Da bleibt mir glatt die Spucke weg... Andrej Holm muss DNA-Probe abgeben

Dostojewski 11.01.2008 13:57 Themen: Repression
"Wer vieles wagt, ist bei den Menschen im Recht. Wer auf das meiste spucken kann, der ist ihr Gesetzgeber, und wer am meisten wagt, genießt die meisten Rechte!" - Dostojewski, Schuld und Sühne

Am Montag den 14.1. um 14 Uhr wird Andrej Holm nach einem Beschluss des Ermittlungsrichters am BGH in Berlin eine DNA-Probe abgeben. Auch alle anderen Beschuldigten im Verfahren nach §129 StGB (Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung 'militante gruppe') sind aufgefordert worden, DNA-Proben abzugeben.
Die Bundesanwaltschaft ist seit den Festnahmen im Juli 2007 mehrmals vom Bundesgerichtshof darauf hingewiesen worden, dass sie sich im Rahmen rechtsstaatlicher Ermittlungstätigkeit bewegen solle. Es ist nicht erkennbar, wozu diese erneuten DNA-Analysen dienen sollen. Von den meisten Beschuldigten im Verfahren liegen dem BKA bereits DNA-Proben vor. So wurden im Verlauf der verdeckten Ermittlungen etwa Zigarettenreste und Trinkflaschen eingesammelt und zur molekularbiologischen Analyse freigegeben. Bei einigen Beschuldigten, denen vorgeworfen wird, eher als Verfasser von Bekennerschreiben verdächtig zu sein, ist völlig unklar, wofür die verlangten Proben dienen sollen.

Das Bündnis für die Einstellung der 129(a)-Verfahren sieht in der nun angeordneten Körperzellenentnahme einen weiteren schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten. In den seit über einem Jahr laufenden Ermittlungen wurden gegen die Mehrzahl der Beschuldigten nicht mehr als die Indizien für einen Anfangsverdacht zusammengetragen.

Auch Rechtsanwalt Volker Ratzmann kritisiert den DNA-Beschluss gegen seinen Mandanten: Die BAW sucht krampfhaft nach Beweisen in einem Verfahren, das sie schon verloren hat. Sie sollte sich geschlagen geben und das Verfahren endlich einstellen.

Das Bündnis für die Einstellung der 129(a)-Verfahren ruft für Montag den 14.1. ab 13.30 Uhr gegenüber dem Polizeirevier Brunnen- Ecke Invalidenstraße in Berlin-Mitte zu einer Kundgebung unter dem Motto "Da bleibt mir glatt die Spucke weg..." gegen den ungebrochenen Ermittlungseifer der Bundesstaatsanwaltschaft auf.

Kundgebung "Da bleibt mir glatt die Spucke weg..."
Montag, 14.1. 13:30 Uhr Brunnen-/Invalidenstrasse

Annalist: Spucke für Frau Harms.

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Ergänzungen

Veranstaltung mit Andrej Holm in Berlin

gentrifizierte 11.01.2008 - 14:52
...damit wir ein bisschen weg vom blossen Reagieren auf Repression kommen:


Do 31.1.
19 uhr
Audimax der Humboldt Uni, Unter den Linden 6, Ostflügel

INFO & DISKUSSION:
Gentrification - Ausblicke auf eine revanchistische Stadtpolitik

Als Gentrification wird weltweit die Aufwertung von Stadtteilen bezeichnet, in deren Verlauf die dort lebenden ärmeren Bevölkerungsgruppen durch besser verdienende Haushalte verdrängt werden. In diesen Entwicklungen spiegeln sich nicht nur neue Lebensstile, veränderte Biografien und demografische Umbrüche, sondern sind auch ein Ausdruck der spezifischen Verwertungsbedingungen des Immobilienmarktes und stadtpolitischer Entscheidungen. Gentification is a dirty word: Aus der Perspektive der städtischen Eliten ist die Aufwertung ausgewählter Wohnquartiere oft gewollt, eine Analyse der sozialen Folgen jedoch unerwünscht. Doch die Gentrificationforschung zeigt, dass die Wohnungsfrage immer noch eine Frage sozialer Gerechtigkeit ist und Gentrification als ein Angriff auf erkämpfte soziale Standards und kollektive Strukturen verstanden werden muss. Ein Angriff, der alle Elemente einer revanchistischen Stadtpolitik aufweist. Diese Dialektik von ,Rächen und Renovieren' soll für die Berliner Stadtentwicklung der letzten Jahre nachgezeichnet werden.

