Kundgebung gegen Geschichtsrevisionismus

OLAfA 13.12.2007 19:17 Themen: Antifa
Hundert Menschen haben am Donnerstag in Göttingen gegen die Verharmlosung und Instrumentalisierung der NS-Verbrechen demonstriert. Die Kundgebung der OLAfA (Offene Linke - Alles für Alle) machte auf den „Zug der Erinnerung“ aufmerksam, der seit Donnerstag im Göttinger Bahnhof zu besichtigen ist, und kritisierte aktuelle geschichtspolitische Entwicklungen.
Rund hundert Menschen haben am Donnerstag an einer Kundgebung teilgenommen, die die OLAfA (Offene Linke – Alles für Alle) anlässlich des Besuchs des "Zugs der Erinnerung" in Göttingen veranstaltete. Mit der Kundgebung machte die OLAfA, die der Regionalgruppe Göttingen des „Zugs der Erinnerung“ angehört, aber nicht nur auf die rollende Ausstellung aufmerksam machen, die an die Deportation und Ermordung zehntausender Kinder im Nationalsozialismus erinnert. Unter dem Titel „It’s all a little bit of history revised - Deutsche Zustände angreifen“ richtete sich die Protestaktion auf dem Jakobikirchhof auch und vor allem gegen aktuelle geschichtspolitische Entwicklungen in Deutschland – gegen die Indienstnahme der NS-Vergangenheit für aktuelle machtpolitische Interessen der Bundesrepublik, gegen die Verharmlosung und Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen durch die Gleichsetzung mit alliierten Bombenangriffen und der Vertreibung der Deutschen aus dem Osten.
„Die Ankunft des Zuges nehmen wir zum Anlass, eine kritische Auseinandersetzung mit den nationalsozialistischen Verbrechen einzufordern“, erklärte die OLAfA. Die Anerkennung deutscher Schuld dürfe nicht – wie seit der rot-grünen Bundesregierung üblich – dazu missbraucht werden, ein Selbstbild Deutschlands als vorgeblich „geläuterte Nation“ zu begründen und damit heutige Kriegseinsätze in aller Welt zu legitimieren. „Einer Instrumentalisierung oder Versöhnung mit der deutschen Vergangenheit kann nur mit einer fortwährenden Auseinandersetzung und einem zu vollziehenden Bruch begegnet werden.“ Der Redebeitrag der OLAfA endete mit einem Zitat von Marlene Dietrich: "Deutschland: Nie wieder!"
Die Basisgruppe Geschichte kritisierte in ihrem Beitrag die Art und Weise, wie ehemalige ZwangsarbeiterInnen von der Bundesrepublik entschädigt wurden: "Um überhaupt Zahlungen zu bekommen, mussten sich die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen wieder bürokratisch in verschiedene Kategorien einordnen lassen, und die Täter entschieden ein weiteres Mal über die Opfer", sagte eine Sprecherin. "Deutschland erhielt selbst die Deutungsmacht darüber, wer zur Gruppe der Opfer gehöre und welches Ausmaß dieses 'Opfersein' wohl angenommen habe."
Die Gruppe Gegenstrom zeigte am Beispiel der Diskussionen um die allierten Bombenangriffe auf Dresden, dass die deutsche Mehrheitsbevölkerung sich am liebsten selbst als Opfer darstellt und die im Nationalsozialismus Verfolgten, Entrechteten und Ermordeten in den Hintergrund drängt: "Das Gedenken an die Bombardierung von Dresden dient in erster Linie der Relativierung der NS-Verbrechen."
Die Redical M verwies darauf, dass faschistische Gewalt und rechtes Gedankengut auch heute in Deutschland noch alltäglich sind - ebenso wie rassistisches Handeln des Staates: "Der Unterschied zwischen der Jagd auf Nicht-Deutsche in Mügeln und dem Abschiebeflughafen Frankfurt am Main besteht zwar, aber im Wesentlichen besteht er aus dem exekutierten Volksmobwillen einerseits und aus dem institutionalisierten kapitalistischen Selektionsmechanismus andererseits", hieß es in dem Redebeitrag. "Auch heute, in Deutschland 2007, ließen sich wohl problemlos Menschen finden, die einen Deportationszug fahren würden, die ihn bewachen würden und die die Weichen nach Auschwitz stellen würden."
Zwischen den Beiträgen erklang Swing - Musik, also die im Nationalsozialismus als "entartet" galt und verboten war. "Indem wir diese Musik spielen, solidarisieren wir uns mit den Menschen, die sie gehört haben und deshalb verfolgt wurden", sagte ein Sprecher der OLAfA.
Der "Zug der Erinnerung" ist noch am Freitag, 14. Dezember, und Sonntag, 16. Dezember, im Göttinger Bahnhof auf Gleis 11 zu besichtigen (Öffnungszeiten: 8 bis 18 Uhr). Am Samstag, 15. Dezember, fährt die mobile Gedenkausstellung für einen Tag nach Northeim.

Offene Linke - Alles für Alle (OLAfA)
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