Militärtage in Lugano

Antimilitarista 24.11.2007 15:00 Themen: Militarismus
Lugano ist ein bedeutender Finanzplatz, der drittgrößte der Schweiz. Banken und Treuhänder, Handel und Tourismus generieren mehr als 27'000 Arbeitsplätze. Die Stadt hat knapp 50'000 Einwohner. Entsprechend hoch ist die Bentley-, und Maserati-Quote auf den verstopften Strassen. Die Mode-Boutiquen sind edel. Italien ist nicht weit. Die Auslagen der Bijouterien zeigen die glänzende Vielfalt der Schweizer Uhrenmanufakturen im Luxussegment. Die Präsenz der Armee haben Einwohner und Pendler bereits in den vergangenen Tagen zu spüren bekommen. Rund um Lugano kam der Verkehr wegen gesperrten Strassen und Parkplätzen teilweise zum Erliegen.
Noch nicht viele Besucher

Die Bevölkerung habe lediglich vage Vorstellungen von der neu ausgerichteten, reformierten Schweizer Armee, sagt deren Spitze. Mit den Militärtagen Lugano sollte sich das sich das ändern. "Das Volk will die Armee und es will sie sehen!", schreibt Verteidigungsminister Samuel Schmid in seinem Grußwort. Die Armee ist da. Sie stellt ihre ganze Diversifikation mitsamt Kerngeschäft großflächig aus. Drinnen und draussen, am Boden, im Wasser und in der Luft. Wo ist das Volk? - Eine eigens für den Anlass gezimmerte Kinderschaukel bleibt unbenutzt. Kein Kind weit und breit, nur Soldaten im Kampfanzug. Die grosse, materialintensive und spektakuläre Leistungsschau ist bisher kein Publikumsrenner und das obwohl die Schweizer Bahn einen Extra Fahrplan eingerichtet hat. Das Tessin steht unter Dauerregen. Die Tessiner seien halt nicht so begeistert von der Armee, sagt ein Offizier. Er hat viel mehr Publikum erwartet. "Ich sage das als Thuner. Da ist fast jeder ein Armeefan." Vor einem Jahr verzeichneten die Armeetage in Thun an nur zwei Tagen rund 120'000 Besucher.


Hautnahe Militäreinheiten und Computersimulation

Ein paar Schüler sitzen begeistert in einem Flugsimulator. Ein Offizier erläutert auf einem Laptop die Überwachung der Lufthoheit, seit dem 11. September 2001 ein Kerngebiet der Luftwaffe. Europaweit ist jedes Flugzeug auf dem Bildschirm identifizierbar und nachverfolgbar. Für das Abfangen verdächtiger Flugobjekte stehen die Fa-18 mitsamt Piloten rund um die Uhr auf einem Militärflughafen bereit. Augenfällig sind auch die Stände über die Katastrophenhilfe, die Swisscoy-Truppen im Kosovo, das Kompetenzzentrum für Minenräumung. Die Fliegertruppen erinnern an ihre Einsätze nach dem Tsunami und bei den Waldbränden in Griechenland. Näher an der traditionellen Landesverteidigung sind die lasergestützten Waffensysteme. Drei Veteranen geraten ins Schwärmen. Zärtlich streicheln sie das kalte Metall des Fliegerabwehrsystems.


Riesige Szenarien und Fashion Show

Neben der Ausstellung gibt es auch verschiedene Vorführungen. Angriff einer Panzerbrigade. Das Szenario kann in der Nähe des ausserhalb der Stadt gelegenen Stadions Cornaredo besichtigt werden. Eine Aufklärungsdrohne fliegt über die Kampfzone. Sie überträgt ihre Aufnahmen auf einen Grossbildschirm. Panzergrenadiere nehmen die feindlichen Stellungen ins Visier. Ein Minenräumgerät räumt das Gelände. Die Motoren heulen, die Leo-Kampfpanzer preschen vorbei. Beim Strandbad inszenieren die verschiedenen Blaulicht-Truppen der Armee ein Erdbebenszenario. Die Armee setzt schweres Bergungsmaterial ein. Schwere Baukräne bauen Notbrücken. Helfer bergen "Verletzte" aus eingestürzten Häusern. Seewasser wird mit einer Wasseraufbereitungs-Anlage zu Trinkwasser filtriert. Riesenscheinwerfer beleuchten die Szene. Während der Schweizer Armeetage in Lugano findet eine Fashion-Show statt mit den Tarnfarben der Schweizer Armee werden Models ausstaffiert und präsentieren allerlei Feldkleidung.