Referent: Andrej Holm, Lehrbeauftragter für Stadt- und Regionalsoziologie an der HU Berlin

Verfassungsbeschwerde mit Eilantrag

tutnichtszursache 13.01.2008 - 21:22
Wieso legt man denn gegen sowas keine Verfassungsbeschwerde mit Eilantrag ein (sofern man nicht noch Beschwerde beim BGH selbst einlegen kann)?

Badische Zeitung über den 19.10.08 in der KTS

BZ-LeserIn 21.10.2008 - 12:14
Badische Zeitung vom Dienstag, 21. Oktober 2008

Ein Leben unter staatlicher Beobachtung

Zu Gast in Freiburg: Der Berliner Soziologe Andrej Holm saß drei Monate in Untersuchungshaft und erzählt von Überwachung

Von unserer Mitarbeiterin Anja Bochtler

Das kannte er bis zum 31. Juli 2007 nur aus dem Kino: Hämmern an der Tür, laute Rufe: "Polizei, aufmachen!" An jenem Morgen wurde der Berliner Soziologe Andrej Holm von Polizisten zu Boden gerissen, in Handschellen abgeführt und nach Karlsruhe geflogen. Drei Monate saß er in Untersuchungshaft. Der Verdacht: Er sei Mitglied der "militanten Gruppe", die damals als terroristische Vereinigung eingestuft wurde. Eine der Begründungen: Er gebrauche in seinen Aufsätzen und Büchern Begriffe, die auch in Schreiben der "militanten Gruppe" vorkamen. Das sorgte für breite Empörung.

Er ist ein bisschen prominent geworden. Das war eine bewusste Entscheidung, erzählen Andrej Holm, 38, und seine Freundin Anne Roth, die am Sonntagabend im autonomen Zentrum KTS über ihr Leben mit Überwachung berichtet haben. Denn auch wenn der Haftbefehl gegen Andrej Holm vom Bundesgerichtshof wegen mangelnden Tatverdachts nun als rechtswidrig eingestuft ist und die "militante Gruppe" nicht mehr als terroristische, sondern als kriminelle Vereinigung gilt: Die Überwachung geht weiter, für Andrej Holm, seine Freundin und die zwei kleinen Kinder. Wie ist das, nie zu wissen, wer einen beobachtet, auf dem Spielplatz, in der Straßenbahn? Sich bei jedem Satz am Telefon zu überlegen, ob er missverstanden werden könnte? Beispiel "schwarzer Beutel": Den brachte Andrej Holms Mutter ihrem Sohn, damit er seine Akten verstauen konnte. Als sie den Beutel am Telefon erwähnte, stürzte das die heimlichen Zuhörer in Hektik. Tage später platzten Polizisten in ein Familien-Kaffeetrinken und durchsuchten die Wohnung, um den Beutel zu finden, in dem sie geheime Unterlagen vermuteten.

Anne Roth verarbeitet diese Situation inzwischen in einem Blog, setzt dem Gefühl, eingeschüchtert zu werden, den Druck der Öffentlichkeit entgegen. Ein offensiver Umgang, genau wie das Auftreten Andrej Holms in Interviews oder Fernsehbeiträgen wie bei "Polylux" im Februar. Die Öffentlichkeit weit über die linke Szene hinaus wirkt: Unter anderem protestierten 43 Wissenschaftler aus dem In- und Ausland, Kollegen und Studierende an der Berliner Humboldt-Uni gegen Andrej Holms Verhaftung, die Volksbühne lud zu Lesungen und Diskussionen.

