Luzern: RTS verhindert - 245Verhaftungen
200 Personen von einem riesigen Polizeiaufgebot verhaftet. Unverhältnismässige Aktion gegen friedliche Jugendliche. 245 Personen verhaftet, darunter viele Unbeteiligte (u.a. auch Touristen). Bedenklich, dass politische Aktionen für Übungseinsätze gegen Hooligans (EURO08 Vorbereitung) missbraucht werden.
Im Vögeligärtli besammelten sich um 20Uhr circa 200 Personen, um ein „Strassenfest für mehr kulturelle Freiräume“ durch die Stadt Luzern zu veranstalten. Um 20.15Uhr fuhr die Polizei von allen Seiten mit einem absolut unverhältnismässigen Aufgebot von mind. 400 Polizisten in Kampfmontur beim Vögeligärtli auf und kesselte die friedlichen Teilnehmer ein. Die anwesenden Medien und Beobachter wurden von der Polizei abgedrängt, damit diese nicht sehen konnten, wie die Polizei wehrlose TeilnehmerInnen aus dem Polizeikessel verhaftete und in bereitgestellte Gefangentransporter verfrachtete. Oft ging die Polizei dabei unverhältnismässig und mit Gewalt (Schlagstockeinsatz) vor. Dabei kam es auch zu einigen Verletzen. Auf einen Teilnehmer kamen dabei 5 Polizisten. Uns ist nicht bekannt, warum für eine einfache Verhaftung zur „Gefahrenabwehr“ (O-ton: Beat Henseler. Kommandant Kapo Luzern) so viele Polizisten in Kampfmontur nötig sind.
Auch ein zweiter spontaner Umzug wurde gestoppt und mit Gummischrott und Wasserwerfer attackiert, obwohl keine Anzeichen von Aggressivität oder „Chaotentum“ unter den TeilnehmerInnen bestanden.
Die Sicherheitsdirektorin begründete das riesige Aufgebot damit, dass die Stadt vor der EM08-Verlosung in einem guten Licht stehen sollte. Die Polizei hat aber durch ihr Verhalten selbst die negativen Bilder für ausländische Medien geliefert. Ein bisschen mehr Pragmatik statt krasser „Verhinderungsideologie“ tut not!
Rechtstaatlich bedenklich ist, dass für Personen, die sich zufällig um 20.15 Uhr im Vögeligärtli befanden, NIE eine Möglichkeit bestand, aus dem Kessel heraus zu kommen. Somit wurden Personen verhaftet, ohne dass sie wussten, dass sie sich an einem nicht genehmigten Anlass befanden. Dazu zählen auch Touristen und Schaulustige...
Aus Polizeikreisen wird berichtet, dass dieser Polizeieinsatz bereits seit langer Zeit geplant war. Sie hatte seit geraumer Zeit mit einer Aktion aus dem Umfeld der Alternativkultur gerechnet und den Einsatz vorgeplant. Die Aktion ist auch im Rahmen einer Übung für die EURO 08 (Zusammenarbeit des Zentralschweizer Polizeikonkordat) zu sehen.
Es ist bedenklich, dass politische Aktionen für Übungseinsätze gegen Hooligans missbraucht werden!
Die Polizei zog es vor in der ganzen Stadt eine unkontrollierbare und unnötige Situation zu erzeugen. Die Polizei agierte aggressiv, planlos, chaotisch und verschleuderte unnötig zig Tausende Franken an Steuergelder.
Wir hatten bis am Samstagnachmittag Gespräche geführt mit der Stadt für einen reibungslosen Ablauf und eine Bewilligung von unserem Fest. Diese sind aber alle an der Unnachgiebigkeit der Stadt gescheitert, da es diesen anscheinend wichtiger war ihre Übung für die EM08 durchzuziehen, als die Ausübung demokratischer Grundrechte zu gewährleisten.
Dass unsere berechtigten Anliegen dafür hinhalten müssen, ist absolut unhaltbar! Wir fordern, dass die politische Verantwortungsträgerin zur Verantwortung gezogen wird! Ursula Stämmer hat ihr politisches Kapital mit dieser – dem Image Luzerns schadenden Aktion – verspielt! Die Stadt Luzern braucht mehr pragmatische Entscheidungen statt starre „Verhinderungsideologie“!
