Anti-Repressionsdemo in Rostock

Rafael 19.11.2007 00:25 Themen: G8 Repression
Über 500 Menschen demonstrierten unter dem Motto „"Gegen Überwachungsstaat und Justizwillkür“!" am 17. November in Rostock. Die Demonstration richtete sich gegen die zahlreichen Verfahren im Zusammenhang mit den Protesten gegen den G8-Gipfel, gegen den Paragraphen 129a, sowie gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung.
Die Kundgebung begann gegen 14 Uhr auf dem Saarplatz mit Redebeiträgen von verschiedenen Gruppen, die für die Demo mobilisiert hatten.– Als es dann losgehen sollte, war der Versammlungsplatz bereits umstellt und der Demozug wurde von den Bullen aufgehalten. Vorwände fanden sich viele:– so wurde gefordert, die OrdnerInnen hätten ihre Adresse bei der Polizei anzugeben, oder die Transparente dürften nicht auf Schulterhöhe gehalten werden,– obwohl die Veranstaltung ohne Gründe gefilmt wurde.

Es dauerte anderthalb Stunden, bis sich keine Ausrede mehr finden lies, um die DemonstrantInnen weiterhin auf dem Platz aufzuhalten.– Es gab dann an verschiedenen Stationen Zwischenstopps und weitere Redebeiträge, unter Anderem vor dem Amtsgericht und der GESA (Gefangensammelstelle).

Aufgerufen hatten zu der Demonstration verschiedene Gruppen, unter anderem ['solid MV], die Rote Hilfe Rostock, REVOLUTION Rostock, North East Antifascists aus Berlin und NoLager aus Bremen.

Die Redebeiträge während der Demo waren vielfältig. So wurde von einem afrikanischen Flüchtling auf die rassistische Abschiebepraxis in der BRD hingewiesen, von diversen Gruppen auf die skandalöse Behandlung festgenommener GenossInnen während des Gipfels aufmerksam gemacht und von REVOLUTION Rostock die Überwachungsgesetze des Staates als präventive Maßnahme gegen die Proteste gegen Krieg und Sozialabbau dargestellt.

Die Demo verlief im Weiteren friedlich, wenn man von den Zusammenstößen am Naziladen (ECC) absieht. Hierbei soll es etliche Verletzte gegeben haben, die Bullen setzten Schlagstöcke und Pfefferspray gegen DemonstrantInnen ein.

Trotzdem bleibt festzuhalten, dass die Demo ein erfolgreiches Zeichen der Solidarität mit den Angeklagten, ein Zeichen des Widerstandes gegen die beschlossenen Überwachungsgesetze gewesen ist. Am 15. Dezember folgt eine weitere Demo gegen Repression in Hamburg.



++++++++++ Redebeitrag von REVOLUTION ++++++++++

Vor fünf Monaten demonstrierten – hier, in Rostock – 80.000 Menschen aus aller Welt gegen die G8 und blockierten eindrucksvoll die Zufahrtsstraßen nach Heiligendamm. Der Kampf gegen Krieg, Ausbeutung und Repression muss aber weiter gehen!

Heute haben wir uns versammelt, um unsere Solidarität mit den angeklagten G8-Gegnerinnen und Gegnern zu bekunden und die Einstellung der Verfahren gegen sie zu fordern.

Der Mörder von Carlo Giuliani ist frei. Diese Hinrichtung hatte keine Folgen. Währenddessen stehen, wegen des angeblichen Anzündens einiger Mülltonnen, Genossinnen und Genossen in Italien vor Gericht. ihnen drohen jahrelange Gefängnisstrafen.

Der agent provocateur, der in Heiligendamm enttarnt wurde, wird geschützt. Ebenso die Verantwortlichen für den illegalen Bundeswehr-Einsatz um den G8-Gipfel herum.

Gleichzeitig stehen in Rostock zahlreiche Verfahren offen gegen Menschen, die sich an den Demonstrationen und Blockaden beteiligt hatten. Wir fordern die sofortige Einstellung dieser Verfahren!

Skandalöser noch als diese Beispiele der Justizwillkür sind die Pläne der Bundesregierung: Ab 2008 soll erfasst werden, wer wann und mit wem telefoniert. Von welchem Ort aus angerufen wird. Wer mit wem E-Mails schreibt. Welcher Computer welche Internetseiten aufruft und mit welchen Begriffen in Suchmaschinen gearbeitet wird.

