Hessische Stammtischparolen

Roberto J. De Lapuente 04.01.2008 11:36 Themen: Antirassismus Medien Repression
Koch frönt offen der Fremdenfeindlichkeit und gibt damit manchem Stammtischbruder Befriedigung.
Roland Kochs rassistischer Auswurf, mit dem er in den letzten Tagen um sich spuckte, bezog sich auch auf einen Fall von Gewaltanwendung in Berlin-Schöneberg. Ein 51-jähriger Mann bat zwei Jugendliche, sie mögen damit aufhören, Feuerwerkskörper auf dem Bahnsteig zu zünden, vorallem auch, weil sich eine junge Frau und ihre Tochter bedroht fühlten. Daraufhin wurde der Mann zusammengeschlagen. Koch ist währenddessen damit beschäftigt, den deutschen Sittenwächter zu mimen, der die deutsche "Hausordnung" - wie er es nennt - in den Köpfen ausländischer Mitbürger verankert wissen will.

Integration ist der Euphemismus, wenn dem die politische Klasse wirbt. Die Debatten um integrative Maßnahmen sind nie frei von Pression, die man an den "Fremden" - um den Jargon der Exklusion zu nutzen - ausüben würde, wenn sie nicht spuren, wie es der deutsche Rohrstock gerne hätte. Es fällt schwer, dem Grundgesetz Sympathie abzuringen, wenn im Nacken der Zuchtmeister auf seinen möglichen Einsatz wartet. Sprachkurs oder Ausweisung, Beachtung deutscher Sitten oder Ausweisung, Spuren oder Ausweisung - ist das integratives Denken? Will jemand in eine Gemeinschaft aufgenommen sein, wenn man ihm schon vorher mit dem Ausschluß droht?

Der sogenannte Sechs-Punkte-Plan, den sich Koch in einer schlaflosen Nacht erdacht haben mag, wurde von Kriminalexperten als kontraproduktiv zurückgewiesen. Weder eine "Schnupperhaft" noch längere Haftzeiten verhindern Kriminalität. Erziehungslager, rekrutierend aus deutscher Geschichte, weisen in den USA höhere Rückfallraten auf und werden selbst oft gewaltsam betrieben. Immer wieder kommt es zu Mordfällen. Ganz abgesehen davon: Wie soll ein junger Mensch Respekt vor Mitmenschen bekommen, wenn er monatelang würdelos behandelt wird? Eine Militarisierung jugendlicher Gewalttäter löst die Problematik nicht auf, sondern gibt dem Aggressionspotenzial neue Nahrung.

Es wirkt gerade so, als würden sämtliche ausländischen Gewalttäter Koch unterstützen; als würden sie nun Amok laufen, um dessen Thesen zu untermauern. Allen Anschein nach häufen sich die Fälle von Gewaltanwendung. Doch Fälle dieser Art kamen auch schon vor, als die Medien nicht darüber berichteten. Jetzt aber fundamentiert man Kochs Forderungen, die immer schon den Kern innenpolitischer Absichten hierzulande ausmachten, indem man brav jeden Fall von Gewaltanwendung in Szene setzt. Rassistische und fremdenfeindliche Anflüge, über Jahrzehnte gefestigte Ressentiments finden in Kochs Parolen Befriedigung. Der deutsche Stammtisch weiß sich gut aufgehoben, wenn er solche "Wahrheiten" aus offiziellem Munde vernimmt.

Zurück zum eingangs erwähnten Fall, der sich in Berlin-Schöneberg zutrug. Das Opfer war ein Ghanaer, die Täter zwei angetrunkene Deutsche. Freilich wurde nirgends ausdrücklich erklärt, es würde sich in diesem Falle erneut um ausländische Gewalttäter handeln, doch Kochs stetes Bemühen, in volksverhetzender Art und Weise, einen gesamten Bevölkerungsteil zu diskreditieren, erlaubte keine analytische Betrachtung des Falles. Mit derartigen Nebensächlichkeiten kann sich Koch aber nicht aufhalten, immerhin befindet er sich auf Werbetour zur Renaissance traditionell-deutsche Tugenden: Anstand, Disziplin, Fleiß, Ordnung und Pflichtgefühl. Von der Zivilcourage des Ghanaers spricht er nicht, spricht niemand. Womöglich hat sich der Afrikaner nicht an die "deutsche Hausordnung" gehalten.

