Wir sind die Geschichte

Gipfelsoli plus x, update by s7ven 17.11.2007 01:33 Themen: G8 G8 Heiligendamm Repression
Sechs Jahre nach dem G8-Gipfel in Genua gibt es noch immer etliche Gerichtsverfahren gegen DemonstrantInnen und Angehörige der Polizeikräfte. Die Prozesse gegen Führungskräfte von Polizei und Carabinieri werden hinausgezögert, um von der kürzeren Verjährungsfrist zu profitieren. In den Verfahren gegen 25 AktivistInnen zeigen die StaatsanwältInnen Canepa und Canciani Härte. Noch nie gab es derart hohe Strafanträge im Kontext von Straßenkämpfen.
Aber auch in Deutschland wurde zum 17.11.07 zur Großdemonstration aufgerufen. Unter dem Motto "Gegen Überwachungsstaat und Justizwillkür" setzten sich Menschen dafür ein, dass ihr legitimer und gemeinsamer Protest im Zuge der G8 Proteste nicht einigen Wenigen zur Last gelegt wird, die mit unhaltbaren und konstruierten Anklagen konfrontiert sind. In Kopenhagen gab es eine Soli-Demo mit ca. 100 Leuten.

English Version: We are the History
Artikel aus Genua: 1 | 2 | Bilder: 1 | 2 | 3 | 4
Artikel aus Rostock: 1 | 2 | 3 | 4 | 5
Artikel aus Kopenhagen: 1
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Genua war eine Revolte. Die 25 Angeklagten stehen für alle 300.000 die damals in Genua auf den Straßen waren. In aller Unterschiedlichkeit gab es ein gemeinsames Ziel: Die Delegitimierung der G8 und der Roten Zone.
Für den 17. November haben viele der damals mobilisierenden Spektren zu einer gemeinsamen, kraftvollen Solidaritäts-Demonstration in Genua aufgerufen. Inzwischen fordern Angehörige der Alleanza Nazionale und der rechten Polizeigewerkschaft das Verbot der Demonstration. Unter dem Motto "Plünderung zur Verteidigung der eigenen Argumente; black block, No global und Umgebung" will die Polizei selbst in Genua aufmarschieren. Eine ihrer Gewerkschaften hat "sit ins" auf allen öffentlichen Plätzen angemeldet.

Update 17.11.:
Den ganzen Tag über kamen die Menschen aus allen Teilen Italiens und dem restlichen Europa nach Genua. In Pisa und La Spezia kam es bereits im Vorfeld zu kleineren Zusammenstößen an den Bahnhöfen.In Genua demonstrierten ca. 100 000 Menschen in einem 2 km langen Demonstrationszug durch die ehemalige "Rote Zone". Gegen 17 Uhr erreichte die Demospitze die Piazza De Ferrari, wo die Abschlusskundgebung statt fand. Die Demonstration verlief friedlich und ohne größere Zwischenfälle.

In Rostock demonstrierten ca. 400 Menschen durch die Innenstadt. Sie protestierten gegen die Repressionen im Zuge des G8-Gipfels und gegen den Ermittlungsparagraphen 129a (StGB). Bereits zu Beginn kam es zu Rangeleien mit den Einsatzkräften. Insgesamt wurden während der Demonstration gegen den Überwachunngsstaat mehr als ein Dutzend TeilnehmerInnen verletzt.


Hintergrund: Strafmaß-Liste Genua | 225 Jahre für 25 AktivistInnen | Interview mit einem Beschuldigten | Schadensersatzforderungen der Regierung | Demo-Verbot/ Gegen-Demo der Polizei in Genua | Artikel in Tageszeitung 'Il Secolo XIX'
Texte: Editorial von SupportoLegale Genua | Text eines Aktivisten
Pressemitteilungen: SupportoLegale | Comitato Veritá e Giustiizia
Aufrufe zum 17.11. (deutsch): SupportoLegale Genova | Global Project | Kollektiver Aufruf 'Wir, die von der Via Tolemaide'
Webseiten von Soli-Gruppen Italien (multilanguage): SupportoLegale Genova | Global Project | Comitato verità e giustizia per Genova
Webseiten auf deutsch: Gipfelsoli | SupportoLegale Berlin | Antirepressions-Demo 17.11. Rostock

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Ergänzungen

Erste Nachrichten

Micha 17.11.2007 - 16:30

Großkundgebung in Genua

Euronews 18.11.2007 - 11:25
Für neue Ermittlungen zum Tod eines Demonstranten

Tausende Menschen haben am Samstag in Genua Gerechtigkeit für Carlo Giuliani gefordert. Giuliani hatte im Jahr 2001 an einer Demonstration gegen den G-8-Gipfel teilgenommen und war von einem Polizisten erschossen worden, als er offenbar einen Feuerlöscher auf ein Polizeiauto werfen wollte. An der Kundgebung für Giuliani nahmen nach Angaben der Veranstalter 50.000 Menschen teil. Es müsse so schnell wie möglich eine parlamentarische Untersuchungskommission eingesetzt werden, fasst ein Demonstrant das Ziel der Aktion zusammen. Auch die Eltern des damals 23-jährigen Carlo Giuliani nahmen an der Kundgebung teil. "Der Schmerz lässt nie nach", sagt der Vater, "aber es gibt trotzdem eine Hoffnung bei all den jungen Leuten, die von ihrem Anliegen überzeugt sind. Sie können der Welt helfen und sie können mitwirken, dass dieses Land besser wird."

