Freispruch für Matti

Stefan Jakob 13.12.2007 17:45 Themen: Antifa Repression
Heute ging vor dem Amtsgericht Tiergarten der Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung gegen den Gewerkschafter und Antifaschisten Matthias Z. mit einem Freispruch zu Ende.
Am heutigen Verhandlungstag forderten der Verteter der Staatsanwaltschaft und die Anwälte der Nebenkläger einen Freispruch aus tatsächlichen Gründen für Matthias Z. bezüglich des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung. Matthias Z. wurde vorgeworfen, am 29. November 2006 an einer Auseinandersetzung zwischen zwei verurteilten Neonazis und vermeintlich Linken in Berlin-Lichtenberg beteiligt gewesen zu sein. Nur durch die Aussagen der zwei polizeibekannten Neonazis konstruierten der Polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamtes (LKA) sowie die politische Abteilung der Staatsanwaltschaft den Vorwurf des versuchten Totschlags gegen Matthias Z. Der Beschuldigte war den beiden militanten Neonazis aufgrund seines antifaschistischen Engagements bereits bekannt. Sie legten den ermittelnden Beamten ein Foto von Matthias Z. aus ihrer Anti-Antifa-Feindkartei vor.


Bereits am zweiten Prozesstag war der bis dahin nur außer Vollzug gesetzte Haftbefehl gegen Matthias Z. aufgehoben worden, nachdem bereits vor Monaten das Konstrukt des "versuchten Totschlags" in sich zusammenbrach.

Heute musste sich der Staatsschutzbeamte den Fragen des Gerichts stellen, der die Vernehmung der Belastungszeugin geführt hatte. Offenbar hatte er die Neonazizeugen in einem anderen Verfahren von vornherein als unglaubwürdig und deren Angaben als zweifelhaft eingeschätzt. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran,wenige Minuten später den zweifelhaften Aussagen der selben Belastungszeugin gegen Matthias Z. Glauben zu schenken. Er konnte dem Gericht und der Verteidigung nicht erklären, warum er diese offenkundigen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin P. als Bearbeiter des gegen Matthias Z. geführten Verfahrens nicht mit einem Wort aktenkundig gemacht hatte. Dieses Versäumnis wiegt umso schwerer, als gegen Matthias Z. zum Zeitpunkt der Vernehmung bereits Untersuchungshaft vollstreckt wurde. Dieses war dem vernehmenden LKA-Beamten, der den Haftbefehl nur wenige Tage zuvor selbst angeregt hatte, auch bekannt. Ein anderer Staatsschützer versuchte darzulegen, dass eine Matthias Z. entlastende Auswertung seiner Telefonverbindungen ein Indiz für seine Täterschaft sei, da er zum Tatzeitpunkt absichtlich nicht telefoniert habe. Diese Ermittlungsmethoden wurden durch die Verteidigung scharf kritisiert.

Rechtsanwalt Dr. Gercke, einer der Anwälte von Matthias Z., berichtete von Aussagen des damals die Ermittlungen führenden Staatsanwaltes, der bereits beim ersten Haftprüfungstermin erklärt habe, man müsse ein Zeichen gegen politische Gewalt im Lichtenberger Weitlingkiez setzen. Rechtsanwalt Daniel Wölky legte in seinem Plädoyer dar, dass es explizite Strategie der Anti-Antifa ist, politische Gegner willkürlich schwerer Straftaten zu bezichtigen. Rechtsanwalt Dr. Pananis verwies auf die schwerwiegenden Folgen der monatelangen Untersuchungshaft für Matthias Z.

Die Sprecher der Solidaritätsgruppe Freiheit für Matti, Stefan Jakob und Marina Kochova, erklären hierzu: "Der Prozessverlauf hat gezeigt, dass der Staatsschutz nicht davor zurückschreckt, unseriöse Ermittlungsmethoden einzusetzen und dabei auch die Inhaftierung Unschuldiger in Kauf zu nehmen."
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Ergänzungen

@ Haftentschädigung

Verpflegungspauschale 13.12.2007 - 18:52
Matti bekommt pro Hafttag 11,- Euro und davon werden auch noch 4,50 Verpflegungspauschale abgezogen, siehe:
 http://freiheitfuermatti.com/index.php?option=com_content&task=view&id=123&Itemid=71

Presseerklärung der Kritischen JuristInnen

Kristina Tiek 13.12.2007 - 20:08
Pressemitteilung der Kritischen JuristInnen der FU-Berlin zur Prozessbeobachtung im Verfahren gegen „Matti“

Berlin, 13.12.2007 /// Verfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten /// Mathias Z. vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen /// Verurteilung wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu 120 Tagessätzen /// Zweifelhafte Ermittlungstätigkeit des Berliner LKA.


Unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen und mit unzumutbaren Schikanen gegenüber den anwesenden ProzessbeobachterInnen ging heute vor dem erweiterten Schöffengericht am Amtsgericht Tiergarten der Prozess gegen den Antifaschisten Mathias Z. zu Ende. Auf Grund der medialen Beachtung und der strafprozessualen Besonderheiten haben die Kritischen JuristInnen diesen Prozess beobachtet. Mit dieser Pressemittelung wollen wir unsere Beobachtungen sowie unsere rechtlichen und tatsächlichen Bewertungen des Falls der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Zum einen begrüßen wir den Freispruch vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung. Dennoch muss in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Mathias Z. wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung über 3 Monate lang in Untersuchungshaft saß sowie dass es überhaupt zu einer Anklage des nun Freigesprochenen gekommen ist, kritisch bewertet werden. Auf der anderen Seite halten wir die Verurteilung des (nicht vorbestraften) Mathias Z. wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 Euro als deutlich zu hoch und nicht schuldangemessen.

Gegenstand des Verfahrens war ein Angriff auf zwei Personen der Rechten Szene im U-Bahnhof Lichtenberg im November vergangenen Jahres. Die beiden Geschädigten behaupteten damals gegenüber der Polizei unter den drei vermummten Angreifern, Mathias Z. erkannt zu haben. In der Hauptverhandlung konnten sie diese Aussage nicht mehr mit voller Sicherheit bestätigen. Auch dem Sitzungsvertreter der Staatanwaltschaft und dem Gericht sind dabei die auffälligen Ähnlichkeiten weiter Teile der Aussagen der beiden Belastungszeugen nicht entgangen. Auch die Behauptung den Täter, dessen gesamtes Gesicht bis auf die Augenpartie vermummt gewesen sein soll, an dem „markanten Gesicht“ und den „schmalen Augen“ erkannt haben zu wollen, scheint mehr als zweifelhaft.

Zudem hatten die beiden Zeugen bereits in einem anderen Verfahren (so genanntes „Piccollo-Verfahren“) gezielt „Angehörige der linken Szene“ verdächtigt. Diese Aussagen waren von der Polizei als völlig unglaubwürdig eingestuft worden. Vor diesem Hintergrund und auf Grund weiterer Hinweise liegt hier daher der Verdacht nicht fern, dass Mathias Z. von den Zeugen wissentlich falsch beschuldigt wurde. Objektive Beweise für die Täterschaft von Mathias Z. scheinen nach dem, was die Beweisaufnahme der Hauptverhandlung ergeben hat zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens vorgelegen zu haben.

Dass es dennoch zu einer Anklage gekommen ist, scheint an dem enormen „Ermittlungseifer“, insbesondere des Berliner LKA zu liegen, dessen Abteilung 534 (zuständig für politisch motivierte Straftaten) die Ermittlungen durchgeführt hat. Hinweise die Mathias Z. in Bezug auf eine Beteiligung an dem Angriff entlastet haben, wurden nicht herangezogen oder als belastend bewertet.

So drängt sich uns der Verdacht auf, dass die Berliner Polizei vor dem Hintergrund der häufigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der linken und der rechten Szene im Herbst 2006, über die auch in den Medien vermehrt berichtet wurde und derer die Berliner Polizei damals nicht Herr zu werden schien, endlich einen vorweisbaren Ermittlungserfolg erzielen wollte. Die von den beiden Zeugen vorgebrachten Anschuldigungen wären dem LKA demnach „gerade recht“ gekommen. Fest steht, dass eine kritische Würdigung des Beweismaterials, geschweige denn die Erhebung von entlastenden Beweisen (wozu Staatsanwaltschaft und Polizei verpflichtet sind) nicht stattgefunden haben.

Die Verteidiger von Mathias Z. haben den Prozess und im speziellen die zweifelhafte Rolle des LKA 534 als einen „Justiz-Skandal“ bezeichnet. Zumindest solange die Berliner Staatsanwaltschaft den erhobenen Vorwürfen nicht ernsthaft nachgeht und entsprechende rechtliche Konsequenzen aus dem Fall zieht, können sich die Kritischen JuristInnen dieser Bewertung nur anschließen.


Kristina Tiek, Kritische JuristInnen der FU-Berlin
www.rechtskritik.de

Freispruch für Antifa-Aktivist

RBB 13.12.2007 - 22:18
Der wegen eines Überfalls auf zwei Neonazis angeklagte "Antifa-Aktivist" Matthias Z. ist am Donnerstag vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden.