Aktion Freiraum
Special dazu:
http://ch.indymedia.org/de/2007/12/55040.shtml
und Livesendung über die Vorfälle auf Radio 3Fach aus Luzern den ganzen Sonntag bis 22Uhr:
http://www.3fach.ch
Auch ein zweiter spontaner Umzug wurde gestoppt und mit Gummischrott und Wasserwerfer attackiert, obwohl keine Anzeichen von Aggressivität oder „Chaotentum“ unter den TeilnehmerInnen bestanden.
Die Sicherheitsdirektorin begründete das riesige Aufgebot damit, dass die Stadt vor der EM08-Verlosung in einem guten Licht stehen sollte. Die Polizei hat aber durch ihr Verhalten selbst die negativen Bilder für ausländische Medien geliefert. Ein bisschen mehr Pragmatik statt krasser „Verhinderungsideologie“ tut not!
Rechtstaatlich bedenklich ist, dass für Personen, die sich zufällig um 20.15 Uhr im Vögeligärtli befanden, NIE eine Möglichkeit bestand, aus dem Kessel heraus zu kommen. Somit wurden Personen verhaftet, ohne dass sie wussten, dass sie sich an einem nicht genehmigten Anlass befanden. Dazu zählen auch Touristen und Schaulustige...
Aus Polizeikreisen wird berichtet, dass dieser Polizeieinsatz bereits seit langer Zeit geplant war. Sie hatte seit geraumer Zeit mit einer Aktion aus dem Umfeld der Alternativkultur gerechnet und den Einsatz vorgeplant. Die Aktion ist auch im Rahmen einer Übung für die EURO 08 (Zusammenarbeit des Zentralschweizer Polizeikonkordat) zu sehen.
Es ist bedenklich, dass politische Aktionen für Übungseinsätze gegen Hooligans missbraucht werden!
Die Polizei zog es vor in der ganzen Stadt eine unkontrollierbare und unnötige Situation zu erzeugen. Die Polizei agierte aggressiv, planlos, chaotisch und verschleuderte unnötig zig Tausende Franken an Steuergelder.
Wir hatten bis am Samstagnachmittag Gespräche geführt mit der Stadt für einen reibungslosen Ablauf und eine Bewilligung von unserem Fest. Diese sind aber alle an der Unnachgiebigkeit der Stadt gescheitert, da es diesen anscheinend wichtiger war ihre Übung für die EM08 durchzuziehen, als die Ausübung demokratischer Grundrechte zu gewährleisten.
Dass unsere berechtigten Anliegen dafür hinhalten müssen, ist absolut unhaltbar! Wir fordern, dass die politische Verantwortungsträgerin zur Verantwortung gezogen wird! Ursula Stämmer hat ihr politisches Kapital mit dieser – dem Image Luzerns schadenden Aktion – verspielt! Die Stadt Luzern braucht mehr pragmatische Entscheidungen statt starre „Verhinderungsideologie“!
Aktion Freiraum
Special dazu:
http://ch.indymedia.org/de/2007/12/55040.shtml
und Livesendung über die Vorfälle auf Radio 3Fach aus Luzern den ganzen Sonntag bis 22Uhr:
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(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
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Ergänzungen
Luzern duldet keine unbewilligte Demo
Nach Angaben der Polizei nahmen daran rund 800 Personen teil. Die Verhafteten wurden mehrere Stunden festgehalten. Die letzten Festgenommenen kamen heute Morgen um 6.30 Uhr auf freien Fuß.
Die Polizei begründete die lange Dauer mit der hohen Zahl Festgenommener. "Die Durchlaufzeit der ersten Ermittlungen hat relativ lange" gedauert, schreibt die Stadtpolizei Luzern in einer Mitteilung.
Zur Kundgebung aufgerufen hatte die "Aktion Freiraum". Diese warf in einem Communiqué der Polizei vor, die friedlichen Teilnehmer eingekesselt zu haben. Zudem seien die Beamten mit Gummischrot, Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen die Manifestanten vorgegangen. Es habe Verletzte gegeben, schreibt die Aktion, ohne Zahlen zu nennen.
Der Kommandant der Luzerner Stadtpolizei, Ernst Röthlisberger, sagte dagegen, es habe keine Verletzten gegeben. Drei Mal habe die Polizei Pfefferspray eingesetzt, weil Demonstranten im Polizeikessel mit den Fäusten auf Polizisten losgegangen seien.
In einem weiteren Fall sei Gummischrot eingesetzt worden. Wasserwerfer seien zwar aufgefahren, jedoch nicht eingesetzt worden. Auch seien keine Schlagstöcke eingesetzt worden, sondern "Polizeimehrzweckstöcke". Das seien keine Schlaginstrumente, sondern sie würden zur Arretierung eingesetzt, wenn Verhaftete sich wehrten.