Erst vor kurzem allerdings war die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss zu den Vorfällen rund um den G-8-Gipfel im Verfassungsausschuss des Parlaments gescheitert. Die Aufklärung solle der Justiz überlassen bleiben, hieß es. Der Polizist war vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden. Er habe in Notwehr gehandelt, entschied ein Richter. Wegen der Krawalle im Jahr 2001 stehen derzeit 25 Globalisierungsgegner vor Gericht. Ihnen drohen Haftstrafen zwischen sechs und 16 Jahren.

Genua: Globalisierungskritiker demonstrieren

http://www.nachrichten.ch/ 18.11.2007 - 11:27
Globalisierungskritiker demonstrieren in Genua

Genua - Zehntausende Globalisierungskritiker haben sich am Samstag in Genua zu einer Demonstration versammelt, an der unter anderem die Prozesse gegen 25 Teilnehmer der Protestkundgebungen gegen den G-8-Gipfel vor sechs Jahren kritisiert wurden.

Nach Angaben der Veranstalter versammelten sich 50'000 Demonstranten in der norditalienischen Stadt, nach Angaben der Präfektur waren es 30'000. Die Demonstranten forderten auch, dass «die Wahrheit» über den Tod des 23-jährigen Carlo Giuliani herauskommen müsse, der im Juli 2001 von einem Polizisten erschossen worden war. Gegen 25 Teilnehmer der Proteste von 2001 laufen derzeit Prozesse, in denen Haftstrafen zwischen acht und 15 Jahren verhängt werden könnten.

«Wer etwas kaputtmacht, muss büssen, wer tötet nicht», hiess es auf Spruchbändern unter Bezug auf den Tod Giulianis.

Ermittlungen eingestellt
Zu der Kundgebung hatten zahlreiche Parteien und Organisationen aufgerufen, unter anderem die Grünen und Kommunisten. Im Mai 2003 hatten die Justizbehörden die Ermittlungen zum Tod Giulianis eingestellt. Bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rand der G-8-Gipfels vor sechs Jahren waren mehrere hundert Menschen verletzt worden.

Zehntausende gegen Globalisierung

http://www.zisch.ch/ 18.11.2007 - 11:28
Zehntausende Globalisierungskritiker haben sich am Samstag in Genua zu einer Demonstration versammelt, an der unter anderem die Prozesse gegen 25 Teilnehmer der Protestkundgebungen gegen den G-8-Gipfel vor sechs Jahren kritisiert wurden.

Nach Angaben der Veranstalter versammelten sich 50.000 Demonstranten in der norditalienischen Stadt, nach Angaben der Präfektur waren es 30.000. Die Demonstranten forderten auch, dass "die Wahrheit" über den Tod des 23-jährigen Carlo Giuliani herauskommen müsse, der im Juli 2001 von einem Polizisten erschossen worden war.

Gegen 25 Teilnehmer der Proteste von 2001 laufen derzeit Prozesse, in denen Haftstrafen zwischen acht und 15 Jahren verhängt werden könnten. "Wer etwas kaputtmacht, muss büssen, wer tötet nicht", hiess es auf Spruchbändern unter Bezug auf den Tod Giulianis.

Zu der Kundgebung hatten zahlreiche Parteien und Organisationen aufgerufen, unter anderem die Grünen und Kommunisten. Im Mai 2003 hatten die Justizbehörden die Ermittlungen zum Tod Giulianis eingestellt. Bei den gewalttätigen Auseinandersetzungen am Rand der G-8-Gipfels vor sechs Jahren waren mehrere hundert Menschen verletzt worden.

Neue Ermittlungen verlangt

http://www.tagesanzeiger.ch 18.11.2007 - 11:29
Tausende haben in Genua eine parlamentarische Ermittlung zum Tod eines Demonstranten während des G-8-Gipfels vor sieben Jahren gefordert.

Festnahmen wurden während des Protestzugs nicht gemeldet. Die Veranstalter sprachen von 50'000 Teilnehmern, die Polizei legte keine Schätzung vor.

Bei gewalttätigen Protesten gegen den Gipfel in Genua war ein Demonstrant von der Polizei erschossen worden, der anscheinend dabei war, einen Feuerlöscher auf ein Polizeiauto zu werfen. Mehr als 200 Menschen wurden bei den Krawallen verletzt, über 300 festgenommen.

Ermittlungen in Genua führten nach Entscheidung eines Richter zu dem Ergebnis, dass der Schütze in Selbstverteidigung gefeuert habe.

Prozess gegen G-8-Gegner von Genua

Taz 18.11.2007 - 11:54
Anklagen wegen Plünderungen und Landfriedensbruch: Die italienische Staatsanwaltschaft fordert hohe Strafen gegen Gegner des G-8-Gipfels 2001 in Genua.

Haft von sechs bis zu 16 Jahren: Drakonische Strafen beantragte die Staatsanwaltschaft Genua am Dienstag gegen zahlreiche Globalisierungskritiker. In dem Prozess gegen 25 Demonstranten geht es um die Ausschreitungen während des G-8-Gipfels vom Juli 2001, in deren Verlauf Carlo Giuliani durch einen Carabiniere erschossen wurde.