Verärgerte Umweltschützer und Pazifisten

Der sechstägige Anlass hat auch Kritiker auf den Plan gerufen. Die Grüne Partei mokierte sich in einem Communiqué über die Tonnen von CO2, die während der Armeetage unnötigerweise ausgestossen würden. Die Umweltschützer begrüssen «jede nicht gewalttätige Aktion», die zu einer kritischen Debatte «über den Sinn und Unsinn der Armee respektive ihres PR-Anlasses in Lugano» beiträgt. Einsätze der Schweizer Armee im Ausland sind politisch umstritten. Die Neutralität werde verletzt, die Landesverteidigung geschwächt. Pazifisten und Linken fehlt ein UNO-Mandat. Die Truppe sei eine "Fortführung der kolonialistischen Kanonenbootpolitik", kritisiert der Grüne Nationalrat Joe Lang. Die Befehlskompetenz für einen Einsatz liegt bei der Landesregierung. Eine Parlamentsmehrheit braucht es laut Militärgesetz lediglich für Truppen mit einem Bestand von mehr als 2000 Soldaten.

Am Rande des Geschehens gab es bereits eine kleine Antimilitäraktion (siehe Bilder).
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Ergänzungen

Video zur Aktion auf Italienisch !

Antimilitarist 25.11.2007 - 13:04

Fotos vom Abend

Geklaut 25.11.2007 - 13:09
XXXX

Wem RUAG nichts sagt:

Aufklärer 25.11.2007 - 18:58
Die RUAG ist ein Schweizer Rüstungskonzern mit Sitz in Bern und Produktionsstätten in der Schweiz, Deutschland (Oberpfaffenhofen, Hamburg und Fürth) und Schweden. Sie befindet sich im Alleinbesitz des Schweizer Staates.

Neben dem militärischen Bereich ist Ruag in der Halbleiter- und Automobilindustrie, Recycling und im Maschinenbau, sowie in der Flugzeugwartung (Maintenance, Repair and Overhaul) tätig.

In Oberpfaffenhofen hat die Firma den zivilen und militärischen Betreuungsbereich der ehemaligen Dornier Luftfahrt GmbH übernommen. Sie betreut dort u.a. das Hubschrauberbaumuster Bell UH-1D der Bundeswehr.

Struktur

Die RUAG ist als Holding mit folgenden Tochtergesellschaften aufgebaut:

* RUAG Aerospace (Luftfahrt, Raumfahrt)
* RUAG Ammotec (Kleinkalibrige Munition bis 12.7 mm)
* RUAG Components (Komponentenfertigung und Recycling)
* RUAG Electronics (Simulation- und Trainingsanlagen, Telematik, Unterhalt etc.)
* RUAG Land Systems (Kampf- und Unterstützungsfahrzeuge)
* RUAG Warhead Division (Gefechtsköpfe)


RUAG Ammotec steht für modernste Munitionstechologie. Sie entwickelt, produziert und vertreibt leistungsstarke kleinkalibrige Standard- und Spezialmunition sowie kundenspezifische Komponenten.

An den Produktionsstandorten in der Schweiz, Deutschland und Schweden werden mit den modernsten Verfahren Produkte von hoher Qualität hergestellt. Vertriebsgesellschaften in Frankreich, Grossbritannien, Österreich und den USA unterstützen den Vertrieb an Streitkräfte, Behörden, Privatkunden und die Industrie.