Die Behörden hatten die Kundgebung nicht bewilligt mit Verweis auf die Tatsache, dass an diesem Wochenende mehrere Großanlässe in Luzern stattfinden, darunter die Auslosung für die Fußball-Europameisterschaft EURO 2008.
Die ganze Nacht über wurden praktisch alle eingekesselten Leute in der Zivilschutzanlage "Sonnenberg" festgehalten. neben zahlreichen Bullen aus verschiedenen Kantonen, kamen auch der Stadt-Luzerner Zivilschutz zum Einsatz. dieser übernahm zum teil auch Polizeiaufgaben, wie filzen oder verlegen von Personen innerhalb der Anlage. ein Teil der in Gewahrsam genommenen wurden später auch Polizeiposten gebracht und dort dem "verhör" unterzogen (Personalien und "wollen sie noch etwas anmerken?).
Zahlreiche Journalisten wurden ebenfalls in Gewahrsam genommen. Namentlich alle, die sich beim kessel nicht vom geschehen wegdrängen ließen, oder selbst im kessel landeten. So wurden Vertreter von NLZ, 20 Minuten und sehr viele Radio 3Fach Journalisten eingepackt. Der Mensch von der NLZ wurde dann relativ schnell wieder frei gelassen. Eine JournalistIn von 20min wurde bis in die frühen Morgenstunden festgehalten. wie viele andere eingepackt wurde er dann durch die Pampa gefahren und irgendwo in Emmenbrücke frei gelassen (andere wurden nach Kriens oder an andere eher abgelegene Orte chauffiert).
Tagesschau Video
Erklärung der IKU Boa
IKU Boa
Geissensteinring 41
6005 Luzern
http://www.boaluzern.ch
boaluzern@yahoo.de
ERKLAERUNG
Luzern, 7. Dezember 2007
Massenverhaftung vom 1. Dezember 2007
Aufruf zur Verweigerung von Zivilschutzdienst
Die beiden Sicherheitsdirektorinnen von Kanton und Stadt haben offensichtlich ein Führungsproblem. Sie wissen nicht, was ihre Polizeikräfte tun – und wollen es nicht wissen. Der unfreiwillige Abgang des Polizeikommandanten Pius Segmüller scheint die Probleme der Stadtpolizei nicht gelöst zu haben. Im Gegenteil. Die Zuständigkeit von städtischer und kantonaler Polizei im Falle der Massenverhaftung ist diffus. Untragbar sind die Versuche der Verantwortlichen die gravierenden Vorfälle im Notgefängnis Sonnenberg zu leugnen und zu verdrehen.
Eine inakzeptable Rolle bei der Masseninhaftierung spielte der Luzerner Zivilschutz. Neben ihrer Betreuungsfunktion waren die Zivilschützer der Gruppe Cobra der ZSO Pilatus in polizeidienstliche Aufgaben eingebunden. Dabei nahmen sie auch polizeihoheitliche Handlungen vor: Sie durchsuchten die Effekten der Verhafteten, waren bei Leibesvisitationen anwesend und photographierten die Gefangenen. ( http://www.youtube.com/watch?v=E478jQkYyZc). Das ist unhaltbar und keine Aufgabe des Zivilschutzes.
Die IKU Boa ruft die Zivilschutzleistenden der Schweiz auf, sicherheitsdienstliche Einsätze kategorisch zu verweigern. Und zwar sicher bis:
- die Vorfälle im Notgefängnis Sonnenberg restlos aufgeklärt sind.
- eine öffentliche Diskussion über Auftrag und Zweck des Zivilschutzes stattgefunden hat.
Der Zivilschutz ist nicht der verlängerte Arm der Polizei. Er dient dem Schutz der Bevölkerung und nicht dem Staat bei der Repression gegen Andersdenkende.
Die IKU Boa appelliert an die Vernunft der städtischen Behörden den kulturpolitischen Konflikt nicht noch weiter eskalieren zu lassen.
IKU Boa
Trägerverein ehemaliges Kulturzentrum Boa
Indymedia-Special
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
na super
Polizei, Protest und Öffentlichkeit
Die beiden Autoren geben mit ihrem Buch –insofern ist der Untertitel etwas schönfärberisch - keine umfassende soziologische oder historische Untersuchung zu “Protest und Polizei in der Schweiz”.
... Was sie publizieren, sind zum einen ein mikrohistorischer Vergleich von zwei Protestereignissen im Jahre 1932 und einige soziologische Erkenntnisse zum Agieren der modernisierten Polizei in der zeitgenössischen Mediengesellschaft.