Doch während die Ermittlungen gegen jenen Carabiniere, Mario Placanica, schon früh eingestellt wurden, sollen die angeklagten Gipfelgegner jetzt wegen schweren Landfriedensbruchs und Plünderung verurteilt werden, wenn es nach den Staatsanwälten geht. Weitgehend unumstritten ist ihre Beteiligung an den Ausschreitungen, denn die Anklage stützt sich vor allem auf die Auswertung zahlreicher Videos und Fotos. So wurden gegen jenen jungen Mann, der mit einer Holzlatte auf den Carabiniere-Jeep losging, aus dem heraus Placanica dann schoss, neun Jahre Haft beantragt. Eine zum Black Bloc gehörende 41-jährige Frau, die einen Molotowcocktail gegen das Tor des Gefängnisses von Genua geschleudert hatte, soll gar für 16 Jahre ins Gefängnis.

Äußerst umstritten war im Prozessverlauf die Einordnung der angeklagten Taten. Die Staatsanwaltschaft zog sich auf eine reine Einzelfallbewertung zurück, die jeden geworfenen Stein, jede aus einem Supermarkt ausgeräumte Pasta-Packung (für ein Kilo Nudeln wurden sechs Jahre Knast beantragt) gleichsam "für sich" betrachtete. Diametral entgegengesetzt ist das Herangehen der Verteidiger: Sie fordern die Bewertung der Aktionen im Gesamtkontext der Geschehnisse von Genua.

So unterstreichen sie, dass die Krawalle, in deren Verlauf Carlo Giuliani erschossen wurde, durch eine massive Tränengas- und Schlagstock-Attacke der Polizei auf den genehmigten Demonstrationszug der "Disubbidienti" (der "Ungehorsamen" aus den besetzten autonomen Zentren) ausgelöst wurde. Die Brutalität dieses Einsatzes spielten die Staatsanwälte dagegen herunter, unter anderem mit dem Argument, ein Polizist könne im Gewühl nun mal nicht die bösen von den guten Demonstranten unterscheiden, wenn er mit dem Schlagstock hinlangt.

Ansonsten gaben sich die Staatsanwälte durchaus kritisch gegenüber der Polizei, die zum Beispiel bei dem Sturm auf die als Hauptquartier der Gipfelgegner dienende Schule - die Scuola Diaz - ein wahres "Massaker" veranstaltet habe. Doch die von der Polizei begangenen Verbrechen würden, so die Anklage, mit gleicher Härte in zwei anderen Prozessen verfolgt. Das stimmt: Gegen 29 Polizisten läuft die Verhandlung wegen des Sturms auf die Scuola Diaz; und 45 Beamte müssen sich wegen der Misshandlungen von hunderten gefangenen Gipfelgegnern in der Polizeikaserne Bolzaneto verantworten.

Doch einen entscheidenden Unterschied gibt es. Der Tatbestand Landfriedensbruch unterliegt keiner Verjährung - bei Verurteilung werden die Demonstranten ihre Strafen sicher verbüßen. Die den Polizisten vorgeworfenen Verbrechen dagegen werden bald verjährt sein, noch ehe ihre Prozesse durch alle Instanzen gegangen sein werden. Das Ergebnis: Alle Polizisten werden straffrei ausgehen und weiter ihren Dienst versehen. Denn disziplinarisch wurden sie nie belangt - sondern stattdessen meist befördert.

Anti-Repressionsdemo Rostock 17.11., Video

Verlinker 04.12.2007 - 15:10

Der G8-Gipfel und die Justiz

Tagesschau 07.12.2007 - 22:01
Ein halbes Jahr nach dem G8-Gipfel beschäftigt dieser weiter die Justiz: Ob Razzien vor dem Gipfel, Krawalle in Rostock oder Klagen gegen Polizei-Käfige - verurteilt wurden in den rund 1500 Verfahren bisher nur wenige Beschuldigte. Kritiker sehen das als Beweis für polizeiliche Willkür.

Landfriedensbruch, Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Nötigung, Sachbeschädigung, Beleidigung, Brandstiftung oder Verstöße gegen das Versammlungsgesetz - die Liste der Anschuldigungen gegen G8-Gegner war lang. Aber nur in rund einem Zehntel der Verfahren, die die zuständige Staatsanwaltschaft Rostock bisher im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel einleitete, wurden die Beschuldigten am Ende verurteilt oder gegen sie ein Strafbefehl ausgesprochen. "Einen justiziellen Offenbarungseid erster Ordnung", nennen es Rostocker Globalisierungskritiker.

1474 Ermittlungsverfahren hatte die Staatsanwaltschaft Rostock bis Mitte November gegen Demonstranten eingeleitet und die meisten davon auch bereits abgeschlossen. Gegen rund 1000 Beschuldigte wurden die Verfahren eingestellt, bevor es zu einer Anklage vor Gericht kam - in rund der Hälfte dieser Fälle deshalb, weil den Beschuldigten nichts nachgewiesen werden konnte. In den übrigen Fällen handelte es lediglich um Ordnungswidrigkeiten, oder die Staatsanwaltschaft ging nur von geringer Schuld aus.