Begründet wird dieser massive Eingriff in die Privatsphäre mit der Kriminalitätsbekämfung. Fakt aber ist: Die Aufklärungsquote im Bereich der Internet-Kriminalität liegt bei 80 Prozent, in der Offline-Welt sind es nur 55 Prozent. Also wozu also dienen diese Überwachungsgesetze?

Bis zu 80 Prozent der Menschen in Deutschland sind gegen den Einsatz von Tornado-Jets in Afghanistan. Eine große Mehrheit lehnt die Beteiligung an Kriegen ab, eine große Mehrheit lehnt den Abbau von Grundrechten ab, eine große Mehrheit lehnt die derzeitige Umverteilung von unten nach oben ab.

Nicht nur in Berlin gilt schon heute jedes dritte Kind als arm… Aber damit die Menschen nicht über solche Nebensächlichkeiten nachdenken, wird ständig Angst geschürt: Angst vor Muslimen, Angst vor Linken, Angst vor „Anderen“. Jede und JedeR, der den Normalbetrieb des Kapitalismus stören könnte, wird als „Terroristen“ abgestempelt – selbst den streikenden LokführerInnen wurden vorgeworfen, die Bevölkerung zu „terrorisieren“!

Einer Forsa-Umfrage zu Folge sind 82 Prozent der Menschen in Deutschland der Meinung, dass sie in dieser Demokratie „nichts zu sagen“ hätten. Und – Recht haben sie. So wie das Vertrauen in die scheindemokratischen Institutionen des Kapitalismus schwindet, wächst auch die Bereitschaft, selber auf die Straße zu gehen und zu kämpfen.

Denn in vielen Bereichen wird ein grundlegender Wandel immer notwendiger: Die Umweltkatastrophe lässt sich kaum noch aufhalten; neue Kriege rücken immer näher; die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander.

Und damit zeigt sich, worum es wirklich bei dieser Repression geht: Dieser Staat greift arme Länder militärisch an, um die Interessen der Konzerne durchzusetzen. Gleichzeitig lässt er Menschen, die gegen solche Kriegsverbrechen demonstrieren, auf Grund eines schwarzen Kleidungsstücks einsperren. Da geht es ebenfalls um die Verteidigung des Kapitalismus.

Wenn das kapitalistischen System nun von einer wachsenden Mehrheit der Menschen als undemokratisch und unterdrückerisch erkannt wird – dann ist der Staat gezwungen, die Menschen einzuschüchtern, sie auszuspionieren, sie zu überwachen.

Noch sind es wenige, die gegen Sozialabbau, Krieg und Kapitalismus kämpfen. Aber der Staat weiß, dass die Unzufriedenheit da ist – dass es bald sehr viel mehr werden könnten. Wir haben es also mit präventiven Massnahmen gegen massenhafte Proteste zu tun.

Was können wir tun? Wir sind Viele! Nicht nur die 80.000, die gegen den G8-Gipfel demonstriert haben, sondern Milliarden, die immer weniger vom Reichtum auf dieser Welt haben.

Kämpfen wir gemeinsam! Wir haben die Kraft, um diese Welt zu verändern! Aber dafür müssen sich die Menschen, die unzufrieden sind, auch organisieren. Deswegen müssen wir zur Arbeiterbewegung gehen, z.B. in dem wir uns mit dem Streik der EisenbahnerInnen und Eisenbahner solidarisieren.

Und machen wir uns keine Illusionen: Nicht Schäuble ist das Problem, es gibt tausend andere Politiker, die bereit sind, diese Pläne umzusetzen. Es ist die Klasse der Kapitalisten, die an Sozialabbau, Kriegstreiberei und Umweltzerstörung verdient. Es sind ihre Profite, die mit diesen Gesetzten geschützt werden sollen.

Deswegen gibt es nur eine Lösung: die sozialistische Revolution.

One Solution: Revolution!