Bei aller Diskussion in diesen Tagen, handelt es sich nicht um die Opfer, deren Herkunft mannigfaltig ist. Fremdenfeindliche, gar rassistische Anlagen werden in die Debatte geworfen, um dort endlich zur politischen Leitvorgabe zu werden. Nicht mehr zögerlich und mit etwas Schamesröte soll dann das "deutsche Wesen" vom sittenlosen Fremden gesäubert werden, sondern zielgerichtet und ohne falsche Ausreden. Wenn sich dies noch mit Repressalien gegen nichtsnutzige Jugendliche verbinden ließe, würde dies die Herzen der deutschen Stammtischbrüder erfüllen. Alleine dies Vorgehen mit Kochs Kalkül im Bezug auf die Landtagswahl abzutun, so wie es viele Medien tun, ist das Feigenblatt, welches er sich am Ende davorhalten kann. Eine solche Feststellung, weshalb man nur der Wahl wegen so agieren würde, beschwichtigt den kleinbürgerlichen Rassismus, der aus allen Poren dieses Weltbildes kriecht.
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Ergänzungen

Jugendkriminalität

Cann Hunterson 04.01.2008 - 20:35
Jugendkriminalität ist kein Ausländer-, sondern ein Unterschichtenproblem.

Und da gerade die Union es jahrzehntelang verpasst hat, ordentliche Integrations- und Sozialpolitik zu betreiben, kriegt sie jetzt die Rechnung.

Was mir aber wirklich Sorgen macht, ist die Hetze der BLÖD, des Zentralorgans für reaktionäre Populistenscheiße.

 http://www.hunterson.blog.de/

Parteimitglieder gegen Koch? Von wegen...

Jochen 05.01.2008 - 10:25
Das berichtet der Spiegel:

"Der Bundesvorstand der CDU steht in der Diskussion um Jugendgewalt geschlossen hinter Hardliner Roland Koch. Bei der Vorstandsklausur in Wiesbaden stimmten nach dpa-Informationen alle Teilnehmer für die Forderungen des hessischen Ministerpräsidenten nach einem schärferen Jugendstrafrecht."

Wer jetzt noch sagt, selbst Parteimitglieder würden Koch nicht mehr für voll nehmen, muß begründen, warum der Bundesvorstand sich hinter dessen Positionen stellt. Es geht nicht um Wahlkampf, sondern um die Veränderung des politischen Klimas in diesem Lande. Spalten statt versöhnen, auf jeder Ebene.

Die CDU und das Jugendstrafrecht

Tagesschau 05.01.2008 - 14:46
CDU zieht mit Jugendstrafrecht in den Wahlkampf

Einstimmig hat die CDU auf ihrer Vorstandsklausur in Wiesbaden einen Forderungskatalog für ein schärferes Jugendstrafrecht beschlossen. Dieser beinhaltet die Einführung eines "Warnschussarrests", die Anhebung der Höchststrafe für Jugendkriminalität von zehn auf 15 Jahre und die konsequente Anwendung des Erwachsenenstrafrechts bei allen Tätern über 18 Jahre. Auch eine schnellere Abschiebung krimineller ausländischer Jugendlicher ist Bestandteil der "Wiesbadener Erklärung" - sie sollen bei einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zwingend ausgewiesen werden können.

Damit stellte sich die Partei hinter die Forderungen von Hessens Ministerpräsident Roland Koch. Der CDU-Politiker, der sich zurzeit im Wahlkampf befindet, forderte die SPD auf, sich mit der Union zu Beratungen zusammenzusetzen. Die Koalition müsse Antworten auf die Frage geben, wie mit jungen ausländischen Straftätern umgegangen werde, die bereits sehr viele Straftaten begangen hätten: "Schnellere Abschiebung ist für einige wenige, die in einer solchen Dramatik Straftaten begehen, die richtige Forderung." Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte die SPD vor einer Hinhaltetaktik. "Es muss was passieren, es darf nicht nur geredet werden", sagte die CDU-Chefin zum Abschluss der Vorstandsklausur.
Beck warnt vor "Schnellschüssen"