Freigesprochen wurde beispielsweise ein 19-jähriger aus Göttingen: Der Freizeit-Rugbyspieler hatte einen Gummi-Zahnschutz bei sich getragen, weshalb er von der Polizei als potenzieller Gewalttäter mit "Schutzbewaffnung" eingestuft wurde. Ähnlich habe die Polizei in vielen Fällen gehandelt, so der Vorwurf der Hamburger Rechtsanwältin Britta Eder, die mehrere G8-Gegner vertritt und im Vorstand des Republikanischen Anwaltsvereins aktiv ist.

Anklage oder Strafbefehl nur in 147 Fällen

Anklage erhoben oder ein Strafbefehl ausgesprochen wurde in 147 Fällen. Rechtskräftig verurteilt wurden bis Mitte November 44 Personen, fast alle davon zu Geldstrafen. Mehrere Angeklagte wurden wegen Steinwürfen zu mehrmonatigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt.

Der Rostocker Oberstaatsanwalt Peter Lückemann deutet die Zahlen anders: "Insgesamt übersteigt die Sanktionsquote von mehr als 30 Prozent sogar den bundesweiten Durchschnitt, so dass die verbleibende Einstellungsquote gerade nicht auf besonders viele von vornherein nicht haltbare Vorwürfe der Polizei schließen lässt." In seine Quote rechnet der Jurist allerdings auch Verfahrenseinstellungen gegen Geldauflagen und -bußen mit ein.

Kritiker: Polizei handelte nach Gutdünken

Während des Gipfels kam es Kritikern wie Anwältin Eder zufolge zu haltlosen Beschuldigungen und massenhaftem rechtswidrigen Verhalten der Polizei gegenüber Demonstranten: "Die Beamten machen erst einmal, was sie wollen, und sagen den Demonstranten: 'Sie können ja dagegen Beschwerde einlegen.'" Das haben etwa 14 Globalisierungskritiker mit Unterstützung durch Eder und den Republikanischen Anwaltsverein getan. Sie werfen der Polizei willkürliche und menschenunwürdige Inhaftierung in durchgehend beleuchteten und videoüberwachten Großkäfigen vor. Die Kläger gehören zu einer Gruppe von 193 Personen, die in einem Waldstück von der Polizei festgenommen wurden, nachdem in der Nähe eine brennende Barrikade errichtet worden war.

Die Rostocker Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben 64 Verfahren gegen Polizeibeamte eingeleitet, meistens wegen Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung. Angeklagt wurde bisher ein Polizist aus Bayern. In allen anderen Fällen seien "die Strafanzeigen unbegründet oder die Straftaten nicht nachzuweisen" gewesen, so die Staatsanwaltschaft.

Abhörmaßnahmen gegen G8-Gegner

Rechtsanwältin Eder vertritt auch einen der Betroffenen, die bereits vor dem G8-Gipfel mit der Polizei in Kontakt kamen: Der Mann zählte zu den Verdächtigen bei der großen Razzia in der linken Szene im Mai. Bei der Durchsuchungsaktion im Auftrag der Generalbundesanwältin (GBA) wurde bei Eders Mandant offenbar auch eine Wanze installiert: Ein Behördenschreiben informierte ihn gut sechs Monate später über die Abhörmaßnahmen.

Wurden noch weitere verdächtige G8-Gegner belauscht? "Dazu können wir nichts mitteilen", sagt Frank Wallenta, Sprecher der GBA. "Aber es gibt ja Fristen." Ohne Ausnahmegenehmigung müssen die Ermittler die Belauschten spätestens sechs Monate nach Ende der Aktion darüber benachrichtigen.

Für Aufsehen hatte bei den Razzien auch die Entnahme von Geruchsproben von Verdächtigen gesorgt. Diese seien inzwischen längst vernichtet, versichert GBA-Sprecher Wallenta. Das sei "ein bis zwei Woche" nach der Entnahme so üblich, wenn sich keine weiteren Hinweise durch die Proben ergäben.

Nichts sagen kann Wallenta dazu, ob sich denn inzwischen durch Durchsuchungen und Abhöraktionen der Verdacht gegen die 18 Gipfelgegner erhärtet hat, gegen die wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§129a Strafgesetzbuch) ermittelt wird. Es seien bei der Razzia "in großem Umfang" Speichermedien sichergestellt und die Daten kopiert worden. Diese müssten noch ausgewertet werden.

"Wir haben inzwischen Teilakteneinsicht von der Anklage bekommen - 33 Aktenordner", sagt Rechtsanwältin Eder. Aber die Grundlage, aufgrund der die Durchsuchungen vom Ermittlungsrichter erlaubt wurden, sei für sie daraus immer noch nicht ersichtlich. Sie hält nicht nur deshalb den Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung für fragwürdig.

Was sagt der Bundesgerichtshof?

Zusätzliche Brisanz erhält diese Einstufung deshalb, weil der Bundesgerichtshof sie jüngst in einem anderen Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft - gegen die linksextremistische "Militante Gruppe" - auch für nicht gerechtfertigt sah. Sollte der BGH im Fall der Razzien womöglich ähnlich entscheiden, handele es sich "immer noch um Staatsschutzvergehen", betont GBA-Sprecher Wallenta. Für das Ermittlungsverfahren mache dies aber keinen Unterschied, sondern nur bei einer späteren Verurteilung. Rechtsanwältin Eder bezweifelt hingegen, dass ohne Terror-Einstufung der Verdacht ausgereicht hätte, um die Generalbundesanwältin einzuschalten und den Lauschangriff zu rechtfertigen.

