Aussage von Igor Portu und mehr

diverse 16.01.2008 15:43 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Aussage von Igor Portu - Ein Augenzeuge straft die Guardia Civil lügen: "Es war keine Routinekontrolle und die Festgenommenen haben keinen Widerstand geleistet". - Medienkampagne der Regierung - Weitere Beispiele für die Einseitigkeit der spanischen Justiz...
Aussage von Igor Portu gegenüber der Gerichtskomission (bestehend aus: Sr. Magistrado-Juez de Instrucción Nº 1 von San Sebastian und der Justizsekretärin, in Begleitung der Staatsanwaltschaft) im Hospital Donostia, San Sebastián, Abteilung UCI:

IGOR PORTU JUANENA
Atxiloketa data: 2008/01/06
Atxiloketa lekua: Arrasate
Adina: 30 urte
Testigantza: Donostiako 1º Instrukzio Epailearen aurrean emaniko testigantza.
Igor Portu sagte aus, dass "die Festnahme gegen 11:00 am Morgen in Arrasate vorgenommen wurde. Dass sie zusammen zum Auto gegangen waren und 3 oder 4 Patroullien eintrafen. Sie verlangten seinen Pass und nachdem sie sich vergewissert hatten, dass beide einen mit sich führten, begannen sie mit einer Durchsuchung. Dass er aufgefordert worden war, auf die andere Strassenseite hinüber zu gehen. Dass er von einer Patroullie von 4 Guardias Civiles geführt wurde; zwei vorne, zwei hinten und er in der Mitte. Das sie kurz darauf anfingen, mindestens 50 Minuten, ihm Faustschläge und Ohrfeigen zu verabreichen, besonders der, que iba de copiloto (?).

Dass er glaubt, dass es im Moment der Verhaftung in Arrasate, gegenüber einer Schule und Wohngebäuden an der Ausfahrt von Udala, Leute gegeben hat, da dort Häuser standen und die Leute kamen und gingen.

Dass sie sofort, nachdem sie losgegangen waren, anfingen ihn zu beschimpfen. Das Anschreien begann. Es ging um den Weg. Sie sagten ihm, dass sie ihn zu einem Fluss bringen würden. Dass sie ihn zu einer Strasse, 1 oder 2 km von Arrasate brächten, an eine Art Hafen. Dass es dort unten einen Fluss gab. Hierin stimmt die Aussage mit der des anderen Verhafteten, Herr Sarasola, überein, der mit einer anderen Patroullie fuhr.

Sie schlugen weiterhin auf ihn ein und drohten ihm, ihn umzubringen. Sie schlugen mit der flachen Hand und mit den Fäusten.

Sie holten ihn aus dem Patroullienfahrzeug und führten ihn zu dritt zu einer Art abschüssigem Wald, bis zu einem Fluss hinunter. Dass sie seinen Compañero hinunter gebracht hatten und irgendetwas mit ihm machten, denn er hörte einen Schuss und dachte, es handele sich um eine simulierte Exekution. Dann brachten sie ihn, wobei sie ihm unaufhörlich Fragen stellten.

Am Ufer des Flusses schlugen sie ihn in den Magen, die Rippen und auf den Kopf. Es waren harte Schläge. Vom ersten Moment an trug er Handschellen auf dem Rücken. Sie sagten zu ihm dass, sie ihn in den Fluss werfen würden. Sie schlugen weiter auf ihn ein und tauchten seinen Kopf in den Fluss, bis er fast nicht mehr konnte.

Dass dasselbe, so zwei,- oder dreimal stattgefunden hat. Dass sie ihn fragten ob er ein guter Schwimmer sei. Dass sie seinen Kopf mehrere Male unter Wasser drückten, solange bis sie sahen, dass er kaum noch atmete. Dann hielten zwei andere ihn an den Beinen fest und liessen ihn Wasser schlucken, liessen ihn Wasser schlucken. Er schluckte Wasser. Das waren drei Guardias Civiles.

Dass sie ihn demütigten und beleidigten. Dass sie ihm auf dem Weg zur Patroullie heftige Schläge in die Rippen und auf die Brust versetzten. Dass sie ihm die Stiefel über den Kopf zogen, ihn wegschleifeten und ihm dabei an zwei oder drei Stellen Schläge verabreichten.

