Bündnis für bessere Bildung - Hessen

Comandante El Punkt 10.12.2007 02:29 Themen: Bildung
Am 30.11.07 wurde in Darmstadt von Lehrern, Eltern, Schülern und Studenten ein Bündnis für bessere Bildung in Hessen gegründet. Ziel des Bündnisses von GEW, Elternbund Hessen, der Landesschülervertretung und der Landes-Asten-Konferenz (Vertretung der Studierenden) sei es, "den vorhandenen Unmut zu bündeln".

Bündniss ruft zu Protesten auf:

"Wir rufen dazu auf, gegen die katastrophale Bildungspolitik dieser Landesregierung zu protestieren", sagte Jochen Nagel, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). (Quelle: FR-Online)

Unter dem Motto: "Das geht auch ganz anders" verleiht die GEW nun ihren Forderungen gemäß Jochen Nagel auch bereits Nachdruck. So kündigt sie bereits am 15.12.07 eine Demonstration an und stellt sich damit hinter die Studierendenvertretungen Darmstadts. GEW Hessen - Termine

"Mit der Demonstration soll erneut ein Zeichen gesetzt werden, was wir von den Gebühren halten. Mit Hinblick auf die Landtagswahlen am 27.Januar 2008 wollen wir noch einmal die über 70000 der wahlberechtigten Hessen, die an der Verfassungsklage teilnahmen, daran erinnern, für was und gegen welche Partei sie bereits damals stimmten. Zusätzlich ist es wichtig, erneut in die Presse zu kommen und Zeichen zu setzen."
so Dirk Völliger auf der Hompage des Asta der TU-Darmstadt Asta - TU Darmstadt


BRD bricht Völkerrecht:

Darüber hinaus sei auch an des Völkerrecht erinnert. Wie Wolfgang Lieb treffend beschreibt, steht den Studiengebühren international auch geltende und durch alle Instanzen annerkanntes Völkerrecht entgegen. Das formale Bundesgesetz des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 16.Dezember 1966 wurde allerdings vom OVG Münster am 09.10.2007 als "weder darauf angelegt noch geeignet, innerstaatlich als unmittelbar geltendes Recht angewandt zu werden“ obwohl noch 2001 das Bundesverwaltungsgericht feststellte: "Der völkerrechtliche Charakter des Paktes schließt allerdings nicht aus, dass eine natürliche Person aus diesem Vertrag [gemeint ist der UN-Sozialpakt] unmittelbar Rechte ableiten kann. Die Transformation eines völkerrechtlichen Vertrages durch ein Zustimmungsgesetz führt zur unmittelbaren Anwendung einer Vertragsnorm, wenn diese nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, also dafür keiner weiteren normativen Ausfüllung bedarf." (Quelle: Bei Studiengebühren hört das Völkerrecht auf)

Argumente gegen Völkerrechtsverletzungen in anderen Teilen der Welt scheinen an Gewicht zu verlieren, wenn die BRD innerstaatlich meint diese Völkerrechte aushebeln zu können.


Kommentar:

Letztlich geht es bei der Argumentation für die Gebührenfreiheit des Bildungssystems ja um die damit verbundene soziale Selektion. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Reproduktion der Bildungseliten. Wissenschaft im Geflecht der 3 großen Elemente von Machtkonstitution, der Wirtschaft, der Politik und der Wissenschaft bekommt durch die soziale Selektion die Möglichkeit Machtpositionen unter sich zu verteilen und für sich zu rechtfertigen (Wissenschaft). Dadurch bleibt der Charakter der sozialen Ordnung erhalten und unanfechtbar. Eine zu starke Öffnung der Eliten durch freie Bildung für alle würde dazu führen, Machtpositionen zu stark zu substituieren. Die Elite lebt von ihrer Abschottung gegen andere. Sie verteilen die vorhandenen und durch Ausbeutung erreichten Ressourcen unter sich. Freie Bildung eröffnet hierbei unberechenbare Spielräume. Die Eliten könnten ihr Machtmonopol verlieren und von sozial Schwachen unterwandert werden. Diese Erkenntnis führt zu einer entschlossenen Haltung gegen freie Bildung innerhalb dieser elitären Gruppe. Im Millieuchargon auch "Familie" genannt, handelt die Elite alle Verteilungsoptionen unter sich aus. Hierbei ist die Angehörigkeit zur Familie oder eine Gönnerschaft der "Familie" zentrales Entscheidungskriterium. Da der Druck auf die Elite im Rahmen der Globalisierung größer wird kommte es momentan eher zu einer konzentration der Eliten, statt zu einer durch freie Bildung begünstigen Ausdehnung dieser Gruppe.Zentrales Argument für den Begriff der Ausbeutung:Wenn von einer Größe x, eine kleine Gruppe einen Großteil der Größe besitzt, bleibt mathematisch weniger für den Rest übrig. x = Gesamtmenge des gehandelten Kapitals.


Ökonomisierung des Bildungssektors:

Mit der zunehmenden Ökonomisierung des Bildungssystems geht der Bundesrepublik Deutschland nicht nur die Zukunft flöten, sondern auch ein gutes Stück Kultur. Sind doch sogar die Eliteuniversitäten aus den USA neidisch auf unser Grundrecht Bildung Unternehmen Universität. Die Kultur gilt es in dieser Frage zu verteidigen, gegen eine uneingeschränkt geltende wertelose Profitorientierung des Wirtschaftsektors, welcher sich in seinen wirtschaftsfaschistischen Zügen bereits selbst zu unterwandern scheint. Denn abgekoppelt von Kultur ist auch der Profit wertlos. - Profit ohne Kultur, ist wie ein Laden ohne Kunden! - Als ob es nicht schon genug wäre mit ökonomischem Kalkül Menschen zu unterdrücken und in den Tod zu treiben, will sich dieses Wirtschaftssystem jetzt auch noch selbst auffressen, als wären sie Kannibalen die sich an ihren eigenen Gliedmaßen ernähren.

Proteste 2006/2007:

Medienverarsche und Politikwillkür, waren in Hessen zentrales Thema der Bildungspolitik des letzten Sommers. Wer hat schon mitbekommen wie oft es Demonstrationen gegen die Studiengebühren gab, die Medien haben das Thema totgeschwiegen. Wen hat schon interessiert, was in der hessischen Verfassung steht, oder was uns die internationalen Menschenrechte vorschreiben. Niemanden!

Es ist schon unglaublich was den hessischen Studierenden und auch jenen aus anderen Bundesländern zugemutet wird, wenn sie die neoliberale Unterwanderung des Bildungssystems gegen geltendes Recht und Menschenrechtskonventionen, zudem gegen den gesunden Menschenverstand und dem Sozialstaatsprinzip einfach so hinnehmen sollen.

In Hessen ist nur noch auf ein unabhängiges Justizsystem zu hoffen, welches ja in anderen Bereichen schon gezeigt hat, wie sehr es doch eigentlich an der Nadel des Regierungswillens hängt.

Um dem Zeitgeist entgegen zu wirken gab es vorletzten Sommer unzählige Demonstrationen und Protest-Aktionen.Summer of Resistance Auch im vergangenen Sommer gingen die Proteste in eine weitere Runde.

Um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen, müssen die Übriggebliebenen Denker weiter Druck ausüben. Es geht ja nicht um unseren eigenen Profit, nein es geht um das Allgemeinwohl. Nur wir können scheinbar die entscheidenden Strukturen erkennen und müssen in dieser Position nun auch die Legitimation zum stellvertretenden Handeln für die Gesellschaft annehmen.