Plädoyers dreier Angeklagten

La storia siamo noi 09.12.2007 - 00:04
Die Plädoyers der Verteidiger im Verfahren gegen 25 Demonstranten, die in Zusammenhang mit dem G8 2001 in Genua unter Anklage stehen, sind abgeschlossen. Drei der Angeklagten ergriffen nach der letzten anwaltlichen Rede am 7. Dezember 2007 das Wort, um persönliche Erklärungen abzugeben. Nur zwei sind vollständig dokumentiert. Im Folgenden die Übersetzung der Erklärungen in deutscher Sprache.

[Erklärung VV]

Ich möchte als Erstes eine kurze Bemerkung machen: Als Anarchist halte ich die bürgerlichen Begriffe von schuld und Unschuld für vollkommen bedeutungslos. Die Entscheidung, im Rahmen eines Gerichtsverfahrens über „kriminelle Handlungen“, die man mir und anderen Leuten anlasten will, diskutieren zu wollen und besonders die Entscheidung, an diesem Ort die Ideen vorzubringen, die meine Art zu sein und Dinge wahrzunehmen kennzeichnen, könnte zum Gegenstand falscher Einschätzungen gemacht werden. Ich muss also notgedrungen klar stellen, dass der Geist, in dem ich – nach dem die hier zur Debatte stehenden Ereignisse jahrelang einer Verfremdung als Medienspektakel unterlagen – diese Erklärung abgebe, derjenige ist, der danach strebt, dass auch die Stimme einiger Angeklagter sich Gehör verschaffen möge. Mit diesem kurzen Beitrag suche ich jedenfalls weder Ausflüchte noch Rechtfertigung. Selbst wenn das Gericht entscheiden würde, dass es legitim ist, zu revoltieren, würde ich es absurd finden, denn es steht ihm nicht zu.

Die Dinge, die sich ereigneten aus einer bestimmten Sicht und in einer bestimmten Art von Sprache (die, der Gerichtsbürokratie, damit wir uns verstehen) nachzulesen, entspricht nicht nur einer verkürzten Betrachtung derselben, sondern auch einer Verzerrung von deren Tragweite und ihrer historischen, politischen und sozialen Verortung. Das bedeutet eine, aus dem Kontext, in dem sich die Geschehnisse ereigneten, völlig heraus gelöste Verbiegung der Dinge.

Der Sprache des Strafgesetzbuches nach, impliziert der mir in diesem Verfahren vorgeworfene Tatbestand der Verwüstung und Plünderung, dass „eine Pluralität von Personen sich wahllos einer beträchtlichen Menge von Gegenständen habhaft macht, um Zerstörung zu bringen“. Für diese Art von Straftaten werden hohe Strafmaße gefordert, und das, obwohl es sich dabei nicht um besonders verwerfliche Aktionen oder um niederträchtige Verbrechen handelt.

Für meine Taten habe ich immer die volle Verantwortung übernommen und etwaige Konsequenzen habe ich immer auf mich genommen. Das trifft auch auf meine Anwesenheit beim Mobilisierungstag gegen den G8 am 20. Juli 2001 zu. Die Tatsache, dass ich als freier Mann an einer kollektiven radikalen Aktion ohne jede hegemoniale Struktur über mir Teil genommen habe, ist mir eine Ehre.

Und ich war nicht alleine, mit mir waren hunderttausende von Menschen. Jeder hat sich mit seinen Mitteln verwendet, um sich einer heute als neoliberal bezeichneten, auf die kapitalistische Ökonomie gestützten Weltordnung zu widersetzen. Die berüchtigte wirtschaftliche Globalisierung, die sich über den Hunger von Milliarden Menschen aufbaut, vergiftet den Planeten... sie veranlasst Massen, zum Exil, um sie dann zu deportieren und zu inhaftieren; sie erfindet Kriege, sie massakriert ganze Bevölkerungen. Das nenne ich Verwüstung und Plünderung.

Jenes gigantische Experiment unter freiem Himmel, das in Genua stattfand, (in den Vormonaten und in jenen Tagen, an denen jene Kirmes der Verwüster und Plünderer auf planetarischer Ebene abgehalten wurde), und von manchem Zurückgebliebenen trotzig weiter als „Handhabe der Piazza“ * definiert wird, hat eine Zeitenwende markiert: nach Genua ist nichts mehr wie vorher gewesen, nicht auf der Straße, und schon gar nicht in den Verfahren im Zuge etwaiger Auseinandersetzungen.

Mit Urteilen dieser Art wird einem Modus Operandi Tür und Tor geöffnet, der in ähnlich gelagerten Fällen zur Normalpraxis werden wird. Das heißt, man wird Mitten in die Menge der Demonstranten einschlagen, um jeden, der es wagt, an Umzügen, Märschen, Demonstrationen Teil zu nehmen einzuschüchtern... ich glaube, dass es nicht Fehl am Platze wäre, von Präventivmaßnahmen des psychologischen Terrorismus zu sprechen.

Ich werde wiederum nicht über den Begriff der Gewalt diskutieren, und über die Frage nach dem, der sie ausübt und dem, der sich vor ihr wehren muss: Nicht, um eine zweideutige Haltung bezüglich der Wahl gewisser Mittel beim Klassenkampf einzunehmen, sondern weil ich diesen Kontext hier in bezüglich der Auseinandersetzung mit einer Diskussion, die der antagonistischen Bewegung, der ich angehöre, eigen ist, für ungeeignet halte.

