Antifa-Demo am 1.12. in Unna

üöä 03.12.2007 16:14 Themen: Antifa
Zwischen 350 und 400 TeilnehmerInnen zogen am Samstag durch die Kreisstadt Unna im östlichen Ruhrgebiet. Anlass der Bündnis-Demo der Antifa UNited, dem Kreisverband "Die Linke" und der Bürgerinitiative Zivilcourage war ein Liedermacherabend der NPD. Der Nazi-Barde Frank Rennicke sollte im dritten Jahr in Folge beim "Julfest" des NPD Kreisverbands Unna/Hamm auftreten. Die Demo richtete sich aber auch gegen den NPD-Sprecher Hans-Jochen Voß. Voß wohnt in Unna und betreibt dort die Versicherungsvermittlung VVZ GmbH. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und sperrte die Fußgängerzone für DemonstrantInnen. Zu Fest- oder Ingewahrsamnahmen kam es nicht. Allerdings wurden einige Platzverweise ausgesprochen.
>> Auftaktkundgebung

Schon vor Beginn sammelten sich viele AntifaschistInnen am Rathausplatz in Unna. Dort startete um 13.00 Uhr die Auftaktkundgebung mit einem Beitrag der Antifa UNited und einer Rede der Linken-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke. Die Antifa zeichnete ein genaues Bild der Aktivitäten der lokalen NPD. Diese sei außerhalb der Wahlkampfzeit zwar öffentlich so gut wie gar nicht präsent, habe aber einen anderen Schwerpunkt gewählt. Mittels monatlichen Schulungsveranstaltungen will sie ihre begrenzte Personaldecke erweitern und Mitglieder wie SympathisantInnen schulen. Dabei kommt dem Kreisverband eine überregionale Bedeutung zu. Der Einzugskreis der NPD-Veranstaltungen reiche vom östlichen Ruhrgebiet über das Sauerland bis nach Ostwestfalen und ins Münsterland. Immer wieder konnten prominente Parteimitglieder für Vortragsveranstaltungen gewonnen werden. So z.B. der "Chefideologe" Jürgen W. Gansel oder Jürgen Rieger.

Des weiteren thematisierte die Antifa den schwierigen Umgang mit den NPD-Veranstaltungen. Da die Veranstaltungen, meist von Voß persönlich, unter falschen Angaben gemietet würden, seien viele Gastwirte nicht über den wahren Charakter der Veranstaltungen im Bilde. Die Antifa veröffentlichte deshalb eine umfangreiche Handreichung für Gastwirte:  http://www.wirte-handreichung.de.vu

Manchmal komme der NPD auch die Ignoranz oder die stillschweigende Sympathie einiger Gaststätten-BetreiberInnen zu Gute. Vor zwei Wochen demonstrierten 35 AntifaschistInnen vor "Haus Baumeister" in Kamen-Heeren-Werve. Das Inhaberehepaar Baumeister hatte bereits im August der NPD - unwissend wie sie entschuldigend mitteilten – ihre Räumlichkeiten für eine Veranstaltung mit Christian Worch überlassen. Drei Monate später wurde Hans-Jochen Voß und ein mutmaßlicher Referent zwei Stunden vor Lokalöffnung in der Gaststätte gesichtet. Für den Tag war erneut eine NPD-Veranstaltung angekündigt worden. Die Antifas konnten die Veranstaltung an dem Ort verhindern.  http://de.indymedia.org/2007/11/199861.shtml

Die antifaschistische Demo hatte vor allem in der letzten Wochen erheblichen Zuspruch verschiedener Parteien und Organisationen erhalten. Jusos, GAL, SPDler und der evangelische Kirchenkreis hatten öffentlich zur Teilnahme aufgerufen. So zeigte sich auf dem Rathausplatz auch ein buntes Bild. Die Antifa UNited zeigte sich überrascht und erfreut über die rege Teilnahme und den positiven Zuspruch. In ihrem Redebeitrag hieß es:
"Wir haben als Antifa UNited immer gesagt: Konsquenter Antifaschismus darf nicht nur die Aufgabe von Jugendlichen oder der radikalen Linken sein. Im Kampf gegen Neonazis sind wir alle gefordert. Aber auch: Aufklärung und der Kampf gegen Nazi-Organisationen alleine, führen nicht dazu, dass sich das faschistische Potenzial in Deutschland erledigt. Bruchstücke und Teile der Neonazi-Ideologie – z.B. Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Nationalismus, Militarismus oder autoritäres Denken – sind auch in anderen Teilen der Gesellschaft vorhanden und werden von der etablierten Politik oftmals begünstigt. Die gesellschaftlichen Verhältnisse müssen sich grundlegend ändern, wenn wir nicht nur das Wiederaufleben des Faschismus unmöglich machen wollen, sondern auch endlich ein gutes und schönes Leben für Alle, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Alter erreichen wollen. Die klassenlose und herrschaftsfreie Gesellschaft bleibt unser Ziel."