Wie wurden die Behörden aufmerksam auf Andrej Holm? Durch Worte wie Gentrifizierung (umgangssprachlich "Yuppisierung") oder Prekarisierung — Fachbegriffe für einen Stadtsoziologen wie ihn. Die gebrauchte auch die "militante Gruppe". Als "verdächtig" galt zudem, dass er als Wissenschaftler Zugang zu Bibliotheken hatte. Und dass er sich zwei Mal mit einem Mann traf, dem später vorgeworfen wurde, er habe mit zwei anderen ein leeres Bundeswehrfahrzeug in Brand setzen wollen. "Brisant" : Bei den Treffen hatte Andrej Holm kein Handy dabei, entzog sich also der Überwachung. Das kann heutzutage verdächtig machen — wenn man, wie Andrej Holm, "irgendwie links" und politisch engagiert ist.


BILDUNTERSCHRIFT:

Zu Gast in Freiburg: Der Berliner Soziologe Andrej Holm saß drei Monate in Untersuchungshaft und erzählt von Überwachung

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Die DNS zur eindeutigen Identifizierung

riotqueer 11.01.2008 - 14:25
Also, in erster Linie finde ich es nicht schlimm eine DNS-Probe zur Identifizierung abzugeben. DIese Praxis gibt es schon seit den End-1980ern und wird von vielen Krankenkassen verwendet und berechnet auf völlig unspektakulärer Weise. Diese Betroffenheit ist bloss linksradikaler Humbug zur Mobilisierung der Massen,...für anstehende Barrikaden-Mentalitäten, oder?

oh jürgi

sonstwie 11.01.2008 - 15:38
Oh Jürgi, du kleiner dummer deutscher! Viel Glück im weiterem Leben mit dieser Einstellung. Du bist mit Sicherheit der beste Staatsabürger den sich dieses Land wünschen kann! Das böse Erwachen kommt noch.

@riotqeer

NoNameFred 11.01.2008 - 16:16
Geht einfach wieder an Deine Playstation und spiel weiter und nerv nicht. Jetzt sag zu Deiner Rettung noch schnell, daß alles ironisch gemeint war.

da kann man doch sicherlich gegen angehen

oder 11.01.2008 - 16:51
ich hoffen es zumindest
ansonsten solidarische grüße aus überall

Dumme Frage

Nichtwisserin 11.01.2008 - 17:00
Womit klebst Du einen Briefumschlag zu? Mit Spucke?

@ riotqueer

peter 11.01.2008 - 17:01
und schon wieder haben wir sie enttarnt, herr schäuble.
mensch, surfen sie eigentlich den ganzen tag nur noch im internet?

Männerkult um die MG - Sicherheitswahn absurd

riotqueer 11.01.2008 - 19:36
Wer die 'Bele Texte zur Militanzdebatte von 1991 kennt, weiss, dass diese Phänomenen längst Usus ist, und in Kooperation der Dialektik von Neoliberaler Hegemonie und Kriminologie den Passus bisher verletzt, gerichtsrelevant nur unter dringendem Tatverdacht zu stehen.

Fuck you all!

Dead yuppies oder was riotqueerchen ?

(muss ausgefüllt werden) 11.01.2008 - 21:04
Deinen myspace egotrip riotchen kannst dir in die Birne knallen: nur anfang der Neuziger haben andere anderes zu tun gehabt, als wichtige militante Texte zu lesen. Sowas scheint dir in deinem ruhigen HH einfach entgangen zu sein.

