LP: Antifaschistischer Gedenkstein beschmiert

AntifaschistInnen aus Lippstadt 10.01.2008 21:47 Themen: Antifa
Ein Gedenkstein für die Opfer des Faschismus an der St. Josephskirche im lippstädter Süden ist kürzlich Ziel einer Farbattacke geworden. Die bisher unbekannten TäterInnen kippten offenbar schwarze und blaue Farbe über den Stein, dessen Inschrift nun nicht mehr lesbar ist.
Der Stein erinnert an die Ermordung von 7 französischen Zwangsarbeitern und 6 Widerstandskämpfern aus Lippstadt in der dortmunder Bittermark.
In den Unionswerken, einem zur NS-Zeit großen Rüstungsunternehmen, formierte sich eine kleine Widerstandsgruppe, welcher von Kommunisten bis gläubigen Christen Menschen unterschiedlichster Weltanschauung angehörten. Was sie verband, war die Überzeugung, dass der Nationalsozialismus als verbrecherischste aller denkbaren Ideologien unbedingt besiegt werden müsse um eine freiere und menschlichere Gesellschaft zu erreichen. Dieser Gedanke prägte ihr politisches Handeln. Um die Wahrheit über das Geschehen an der Front zu erfahren und den Durchhalteparolen vom Endsieg entgegenzuwirken, hörten sie den Rundfunk der Alliierten und verbreiteten - soweit möglich - die wichtigsten Nachrichten. Aus Solidarität mit den französischen Zwangsarbeitern, die unter menschenunwürdigsten Bedingungen in den Unionswerken arbeiten mussten, versorgten die Lippstädter Antifaschisten ihre Kollegen mit Lebensmitteln. Hierbei wurden sie entdeckt und verraten. Als sich der baldige Sieg der Alliierten und der Zusammenbruch Nazi-Deutschlands abzeichnete, setzten die Nazis zu einer letzten barbarischen Offensive an der Heimatfront an. Sie verhafteten und ermordeten in zahlreichen Städten viele der Menschen, von denen sie vermuteten, dass ihre Gegnerschaft zum Nationalsozialismus ungebrochen sei. In diesem Zusammenhang fanden auch die Verhaftungen der Lippstädter statt. Sie wurden von der Gestapo festgenommen, gefoltert und mit Stacheldraht gefesselt nach Dortmund gebracht. Da die Dortmunder Polizeiwache überfüllt war mit politischen Gefangenen, von denen ein Großteil das gleiche Schicksal erwartete, wurden die Lippstädter Arbeiter in die Polizeiwache nach Herne gebracht, wo die Tortur für sie weiterging. In den darauf folgenden Tagen wurden auf einer Waldlichtung in der Bittermark, im Rombergpark und auf dem Eisenbahngelände zwischen Hörde und Berghofen etwa 300 Menschen ermordet, unter ihnen auch die Lippstädter. Bei den Ermordeten handelte es sich um Zwangsarbeiter aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Jugoslawien, Polen, der Sowjetunion und deutsche Widerstandskämpfer. Nur kurze Zeit später, am 13. April 1945, kamen die amerikanischen Soldaten nach Dortmund - für die Zwangsarbeiter und Widerstandskämpfer war es leider zu spät.

Die Farbattacke auf den Gedenkstein werten wir daher als bewusste Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus. Bereits vor über einem Jahr entwendeten Unbekannte die Gedenktafeln an der in der Pogromnacht niedergebrannten Synagoge in der Stiftstraße und dem ehemaligen Außenlager des KZ Buchenwald in der Hospitalstraße. Die Vorfälle wurden bislang nicht aufgeklärt und die Erinnerungstafeln noch nicht ersetzt. Eine nationalsozialistische Gesinnung als Triebfeder bei den Taten liegt nahe. Derartige Provokationen dürfen nicht unbeantwortet bleiben.

Der Gedenkstein für Friedrich Sprink, Franz Engelhard, Stefan Freitag, Albert Klar, Johann Liebner, Franz Schultenjohann, Robert Vanderyssen, Leon Chadirac, Robert Deyredk, Edouar Abjean-Uguen, Robert Geoffroy, Paul Deleforge-Burette und Leon Deloor muss schnellst möglich wiederhergestellt und das Gedenken an sie wach gehalten werden. Einen Beitrag zum Gedenken wird die Gedenkveranstaltung des DGB liefern, die auch in diesem Jahr am Karsamstag (22.03.2008) an dem Gedenkstein stattfindet.