Die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke rief zum verstärkten gesellschaftlichen Engagement gegen Rechts auf, das auch auf eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse zielen müsse. Spontanen Beifall erhielt sie auch für ihre Aussage, dass man aufgrund der Praktiken des Verfassungsschutzes und des massenhaften Einsatzes von V-Leuten nicht wisse, wen man denn zuerst verbieten solle – die NPD oder den Verfassungsschutz.

Zum Schluss der Kundgebung begrüßte der Unnaer Bürgermeister Kolter die anwesenden AntifaschistInnen in einem spontanen Grußwort.


>> Demo

Die Demo zog, angeführt von einem großen autonomen Antifa-Block, im Anschluss durch Unna. Auch "Die Linke" und Jusos waren mit vielen Mitgliedern vor Ort. In der Parkstraße machte die Demo einen kurzen Halt, da dort der NPD-Sprecher wohnt. Die Polizei schützte sein Haus in der Parkstraße 37 mit Hunden und mehreren Kamerawagen. Dabei ging die begleitende Bereitsschaftspolizei gegen die Demo-Spitze vor und zwang sie zum Weitergehen. Trotzdem konnte die Nachbarschaft über das Treiben von Voß aufgeklärt werden. Voß selbst war anscheinend nicht zu Hause – alle Rollladen waren vorsorglich verschlossen worden. Die Demo zog weiter über die Platanenallee und den Ring bis zum Lindenplatz, wo in einem Redebeitrag noch einmal auf Voß und seine Versicherungsagentur eingegangen wurde. Unmittelbar vor seinem Büro am Markt konnte nicht demonstriert werden. Die Polizei untersagte dies mit Verweis auf den Weihnachtsmarkt.

Zustimmung erhielt die Demo nicht nur von PassantInnen. Am Haus des Projekt LÜSA, das chronisch drogenabhängige Menschen betreut, grüßten Bewohner mit einem Transparent die Demo. Die Demo wurden gegen 16.00 Uhr am Rathausplatz beendet. Dort sprach noch eine Vertreterin der evangelischen Kirche.


>> Nazi-Konzert

Der Ort des NPD-Liederabends wurde nicht öffentlich. Dennoch bewerten die VeranstalterInnen die Demo als einen Erfolg. Die NPD-Schulungen und das Treiben von Hans-Jochen Voß konnten einer großen Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Es bleibt zu hoffen, dass der öffentliche Druck nun den Handlungsspielraum der NPD spürbar einschränkt. Zudem sei deutlich geworden, dass viele Menschen im Kreis sich auch aktiv gegen Nazi-Aktivitäten engagieren würden. Die NPD müsse also weiterhin mit Widerstand rechnen.


>> Antifa-Konzert

Weit über 100 Jugendliche besuchten am Abend noch das die Demo begleitende Punk-und-Hardcore-Konzert in Kamen und feierten ausgelassen die fünf Bands. Das Konzert wurde so zu einem starken Zeichen für antifaschistische Jugendkultur und Lifestyle.
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Ergänzungen

Artikel aus WR

* 03.12.2007 - 16:53
Demonstranten kommen aus gesamten Kreis und Ruhrgebiet nach Unna
300 Menschen demonstrieren friedlich gegen Neonazis

Unna. Gegen den Auftritt des wegen Volksverhetzung verurteilten Liedermachers Frank Rennicke, gegen Ausländerfeindlichkeit und rechte Ideologie demonstrierten am Samstag 300 Menschen in der Innenstadt.