Medientipp:

The new resistance - II

Vernetzungstreffen "Studiengebühren" in Darmstadt:

14. - 16. Dezember
Uebergebuehr
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Ergänzungen

BASH

antifa 10.12.2007 - 15:06
Auf zum antikapitalistischen Block

Revolution statt Verfassungsklage

Für den 15. Dezember 2007 rufen die Darmstädter Asten und andere studentische Gruppen zu einer landesweiten Demonstration in Darmstadt auf. Unter dem Motto “Das geht nur ganz anders” soll an die Proteste gegen Studiengebühren angeknüpft und mit der hessischen Landesregierung im allgemeinen abgerechnet werden.
Zunächst einmal positiv zu bewerten ist hier, dass das Vorbereitungsbündnis versucht, sich von einer alleinigen Fixierung auf Studiengebühren zu lösen, einen Zusammenhang zu Themen wie Sozialabbau herstellt und versucht das entsprechende Personenpotenzial zu mobilisieren, um so über den eigenen Dunstkreis hinaus zu kommen. Ob dies gelingt ist fraglich, doch den Versuch ist es allemal wert.
Doch auch wenn der Zusammenhang zwischen unterschiedlichen Verschlechterungen in verschiedenen (sozialen) Bereichen erkannt und auch Thematisiert wird, so wird er doch, wie ja leider zu erwarten war, nicht beim Namen genannt. Überraschung: Es geht natürlich mal wieder um den Kapitalismus!
Denn auch wenn die Studentenbewegung als ganzes durchaus mehr politisches Verständnis an den Tag legt, als man es hierzulande in der Regel erwarten darf und Sprechchöre der Marke “Wir sind das Volk” und dergleichen uns zum Glück weitgehend erspart blieben, bleibt es trotzdem eine traurige Tatsache: Die Studentenproteste sind eindeutig keine revolutionäre Bewegung.
Sie sind zunächst einmal nur ein Versuch, sich innerhalb der kapitalistischen Hegemonie die eigenen Rechte (in dem Fall: mehr oder weniger kostenlose Bildung) zu bewahren. In diesem Punkt unterscheiden sich die Studierenden also nicht Grundlegend von den HartzIV-Protestlern, den Flughafen-Ausbau-Gegnern, angepissten RaucherInnen oder auch den Lokführern, die sich höhere Löhne erstreiken wollen.
Der Grund, aus dem sie für eine radikale und emanzipatorische Linke trotzdem von gehobenen Interesse ist, sind aber eben nicht ihre (sowieso diffusen und uneindeutigen) Inhalte, sofern diese überhaupt über das Thema Studiengebühren hinaus gehen, sondern vielmehr die Form der Proteste.

Denn auch wenn der bürgerliche Staat als solcher nie in das Visier der Kritik gerückt ist, wurden dennoch die Regeln die durch ihn vorgegeben sind ganz klar und bewusst gebrochen. Statt langweilige Montagsdemos zu veranstalten (Siehe: HartzIV-Proteste) wurde ganz offen die Zusammenarbeit mit linksradikalen Gruppen gesucht, Autobahnen, Schienen und Bahnhöfe wurden blockiert und auch die eine oder andere Barrikade gebaut. Hier wurde also versucht, bürgerliche Rechte auf gar nicht so bürgerliche Art und Weise zu Verteidigen.
Auch das ist natürlich noch lange kein revolutionärer Akt und Militanz ist eindeutig kein Indikator dafür, wie progressiv eine Bewegung ist.
Doch schon allein das Bewusstsein, dass Protest auch über das gesellschaftlich vorgegebene Maß hinausgehen kann und dies auch muss, um sich Rechte zu erkämpfen und eben nicht nur zu erbetteln ist Bemerkenswert. Aber erst die Tatsache, dass dieser Protest sich nicht unreflektiert auf einzelne Personen(kreise), Konzerne oder Institutionen eingeschossen hat, sondern versuchte ganz allgemein die gesellschaftliche Normalität zu brechen und einfach möglichst alles zu blockieren was geht, also die kapitalistische Infrastruktur lahm zulegen und die wirtschaftlichen Abläufe zu behindern, macht deutlich: Es kann sich lohnen sich weiter mit den Studierenden zu befassen, sie zu radikalisieren scheint, zumindest bei Teilen, nicht völlig unmöglich.