Sie sagten zu ihm, dass dies die ersten 20 Minuten waren und dass ihm 5 Tage bevorstünden. Dann warfen sie ins Auto und zogen ihm eine Kapuze über und zwangen ihn, den Kopf zwischen die Beine gesenkt zu halten. Sie versetzten ihm weiter Ohrfeigen und Schläge auf den Kopf.

Sie brachten ihn, wie er glaubt, nach Intxaurrondo, wo er den anderen Verhafteten sah und warfen ihn in einen Kerker. Dort schlugen sie ihn. Sie liessen ihn solange stehen, bis er erschöpft war und zwangen ihn dannn Kniebeugen zu machen. Wegen der Gesichtsmaske konnte er nichts sehen. Er war vollkommen durchnässt. Er trug zwei T-Shirts. Sie zogen ihn aus und gaben andere Kleidung, die nicht nass war. Er weiss nicht womit sie ihm die Kleidung abgenommen haben. Auf dem Weg nach Hause, nach Lesaka, sagten sie, dass er bestimmt die T-Shirts anziehen wolle aber er antwortete nein, da sie ja nass waren.

In dem Kerker waren 2 oder 3 Guardias Civiles. Sie zwangen ihn Kniebeugen zu machen und schlugen ihn auf die Brust und in die Rippen. Sie kamen für eine Weile, dann gingen sie wieder, usw.... Schreie und alles das. Sie nahmen seine Fingerdrücke. Es gab eine weitere Phase, genau ehe sie ihn nach Lesaka brachten, in der sie sehr energisch hereinstürmten und ununterbrochen Fragen stellten,... er kann keine genaue Beschreibung geben.

Dass es keine Kontrolle gegeben hatte, als sie ihn verhafteten und dass sie bei ihrer Verhaftung auch nicht weggelaufen waren.
Dass sie die Guardias Civiles zu keinem Zeitpunkt darum gebeten hatten, einen Arzt zu konsultieren, weil sich diese vollkommen entgegengesetzt verhielten, das sie zu ihm sagten, dass sie ihn töten würden.
Dass jemand zu ihm sagte, dass er zum Gerichtsmediziner gehen würde.

Er beschreibt genau, dass ihm in den Kerkern von Intxaurrondo ein paar zusammengerollte Decken um den Körper gewickelt wurden und dass jemand auf ihn sprang und auf seinen Körper drückte. Es waren ein paar Decken. Dass er ausserdem Fusstritte und Schläge auf die Füsse erhalten hat, in den Bauchraum. Weiter beschreibt er detailliert, dass sie fortfuhren ihn zu schlagen als sie vom Fluss zur Strasse zurückgingen und dass er dachte, dass dort eigentlich Leute vorbeikommen müssten.

Die Handlung wurde um 19:50 beendet. Es wird festgehalten, dass der Verhaftete aussagt, dass ihm Guardia Civiles vor dem Gang zum Gerichtsmediziner, vor und nach der Fahrt nach Lesaka, androhten, dass er die Konsequenzen zu tragen hätte, wenn er etwas von dem Geschehenen erzählen würde.
Dass die gegen 1:00 oder 2:00, er erinnert sich nicht genau, anwesenden Guardias Civiles ihm damit drohten, dass sie ihn in 24/48 Stunden aus der UCI herausholen und zur planta (?) bringen würden, was noch sehr viel schlimmer wäre. Er glaubt, dass es 1:0 in der Nacht war.

Die Aussage wurde um 19:10 beendet, ohne dass der Verhaftete sie unterzeichnet hat, da er physisch nicht mehr dazu in der Lage war. Gelesen und bestätigt. Beglaubigt.
(Anmrkg.: Die Aussage wurde auf Band aufgenommen).

SARASOLA WURDE INZWISCHEN INS GEFÄNGNIOS EINGELIEFERT UND PORTU INS GEFÄNGNIS VON ZUERA (ZARAGOZA) ÜBERSTELLT

DONOSTIA ; 12/01/2008 - Der Richter des Nationalen Gerichtshofs Fernando Grande-Marlaska hat Gefängnis für Mattin Sarasola angeordnet, während er gleichzeitig die totale Kontaktsperre (incomunicación) für alle beiden, in Arrasate Festgenommenen verlängert. Laut dem von Grande-Marlaska unterzeichneten Beschluss weigerte Sarasola sich, die polizeilichen Erklärungen vor dem Richter zu unterschreiben und begründete diese Entscheidung mit der Tatsache, dass er polizeilichen Misshandlungen unterworfen worden war.

