Clowns besuchen Stadtverordnetenversammlung

Anna und Salz 03.12.2007 22:16 Themen: Bildung Militarismus Repression
Giessener Oberbürgermeister fordert am 20.10. „unordentliche“ Studierende auf, die Stadt zu verlassen, die Stadtverordnetenversammlung am 8.11. befasst sich mit der Angelegenheit. (Clandestine Insurgent Rebel) Clowns besuchen das Spektakel, tatsächlich besser als Fernsehen!
Giessener Oberbürgermeister fordert „unordentliche“ Studierende auf die Stadt zu verlassen


„400 Jahre und nichts dazugelernt“ - Anlässlich dieses Mottos versammelten sich am 20.10. etwa 300 Studierende vor dem Hauptgebäude der Justus-Liebig-Universität Giessen.
Sie wollten ihrem Unmut Luft machen, denn seit diesem Semester müssen alle Studierenden 500 € Studiengebühren, zu den 220 € Semesterbeitrag dazu bezahlen. Studiengebühren, die nicht im Einklang mit der geltenden hessischen Verfassung stehen.
Vom Hauptgebäude aus zog die Demonstration durch die Giessener Innenstadt zu der auf dem Brandtplatz stattfindenden Begrüßungszeremonie für die diesjährigen Erstsemester im Rahmen der 400-Jahr-Feier der JLU Giessen. Unter den Demonstrierenden befanden sich auch ca. 15 Rebel Clowns, die mit bunten Puscheln und lustigen Aktionsformen für eine spaßige Atmosphäre sorgten. Während der Reden des Universitätspräsidenten Hormuth und des CDU-Oberbürgermeisters Haumann sorgten die Clowns für ein unterhaltsames Alternativprogramm. Während der Unipräsident die „Bespaßung“ locker hinnahm, wurde Haumann ausfällig. So bezeichnete er das Verhalten der Demonstrierenden als „Unart“, und machte unmissverständlich klar: Diese „unordentlichen“ Studierende seien „ein Teil, auf den wir nicht stolz sind“. Er verglich diese Störer ausgerechnet mit den amerikanischen Truppen, die Giessen ja auch bereits verlassen hätten und legte ihnen nahe, dies auch zu tun. Zugleich riet er den anwesenden Erstsemestern sich zu entscheiden, ob sie „ordentliche“ oder „unordentliche“ Studierende sein wollen.
Die Studierendenschaft der Uni Giessen reagierte angemessen, indem sie auf der studentischen Vollversammlung am 24.10. einstimmig eine Resolution verabschiedete, in der sie OB Haumann aufforderte sich zu entschuldigen und zurückzutreten.
Aufgrund der Vorkommnisse am 20.10. befasste sich die Stadtverordnetenversammlung am 8.11. mit den Ausfällen Haumanns. Der Oberbürgermeister äußerte sich zu den Vorwürfen mit der Erklärung, „diese Art Aufforderung hat es nicht gegeben“ und versicherte, der Magistrat stünde in der Angelegenheit geschlossen hinter ihm. Dies wurde vom Magistrat schriftlich bestätigt. Jedoch entschied sich die Stadtverordnetenversammlung wider erwarten dazu die Resolution der Vollversammlung in die Tagesordnung aufzunehmen und zu diskutieren.
Während der zunächst gestellten Bürgerfrage zu diesem Thema erschienen die Clowns im Parlament, bespaßten die Parlamentarier und setzten sich zu diesen. Daraufhin wurde die Sitzung unter Androhung der Räumung unterbrochen. Die Clowns ließen sich trotzdem nicht davon abhalten, eine Rede zu halten, welche dann allerdings durch das Präsidium unterbunden wurde.
Die Sitzung wurde trotz fliegender Papierflieger fortgesetzt, als sich die Clowns auf beiden Seiten der Absperrung aufgestellt hatten. Um den Abgeordneten mehr Sicherheit zu bieten, verstärkten die Clowns die Absperrung, so dass die Abgeordneten den Parlamentsbereich kurzzeitig nicht verlassen konnten.
Durch zahlreiche Pausen und ein ausgiebiges Buffet behandelte das Parlament erst um 23:50 Uhr den Tagesordnungspunkt 36 – die Resolution der Vollversammlung. Dem Oberbürgermeister und dem Magistrat wurde der Versuch die Studierenden zu kriminalisieren vorgeworfen und es wurde ihnen nahe gelegt, das „gestörte Verhältnis“ zur Studierendenschaft zu klären. Von anderer Seite wurde klargestellt, dass es ein „Spektrum politischer Protestformen, bis hin zu clownesken Aktionen“ gäbe, welches aufzeigen solle, „die Einführung von Studiengebühren ist ein klarer Verfassungsverstoß mit dem Ziel der klaren, sozialen Selektion. Deshalb hätte es Herrn Haumann gut zu Gesicht gestanden, sich von der Einführung von Studiengebühren klar zu distanzieren.“ Eine Resolution gegen Studiengebüren wurde im Sommer 2006 von den koalitionstragenden Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung abgelehnt. Das Fazit lautete, dass Haumanns Auftritt bei der 400-Jahr-Feier „bedauernswert“, „ungeschickt“ und „unsouverän“ war.
Im Gegenzug forderten die Freien Wähler, die Studierenden, „die keinerlei politische Kultur“ hätten auf sich beim Oberbürgermeister zu entschuldigen. Bei einem Stadtverordneten, „der lieber den Abend bei den Studenten verbringt und sein Bierchen trinkt“ – er gesellte sich kurz zu den protestierenden Studierenden – sähen sie „ein gestörtes Verhältnis – ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie und gutem Geschmack“. Darauf wurde von dem Angesprochenen geantwortet: „Es heißt ja immer cogito ergo sum – ich denke also bin ich, was mich bei Ihnen zu der Frage bringt: Sind Sie eigentlich?“ Eine Erklärung, was dies mit dem Thema der Erstsemesterbegrüßung zu tun haben sollte, ließen die Freien Wähler jedoch offen.
Schlussendlich wurde dem Antrag nicht stattgegeben, weil die Regierungsfraktionen von CDU, FDP, FWG und Grünen dagegen stimmten. Sitzung beendet.

Links: www.protest-plenum.de
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Ergänzungen

Zum Bürgermeister ...

gerda 04.12.2007 - 15:15
Bürgermeister Haumann redet häufiger Unsinn - am bekanntesten ist seine erfundene Bombendrohung ( http://www.bomben-haumann.de.vu). Er ist guter Kumpel von Innenminister Volker Bouffier ( http://www.im-namen-des-volkers.de.vu), der in Gießen wohnt und mit Leuten wie Klaus Peter Möller (verprügelte mal in einer Gießener Schicki-Micki-Kneipe einen Nichtdeutschen, gepaart mit rassistischen Sprüchen - woraufhin die nichtdeutsche Bedienung entlassen wurde, um den CDU-Männerclan nicht als Kunden zu verlieren), Haumann und anderen eine sehr männliche Führungsgarde zu bilden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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LOL - wie geil — di4zs

soso... — Björn