Leider hatte der studentische Protest auch seine Schattenseiten. Das während der Semesterferien nicht weiter agiert wurde, zeugte von geringer politischer Weitsicht und hat die Proteste viel Kraft gekostet. Von absolut systemkonformen Aktionen wie der unsäglichen Verfassungsklage ganz zu schweigen. Aber auch wenn die Rebellierenden hier selbst versucht haben, sich wieder in die regulären Abläufe der bürgerlichen Demokratie zurück zu flüchten, kann doch nicht ganz vergessen gemacht werden, was davor war. Eben Autobahnblockaden mit Tausenden von Leuten aus den unterschiedlichsten Spektren und das schöne Bewusstsein, dass man nicht ohne schwarzes Halstuch und Sonnenbrille zur Vollversammlung gehen sollte.
Und es besteht Hoffnung, das sich bei den Studenten wieder was regt. Schließlich sitzt einigen die Wut noch im Bauch, da man gerade zum ersten mal seine 500 Euro berappen musste, eine neue Generation von Studierenden ist an den Universitäten, die die bisherigen Proteste nur vom Hören-Sagen kennen und denen es vielleicht auch schon in den Fingern juckt. Und zu guter Letzt ist da noch die Landtagswahl 2008, die der einen oder anderen vielleicht doch wieder ein bisschen Hoffnung macht, sich in das politische Geschehen einmischen zu können und das Gesetz vielleicht doch noch zu kippen.

Es gibt also noch zumindest einen Funken Hoffnung. Was aus eben diesem wird liegt auch an der radikalen Linken.
Deshalb rufen wir am 15.12 zu einem antikapitalistischen Block an der Spitze der Demo in Darmstadt auf. Wir wollen die Studierendenproteste weiter polarisieren, zwischen denen, die nur versuchen durch Verfassungsklage ihre Rechte zu bewahren und denen, deren Protestformen sich nicht wieder in die gesellschaftliche Norm haben integrieren lassen und die bereit sind aufs Ganze zu gehen. Genau denjenigen, die Studiengebühren nicht durch Verfassungsklage oder SPD wählen stoppen wollen, muss klar gemacht werden, dass die Alternative zu dem ganzen Mist den schönen Namen Kommunismus trägt. Da man diesen aber nicht wählen kann und dies in absehbarer Zeit auch nicht können wird, gibt es dahin wohl nur einen Weg: Die Regierung zu stürzen!
Also auf nach Darmstadt, um den “unversöhnlichen Akt der Negation“(…ums Ganze-Bündnis) auf die Straße zu tragen und um deutlich zu machen, was dieser Staat und diese Gesellschaft im Detail auch bieten mögen, ob z.B. Studiengebühren gekippt werden oder nicht, ganz egal, es kommt im Endeffekt eh nur Scheiße dabei raus und von daher kann es keinen Grund geben in diesen bürgerlichen Spektakel mit zuspielen. Es ist nicht die Zeit für konstruktive Kritik, Kompromisse, Kämpfe um Teilbereiche oder um sich mit dem “kleineren Übel” zufrieden zu geben. Diese Zeit war nie und wird auch nie sein.
Vielmehr ist die Zeit, für eine radikale Kritik und Veränderung des Bestehenden und um endgültig die Kontrolle zu verlieren…

Treffpunkt ist der Luisenplatz um 14:00 Uhr.
mehr infos:  http://www.regierung-stuerzen.de.ms/

medientipp

yellow resistance 12.12.2007 - 00:34
der film "summer of resistance reloaded" über die studiproteste 2005 & 2006 in deutschland:  http://de.indymedia.org/2007/04/174005.shtml

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Fehler im text. — student

blabla — blubbblubb

Geplanter Aufmarsch der NPD in Offenbach — http://www.presseportal.de/

Kritik an BASH — apo-spinner