Zwei Sätze noch zum Verfahren gegen die Polizeikräfte

Mit dem Verfahren gegen die so genannten Ordnungskräfte versuch man einen gewissen Sinn für Ausgewogenheit zu vermitteln. Die Staatsanwälte haben versucht, die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten mit einem Bandenkrieg zu vergleichen: Ohne zu viel drum herum zu reden, sage ich, dass mir nicht einmal im Traum einfallen würde, mit der klaren Absicht, körperlich und psychisch zu demütigen, auf feige Art und Weise gegen gefesselte, kniende, entblößte oder sich offenkundig nicht offensiv verhaltende Menschen zu wüten...

Ich habe mich inzwischen daran gewöhnt, dass ich mit Provokateuren, Unterwanderern und so weiter verglichen werde, obwohl es sehr hart ist... Aber mit einem Provokateur in Uniform verglichen zu werden, das nicht. Eine solche Behauptung ist, gelinde gesagt, widerwärtig!

Sie ist dessen würdig, der sie ausgesprochen hat.

Außerdem bedeutet die Implementierung eines Verfahrens, nur um daran zu erinnern, dass wir uns in einer Demokratie befinden, die Reduktion der ganzen Sache auf eine Handvoll gewalttätiger Bekloppter auf der einen und auf einzelne Fälle von Übereifer bei der Umsetzung des Rechts auf der anderen Seite. Das steht nicht nur für geistige Armut, weil es die Schwäche der Gründe offenbart, für die man sich wegwirft, um die gegenwärtige soziale Ordnung zu wahren.

Aus meiner Sicht bedeutet die Tatsache, dass Parallel zu den Demonstranten auch gegen die Polizei prozessiert wird, dass den Ordnungskräften eine viel zu bedeutende Rolle in der ganzen Angelegenheit zugedacht wird. Es entzieht den Handlungen der Menschen, die auf die Straße gegangen sind, um zum Ausdruck zu bringen, was sie von dieser Gesellschaft halten Bedeutung und verbannt sie alle in ihre historische Rolle als Opfer einer allmächtigen Herrschaft. Carlo Giuliani, hat, wie viele andere Genossen von mir, sein Leben gelassen, weil er all das mit dem Mut und der Würde zum Ausdruck gebracht hat, die seit jeher jene kennzeichnet, die diesem Status quo nicht unterworfen sind, und er wird nicht der letzte sein, solange die Beziehungen zwischen den Menschen durch externe Organe reguliert sein werden, die Vertreter einer geringen sozialen Minderheit sind.

Weil ich ein desillusionierter Mensch bin und der Demokratie die richtige Bedeutung beimesse, entlockt mir die Vorstellung, dass einem Vertreter der gesetzlich konstituierten Ordnung der Prozess gemacht wird, weil er seine Pflicht getan hat, nur ein müdes Lächeln. Der Staat macht dem Staat den Prozess, würde mancher zu Recht sagen.

Mit Sicherheit wird es Verurteilungen geben. Ich werde sie gewiss nicht als Zeichen von Milde oder aber von Härte des Gerichtshofs empfinden. Man wird sie in jedem Fall als ein Angriff auf all jene, die auf irgendeine Art immer gezwungen sein werden, die eigene Existenz aufs Spiel zu setzten, um das Existierende auf die bestmögliche Art und weise auf den Kopf zu stellen.

[Erklärung MC]

Ich merke an, dass ich, als Anarchistin, den Justizapparat als Widersacher nicht anerkenne, ein Organ des Staates, dessen einzige Funktion im essentiellen Schutz der privilegierten sozialen Klassen und im Schutz des Privateigentums besteht.

Mit dieser, Erklärung, die vornehmlich außerhalb diesen Gebäudes gerichtet ist, nutze ich also die Gelegenheit, mich an alle zu wenden, die die Voraussetzungen besitzen, um meine Worte zu verstehen. Ich möchte mich an die unteren Klassen richten, an jene, die den entfremdenden Zustand des der Ausbeutung und Unterdrückung durch das fortgeschrittene und moderne kapitalistische System erleiden, das immer grausamer und ausgrenzender ist.

Des Weiteren merke ich an, dass ich bezüglich meines Verhaltens, meiner Überzeugungen und meiner politischen Entscheidungen nichts klar zu stellen habe, und dass ich schon gar nicht beabsichtige, die Herren des Gerichts um Milde zu bitten.

Die exquisit politische Natur dieses Strafverfahrens zwingt zu einer klaren Stellungnahme, besonders im Lichte der unzähligen Versuche der Staatsanwaltschaft und der Presse, die Angeklagten in diesem Verfahren vor der Öffentlichkeit zu diskreditieren und zu entpolitisieren.

Subjekte, die wider Willen in das Getriebe der Maschinerie der bürgerlichen Justiz geraten sind, die man in manchen Fällen wie eine Horde über die Straßen von Genua herein fallender Barbaren, hat erscheinen lassen die explizit im Sinn hatten, zu verwüsten und zu plündern.