Provinzielle Prominenzen zur Promiskuität

riotqueer 11.01.2008 - 21:59
Die Intellektuellenfibel für den Abgesang auf Kapitalismuskritik
Ein Gespenst geht um im Zeitgeist. In einer Öffentlichkeit, der das herrschende Gesellschaftssystem über alles geht und die abweichende Meinungen einfach totzuschweigen pflegt, macht ein Linker mit Kapitalismuskritik Furore. Sein Buch ist ein Hit in einschlägigen Bestseller-Listen. Es wird in Zeitungen rezensiert - zum Teil sogar wohlwollend -, sein Autor avanciert zum Sachverständigen für politische Urteilsbildung, wird zu Talk-Shows gebeten und darf sich im Magazin von Deutschlands größter Tageszeitung regelmäßig mit seinen Ansichten verbreiten. Da fragen wir uns schon, wie der Mann das hingekriegt hat. Was kann der und haben wir versäumt, dass die Kritik des Kapitalismus hierzulande wieder populär und sogar salonfähig machtwird? Also haben wir alles vergessen, was uns an den politischen Auffassungen des Autors schon seit längerem nervt , und ganz vorurteilslos sein dickes Buch durchgenommen, Kapitel für Kapitel. Dabei haben wir Folgendes gelernt: Speichellecken im Szenebezirk..............

@riotqueer

xy 11.01.2008 - 22:40
Du erinnerst mich stark an die Antideutschen.
Nie um eine Ausrede, und mag sie noch so krampfhaft herbeigeredet werden, verlegen, wenn es darum geht sich vor Militanz (als letzte Konsequenz der linksradikalen politischen Identität) zu drücken.
Was hast du an Barrikadenmentalität auszusetzen?
Es sollte viel mehr spontane Wutausbrüche des Volkes geben in Deutschland, so wie es in anderen Ländern der Fall ist.
Der Anlass kann dabei noch so gering sein, das ist doch völlig irrelevant.
Die Wirklichkeit hat ihre eigene Dynamik.
Aber zum Unglück gibt es ja immer genug kleinkarierte SpalterInnen (wie dich), die sich in ihre, bis zum Exzess gesteigerten, politischen Theorien (in deinem Fall wohl Genderqueer) verkriechen und andere Leute anmotzen, wenn sie die widerlichen Praktiten oder Zustände anprangern, die in diesem System (leider!) schon zum Alltag geworden sind.
Hauptsache du findest immer ein Argument um alle Leute, die ihr eigenes Leben / ihre eigene Zukunft aufs Spiel setzen um etwas zu verändern (beispielsweise MG), zu kritisieren.
Dann braucht mensch sich wenigstens nicht selbst zu rechtfertigen, warum mensch den Arsch nicht vom Sofa hochkriegt und den eigenen Kragen riskiert.
Bevor du mir jetzt wieder einen männlichen Militanz-Fetisch oder Ähnliches unterstellst:
Mir ist es sowas von egal welches Geschlecht oder welche Sexualität das Individuum hat, dass den Molli auf die Bullensau wirft, hauptsache er/sie/es tut etwas gegen das Scheißsystem und sitzt nur vorm Rechner um sinnlose Spalterei zu betreiben.

@riotkid

yz 12.01.2008 - 17:07
"In einer Öffentlichkeit, der das herrschende Gesellschaftssystem über alles geht und die abweichende Meinungen einfach totzuschweigen pflegt"

schön forumliert - wem nix anderes einfällt schreibt soetwas "in einer Öffentlichkeit" - und wer ist die Öffentlichkeit ???
Die Öffentlichkeit sind wir, nur anscheinend haben das viele in ihrer geistigen Umnachtung vergessen. Bis vor ein paar Wochen hatte die Öffentlichkeit keine Probleme mit Jugendkriminalität. Jetzt hat die Öffentlichkeit plötzlich ein Problem - die Frage ist, wer hat dieses ang. öffentliche Problem transportiert - war es die Öffentlichkeit (also wir) oder war es die antizipierte Öffentlichkeit der Politbonzen ?
Militanz ist keine Option - Militanz ist Voraussetzung !

Wenn dann Berliner Jugendliche

psychos 13.01.2008 - 00:42
Leuten Scherben und kaputte Flaschen auf die Straße legen ,so geschehen,auch vor Demos ,eventuell weil sie Barfußgeher haßen,dann muß man ja Angst haben ,das sie die hinterher blutig zur Polizei tragen .Könnt ihr eure Konkurrenz irgendwie anders austragen ?