"Wir wollen heute ein Zeichen setzen", formulierte es Bürgermeister Werner Kolter in seiner Begrüßungsrede.

Schwere schwarze Stiefel, schwarze Kapuzenpullis, Sonnenbrillen: Das Bild, das sich um kurz vor 13 Uhr auf dem Rathausplatz zeigt, ist vor allem eines: schwarz. Rund 100 Antifaschisten stehen in losen Gruppen vor einem weißen Lautsprecherwagen, warten auf dem Beginn der Demonstration. Allmählich wird die Gruppe größer, bunter. Fahnen und Transparente werden entrollt: Die Linke und Jusos flattern als rote Punkte zwischen den dunkel gekleideten Protestzüglern. Die Zahl der Demonstranten wächst bis auf 300 Personen an. Die Stimmung ist entspannt und friedlich. Inmitten der Menge finden sich bekannte Gesichter: Landrat Michael Makiolla, Bürgermeister Werner Kolter, Superintendentin Anette Muhr-Nelson und Unnas Oberkarnevalist Helmut Scherer sind gekommen. Eingeladen hatten das Bündnis Zivilcourage, die Antifa United und Die Linke. Unterstützung gab es von den Jusos, den Grünen und der evangelischen Kirche.

Um kurz nach 13 Uhr begrüßt Gabriele Lenkenhoff, Anmelderin der Demonstration, die Teilnehmer, verliest die Regeln für die den Zug durch Unna. Es dürfen etwa nicht mehr als acht Personen nebeneinander laufen, auf dem Ring muss eine Fahrspur frei bleiben. "Wir sind heute hier, um gegen den Auftritt des rechten Liedermachers Frank Rennicke zu protestieren, der heute auf Einladung der NPD im Kreis Unna auftritt", klingt die Stimme des Antifa United Sprechers Mirko Dürer kratzig aus dem Lautsprecherwagen. "Daher wenden wir uns nicht nur gegen ihn, sondern auch gegen die NPD und ihren Sprecher Hans Jochen Voß, der die monatlichen Treffen der Partei im Kreis Unna organisiert." Beifall der Demonstranten brandet auf.

"Wir brauchen in Unna keine rechten Liedermacher und keine rechten Parolen", schließt sich Bürgermeister Werner Kolter an und ruft den überwiegend jungen Menschen ein "Herzlich Willkommen in Unna" entgegen. Denn die Demonstranten sind aus dem gesamten Ruhrgebiet und sogar aus den Niederlanden angereist. So auch Frank, der mit zehn Freunden aus Schwerte kommt, um "Gegenpräsenz zu zeigen" und "deutlich zu machen, dass nirgendwo im Kreis Unna Platz ist für Nazis".

Dann geht es los. Vom Rathausplatz über die Parkstraße hinauf zum Ring. Sprechchöre wechseln sich mit Musik aus dem Lautsprecherwagen ab. Ein Transparent mit der Aufschrift "Stoppt Nazis" hängt am LÜSA-Gebäude, die Demonstranten zollen Beifall. Immer wieder klärt Mirko Dürer über Lautsprecher die Anwohner und Zuschauer an der Strecke über den Grund der Demonstration auf. Nicht einmal auf dem Ring muss die Polizei einschreiten. Die vorgeschriebene rechte Fahrspur bleibt frei.

Auf dem Lindenplatz legt der Zug einen Zwischenstopp ein, Passanten bleiben stehen, um sich die Zwischenkundgebung anzuhören. Am Katharinenhospital vorbei geht es zurück zum Rathausplatz, wo Superintendentin Muhr-Nelson abschließende Worte spricht: "Wir müssen dieser Gesinnung entgegentreten, für eine friedliche und demokratische Gesellschaft." Um 16 Uhr endet die Demo, das von Bürgermeister Kolter geforderte Zeichen wurde gesetzt.

Haus Baumeister

Informant 05.12.2007 - 17:50
Der Wirt vom "Haus Baumeister" in Kamen-Heeren-Werve ist selbst Mitglied der NPD.

Das ist bei seinen Stammgästen und bei BewohnerInnen des Viertels durchaus bekannt.

Er selbst stellt sich dumm.

Das ist sicher interessant für die Kegel- und Motorradclubs, die dort zu Gast sind...

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