Das RUAG Ammotec Markenportfolio umfasst eine Vielzahl weltbekannter Marken (siehe Grafik)

Gewalt an den Armee-Propaganda-Tagen: Klagen

gefunden auf www.gsoa.ch 26.11.2007 - 18:50
Gestern gingen in Lugano die Armeetage und die antimilitaristische Woche zu Ende. In einer ersten Bilanz muss festgehalten werden, dass Gewalt an den Armeetagen propagiert und gegen friedliche DemonstrantInnen angewendet wurde.

Die Armeetage zeichneten sich durch verschiedene Formen der Gewaltverherrlichung aus. So wurden Jugendliche dazu eingeladen, mit einem Simulator das Schiessen auf Zielscheiben mit menschlicher Form zu üben. Die SP wird dazu einen Vorstoss im Tessiner Kantonsrat einreichen, Nationalrat Josef Lang (Alternative Zug, GSoA-Vorstand) wird auf Bundesebene eine Anfrage einreichen.

Am Samstag und Sonntag wurden insgesamt 16 AntimilitaristInnen festgenommen, fast alles Mitglieder der „Clown Army“, die sich zum Ziel gesetzt hatten, der Gewaltverherrlichung der Armee das befreiende Gelächter entgegenzuhalten. Acht Personen wurden verletzt, die meisten davon bei einem Polizeieinsatz mit Schlagstöcken und Pfefferspray, der sich gegen eine Gruppe von friedlichen Clowns richtete, die sich in der Nähe der Polizeiwache mit dem Rücken zu den Einsatzkräften aufgestellt hatten. Sechs der Verletzten haben Anzeige wegen Körperverletzung erstattet.

Verschiedene Vorfälle zeigten in Lugano exemplarisch die Tendenz zur Militarisierung der inneren Sicherheit:


1. Die Durchsuchung von zwei italienischen Aktivisten der Gruppe „Coordinamento contro gli F-35“ durch eine gemischte Patrouille unter Mitwirkung der Militärpolizei. Erst nach einer Durchsuchung und einem Verhör von ungefähr einer Stunde Dauer wurden sie wieder freigelassen. Das Verhör zielte insbesondere auf Informationen zur allfälligen Teilnahme von Personen aus Italien an den Aktivitäten von Samstag und Sonntag ab.
2. Eine französische Photographin hat Klage eingereicht gegen einen Angehörigen der Armee, der sie ins Gesicht geschlagen und verletzt hat. Sie war am Samstag Abend gerade dabei die Clown Army zu fotografieren, welche sie vor einem Ausstellungspavillon sammelte, in dem gerade eine Modeschau der Armee stattfand.
3. Ebenfalls im Rahmen dieses Besuches der Clown Army vor dem Eingang zum Pavillon Conza, tauchte eine Gruppe von Militärs auf Pferden auf, die offensichtlich zur Verstärkung der Ordnungskräfte herbeigerufen wurden und die AntimilitaristInnen einzuschüchtern versuchten, indem sie mit hoher Geschwindigkeit auf sie zuritten.


Diese Ereignisse zeigen deutlich, wie sich in Lugano Militär und Polizei vermischten. Bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ist eine solche Vermischung inakzeptabel, ebenso wie die Fälle von Polizeigewalt gegen friedliche DemonstrantInnen. Es stellt sich eine Reihe von Fragen, die geklärt werden müssen, um zu erfahren, was an diesen Tagen in Lugano wirklich geschehen ist.

Mehr zur Clownsaktion:

Indymedia ch 30.11.2007 - 00:12

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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das erinnert mich an

handkey 24.11.2007 - 19:05
Das erinnert mich an die Waffenmesse-szene aus "Lord of War" mit Nicholas Cage als Waffenhändler Juri.
War ja klar daß die Realität die Satire /Fiktion schon lange überholt hat.
Erst wenn man mit Waffen kein Geld mehr verdienen kann, wird es keine Kriege mehr geben!

Also lasst uns das Geld abschaffen, die Besten und die meissten, die ich kenne, haben schon keins mehr...