Razzia gegen G-8-Gegner rechtswidrig

autor_in 04.01.2008 13:52
Die bundesweiten Durchsuchungen gegen Gegner des G-8-Gipfel Anfang Mai 2007 waren verfassungswidrig. Die militanten G-8-Gegner hätten sich nicht zu einer terroristischen Vereinigung zusammengeschlossen. Deshalb sei nicht der Generalbundesanwalt zuständig gewesen.
Die bundesweite Razzia der Bundesanwaltschaft gegen Globalisierungsgegner vor dem G-8-Gipfel im Mai 2007 war rechtswidrig. Der 3. Strafsenat entschied am 20. 12. über die erste von mehreren Beschwerden und hob den betreffenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss auf.

Dem Gericht zufolge war die Bundesanwaltschaft nicht zuständig, da es sich bei den Beschuldigten um keine terroristische Vereinigung gehandelt habe:

"Die Straftaten, auf deren Begehung die Zwecke und die Tätigkeit der nach Einschätzung des Generalbundesanwalts von den Beschuldigten gebildeten Vereinigung zielen, sind weder nach der Art ihrer Begehung, d. h. nach ihrer Frequenz und Intensität, noch nach ihren Auswirkungen geeignet, die Bundesrepublik Deutschland in diesem Sinne erheblich zu schädigen."

Auch eine "besondere Bedeutung des Falles" (bei dem die Bundesanwaltschaft einen Fall an sich ziehen kann) konnte das Gericht nicht erkennen. Das Schädigungspotential der Anschläge wird als "relativ gering" eingestuft. Insgesamt Betrugen die Schäden (gem. Bundesanwaltschaft) 2,6 Millionen Euro.

Im konkreten Fall (dieses bestimmten Beschwerdeführers) fehlte sogar der "erforderliche Verdacht" - Zitat aus dem Beschluss: "Auch daran fehlt es indes, weil bei der gegebenen Verdachtslage die tatsächlichen Anhaltspunkte dafür nicht ausreichen, dass der Beschwerdeführer sich mit den anderen Beschuldigten zu einer Gruppierung zusammenschloss, die die für die Annahme einer Vereinigung erforderlichen Strukturen aufweist."

Und weiter unten im Text: "So ist bereits nicht belegt, dass die zwölf Anschläge überhaupt von einer Organisation begangen worden sind." Die von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten "Übereinstimmungen" in den Bekennerschreiben seien nur "Indizien mit einem allenfalls äußerst geringen Beweiswert".

Zugleich äußerte der 3. Strafsenat "nachhaltige Zweifel" daran, ob sich "die beschuldigten Globalisierungsgegner tatsächlich zu einer Vereinigung im strafrechtlichen Sinne zusammengeschlossen haben". Eine solche kriminelle Vereinigung setzt "mehr als nur rudimentäre Organisationsformen" voraus. Vielmehr seien "eine ausgeprägte Organisationsstruktur und grundsätzlich bindende Regeln über die Bildung des Gruppenwillens erforderlich". Und die kann das Gericht in diesem Fall nicht erkennen.

Deutlicher konnte die Abfuhr für die Bundesanwaltschaft nicht ausfallen.
Da die Durchsuchungen rechtswidrig waren, muss selbstverständlich auch die Auswertung der noch beschlagnahmten Objekte eingestellt und müssen diese zurückgegeben werden.


Medienberichte:

 http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/polizeirazzien-waren-rechtswidrig/

 http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/164/150789/

 http://www.tagesschau.de/inland/bgh6.html

 http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1DB1A121534F010EE1/Doc~E95D1540D40C24D6E83CEB5A4B4E44B36~ATpl~Ecommon~Scontent.html

 http://www.fr-online.de/top_news/?sid=855a34204f3dc3771bede63f07d15a81&em_cnt=1266821
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Ergänzungen

Razzia gegen G-8-Gegner war rechtswidrig!!

Verlinker 05.01.2008 - 19:55