U.N.O. als Friedensengel?

frosch 22.11.2007 15:14 Themen: Militarismus Weltweit
Die Vereinten Nationen (UNO) waren am Ende des 2. Weltkrieges in New York von der Anti-Hitler-Koalition als "Welt-Friedensparlament" geschaffen worden, um Konflikte in der Welt öffentlich beraten und politisch lösen zu können. Von diesem Konzept rückte die UNO immer mehr ab.
Innerhalb der letzten 50 Jahre schickte die UNO 750.000 Soldaten in alle Welt.









1947 wurden erstmals von den Vereinten Nationen Militärpersonal auf den Balkan gesandt.
1948 waren Militärbeobachter der UNO in Palästina.
1956 wurde während der Suezkrise erstmals eine bewaffnete Einheit der Vereinten Nationen aufgestellt.
Bis in die neunziger Jahre bildeten die UNO-Truppen meist neutrale Pufferzonen zwischen den streitenden und kriegführenden Parteien. Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks schickten die in den Vereinten Nationen einflussreichsten Großmächte zunehmend in Kriegsgebieten kämpfende Einheiten und griffen aktiv ins Kriegsgeschehen ein. Die UNO-Soldaten wurden zunehmend zur Kriegspartei. Da passt es, dass die Bundesregierung in der UNO einen einflussreichen ständigen Sitz im Sicherheitsrat anstrebt.

Mit 35 Operationen führten die Vereinten Nationen allein in den neunziger Jahren doppelt so viele Friedensmissionen durch wie in den vorangegangenen vier Jahrzehnten. Gleichzeitig stieg die Zahl der eingesetzten Soldaten.
Seit dem Jahr 2000 gibt es offizielle Pläne der UNO, eine ständige Eingreiftruppe aufzustellen. Zur Zeit (November 2007) stehen über 70.000 Soldaten unter UNO-Kommando, die höchste Zahl seit 1995.
In der Regel stellt die Nato die Einsatzleiter, asiatische Länder stellen die Mannschaften (Pakistan: 10.173, Bangaldesh: 9.675, Indien: 9.471, Nepal 3.626 etc.)
Seit im Jahr 2003 der Versuch der US-Regierung scheiterte, die UNO zur Kriegspartei in ihrem Irakkrieg zu machen, trat die UNO als Kriegspartei wieder etwas in den Hintergrund. Zum Friedensengel werden die Vereinten Nationen dadurch nicht.


Liste der UNO-Militäreinsätze:
1958 Libanon
1960-1964 Kongo
1962-63 Neuguinea
1963-64 Jemen
1964 Zypern
1965-66 Dominikanische Republik
1965/66 Indien, Pakistan
1973-79 Ägypten, Israel
1974 Syrien, Israel
1978 Libanon
1988-91 Iran, Irak
1988-90 Afghanistan, Pakistan
1988-91 Angola
1989-90 Namibia
1989-92 Zentralamerika
1991-2003 Irak, Kuweit
1991 Westsahara
1991-1995 Angola
1991-95 El Salvador
1991-92 Kambodscha
1991-95 Jugoslawien
1992-93 Kambodscha
1992-93 Somalia
1992-1994 Mosambik
1993-95 Somalia
1993-94 Ruanda, Uganda
1993 Georgien
1993-97 Liberia
1993-96 Ruanda
1993-96 Haiti
1994 Tschad, Libyen
1994-2000 Tadschikistan
1995-1997 Angola
1995-1999 Mazedonien
1995-1996 Kroatien
1996-97 Haiti
1996-98 Kroatien
1996-2002 Kroatien
1997 Guatemala
1997-99 Angola
1997-2000 Haiti
1998 Kroatien
1998-2000 Zentralafr. Republik
1998-99 Sierra Leone
1999 Kosovo
1999-2002 Osttimor
1999 Sierra Leone
1999 Kongo
2000 Äthiopien, Eritrea
2002 Osttimor
2003 Liberia
2004 Elfenbeinküste
2004 Haiti
2004 Burundi
2005 Sudan
2006 Osttimor
2007 Burundi

Deutsche Dokumente der Vereinten Nationen



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Ergänzungen

Alternative?

sandankoro 22.11.2007 - 19:38
Die derzeitige UN-Struktur, wie auch eine Reihe vergangener Blauhelmeinsätze, ist sicherlich zu kritisieren. Die gelisteten Einsätze als Beleg für eine militaristische Politik der UN zu nehmen ist jedoch schlicht falsch und historisch unkorrekt. Zum einen, da ein Großteil den genannte Mandate reine Beobachter-Mandate waren bzw. sind, zum anderen, da die eingesetzten Blauhelme selbst bei robusten Mandaten (d.h. mit dem Recht auf militärisches Eingreifen), zumeist sehr zurückhaltend reagiert und agiert haben.

Gerade Konflikte wie in Ruanda, Sierra Leone, Liberia oder Ost-Timor zeigen doch, dass es nicht das Eingreifen der UN in einen Konflikt war, welches für die hohen Opferzahlen und Verbrechen verantwortlich war, sondern im Gegenteil, die äußerst schwerfällige und Veto-geplagte Struktur der UN und insbesondere des Weltsicherheitsrates. So hätte z.B. der Bürgerkrieg in Sierra Leone frühzeitig und mit geringem Aufwand unterbunden werden können, wenn nicht die Vetomächte jahrelang Ping-Pong mit der Verantwortung gespielt hätten. Die Folge waren über 200.000 Tote und Zehntausende Verstümmelte.
Erst das Eingreifen einer Westafrikanischen Friedenstruppe (ECOMOG) bzw. später der UN-Blauhelme, hier zumeist Pakistanies, Kenianer, etc. sowie Englands und Guineas (beide ohne UN-Mandat!), half, die RUF zu zerschlagen und den Bürgerkrieg zu beenden.
Das Problem war hier also nicht ein Eingreifen der UNO, sondern ein zu spätes Eingreifen, noch dazu mit zu schwachen Truppen. So konnten die Rebellen zeitweise mehrere hundert UN-Blauhelme als Geiseln nehmen, welche erst durch englische Soldaten in einer Kommandoktion befreit werden konnten.

Die Schlüsse aus der Geschichte der UN und insbesonderen des Weltsicherheitsrates können also nur lauten:

1. Reform des Weltsicherheitsrates mit Abschaffung des Vetorechtes der (ehemaligen) Großmächte.

2. Aufstellung, Ausbildung und Ausrüstung einer internationalen Eingreiftruppe unter Einbeziehung aller UN-Mitgliedsländer, um im Falle von Konflikten wie in Ruanda 1994 schnell und effektiv eingreifen zu können.

3. Bannung und Sanktionierung aller Militäraktionen ausserhalb der UN, dazu gehören eben auch und gerade Aktionen wie der US-Einsatz im Irak etc.

4. Verbesserte Kontrolle des internationalen Waffenhandels und Sanktionen gegen Länder, welche diese unterlaufen.

Es gibt momentan keine Alternative zur UN, daher ist eine Reform und Neuordnung dringend nötig.

So long!


Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Interessant — Bob

Heil Intoleranz!? — gunther

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