SPD-Chef Kurt Beck bekräftigte im "Spiegel" die Bereitschaft der SPD, über Wege für eine bessere Umsetzung der bestehenden Gesetze zu beraten, wenn die Landesregierungen in Hessen, Niedersachsen oder Hamburg damit Probleme hätten. "Das ist sinnvoller, als jetzt Schnellschüsse aus Motiven zu produzieren, die allein dem Wahlkampf geschuldet sind", sagte Beck dem Nachrichtenmagazin. Wer gegen Recht und Gesetz verstoße, müsse die Konsequenzen spüren, betonte Beck. "Da reichen die jetzigen Mittel aber voll aus."

Die "Wiesbadener Erklärung" beinhaltet noch weitere Themenbereiche. So fordert die CDU darin, das Kindergeld bis spätestens zum 1. Januar 2009 anzuheben. Über die Höhe wird voraussichtlich im Herbst entschieden. Ausgebaut werden soll auch die Kinderbetreuung. Bis 2009 soll nach dem Willen des Vorstandes zudem ein Eckpunktepapier für eine Steuerreform mit niedrigeren Steuersätzen vorliegen. Die CDU spricht sich auch für ein Mindesteinkommen aus, lehnt aber einen gesetzlichen Mindestlohn ab, da er ihrer Auffassung nach Arbeitsplätze vernichtet.

Die "Wiesbadener Erklärung" soll erste Leitlinien für das Unions-Programm für die Bundestagswahl 2009 festschreiben.

Tagesschau-Dossier

Erna 05.01.2008 - 14:49
Sind ausländische Jugendliche wirklich gewalttätiger? - Dossier

Warum werden Jugendliche kriminell?

Persönlichkeitsmerkmale, wie etwa der unzureichende Umgang mit Konflikten, sind ein Grund. Das soziale Umfeld und die Entwicklungsmöglichkeiten sind allerdings besonders wichtig. Vor allem die Situation in der Familie gilt als einer der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung von Aggression und der Neigung zu Straftaten. Opfer elterlicher Gewalt werden deutlich häufiger selbst zum Täter.

Werden Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger straffällig?

Ja, allerdings nicht so viel mehr, wie es die nackten Zahlen der Tatverdächtigenstatistik scheinen lassen. Die Polizeistatistik unterscheidet nach Deutschen und Ausländern. Ein Vergleich mit der deutschen Bevölkerung bleibt aber schwierig. Zum Beispiel waren 2005 22,5 Prozent aller Tatverdächtigen keine Deutschen. Der Ausländer-Anteil in Deutschland liegt bei 8,8 Prozent. Zu diesem Anteil werden allerdings Touristen und Illegale nicht gezählt, die in der Tatverdächtigenstatistik jedoch auftauchen. Ein Vergleich wird dadurch verfälscht. Dazu kommt etwa, dass hier lebende Ausländer häufiger in Städten wohnen und jünger sind – alles Faktoren, die auch bei deutschen Bürgern die Gefahr, kriminell zu werden, statistisch gesehen erhöhen.

Welche Erklärung gibt es für eine höhere Kriminalitätsquote bei nichtdeutschen Jugendlichen?

Wie bei allen jugendlichen Straftätern belasten soziale Probleme und Gewalt in der Familie die Entwicklung. Gerade in zugewanderten Familien kommt diese vor. Hier spielen aber beispielsweise auch noch Vorstellungen von Männlichkeit und Ehre eine Rolle, die zu Konflikten führen. Experten nennen auch immer wieder einen unsicheren Aufenthaltsstatus als einen belastenden Faktor.

Gibt es eine höhere Kriminalität bei Spätaussiedlern?

Hier haben es die Statistiker besonders schwer: Tatverdächtige unter den 1,6 Millionen Spätaussiedlern werden nicht als solche erfasst, denn sie haben einen deutschen Pass. Zudem gibt es in dieser Gruppe überproportional viele junge und männliche Bürger - eine höhere Kriminalitätsbelastung ist also "normal". Deutlich wird aber in verschiedenen Studien, dass es bei jungen männlichen Spätaussiedlern der letzten "Aussiedler-Welle" Mitte der 1990er Jahre eine erhöhte Kriminalität gibt.