Mattin Sarasola war Entscheidungsrichter Grande-Marlaska am Freitag nach 17.00 vorgeführt worden, nachdem die 5 Tage der totalen Kontaktsperre vorrüber waren, welchen er seitens der Guardia Civil unterzogen worden war. Grande-Marlaska, der den am Tag der Festnahme zuständigen Richter Juan del Olmo vertritt, hat gegen beide Verhafteten die Anschuldigungen "Zugehörigkeit zu einer terroristischen Gruppe", "Mord in zwei Fällen" (in Bezugnahme auf die beiden Opfer des Anschlags in Barajas), weitere "Zerstörungen" sowie "Besitz von Waffen und Sprengstoff" erhoben.

"Gara" betont, dass bei Redaktionsschluss nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Bericht über die 5 Tage der totalen Kontaktsperre zur Verfügung gestanden haben, so dass es der Zeitung nicht möglich war, das Ausmaß der Verletzungen zu bestätigen, die andere Medien bereits dargestellt haben..

Als erstes Medium hatte die Tageszeitung "El Mundo'' in ihrer Dienstsagsausgabe über die Situation von Sarasola berichtet und dabei laut eigener Aussage, die Angaben des Gerichtsmediziners vom Gericht in San Sebastian/ Donostia aufgegriffen. Dieser bestätigte, dass Sarasola sich in einem "skandalösen" Zustand befunden hat und präzisierte, dass er vor der Verlegung in die polizeilichen Einrichtungen von Madrid «schwere Quetschungen" aufgewiesen hat. Gleichzeitig jedoch gab der Gerichtsmediziner an, der Gesundheitszustand Sarasolas "sei nicht gefährlich, da es sich um äussere Verletzungen handelt". Sarasola selbst hat inwischen gegenüber Marlaska ausgesagt, auch danach gefoltert worden zu sein.

Einen Tag später berichtetete die Tageszeitung " El País'' auf Basis der Angaben der Gerichtsmediziners des Zentralgerichts 6 des Nationalen Gerichtshofs, Juan Miguel Monge. Dieser berichtete, dass Sarasola Verletzungen und mehrere Hämatome aufwies, als er ihm eine Stunde nach seiner Ankunft in Madrid vorgeführt worden war. Exakt benannte er " Hämatome (Blutergüsse), Quetschungen und gequetschte Stellen" an Bereichen der Arme, dem rechten Ohr, der Schulter und der linken Seite.

Von der Intensivstation ins Gefängnis von Zuera

Igor Portu, der bei seiner Einweisung ins Hospital eine gebrochene Rippe, Perforation der Lunge, eine Blutung am linken Auge und Hämatome am gesamten Körper aufgewies, ist in erstaunlich schneller Weise ins Gefängnis überstellt worden. Obwohl das fachmedizinische Personal des Krankenhauses seinen Zustand als "schlecht" definiert hatte, hat Richter Grande-Marlaska ihn am vergangenen Donnerstag verlegen lassen, um ihm eine Erklärung abzunehmen. Bei der gerichtlichen Sitzung, die im Krankenzimmer und ohne die Anwältin seines Vertrauens stattgefunden hat, sagte Portu aus, von der Guardia Civil gefoltert und bedroht worden zu sein. Die Nachrichtenagenturen berichteten, Portu habe sich während der ca. 4 Stunden dauernden Vernehmung geweigert, auf die Fragen sowohl der Staatsanwaltschaft wie des Richters zu antworten. Daraufhin hatte der Richter seine Überstellung in eine Strafeinrichtung sowie die Verlängerung der totalen Kontaktsperre um weitere fünf Tage angeordnet

Seine Angehörigen hatten vergeblich versucht, Igor Portu in dem Hospital sehen zu können. Während der gesamten Zeit gab es Demonstrationen zu seiner Unterstützung.
 http://www.gara.net/azkenak/01/57418/eu/Sarasola-ingresa-prision-Portu-es-llevado-hasta-Zuera-Zaragoza


AUGENZEUGE DER VERHAFTUNG VON IGOR PORTU UND MATTIN SARASOLA

DONOSTIA; 10.01.05 - Ein Augenzeuge hat vor dem Gericht von Bergara erklärt, dass die Verhaftung zwischen 10.00 und 10.30 morgens stattgefunden hat; es sich dabei nicht um eine Routinekontrolle handelte und dass die Verhafteten keinen Widerstand leisteten. Diese Aussage steht im Widerspruch zu jener der Guardia Civil und des Innenministeriums.

