Gegen NS-Kriegsverbrecher in Saarbrücken

walther 02.12.2007 12:59 Themen: Antifa
Am 1. Dezember fand in Saarbrücken im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages gegen NS-Kriegsverbrecher eine Kundgebung auf dem Rathausplatz statt. Rund 50 Menschen aus allen Altersspektren waren zusammengekommen um auf den in Saarbrücken lebenden und in Italien wegen des Massakers in der der Stadt Marzabotto verurteilten NS-Kriegsverbrecher Paul Albers aufmerksam zu machen.
Bereits am Vormittag verteilten 25 AktivistInnen zahlreiche Flugblätter in der direkten Nachbarschaft von Paul Albers und sangen italienische Partisanenlieder wie „Bella ciao“ und „Bandiera rossa“ vor dessen Wohnhaus und es kam zu Gesprächen mit interessierten Nachbarn.

Die Kundgebung am Mittag wurde mit Musik und Redebeiträgen gestaltet. Dabei wurde die Aktion vom Vormittag erläutert und auf Paul Albers und seine Verbrechen eingegangen. Bei einem Teach-In durch die Antifa Saar / Projekt AK wurde auf die historische Rolle des Saarlandes vor, während und nach dem Nationalsozialismus eingegangen. So hieß es dort beispielsweise:
„Mit politischen Entwicklungen verhält es sich all zu oft wie mit persönlichen Lebenswegen: Chancen, die einmal verpasst sind, bieten sich in der Ursprungsform nicht wieder. Eine historische Chance war die mögliche Abtrennung von Deutschland in den Jahren 1920-1935.
Dies nötige Zeichen wäre eine politische Niederlage für Nazideutschland gewesen.
Von einem autonomen Saargebiet aus hätte der Kampf gegen Deutschland, so lang wie möglich, organisiert werden können, während das Territorium als Fluchtort oder Übergangslösung für jene hätte fungieren können, die von den Herrenmenschen gejagt wurden.
Diese Möglichkeiten mussten Utopie bleiben, weil es nicht genügend Menschen gab, die dieser Zielsetzung hätten nachkommen wollen. Die Menschen wollten anderes, sie wollten ein judenfreies Saargebiet im Deutschen Reich, von dem aus der totale Krieg geführt wurde“.

Im Verlauf des Aktionstages in Saarbrückenwurden 2000 Flugblätter verteilt und am Ende der einstündigen Kundgebung wurden an die TeilnehmerInnen noch Plakate der Initiative „Keine Ruhe“ verschenkt.
Im Regionalteil der Saarbrücker Zeitung gab es bereits am Aktionstag selbst einen längeren Bericht und auch bei der Kundgebung war wieder Presse vor Ort.

Infos zu Paul Albers:

Aus dem Verfahren gegen Paul Albers, in Italien verurteilt zu lebenslanger Haft wegen Beteiligung am Massaker in Marzabotto. Der 1919 geborene Albers wohnt heute in Saarbrücken.
Die Nazi-Karriere von Paul Albers begann 1937 mit dem Beitritt zur SS im Alter von 17 Jahren. Zuvor war er drei Jahre lang Mitglied der Hitlerjugend. Am 14.2.1943 kommt er zur 16. Pg-Division. Einen Monat später steigt er in den Rang des Untersturmführers auf. Ihm wird im Laufe des Krieges das Eiserne Kreuz 2. und 1. Klasse verliehen.
Am 30.8.1943 schlägt Battaillonsführer Reder seine Beförderung zum Hauptstabsoffizier vor. Reder betont die nationalsozialistische Gesinnung Albers ' und sein energisches militärisches Handeln an der Front. Albers bekommt den Posten und wird in den Führungsstab der Aufklärungsabteilung aufgenommen. In zentraler Position regelt er die Kommunikation zwischen den Einheiten, teilt ein und sorgt für die Durchführung der Befehle. Zudem fungiert er als Stellvertreter des Kommandanten.
Durch mehrere Aussagen seiner Kameraden ist seine Teilnahme an der Bekämpfung der Partisaneneinheit Stella Rossa belegt. Auch Reder erinnerte sich in seinen Aussagen immer wieder bei wichtigen Ereignissen, dass Albers an seiner Seite war. Weitere Aussagen ergeben, dass Albers an den Planungssitzungen zu den Bekämpfungsaktionen und bei diesen selbst zur Stelle war.
Darüber hinaus geht aus Aussagen und Dokumenten hervor, dass Albers während des Massakers in Marzabotto anwesend war.
Albers bestreitet in zwei Aussagen (1950 und 2004) seine Beteiligung. Er habe von dem Massaker in Marzabotto erst 1950 erfahren. Dennoch beteuert er in einer Vernehmung, dass er die Befehle zur „Rücksichtslosigkeit gegen Zivilbevölkerung“ mit Abscheu aufgenommen habe und eine Befehlsverweigerung ihn vor das Militärgericht gebracht hätte.
Im Urteil wird auf die zentrale Führungsrolle Albers bei den Massakern in Marzabotto, Monzuno und Grizzana verwiesen. Auch wenn Albers keine einzelnen Ermordungen zugeschrieben werden können, so war doch „die Realisierung des Massakers in erster Linie Ergebnis seiner konkreten Tätigkeit“. Albers ist zu Höchststrafe - lebenslänglich - verurteilt.
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Ergänzungen