Abschließend möchten wir noch ein Gedicht des lippstädter Kommunisten Franz Engelhard wiedergeben. Bereits kurz nach der Machtübertragung an die Nazis wurde er das erste Mal von diesen verhaftet, was seine unbedingte Gegnerschaft und Verachtung diesen gegenüber nicht brechen konnte. Franz Engelhard war in Lippstadt nicht nur aus dem Grund bekannt, da er lange Zeit KPD-Ortsvorsteher war, sondern auch, weil zahlreiche seiner Gedichte in der Tageszeitung "Der Patriot" veröffentlicht wurde, oft mit einer versteckten Kritik an den bestehenden Unrechtsverhältnissen. Das folgende dürfte nicht darunter gewesen sein:

Sei stark.
Wenn der Feinde Teufelsbrut,
Unsere Freiheit zu vernichten;
Stürmet an in wilder Wut,
Mußt auf alles du verzichten.

Eines muß dann Mut und Kraft,
Starke Kampfeslust dir geben,
Nur der selber ringt und schafft,
Weiß, daß Freiheit gleich ist Leben.

Kampf der Knechtschaft-Tyrannei.
Fürchte nicht der Feinde Schaaren,
Es geht um alles, mach dich frei,
Treib die Peiniger zu Paaren.
Laß dich nicht durch Wortgebrüll,
Gestenreiche Reden schrecken,
Nur die Tat dich ganz erfüllt,
Wachse, werd zum Recken.

Einmal alles wird erfüllt,
Und die Sehnsucht voll gestillt.
Einmal endet alle Not,
Bringt Erfüllung dir - der Tod.

(Verfasst am 21.August 1938)

Im ehrenden Gedenken an all die, die im Widerstand zu den nationalsozialistischen Schergen standen,
im ehrenden Gedenken an die Millionen, die diesen Verbrechern zum Opfer fielen

Junge Linke Lippstadt, 10. Januar 2008
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Ergänzungen

OPFER DES FASCHISMUS

egal 10.01.2008 - 23:53

Beweis der Existenz (?)

AlOciR 10.01.2008 - 23:53
gefunden auf  http://www.aktion-gegen-rechts.de/:

07. April 2007 - St. Josephskirche - 11 Uhr - Lippstadt

Antifaschistische Gedenkkundgebung in Lippstadt



Auch in diesem Jahr findet am >>>Lippstädter Gedenkstein<<< für die Opfer des Faschismus eine Gedenkkundgebung für die am Karfreitag 1945 in der Dortmunder Bittermark von der Gestapo ermordeten Zwangsarbeiter und Widerstandskämpfer statt.

Nuja, da würd ich mal schätzen, es gibt das Ding, wenn es einem schon nach einer Minute Recherche ins Auge springt. Pipilotta is wohl ein Lügner, oder er kennt seine Hometown net so wirklich.

sehr wohl existent!!!

antifa rockaz lippstadt 11.01.2008 - 00:02
Den Gedenkstein gibt´s sehr wohl.
U.a. fand da folgende Kundgebung statt:

 http://de.indymedia.org/2005/03/110259.shtml

Kein Fake!

lpstädter 11.01.2008 - 00:13
Dies ist mit Sicherheit kein Fake.
Siehe www.roteboerde.de und die Presseerklärung des DGB.

Als Lippstädter sollte Mensch wissen, das es diesen Gedenkstein an der genannten Stelle gibt.
Es findet dort alljährlich eine Gedenkveranstaltung des DGB statt.


Gewerkschaften verurteilen
Beschmierung des Union-Gedenksteins

Von besorgten Bürgerinnen und Bürgern erfuhren die IG Metall Lippstadt und der heimische DGB, dass der Union-Gedenkstein an der
St. Josephskirche mit schwarzer und mit blauer Farbe übergossen wurde. Die Beschmierung des Gedenksteins trifft bei den Gewerkschaften auf Unverständnis und große Bestürzung, so der heimische DGB-Vorsitzende Heinz Rittermeier.

2004 war der Gedenkstein wegen Umbaumaßnahmen von der Unionstraße auf den Platz vor der St. Josephskirche umgesetzt worden. Der Stein erinnert an die grausame Ermordung von sechs Arbeitern und sieben französischen Zwangsarbeitern der Union-Werke in Lippstadt durch die Nazis in der Karwoche 1945.