Der Zeuge gibt an, dass er am Sonntag (der Festnahme) gegen 10.00 mit seinem Hund auf einer Bank in der als las Malvinas bekannten Zone, gegenüber der baskischen Schule von Arrasate gesessen hat, als er zwei Bergsteiger vom Berg herunterkommen sah. In diesem Augenblick tauchte eine 5fer-Patroullie der Guardia Civil auf, die sich den Benannten direkt zuwandte. Die Beamten verlangten deren Rucksäcke, die sie durchsuchten und wandten sich auch an den Zeugen, der seinen Hund festmachen und sich ausweisen musste. Der Zeuge berichtet weiter, dass die Guardia Civiles das Fahrzeug der beiden Männer durchsuchten und er gesehen hat, wie sie entweder dem Auto oder den Rucksäcken ein in Zellophan gewickeltes Päckchen entnahmen. Der Zeuge hielt dieses für "costo" (Geld?) und in diesem Moment kam es ihm unwichtig vor. Nachdem die Beamten den Inhalt des Päckchens inspiziert hatten, befahl der Einsatzleiter den beiden Durchsuchten Handschellen anzulegen und sie ins Auto zu verfrachten. Gleichzeitig wurde dem Zeugen selbst sein Ausweis zurückgegeben und nahegelegt, sich zu entfernen.

Laut dieser Aussage hat die Verhaftung zwischen 10.00 und 10.30 Uhr stattgefunden, so dass die bislang öffentlich gemachten Angaben bezüglich der Uhrzeit, die "Routinekontrolle" und den Widerstand, den die jungen Männer angeblich geleistet haben, als unsicher betrachtet werden muss. Was Letzteres anbetrifft sagte der Zeuge, die Verhaftung sei "sauber" gewesen und dies sei der Grund, weshalb er dem zuständigen Gericht darüber Mitteilung erstattet hat.
 http://www.gara.net/azkenak/01/57052/es/Un-testigo-presencial-afirma-que-detenciones-fueron-limpias

MEDIENKAMPAGNE DER SPANISCHEN REGIERUNG

Laut der antimilitaristischen Organisation "Tortuga" betreiben die spanische Regierung und die ihr zugeneigten Medien eine Kampagne der Missachtung, um die mutmaßlicherweise von der Guradia Civil gefolterten Festgenommen zu dämonisieren. Diese wird von einer weiteren Kampagne der Guradia Civil begleitet:

"Die Gegenoffensive der PSOE-Regierung und der ihr anverwandten Medien wie TVE (Spanisches Fernsehen) und "El País" (Tageszeitung) hält an. In Spanien wird niemals, niemals, niemals gefoltert. Die Version der Guardia Civil ist absolut glaubhaft und definitiv. Die Etarras lügen immer, immer, immer"..., so lauteten die von Zapatero, Rubalcaba und ihren Kommunikationsmedien beharrlich und unablässig wiederholten Erklärungen. Diese Medien boten gestern (09.01.08) nicht eine einzige Angabe über die physische Unversehrtheit der zwei Festgenommenen oder über die angeblichen (sicher angeblichen) laufenden Untersuchungen, denn man hatte so schnell als möglich eine Seite liefern müssen. Ebensowenig brachten sie Erklärungen irgendeiner der Organisationen, die andere Versionen, als die der Regierung, vertreten.

Die Anklagen und notorischen Beweise schwerer Folterungen wurden ohne weitere Argumente als Falschangaben verunglimpft, indessen die von der Regierung fabrizierte Verhöhnung und widersprüchliche Alibi zum unzweifelbaren und unhinterfragten Glaubensdogma werden.

