klaus 21.01.2008 - 01:05
Na, das ist kein Wunder das sich die Nazis über den Veranstaltungsort bedeckt halten. Das ist die NPD-Bruchbude in Georgsmarienhütte. Nachdem sie ihre "Veranstaltung" weder im Collegium Humanum, noch in Minden in der "Friedenseiche" abhalten konnten, blieb den Nazis wohl keine andere Wahl. Damit wäre es bereits die zweite Veranstaltung, die die Nazis in diesem Monat unfreiwillig in diese schäbigen heruntergekommenen Räumlichkeiten verlegen mussten. Ist doch auch schon mal ein Erfolg, daß sie sich in solche Bauruinen zurückziehen müssen, um Ihre "öffentlichen" Veranstaltungen überhaupt durchführen zu können.
 http://www.youtube.com/watch?v=e5taBFXsB_A
Da haben sie ja Glück gehabt das wir so einen milden winter haben ;-)

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ohhh man — nix zu tun

Silvestedemo? — ??

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