Bilder: Mahnwache für Silvio Meier 2007

www.antifa.de 01.12.2007 12:55 Themen: Antifa Freiräume
Nachtrag zur Mahnwache für Silvio Meier, einem jungen Hausbesetzer, der vor 15 Jahren in Berlin-Friedrichshain von Neonazis erstochen wurde. Wenige Tage zuvor war auch eine neue Gedenktafel montiert worden.
Am 15. Todestag von Silvio Meier fand eine Mahnwache am U-Bahnhof Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain statt. Ab den Nachmittagsstunden fanden sich zahlreiche Aktivisten aus der Antifa- und Hausbesetzerbewegung, Anwohner sowie Angehörige und Freunde Silvio Meiers ein. Wie in jedem Jahr wurden Kerzen und Blumen niedergelegt. Auf der Zwischenebene des U-Bahnhof Samariterstraße wurde am 21. November 1992 Silvio Meier von Neonazis ermordet. Silvio und ein paar Freunde waren mit einer Gruppe Neonazis in Streit um rechte Abzeichen geraten, die einige Neonazis trugen. Es kam zu einer Auseinandersetzung, mehrere Linke wurden schwer verletzt und Silvio Meier starb wenig später.

Eine Neuerung gab es in diesem Jahr: endlich hängt wieder eine Gedenktafel für Silvio Meier. Wenige Tage vor dem 14. Todestag im Jahr 2006 zuvor war eine Gedenkplatte beschädigt und gestohlen worden. Wir vermuten Neonazis als Täter. Bereits in den Jahren zuvor waren mehrfach Gedenktafeln beschmiert, beschädigt oder entwendet worden. In diesem Jahr wurde wenige Tage vor dem 15. Todestag eine neue Tafel montiert. Die Arbeiten waren am 21.11.07 noch nicht abgeschlossen. Vorausgegangen waren zähe und endlose Verhandlungen mit der BVG als zuständige Betreiberin des Bahnhofes, die sich nur nach großem Druck zur Installation der Tafel durchringen konnte.
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Ergänzungen

Interview mit Ute Donner

Junge Welt 01.12.2007 - 16:31
»Ohne öffentlichen Druck würde keine Tafel hängen«

Gedenken an vor 15 Jahren von Neonazis ermordeten Berliner Antifaschisten Silvio Meier. Ein Gespräch mit Ute Donner

Ute Donner ist Künstlerin und Friedensaktivistin aus Berlin-Friedrichshain

Wann haben Sie sich erstmals näher mit dem Antifaschisten Silvio Meier beschäftigt, der vor 15 Jahren von Neonazis in Berlin-Friedrichshain ermordet wurde?

Angefangen hat alles an einem Morgen im Oktober 1998. Immer, wenn ich die Treppe vom U-Bahnhof Samariterstraße hinaufstieg, fiel mein Blick auf eine Gedenktafel mit der Aufschrift »Hier wurde Silvio Meier am 21. November 1992 von Faschisten ermordet«. Plötzlich war die Tafel weg, und ich konnte das nicht einfach so hinnehmen. Ich brachte eine provisorische Gedenktafel und gemalte Bilder an der leeren Stelle an, die jedoch immer wieder entfernt wurden. Ich erstattete Anzeige und kontaktierte die lokale Bezirksverordnetenversammlung. Plötzlich tauchte die Tafel bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) wieder auf und wurde am Vortag des 21. November 1998 erneut angebracht.

Doch wenige Tage später verschwand sie ein zweites Mal. Damit begann die Geschichte um das mysteriöse Verschwinden der Gedenktafel. Eine dritte Platte wurde im Herbst vergangenen Jahres vermutlich von Neonazis aus der Verankerung gerissen und gestohlen. Diese Auseinandersetzung dokumentiere ich in meiner Ausstellung »Für Silvio«.

Warum liegt Ihnen das Gedenken an Silvio Meier am Herzen?

Für mich als einen politisch denkenden Menschen, der sich mit Malerei und Aktionskunst gesellschaftskritisch äußert und noch dazu in direkter Nachbarschaft zum Todesort von Silvio Meier wohnt, liegt das einfach auf der Hand. Silvio Meier war zudem nicht nur Hausbesetzer und Antifaschist. Er war Vater und Liebender, war in den Wendezeiten Oppositioneller und in der Kirche von Unten aktiv, und er war Pazifist. Da fühle ich mich ihm sehr nahe.

In meiner Ausstellung »Für Silvio« verknüpfe ich Bilder mit Texten von Rio Reiser, weil die am besten zu ihm passen. »Der Traum ist aus – aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird.« Durch meine Aktionen will ich andere Wege aufzeigen, der Lethargie etwas entgegensetzen, Brücken bauen für Menschen, die auch aufstehen wollen, denen es nicht egal ist, wenn alles den Bach runtergeht.

Welche Reaktionen gibt es auf Ihr Engagement?

Die Medien und die Öffentlichkeit sind an diesem Thema sehr interessiert. Die Ausstellung wurde bisher in verschiedenen Lokalen in Friedrichshain und auch schon im Rathaus Kreuzberg gezeigt. Nach der Präsentation in der Alice-Salomon-Fachhochschule gab es ein großes Interesse von Studierenden. Die Dokumentation wird seither als Wanderausstellung an den Berliner Hochschulen gezeigt. Zuletzt war sie in der Technischen Fachhochschule zu sehen.

Die Ausstellung beschäftigt sich vor allem mit dem Ringen um die Gedenkplatte für Silvio Meier. Warum wird eine kleine Tafel zum Streitobjekt?

Es geht ja nicht nur um eine Gedenktafel, sondern um den Umgang mit rechter Gewalt in unserer Gesellschaft. Schließlich ist hier ein Mensch von Neonazis ermordet worden – und das nicht 1933, sondern 1992. Das darf nie vergessen werden.

Ich finde es erschreckend, wie viel Gleichgültigkeit es immer noch gegenüber rechtsextremem Gedankengut gibt und wie schwer sich die BVG mit der Erinnerung an rechte Gewalt tut. Ohne öffentlichen Druck und den Einsatz von Einzelpersonen, darunter Freunde Silvio Meiers, wäre die Tafel nicht ersetzt worden.

Vergangene Woche wurde erneut eine Gedenktafel montiert. Hat sich der Einsatz gelohnt?
Ich hätte fast nicht mehr daran geglaubt, dass vor dem 15. Todestag von Silvio Meier am Mittwoch noch eine Tafel hängt. Bis zuletzt musste erheblicher Druck auf die zuständigen Mitarbeiter der BVG ausgeübt werden.

Wo ist die Ausstellung »Für Silvio« als nächstes zu sehen?

Vom 23. November bis 30. Dezember 2007 kann man sie sich im Wahlkreisbüro der Berliner SPD-Abgeordneten Canan Bayram in der Samariterstraße 6 ansehen. Eine feierliche Eröffnung mit musikalischer Begleitung findet am kommenden Freitag um 18 Uhr statt.

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