Um zu unterstützen, dass dieser Wirrwar geschluckt wird, hat man eine Medienkampagne vorbereitet, bei der die beiden anzunehmender Weise Gefolterten aufhören, "mutmaßliche" Etarras zu sein und sich in die zwei blutigsten Terroristen unserer Geschichte verwandeln. TVE schenkte uns heute ein Aufgebot der schrecklichsten Gewalttaten, die von einem der Verhafteten “gestanden” worden sind. Es scheint so, als ob die beiden jungen Männer die Täter der letzten schweren Anschläge der Untergrundorganisation sind, einschliesslich jenem auf das T-4 des Flughafens von Barajas.

Natürlich hat nur noch gefehlt, dass wir, ohne Angabe weder von Daten noch Argumenten, darüber informiert wurden, dass sie ein Attentat auf ein Einkaufszentrum in Madrid vorbereitet hatten. Wir sehen also, sie sind der Teufel in Person. Und warum hat nicht El Tiempo koinzidiert, dass sie nicht die eingestandenen Mörder von Manolete sind.

Verzeihen Sie wenn wir dem keinen Glauben schenken. Wir wissen nicht, was Sarasola gesagt oder nicht haben könnte, aber wer würde nicht jedes ihm vorgelegte Papier unterschreiben, wenn er so beeindruckende Folterungen erfährt wie die, welche -mutmaßlicherweise - die beiden Verhafteten erfahren haben?

Um das Maß voll zu machen brachte die tägliche Fernsehsendung zufälliigerweise auch noch eine Reportage, bei der das freundliche Gesicht der Guardia Civil präsentiert wurde. Nichts Geringeres als eine Übung zur Rettung von Ausflüglern vor den Augen einer Menschenmenge.

Verzeihen Sie unsere Skepsis und unsere Besorgniss. Die begünstigende Komplizenschaft der politischen Klasse scheint sich mit der mutmaßlichen, systematischen Folter seitens der staatlichen Sicherheitskräfte zu vereinen und noch viel schlimmer, die disriminierende Benutzung der Kommunikationsmedien zur breit angelegten Verbreitung der Lüge und sozialen Kontrolle. Alles mutmaßlicher Weise, klar.

Willkommen im Big Brother-System. Nachricht von Tortuga
 http://www.nodo50.org/tortuga/article.php3?id_article=7298

"IN SPANIEN WIRD MEHR ALS SPORADISCH GEFOLTERT"

Es ist kaum zwei Monate her, dass Amnesty International (AI) -im November 2007- die analytische Studie "Salz inder Wunde" (siehe: Aktuelle Stellungnahme von Amnesty International zur Folter im Staat Spanien: "Salz in der Wunde“: www.amnesty.de/länder; Originalbericht:  http://web.amnesty.org/library/Index/ENGEUR410062007?open&of=ENG-ESP; Feature:  http://web.amnesty.org/pages/esp-141107-feature-eng) über die offensichtliche Straffreiheit von Polizeibeamten im Fall von Folter und Misshandlungen veröffentlichte. Das Ergebniss der Untersuchungen ist vernichtend. Genauso vernichtend wie die dieselbe Anklage in 2002 und 2004: "In Spanien gibt es Folter und sie ist mehr als sporadisch".

Angesichts des Folterverdachts an Igor Portu und Marrin Sarasola hat der Präsident von Amnesty International-Spanien, Esteban Beltrán, öffentliche Kritik geübt: Als eines der grössten Probleme bei der Ausmerzung der Folter betrachtet Beltrán die "Annahme der Richtigkeit" der polizeilichen Versionen. Laut AI wird die Version der Polizeibeamten, einschliesslich der Ermittlungen, allgemein für als sicher betrachtet. In diesem Sinne kritisierte Beltrán auch den spanischen Innenminsiter Alfredo Pérez Rubalcaba für die Vorgehensweise beim Folterverdacht im Fall der beiden mutmaßlichen Etarras.

