Studi-Grossdemo in Barcelona

Norma Tief 15.11.2007 19:52 Themen: Bildung Weltweit
Tausende Studierende demonstrierten heute in mehreren Städten Kataloniens v.a. gegen die unter dem Namen "Bologna-Prozess" firmierenden derzeitigen europäischen Hochschulreformen und gegen die faktische Privatisierung von Uni und Bildungskosten.
Barcelona erlebte heute Mittag bei idealem Demo-Wetter eine gut gelaunte Grossdemo von deutlich über 3000 Studierenden (erste Medienberichte sprechen von 3500, siehe z.B. link unten)¨zur Verteidigung der "öffentlichen Universität". Das Motto war "Die öffentliche Universität schreitet nicht adäquat voran - die Universität machen wir". Gemeint war heute nicht nur die Vereinheitlichung des europäischen Hochschulraums nach der Übereinkunft, die in den 90ern von den europäischen Bildungsministeriumszampanos in Bologna getroffen wurde. Zwar waren die Sprechchöre und Transparente am häufigsten gegen "Bolonya" gerichtet. Gleichermassen beliebt war aber auch z.B. der Schlachtruf "No no no a la privatització" (Nein zur Privatisierung).

Der Aufruf thematisierte u.a. nicht endende Praktika, die Anwesenheitslisten in den Lehrveranstaltungen, die teuren Preise für Masterstudiengänge, die Kosten des öffentlichen Nahverkehrs und dass kaum noch Zeit für Arbeit und Freizeit bleibe.

Die grosse Zahl an Teilnehmenden kam ohne langfristig angelegte Mobilisierungen zu Stande. Es waren nur Fakultätsversammlungen ("asambleas") vorhergegangen und ein paar kleine Aktionen in den Tagen vor der Demo. Organisiert wurde die Demo von dem Bündnis "Plataforma Mobilitzadora en Defensa de la Universitat Pública" (Platform für die Verteidigung der öffentlichen Universität). Bemerkenswert erscheint der Fakt, dass mehrfach Transparente gesichtet werden konnten, die von einzelnen "asambleas", also Fakultätsversammlungen, erstellt worden waren.
Natürlich waren auch ein, zwei klassisch anarchistische Transparente dabei, die zu Organisierung und selbstbestimmtem Lernen aufriefen.

Erfreulich ist ausserdem, dass kaum ein Dutzend katalanischer Nationalflaggen dabei waren (die Hälfte davon leider an der Demo-Spitze, die auch auf den Internetseiten der Zeitungen abgebildet ist). Die Sowjetunion war zwei Mal vertreten.

Zu der guten Stimmung trug eine Samba-Band bei. Und die Polizei, die nur mit einer Handvoll Streifenwagen dabei war und sich auf ihre Kernkompetenz beschränkte (in der sie aber auch wirklich unschlagbar ist): Das Umleiten des Strassenverkehrs. Nur an den Abzweigungen zum Kern der touristisch wertvollen Gegenden und am Strafgericht standen ein paar behelmte Kampfeinheiten incl Mannschaftswägen.

Wie in Barcelona üblich, wurden im abschliessenden Redebeitrag auch schlimme Folgen für die katalanische Sprache durch die europäischen Reformen befürchtet. Auf meine Nachfrage sagte die Sprecherin, es sei zwar noch nix konkret, aber vorsorglich sei diese Befürchtung mit im Forderungskatalog thematisiert worden. Das Katalanisch sei ja prinzipiell dem Spanischen gegenüber benachteiligt. Ausserdem kämen jetzt mehr Austauschstudis und die wollten sich nicht an die hiesige Sprache anpassen (gemeint war das Katalanisch). Dazu muss gesagt werden, dass sowieso die Hälfte der Lehrveranstaltungen auf katalanisch ist.
Der einzige handfeste sprachpolitische Hintergrund, den sie mir nennen konnte, ist, dass die Englisch-Ausbildung in den spanischen Schulen nicht gut ist und deswegen an den Unis nichts auf Englisch sein sollte, ansonsten kämen zusätzliche Kosten und Anstrengungen für Sprachkurse auf die meisten Studis zu. Allerdings hat dieser Punkt nix mit dem Katalanischen zu tun.

Erste fotos gibt es hier:
 http://barcelona.indymedia.org/newswire/display/324835/index.php

Und hier:
 http://www.elperiodico.com/default.asp?idpublicacio_PK=46&idioma=CAS&idnoticia_PK=458874&idseccio_PK=1021
Dort heisst es auch, in den kleineren katalanischeren Städten Girona und Lleida seien es 600 bzw. "ein halbes hundert" gewesen.

Folgendem Bericht zu Folge waren es in Lleida ebenfalls an die Hundert Studis:
 http://barcelona.indymedia.org/newswire/display/324808/index.php
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Ergänzungen

Wir brauchen endlich...

TS 15.11.2007 - 22:34
... eine International Students Movement!!

Studis auf der ganzen Welt wehren sich gegen Privatisierungstendenzen und explodierende Studiengebühren. In über 35 Ländern fanden Proteste gegen neoliberale Umstrukturierungen im Bildungssektor statt.

Frankreich, Österreich, Griechenland, Israel, Serbien, Slowenien, Spanien, die Philippinen, Südafrika, England, Bangladesh . Wir sitzen alle im selben Boot!! Nur zusammen haben wir eine Chance!

Für einen Überblick von StudiProtesten auf der Welt gegen neoliberale 'Reformen' im Bildungssektor gibt's hier:
 http://fading-hope.blog-city.com/international_student_protests_2007.htm


The Students United will not be Defeated!!