Nein, meine Herren, den Vorwurf der Verwüstung und Plünderung, den sende ich postwendend an den Absender zurück, weil er beleidigend ist, und weil er nicht Teil meines politischen-historischen Hintergrunds ist.

Die soziale Klasse der ich angehöre ist randvoll mit von den Bonzen zugefügten Ungerechtigkeiten, Zumutungen und Demütigungen. Erst Recht hier, in den heiligen Hallen der demokratischen Inquisition, in denen die soziale Ungerechtigkeit systematisch begangen wird, lege ich Wert darauf, meine standhafte Opposition gegen jede Form von Herrschaft, sozialer Ungleichheit und Ausbeutung klar zu stellen und zu behaupten.

Wenn auch ich mir bewusst bin, dass man mir, als Feindin eurer Klasse eine strenge Strafe zufügen wird, weil ich Trägerin unguter Prinzipien bin, die in absolutem Kontrast zur festgelegten Ordnung stehen, teile ich euch mit, dass ich persönlich, als lohnabhängige Arbeiterin Gelegenheit hatte, die wahren Verwüster und Plünderer kennen zu lernen.

Sie residieren in den Luxuspalästen oder in den Palästen der Macht, sie sind die Herren, die Staatsoberhäupter, also die gesamte führende Klasse diesen infamen Systems. Ein schmaler Prozentsatz Individuen auf dieser Erde, der im Namen des Profits und der absoluten Macht diesen Planeten ausrauben und Plündern.

Sie zwingen Millionen Menschen Hunger und Armut auf, sowohl im Süden der Welt, als auch im Westen, sie beuten die Arbeiter an ihren Arbeitsstätten aus, bis diese zu Sklaven werden, folglich sind sie die Verantwortlichen für die weißen Tode**, die ein regelrechtes stetiges Tröpfeln darstellen.

Sie begraben all jene, die gezwungen sind, an den Rändern dieser opulenten Gesellschaft zu leben, in den vaterländischen Kerkern.

Sie führen Kriege – ob es sich dabei um humanitäre Einsätze oder um Eroberungskriege macht wenig aus – in dem sie ganze Bevölkerungen auslöschen, ganze Länder verwüsten und deren Ressourcen plündern. Die Aufzählung könnte ins Unendliche firtgesetzt werden.

Es ist notwendig, gegen all das zu kämpfen, es ist notwendig, der kapitalistischen Diktatur eine unermüdliche Opposition entgegenzusetzen.

Für das, was mich betrifft, ist das der Sinn der Mobilisierungen der antiimperialistischen und antikapitalistischen Kämpfe 2001 in Genua gewesen, und das nicht gerade, weil ich diese etwa für einen durch die Anwesenheit der Herren der Erde bestimmten, einzigartigen politischen Moment im Leben der Ausgebeuteten hielt, um von diesen Herren einige von ihren luxuriösen Tafeln herab gefallenen Krümel zu erbetteln; Ich tat es im Einklang mit einem bereits beschrittenen politischen Weg, der von dem starken Bedürfnis belebt war, ein auf Überwältigung aufbauendes soziales Modell radikal zu transformieren. Das gleiche Motiv, das mich bis heute motiviert, mich an Kampfsituationen zu beteiligen, die von unten hergestellt werden, Situationen, die weniger spektakulär und für die Kameras der medialen Macht weniger interessant, aber mit Sicherheit authentisch sind.

Durch die Wiederaneignung eines verweigerten und durch die imposante militärische Präsenz zum Zweck der Verhinderung jedweder Form von Ablehnung unzugänglich gemachten urbanen Raumes hat man 2001 in Genua mit großer Entschlossenheit ein Grundprinzip neu behauptet.

Kein Urteil wird die Geschichte jener Tage umschreiben können. Carlo wird in unseren Kämpfen alle Tage weiter leben.

[Erklärung SC - Auszüge]

Es ist ein Verfahren, das sich auf Videoaufnahmen stützt. [...] Eine Videoaufnahme ist ein nützliches Instrument, sie genügt aber nicht, um zur Wahrheit zu gelangen. Ich möchte an Plato erinnern: eine Gruppe von Menschen lebt angekettet in einer Höhle; je nach dem, wie die Sonnenstrahlen einfallen, nehmen die Schatten unterschiedliche Formen an; die einzelne Sinneswahrnehmung kann in Abwesenheit von Überlegungen über ein Vorher, ein Während und ein Nachher nicht zur Wahrheit führen. [....]

Also ist es vernünftiger, denen, die Gegenstände beschädigen, eine größere soziale Gefährlichkeit zuzurechnen, als denen, die Menschen Schaden zufügen. Die Staatsanwaltschaft teilt sich in zwei Pools auf: einer für die Gewalttaten in Bolzaneto und in der Diaz-Schule, und einer für die Auseinandersetzungen. Aber gibt es zwischen ihnen denn keine Verbindung?

Oder will man unterstellen, dass die Gewalttaten der Ordnungskräfte eine Folge dessen, was am Samstag geschehen ist darstellen? Aber wenn sie die Gewalt doch schon am Freitag ausübten! [...] Sollte nicht Alles als ein großes Ganzes untersucht werden, statt es zu einem Mischmasch zerstückelter Ereignisse und Bilder zu machen?