Desweiteren hat AI Fälle von Machtmissbrauch aufgezeichnt, bei welchen die Opfer von Misshandlungen im Falle einer Beschwerde, von den Beamten mit Anschuldigungen bedroht wurden; sogar versuchter Mord ist vorgekommen. Mit solchen Methoden wurde das Zurückziehen der Anklagen gegen die Polizisten erreicht. Die Informationsschrift entlarvt Fakt für Fakt die Elemente einer Realität, von der Esteban Beltrán klarstellt: "Die Folter in Spanien ist weit davon entfernt, anekdotisch zu sein.
 http://publico.es/035479/ai/espana/dice/torturas/mas/esporadicas

EINSEITIGE "GERECHTIGKEIT"

Von der einseitigen Handhabe der Justiz sind nicht nur Personen im Zusammenhang mit dem "baskischen Konflikt betroffen"; das verdeutlichen zwei jüngste Beispiele im Zusammenhang mit politischen Ereignissen, die bereits an sich schon einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatten:

Der Mörder des Antifaschisten Carlos ist noch immer auf freiem Fuss

Der erst 16 jährige Carlos war am 22. November 2007 in Cáceres um 2.30 auf offener Strasse von dem Neonazi Francisco Javier Lucas durch einen Messerstich in die Lunge getötet worden. Der Täter war zwar verhaftet worden, läuft wie Freunde von Carlos es ausdrücken, inzwischen jedoch wieder durch die Strassen der Stadt, "als ob nichts gewesen wäre". Die Justiz hält es in diesem Fall offenbar nicht für nötig, ihre ansonsten so gestrenge Ingewahrsamnahme bei Gewaltakten anzuwenden. Dementsprechend verurteilen die Freunde von Carlos sie als "Komplizin solch brutaler Taten, wie der Messerstich des Neonazis.
 http://www.klinamen.org/article3726.html

Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen gegen die Besetzer des (geräumten) Sozialen Zentrums Casas Viejas wegen Beleidigung der Polizei ein

Der Kampf gegen die Räumung des Sozialen,- und Kuturellen Zentrums in Sevilla füllte zwei Monate lang Schlagzeilen und Internetseiten und die Herzen einer grossen Anzahl von SympathisantInnen mit Entrüstung. Je länger der Kampf andauerte, desto mehr Unterstützung erhielten die BesetzerInnen von der direkten Nachbarschaft, den EinwohnerInnen der Stadt und aus allen Teilen des Landes und über dessen Grenzen hinaus, siehe:  http://de.indymedia.org/2007/12/201187.shtml

Als klar war, dass die Verantwortlichen nicht von der Räumung absehen würden, griffen ein paar junge Männer zu ihrem letzten, strategischen Mittel. Wochenlang zuvor hatten sie einen engen Tunnel 4 m unter dem Gebäude gegraben, um sich im allerletzten Moment darin zu verschanzen. Während andere BesetzerInnen den Medien eine Erkärung überreichten, hielten zwei junge Männer über 48 Stungen lang in dem Tunnel, den letzten Akten der Räumung am 30.11.2007 um 7 Uhr morgens, stand.

Das Fazit war, dass sie kurz darauf beschuldigt worden waren, ein Versteck und Waffenarsenal für die ETA gegraben zu haben. Damit jedoch nicht genug, hatten die beiden Besetzer Misshandlungen angezeigt, die sie nach der Räumung aus dem Tunnel seitens der Polizei bei ihrer Festnahme erlitten haben. Diesbezüglich existiert die Aussage zumindest eines Feuermannes, der den Vorwurf bestätigte und angab, dazu aufgefordert worden zu sein, auf die beiden Besetzer einzuschlagen. Weiter ist von Videokameras die Rede, von denen der Feuerwehr nichts bekannt gewesen war. Möglicherweise soll auch hier der Eindruck erweckt werden, die Festgenommenen hätten Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet. Dass es sich um einen dreisten Fall von Kriminalisierung handelt, beweist jedenfalls schon allein der unhaltbare Vorwurf einer Verbindung der BesetzerInnen zur ETA.

Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die Besetzer von Casas Viejas wegen Beleidigung der Polizei eingeleitet. Der Regierungsabgeordnte Juan José López Garzón hat die Anklage erhoben, dass die Folteranschuldigungen der Besetzer "das Ansehen und die Ehre der Polizei schädigen würden".
 http://estrecho.indymedia.org/newswire/display/72781/index.php
In diesem Zusammenhang siehe auch: Wohungsnot in Spanien
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25630/1.html

freie Übersetzungen: tierr@
 http://tierra.bloggospace.de
(work in progress)

LINKS:

Baskenland: nach Folter auf Intensivstation
 http://de.indymedia.org/2008/01/204661.shtml
Spanien und die Folter/Teil 1 - 5
 http://de.indymedia.org/2007/02/167931.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/02/167927.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/02/168229.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/02/168357.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/02/168851.shtml

LINKS IN SPANISCH:
Tortura y malos tratos
 http://www.es.amnesty.org/paises/espana/pagina/tortura-y-malos-tratos/
Centro de Documentación contra la tortura
 http://www.nodo50.org/tortura/spip/
Informes de Theo Van Boven sobre la tortura en España
 http://www.prevenciontortura.org/documents/a-59-324-es.pdf
Coordinadora para la Prevención de la Tortura
 http://prevenciontortura.org/spip/madrid.php3
Torturaren Aurkako Taldea
 http://www.stoptortura.com/
Asociación Contra la Tortura (¡CENSURADA!)
 http://www.nodo50.org/actortura/
Ver También:
 http://www.loquesomos.org
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Ergänzungen

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txapote 16.01.2008 - 22:09
Sarasola hat kurz nach seiner verhaftung seine beteiligung am anschlag auf den madrider
flughafen gestanden und jedes detail darüber preisgegeben. überhaupt scheint er seine komplette ca. 6jährige eta-karriere detailliert beschrieben zu haben. da bei dem madrider anschlag 2 menschen starben, hat er nicht den hauch einer chance auf haftmilderung durch seine aussagen, die nächsten 40 jahre wird er wohl im knast leben. die moralität seiner taten mal dahingestellt: warum sollte jemand so krass auspacken, wenn er nicht vollkommen gebrochen wurde? der umfang seiner aussagen(und übrigens gesteht die krasse mehrheit der etarras ihre taten kurz nach ihrer verhaftung) lässt wohl nur einen schluss zu: das die 5 tage, in denen sie der polizei 100% ausgeliefert sind, die hölle auf erden sein müssen.

Aussagen unter Folter sind unglaubwürdig

Uschi Grandel 17.01.2008 - 18:34

Anmerkung zu Txapote: "Die Hölle auf Erden" - da hast Du sicher recht. Ich wollte aber darauf hinweisen, dass die unterschriebenen Geständnisse keinerlei Glaubwürdigkeit besitzen. Viele Folteropfer (Berichte - auch in eglisch - s. z.B. Webseite der Antifoltergruppe TAT - Tortuaren Aurkako Taldea ) berichten, dass ihnen vorgefertigte Geständnisse zum Unterschreiben vorgelegt werden. Nach Tagen brutaler Folter unterschreibt man wohl alles.

Der Hauptgrund der Folter ist ein politischer: zum einen soll er den Menschen im Baskenland und in ganz Spanien Angst machen, in der linken Unabhängigkeitsbewegung aktiv zu werden oder sich zu solidarisieren. Zum anderen ist sie ein Mittel, schnelle und harte Urteile durchzubekommen. Hierzu gehört auch, dass die Verfahren vor einem speziellen Sondergericht durchgeführt werden. Die Folteropfer berichten auch, dass die Folterer sie nach allen möglichen Bekannten und Freunden fragen, deren Namen, Wohnort, usw. Damit hat man Namen und Anhaltspunkte für eine weitere Kriminalisierung des Umfeldes.

Im Nordirlandkonflikt gab es eine ähnliche Strategie der Kriminalisierung des Widerstands: mit Folter, Schnellgerichten und horrenden Haftstrafen gegen die irisch-republikanische Freiheitsbewegung. Mittlerweile hat es eine sehr positive Entwicklung im irisch-britischen Konfliktlösungsprozess gegeben, was dazu führt, dass die britische Regierung nicht mehr all das vergangene Unrecht so enfach unter den Teppich kehren kann. Raymond McCartney ist heute Sinn Fein Abgeordneter im Regionalparlament. Für 17 Jahre sass er auf Grund eines solchen Fliessbandurteils im Gefängnis. Im Feburar 2007 hat ein Belfaster Gericht seiner Klage Recht gegeben und das Urteil für nichtig erklärt. Rückgängig machen kann das die 17 Jahre im nordirischen Hochsicherheitsgefängnis allerdings nicht. s.: Info Nordirland: Das Fliessbandsystems aufdecken (in englischer Sprache)

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