Der Tatvorwurf habe sich "nicht erhärtet", hieß es. Die beiden Opfer und zugleich einzigen Belastungszeugen im Verfahren hätten einen "Rückzieher" gemacht. Der 22-jährige Schüler wurde allerdings wegen unerlaubten Besitzes einer Stahlrute zu 1200 Euro Geldstrafe verurteilt.

Matthias Z. wurde vorgeworfen, am 29. November vorigen Jahres mit zwei Mittätern auf dem U-Bahnhof Lichtenberg zwei Neonazis am Kopf verletzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich Anklage wegen versuchten Totschlags erhoben, den Vorwurf später aber abgeschwächt.

Der Angeklagte war im März nach 101 Tagen aus der U-Haft freigekommen.

geklaut bei rbb!!
 http://www.rbb-online.de/_/nachrichten/politik/beitrag_jsp/key=news6804629.html

Presseinfo ver.di Berlin-Brandenburg

Bernhard T. 14.12.2007 - 04:10
Pressemitteilungen
Freispruch für Matti (Nr. 216)
Freispruch für Matti – Doch offene Fragen bleiben
13.12.2007

Matthias Z. ist heute vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen worden. Erleichtert zeigt sich darüber Andreas Köhn, stellvertretender ver.di-Landesbezirksleiter Berlin-Brandenburg. „Wir waren immer von der Unschuld unseres Kollegen überzeugt“, versichert Köhn weiter. Die Ermittlungen des LKA, das eingeleitete Verfahren und die Untersuchungshaft von 101 Tagen werfen allerdings zahlreiche Fragen auf und hinterlassen mehr als einen schalen Nachgeschmack.

Am 29. November 2006 war ein zur rechten Szene zählendes Paar im S-Bahnhof Lichtenberg von drei Vermummten angegriffen worden. Trotz der Vermummung wollen die Beiden Matthias Z. als einen der Angreifer erkannt haben. „Matti hat die Beteiligung an der Tat immer bestritten und wir haben unserem Kollegen von Beginn an geglaubt“, bestätigte Andreas Köhn.

Die Staatsanwaltschaft hingegen hielt die Angegriffenen für glaubwürdig und machte sich die Version der Opfer zu eigen. Während des Prozesses beschrieben drei unabhängige Zeugen die Angreifer als etwa 1,70 Meter bis 1,80 Meter groß – der gewerkschaftlich Aktive Matthias Z. ist jedoch 1,97 Meter groß. „Bereits diese Diskrepanz hätte im Vorfeld des Prozesses auffallen müssen“, stellte Köhn fest.

Im Weiteren stand das gesamte Verfahren auf sehr tönernen Füßen. Ein Beamter hatte das weibliche Opfer als Zeugin in einer anderen Ermittlung vernommen. Dabei wollte sie ebenfalls vermummte Angreifer in der Dunkelheit so gut erkannt haben, dass sie sechs Personen namentlich beschuldigte. Unglaubwürdig, urteilte der Beamte. Als er die NPD-Anhängerin wenige Minuten später zu ihrem eigenen Überfall auf dem S-Bahnhof Lichtenberg vernahm erschien ihm ihre Aussage, den Vermummten als den Gewerkschafter Matthias Z. erkannt zu haben als ausreichend verlässlich, um daraufhin ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. „Erst durch die Verteidigung wurde diese Unglaublichkeit öffentlich“, sagte Andreas Köhn. ver.di erwartet von der Staatsanwaltschaft und vom LKA eine Erklärung und personelle Konsequenzen. „Für uns besteht noch immer der Verdacht, dass Rechtsextremisten die Justiz missbrauchen, um Jagd auf Antifaschisten und Gewerkschafter zu machen“, betonte Andreas Köhn.


Für inhaltliche Rückfragen:
Andreas Köhn - stellvertretender ver.di-Landesbezirksleiter Berlin-Brandenburg


Herausgeber:
Pressestelle des Landesbezirks Berlin-Brandenburg
der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)
Andreas Splanemann – Pressesprecher
(Tel: 030/ 8866 – 4111)

 http://bb.verdi.de/presse/pressemitteilungen/showNews?id=2a3f3552-a989-11dc-5882-0019b9e321cd

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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YEAH — SUPI

Haftentschädigung? — (muss ausgefüllt werden)

Ich sperr dich ein — du kriegst 6 Eier pro Tag

Es — wird

@ es — flo