Die Urteile scheinen nicht auf uns 25 Angeklagte abzuzielen. Sie muten vielmehr an, wie eine harte Warnung, wie eine Aufforderung zum Schweigen, zur Unterwerfung, an Alle, die in diesen Jahren gegen die Kriege und für die Ausweitung der Grundrechte gekämpft haben. 25 treffen, um 300.000 zu erziehen

* „Piazza“, als Ort im öffentlichen Raum für politische Auseinandersetzung und als Schauplatz derselben. Also „Handhabe“ von politischen Demonstrationen. Vermutlich als polizeiliche „Lagebewältigung“ in Zusammenhang mit Protesten gemeint, wobei nicht vergessen werden darf, dass sehr wohl auch am Protestgeschehen Beteiligte in Fragen der „Handhabe“ der Straße auf unterschiedlichsten Ebenen in Anspruch nehmen, mimischen bzw. mitreden zu wollen und bei angemeldeten Demonstrationen als Veranstalter auch dazu gezwungen sind.

** Als „Weißen Tod“ bezeichnet man die Todesunfälle am Arbeitsplatz. Die Zahl der tödlichen Unfälle am Arbeitsplatz ist in Italien Schwindel erregend hoch. Die letzten Toten gab es gerade bei Thyssen-Krupp in Turin, durch Verbrennungen 3. Grades auf 90% der Körperoberfläche.

Quelle:

 http://www.supportolegale.org/?q=node/1264

Menschenrechtspreis für G8-Anwälte

Taz 09.12.2007 - 15:22
Für ihren Einsatz während des G8-Gipfels zeichnete die Internationale Liga für Menschenrechte Anwälte mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille aus.

Eine Szene der Protestwochen gegen den G8-Gipfel hat das Rechtsempfinden der Anwältin Verina Speckin erschüttert. Sie spielte sich vor der Gefangenensammelstelle Industriestraße in Rostock ab. Drinnen pferchte die Polizei G8-Gegner in Käfige, verweigerte ihnen Telefonate und acht Richter unterschrieben in einem Extra-Zimmer, einer eigens ausgelagerten Geschäftsstelle des Amtsgerichts, Anträge für Untersuchungshaft. Draußen standen die Rechtsanwälte - und durften nicht rein. "Da habe ich gemerkt, wie brüchig unser Rechtsstaat ist", sagt die 44 Jahre alte Vorsitzende des Strafverteidigervereins Mecklenburg-Vorpommern. "Wenn bestimmte Leute bestimmte Interessen haben, kann das ganz schnell kippen."

Am Sonntag erzählte Speckin in der Berliner Robert-Jungk-Gesamtschule von ihren Erlebnissen. Die Internationale Liga für Menschenrechte zeichnete sie und andere Mitglieder des Legal-Teams und des Ermittlungsausschusses mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille aus. Rund 100 Rechtsanwälte und Aktivisten des Ausschusses, der auf Demonstrationen juristischen Beistand organisiert, organisierten im Juni während der Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm einen Anwaltsnotdienst für Demonstranten. "Sie haben sich wie juristische Streetworker vor Ort für elementare Grundrechte wie freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit und körperliche Unversehrtheit eingesetzt - trotz polizeilicher Verweigerungsversuche und massiver Angriffe", sagt Liga-Vorstand Rolf Gössner.

Die Juristen des Anwaltsnotdienstes, die als Erkennungszeichen gelbe und weiße Westen über der normalen Kleidung trugen, waren wochenlang tags und nachts in Rostock und Heiligendamm unterwegs. Sie liefen in Demos mit, machten Polizisten auf deren Rechtsverstöße aufmerksam, boten festgesetzten Protestlern Soforthilfe an - und dokumentierten fragwürdige Vorfälle, wie den vor der Gefangenensammelstelle. Verina Speckin notierte während ihrer Einsätze alle Gespräche und Beobachtungen detailliert in einem Tagebuch: "Was ich nicht aufgeschrieben habe, habe ich vergessen - man stand einfach zu sehr unter Adrenalin."

Speckin beobachtete, wie Polizisten einen Anwaltskollegen wegschubsten und bei einem Kessel hanebüchene Forderungen stellten. "Die Eingekesselten durften nur mit uns reden, wenn sie uns vorher eine schriftliche Vollmacht erteilt hatten. Aber wer, bitteschön, hinterlegt so was vorher?" Zwar hat sich der Anwaltsnotdienst nach Ende der Proteste offiziell aufgelöst, doch bleiben die kritischen Juristen in Kontakt. Fünf bis acht E-Mails bekomme sie täglich von Kollegen, erzählt Speckin. "Es gibt ein großes Interesse, so einen Dienst bei Bedarf wieder anzubieten."

Anlass für die Würdigung ist der Tag der Menschenrechte am 10. Dezember. Mit der Ossietzky-Medaille zeichnet die Liga Menschen aus, die sich im Jahr der Verleihung um die Menschenrechte verdient gemacht haben. Im vergangenen Jahr erhielt sie zum Beispiel der Anwalt von Murat Kurnaz. Andere bekannte Ausgezeichnete sind Erich Fried, Günter Wallraff oder Heinrich Böll.

Carl von Ossietzky war in der Weimarer Republik als Publizist tätig. Der Herausgeber der Zeitschrift Weltbühne war lange Vorsitzender der Liga für Menschenrechte. Er starb 1938 an den Folgen von Misshandlungen, die er in einem Konzentrationslager erlitt.

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