Schrecken schärfere Strafen Jugendlichen ab?

Nach Ansicht der meisten Experten nicht. Die Rückfallquote von Jugendlichen, die eine Haftstrafe antreten, ist zudem hoch. Schwere strafrechtliche Sanktionen verschlechtern in vielen Fällen nach Ansicht der Experten eher die Prognose. Auch Kurzzeit-Arrest oder andere "Schock"-Maßnahmen helfen offenbar nicht oder nur wenig. Auch die Richter sind dieser Meinung: "Die Formel härtere Strafen gleich höhere Abschreckung gleich weniger Straftaten ist schlicht falsch", so der Vorsitzende des Deutschen Richterbunds, Frank Christoph.

Mehr zum Thema Jugendgewalt

S.O.S. 05.01.2008 - 14:54
Nehmen Straftaten durch Jugendliche zu?

Nein. Bis 1998 stieg die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen und Heranwachsenden nach der Polizeilichen Kriminalstatistik deutlich an. 300.000 Tatverdächtige zwischen 14 und 18 Jahren wurden damals registriert sowie rund 240.000 Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren und 150.000 Kinder. Ende 2006 war die Zahl der tatverdächtigen Jugendlichen auf knapp 280.000 gesunken, bei den Kindern unter 14 Jahren um ein Drittel auf 100.000. Bei den Heranwachsenden gab es kaum Veränderungen. Verurteilungen gibt es bei Jugendlichen und Heranwachsenden in 20 bis 30 Prozent der Fälle.

Welche Straftaten haben zu- und welche abgenommen?

Laut dem zweiten periodischen Sicherheitsbericht der Bundesregierung sank in den vergangenen Jahren die Zahl von Tötungsdelikten und Raubtaten. Dagegen gab es rund ein Drittel mehr Ermittlungen wegen Körperverletzung und mehr Drogendelikte. Bei letzteren geht es meist um Cannabis.

Begehen Jugendliche mehr Straftaten als Erwachsene?

Ja. Gut 12 Prozent aller Tatverdächtigen sind Jugendliche. An der Bevölkerung in Deutschland haben sie aber nur einen Anteil von rund fünf Prozent.

Sind Straftaten typisch für eine jugendliche Phase?

Ja, das ist "normal". Ab einem Alter von zehn bis zwölf Jahren steigt die Quote der Tatverdächtigen in allen vergleichbaren Ländern an. Mit 17 bis 18 Jahren erreicht sie ihren Höhepunkt, ab 20 sinkt sie wieder. Die Straftaten sind meist leichte Delikte. 90 Prozent aller männlichen Jugendlichen haben laut Umfragen einmal Straftaten begangen.

Werden vor allem Ältere Opfer von Jugendkriminalität?

Nein. Die meisten Taten richten sich gegen Gleichaltrige. Nach einer Detailanalyse der Kriminalstatistik in Baden-Württemberg von 2002 waren knapp 60 Prozent der Opfer in den untersuchten Fällen von 14- bis 21-jährigen Tätern im gleichen Alter. Bedeutend häufiger werden Kinder und Jugendliche Opfer von erwachsenen Tätern.

Welche Rolle spielt die "Clique"?

Eine große. Der britische Autor Mark Warr hat es so ausgedrückt: "Der beste Faktor zur Vorhersage für kriminelles Verhalten ist die Zahl von straffällig gewordenen Freunden, die ein Mensch hat." Gewalt und Straftaten finden sich vor allem in Cliquen, in denen sich Jugendliche aus sozial schwierigen Verhältnissen zusammentun. Auch die Schulklasse ist übrigens eine Clique. Vom Verhalten der Mitschüler hängt beispielsweise auch ab, ob ein Jugendlicher seine "Täterrolle" weiter spielen kann.

Nimmt die Gewalt an den Schulen zu?

Verschärfte Meldepflichten, eine höhere Aufmerksamkeit von Behörden und Öffentlichkeit bringen zwar mehr Fälle ans Licht. Dennoch sank die Zahl der polizeilich ermittelten Straftaten an Schulen. Bundesweite Untersuchungen fehlen, einzelne Studien zeigen aber einen "allmählichen Rückgang" von Gewalt an Schulen.