Quelle:  http://www.revolution.de.com/zeitung/zeitung26/repression.html



++++++++++ weitere Berichte ++++++++++

Indymedia: Rangeleien bei Antirepressionsdemo
 http://de.indymedia.org/2007/11/199718.shtml

Anti-Repressionsdemo am gleichen Tag in Genua:
 http://de.indymedia.org/2007/11/199629.shtml

junge Welt: Demonstration gegen Justizwillkür (kurz)
 http://www.jungewelt.de/2007/11-19/010.php
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Ergänzungen

wieterer Bericht

xyz 19.11.2007 - 13:44
hier noch ein weiterer ausfürhlicher Berichtb zur Demo:

 http://aonb.blogsport.de/2007/11/19/gegendruck/

Schlechtes Zeugnis für Sondereinheit

Taz 19.11.2007 - 22:06
In einer Bilanz des G-8-Gipfels lobt die Rostocker Staatsanwaltschaft die Polizei, übt aber auch Kritik: Es gab fast 1.500 Verfahren, und nur 44 Menschen wurden verurteilt.

Sechs Monate nach dem G-8-Gipfel in Heiligendamm hat die Staatsanwaltschaft Rostock die Arbeit der "Kavala" als "sorgfältig" bezeichnet. Nur dank der gründlichen Beweissicherung der Sondereinheit der Polizei während des Treffens der Regierungschefs im Juni sei es der Anwaltschaft gelungen, die Straftaten "konsequent und mit Augenmaß" zu ahnden, heißt es in einer Bilanz zur G-8-Strafverfolgung.

Das Fazit überrascht. Denn der Bericht selbst stellt der Polizei kein besonders gutes Zeugnis aus, im Gegenteil: Von den 1.474 eingeleiteten Verfahren konnte die Staatsanwaltschaft Rostock in nur 147 Fällen Anklage erheben, 955 wurden eingestellt, größtenteils weil den Beklagten nichts nachzuweisen war. Teilweise stellte sich auch heraus, dass es sich nicht um eine Straftat, sondern nur um eine Ordnungswidrigkeit handelte, sodass die Verfahren an die Verwaltungsbehörden weitergeleitet wurden. Im schlimmsten Fall droht hier ein Bußgeld.

Kritiker beklagen seit längerem die hohe Zahl der Verfahren. So wirft das Antirepressionsbündnis, das am vergangenen Wochenende in Rostock zu einer "Demonstration gegen Überwachungsstaat und Justizwillkür" aufgerufen hatte, den Behörden Unverhältnismäßigkeit vor. Laut Peter Lückemann, Sprecher der Staatsanwaltschaft Rostock, ist das Verhältnis von Klagen und Verurteilungen jedoch nicht ungewöhnlich. "Wir haben eine Sanktionsquote von 30 Prozent, das ist Standard", so Lückemann.

Dennoch wirkt die Zahl von 44 rechtskräftig Verurteilten bei fast 1.500 Verfahren erstaunlich klein. In 41 Fällen verhängte das Gericht Geldstrafen, in drei gab es Freiheitsstrafen auf Bewährung. Die bislang höchste, noch nicht rechtskräftige Freiheitsstrafe liegt bei neun Monaten.

In den meisten Fällen ging es um Landfriedensbruch, Körperverletzung und Widerstand gegen die Polizei.

Insgesamt 64 Verfahren richteten sich gegen Polizisten, meist wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung. Davon wurden 38 Fälle eingestellt, 26 laufen derzeit noch.

Carsten Gericke, Vorstandsmitglied des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins, sieht die Menge der Verfahren als Versuch, die Repressionen der Polizei nachträglich zu legitimieren. An diesem Dienstag will er beim Verwaltungsgericht Schwerin zusammen mit anderen Anwälten eine Sammelklage gegen die Polizeidirektion Rostock einreichen - wegen haltloser Inhaftierungen und unmenschlicher Haftbedingungen. "Für uns ist es wichtig, zu dokumentieren, wie viele Beklagte zu Unrecht beschuldigt wurden", so Gericke.

Auch für Christoph Kleine, der sich während des Gipfels bei "Block G 8" engagierte, einer Kampagne für Massenblockaden gegen Heiligendamm, sind die Einstellungen keine Überraschung. Die Klagen hätten von Anfang an keine Substanz gehabt. "Jetzt hoffe ich nur noch, dass der Rest auch so schnell eingestellt wird", sagte Kleine.

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@scheißfahnen — hamma und sichel

Musikprogramm — Wladek

@Wladek (Musikprogramm) — Manfred Dobermann