Wir Gewerkschafter waren froh, für den Gedenkstein einen neuen würdigen Platz gefunden zu haben, um ein Mahnmal gegen Faschismus und Krieg, ein Symbol für Millionen Unschuldige, deren Menschenrechte mit Füßen getreten wurden, zu setzen, betont Heinz Rittermeier. Deshalb müsse die Würde des Ortes gewahrt bleiben. Mein Kollege Alfons Eilers von der IG Metall Lippstadt und ich sind uns einig, so Heinz Rittermeier weiter, dass alles getan werden muss, um weitere schäbige Übergriffe auf den Union-Gedenkstein zu verhindern.

(PM, 10.01., DGB Region Hellweg)

Antifaschistische Gruppen in Lippstadt

get active! 12.01.2008 - 16:50
Einmal mehr ein Grund in Lippstadt und Umgebung aktiv werden!

Kontakt zu Gruppen in Lippstadt und Umgebung:

Junge Linke Lippstadt -  http://www.junge-linke.tk
Antifa Soest -  http://www.antifa-soest.net.ms
Junge Linke Geseke/ Salzkotten -  http://www.jungelinke.de.vu
Rote Börde Webportal -  http://www.roteboerde.de
Bündnis gegen Rechts Lippstadt -  http://www.aktion-gegen-rechts.de
Jugend gegen Rechts Lippstadt -  jgr-lippstadt@web.de
Jugendantifa Lippstadt-  http://www.antifa-lp.net.ms


Medienreaktion

antifa ultras lippstadt 12.01.2008 - 17:57

LIPPSTADT AM SONNTAG, 13.01.2008:

Farbattacke.

Wie die Junge Linke mitteilt, ist ein Gedenkstein für die Opfer des Faschismus an der St. Josephskirche im Lippstädter Süden kürzlich Ziel einer Farbattacke geworden. Die bisher unbekannten Täter kippten offenbar schwarze und blaue Farbe über den Stein, dessen Inschrift nun nicht mehr lesbar ist. Der Stein erinnert an die Ermordung von sieben französischen Zwangsarbeitern und sechs Widerstandskämpfern aus Lippstadt in der Dortmunder Bittermark. "Die Farbattacke auf den Gedenkstein werten wir daher als bewusste Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus. Bereits vor über einem Jahr entwendeten Unbekannte die Gedenktafeln an der in der Pogromnacht niedergebrannten Synagoge in der Stiftstraße und dem ehemaligen Außenlager des KZ Buchenwald in der Hospitalstraße. Die Vorfälle wurden bis heute nicht aufgeklärt und die Erinnerungstafeln noch nicht ersetzt. Eine nationalsozialistische Gesinnung als Triebfeder bei den Taten liegt nahe. Derartige Provokationen dürfen nicht unbeantwortet bleiben", heißt es in der Pressemitteilung der Jungen Linken.


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DER PATRIOT - LIPPSTÄDTER TAGESZEITUNG, 12.01.2008:

"Schäbiger Übergriff"

Farbattacke auf Union-Gedenkstein löst bei Gewerkschaft und Junge Linke Bestürzung aus

Lippstadt. Unverständnis und Bestürzung sind die Reaktion auf eine Farbattacke auf den Union-Gedenkstein an der St. Josephskirche in Lippstadt. Die bisher unbekannten Täter kippten schwarze und blaue Farbe über den Stein, dessen Inschrift nicht mehr lesbar ist.

Die Verunstaltung des Gedenksteins löse bei der IG Metall Lippstadt und den heimischen Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) große Bestürzung aus, so der DGB-Vorsitzende Heinz Rittermeier. "Mein Kollege Alfons Eilers von der IG Metall Lippstadt und ich sind uns einig", so Rittermeier weiter, "dass alles getan werden muss, um weitere schäbige Übergriffe auf den Union-Gedenkstein zu verhindern".

Auch die Junge Linke in Lippstadt verurteilt die Verunstaltung auf das Schärfste. Sie werte die Farbattacke auf den Union-Gedenkstein als bewusste Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus, erklärt sie in ihrem Schreiben. Es läge nahe, dass es sich um eine nationalsozialistische Triebfeder bei der Tat handle.

2004 war der Gedenkstein wegen Umbaumaßnahmen von der Unionstraße auf den Platz vor der St. Josephskirche umgesetzt worden. Der Stein erinnert an die Ermordung von sechs Arbeitern und sieben französischen Zwangsarbeitern der Union-Werke in Lippstadt durch die Nationalsozialisten in der Karwoche 1945. Wie jedes Jahr wird am Karsamstag, 22. März, wieder eine Gedenkveranstaltung des DGB am Gedenkstein abgehalten.

Bildunterschrift: Der beschmierte Gedenkstein an der St. Josephskirche.