Sind die Jugendlichen gewalttätiger geworden?

Trotz einer gestiegenen Zahl von Körperverletzungen legen Untersuchungen eher das Gegenteil nah. Zwar gibt es Unterschiede in den Regionen, aber die Tendenz zur Gewaltbereitschaft scheint zu sinken. Studien 2002 und 2005 in Greifswald, Duisburg, Münster, München und Stuttgart zeigten das im Vergleich zu 1998. Die höhere Zahl von Tatverdächtigen bei Gewalttaten wie Körperverletzung wird von den Experten eher durch mehr Anzeigen in diesem Bereich und einem genaueres "Hinsehen" auch der Behörden erklärt.

Roland Koch - ein Rechtspopulist im Wahlkampf

Medienkompetenz 05.01.2008 - 18:40

Unionspolitiker haben nach dem brutalen Überfall auf einen Rentner in München härtere Strafen gegen kriminelle Jugendliche und junge Erwachsene gefordert.
An vorderster Front dabei: Hessens Ministerpräsident Roland Koch.
Und obwohl Experten, Richter und viele andere Poliker die Debatte als populistisch, überflüssig und unglaubwürdig bezeichnen, legt Koch immer weiter nach.

Seine Vorstöße haben offenbar einen konkreten Hintergrund: In Hessen ist Wahlkampfzeit,
am 27. Januar wird der neue Landtag gewählt.
Und die SPD hat mit dem Mindestlohn sogar ein Thema für sich entdeckt, das bei den Wählern zieht, wie Umfragen zeigen.
Also setzt Koch im Wahlkampf wieder einmal auf die Innere Sicherheit, auf die Ängste der Bürger vor Kriminellen und die Vorbehalte gegenüber ausländischen Mitbürgern.

Damit will Koch auch von seiner eigenen Bilanz ablenken:

* Roland Koch hat während seiner bisherigen Regierungszeit rund 700 Stellen bei den Polizisten gestrichen.

* Roland Koch hat in Hessen seit 2004 mehr als 80 Stellen von Richtern und Staatsanwälten gestrichen.

Forum: Roland Koch - ein Rechtspopulist im Wahlkampf
 http://daserste.ndr.de/de-forum/thread.jspa?threadID=161&tstart=0

QUELLE:
 http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2008/t_cid-4494598_.html

Online-Durchsuchung: CSU ungeduldig

Parteibuch 05.01.2008 - 19:41
Nachdem in den letzten Wochen eher die mit Jahresbeginn eingeführte Vorratsdatenspeicherung die öffentliche Debatte bestimmte, sorgt die CSU nun dafür, dass auch die Online-Durchsuchung nicht in Vergessenheit gerät. Wie heise online unter Berufung auf unter Anderem die “Passauer Neue Presse” berichtet, hat deren Landesgruppe im Bundestag im Rahmen eines “Strategiepapiers zur Inneren Sicherheit” jetzt noch einmal verstärkt Druck gemacht, die Online-Durchsuchung möglichst zügig einzuführen.

In diesem Rahmen wird noch einmal die terroristische Bedrohung betont. “Deutschland muss sich darauf einstellen, auch in Zukunft Ziel terroristischer Anschläge zu sein” und es sei daher “von entscheidender Bedeutung, die Sicherheitsbehörden durch geeignete Ermittlungsinstrumente in die Lage zu versetzen, Anschlagsplanungen frühzeitig aufdecken zu können”, heißt es in dem Papier. Die übliche Rhetorik der Unionsparteien also. Wie groß die Bedrohungslage tatsächlich ist, ist für den normalen Bürger schwer bis gar nicht zu verifizieren. Sicher ist, dass sie existiert- und dass die Online-Durchsuchung laut Sicht vieler Experten nicht das geeignete Mittel ist, ihr zu begegnen. Einerseits ist sie dazu zu ineffektiv, denn gerade Schwerkriminelle und Terroristen werden die ersten sein, die sich schützen, ins Ausland oder auf alternative Kommunikationsmethoden ausweichen. Andererseits darf man bei allem berechtigten Interesse an der Sicherheit aller in Deutschland lebender Personen nicht vergessen, dass es auch noch andere Werte gibt, die zählen und die unser Staat zu schützen verpflichtet ist. Dazu gehört auch die Privatsphäre der Bürger und ihr effektiver Schutz vor staatlicher Willkür. Diese Dinge würden durch die Online-Durchsuchung stark gefährdet, und bis jetzt ist es noch niemandem gelungen, das effektiv zu verhindern. Somit würden Werte geopfert, die unser Staat bei allem Sicherheitsinteresse nicht opfern darf- und das für einen fragwürdigen Gewinn.