Die Ereignisse 1932 in Genf und in Zürich sind prägend für das jeweilige Agieren der Polizei in den darauffolgenden Jahrzehnten und dienen den Autoren als Beispiele für die Herausbildung einer konträren lokalen politischen Kultur. In Zürich hatte die regierende Sozialdemokratie den polizeilichen Schusswaffeneinsatz gegen streikende ArbeiterInnen angeordnet und dadurch einen Toten und 30 Schwerverletzte mitzuverantworten. In Genf hatte die bürgerliche Kommunalregierung einen Polizeieinsatz gegen eine antifaschistische Demonstration angeordnet: ein Massaker mit 13 Toten und über 60 Verletzten war die Folge. Ausgehend von diesen beiden Ereignissen wird untersucht, wie sich in unterschiedlichen politischen Situationen ein Diskurs von Recht und Ordnung (der Souverän ist der Staat) oder ein bürgerrechtsorientierte Position (der Bürger als Souverän) herausbildet. Diese Polarisierung entspricht überraschenderweise nicht der Links-Rechts-Achse, denn in Genf vertraten jahrzehntelang “die Bürgerlichen” und auch die Sozialdemokratie eine eher bürgerrechtsorientierte Position, die Sozialisten gewannen sogar kurz nach dem Massaker vorübergehend die kommunale Parlamentsmehrheit - während die Züricher Sozialdemokratie bis in die 1970er Jahre hinein eine harte und legalistische Polizeipolitik mittrug. Dieser eher historische Teil wird ausführlich dargestellt und für Zürich noch anhand mehrerer Demonstrationen im Zeitraum 1916 bis 1919 vertieft.
Der zweite Teil widmet sich mit sozialwissenschaftlichen Methoden der öffentlichen Kommunikation und medialen Darstellung von Protestereignissen. Dabei kommt den Massenmedien und den JournalistInnen eine wichtige Bedeutung zu. Spannend sind auch die Aussagen rund um die These, die öffentliche Demonstration werde von der Polizei und noch weit mehr von den Demonstrierenden in ihrer medialen Begleitung und Nachbereitung ein zweites Mal und ganz anders in Szene gesetzt und diese “Demonstration auf dem Papier bzw. in den Medien” sei bei weitem wichtiger als die Anwesenheit und die Ereignisse auf der Straße selbst. Beide Seiten führten sozusagen einen “Informationskrieg” um die öffentliche Meinung - und wer die Proteste gegen den G8 Gipfel in Heiligendamm im Sommer 2007 verfolgt hat, wird dem nur zustimmen können. Einer Polizei, die sich als Dienerin der BürgerInnen und nicht des Staates verstehe, falle es leichter, sich in einem bürgerrechtsorientieren Diskurs zu behaupten. Nicht zuletzt habe die kritische Öffentlichkeit einen pazifizierenden Einfluss auf das Protestgeschehen ausgeübt und die Polizei seit über 20 Jahren (in Deutschland schon länger!) ihre privilegierte Stellung bei der Deutung von Protestereignissen verloren. Die sozialen Bewegungen schwankten heute, so die Autoren, zwischen der nach “1968” weiter verbreiteten Einschätzung, dass die Medien Herrschaftsinstrument seien und der anderen, mittlerweile weit verbreiteten Position, die sich von den Medien Schutz vor der Polizeigewalt und einen Multiplikatoreneffekt in die Öffentlichkeit hinein verspricht.
In der Schweiz habe das durch Exklusion, Gewalt und Cholerik - und die Überwachung von JournalistInnen - geprägte Polizeiverständnis an Bedeutung verloren, heute setze man auf Dialog , Transparenz, Bürgernähe und die öffentliche Meinung. Aber bleibt das Ziel polizeilichen Handelns, nämlich politische Konflikte und Protest zu kanalisieren und einzuhegen, nicht dasselbe wie früher, so könnte man kritisch einwenden? Dass diese Frage nicht gestellt wird, ist nur ein Indiz dafür, dass das Buch politisch auf linksliberalen Grundannahmen basiert, die die Geschichte von Protest und polizeilichen Reaktionen seit “1968” auf eine Erfolgsgeschichtsschreibung von Zivilisierung und Demokratisierung herunterdimmen.
Marco Tackenberg, Dominique Wisler: Hutlose Burschen und halbreife Mädels. Protest und Polizei in der Schweiz; Haupt Verlag Bern/Stuttgart/Wien 2007; 184 S., 29 EUR