Dies sieht die CSU anders. Dementsprechend werden Forderungen an den Koalitionspartner gestellt: Die Sozialdemokraten müssten daher spätestens nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Online-Razzien in Nordrhein-Westfalen “umgehend und ohne jede weitere Verzögerung der Schaffung der Rechtsgrundlage für die Online-Durchsuchung im Bundeskriminalamtgesetz zustimmen,” berichtet heise. Dies ist interessant, denn immerhin kann die CSU noch nicht wissen, wie das Urteil aussehen wird. Das liegt in der Natur der Sache. Wie also will man jetzt schon den richtigen Kurs für die Zeit nach dem Urteil wissen? Entweder ist man sich bei der CSU seiner Sache zu sicher und geht fest davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht die Online-Durchsuchung für verfassungsgemäß erklären wird- wofür momentan nicht sehr viel zu sprechen scheint. Oder aber man nimmt die ganze Sache nicht richtig ernst, was ein erschreckendes Verhältnis zur Demokratie und zum Gesetz offenbaren würde.

Noch weitere Nettigkeiten werden in dem entsprechenden Strategiepapier zu finden sein: Im innenpolitischen Bereich will die CSU neben dem Thema Jugendkriminalität vor allem die Terrorabwehr und die Verschärfung von Überwachungsgesetzen in den Vordergrund rücken. Auch die Verfassungsschutzbehörden sollten daher gemäß dem Strategiepapier im terroristischen Umfeld verdeckt online Daten erheben und etwa Computer durchsuchen dürfen. Die CSU will es dabei nicht zur Bedingung machen, dass vorab Informationen über “konkrete Anschlagsplanungen” bekannt sind. Je nachdem, was nun endgültig in dieses Strategiepapier eingehen wird, dürften hier wieder einige Maßnahmen zu finden sein, die der Unschuldsvermutung nur unzureichend Rechnung tragen- und schon wird ein weiteres Problem der neuen Terrorbekämpfungsmaßnahmen überdeutlich: Die pauschale Kriminalisierung aller Bürger. Diese ist schon bei der Vorratsdatenspeicherung im Überausmaß festzustellen; eines der Argumente derjenigen, die nun Verfassungsbeschwerde gegen die VDS eingelegt haben. Auch die Online-Durchsuchung tut sich in dieser Hinsicht sehr hervor, insbesondere, wenn immer weiter Abstand davon genommen wird, dass es einen konkreten Verdacht geben muss.

Nach Ansicht der CSU-Experten ist der von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorlegte Referentenentwurf für ein Vorgehen gegen terroristische Straftaten im Vorfeld zudem nicht ausreichend. Vor allem das geplante gesetzliche Verbot von Aufenthalten in Terror-Ausbildungscamps gehe nicht weit genug. So dürfte Beschuldigten eine “konkrete Absicht”, danach Anschläge zu begehen, “so gut wie nie nachzuweisen sein”, heißt es in dem Papier. Das geht in dieselbe Richtung, in eine Richtung, in der ein Überausmaß an Präventionsmaßnahmen zu einem Staat führt, der seinen Bürgern grundsätzlich misstraut und daher ihre Rechte in inakzeptabler Weise einschränkt. Auch im neuen Jahr dürfte das Thema innere Sicherheit wieder die Gemüter bewegen- aber mit einem Entgegenkommen der Union ist allem Anschein nach nicht zu rechnen. Nun ist es am Bürger, die Politiker zur Einsicht zu bewegen und sich nicht weiter wie Kriminelle, wie nicht vertrauenswürdige Personen behandeln zu lassen. Das hat die überwiegende Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen nicht verdient- sie verdient den Schutz des Staates, aber nicht sein Misstrauen.

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gewalt ist doof — 666

Problemartikel — inhaltlich fast richtiger Dünnschiss!