Hartz IV-Kinder ohne Christbaum und Geschenke

Brigitte Vallenthin 14.11.2007 16:36 Themen: Soziale Kämpfe
Für viele Menschen in Deutschland naht mit Advent und Weihnachten die schönste Zeit des Jahres. Nicht so für Kinder, deren Eltern, Verwandte oder Freunde die dramatischen Lebensbedingungen von Hartz IV ertragen müssen. Die Hartz4-Plattform fordert deshalb Wiesbadens Sozialdezernenten Goßmann (SPD) auf, allen Hartz IV-Betroffenen mit den Dezemberleistungen ein 75 €-Weihnachtsgeld zu zahlen, damit diese Kinder, die das ganze Jahr soviel entbehren müssen, nicht noch von Weihnachten ausgeschlossen werden.
„Advent, Advent kein Lichtlein brennt ...“ und „Oh du traurige, oh du bittere Weihnachtszeit ...“. So oder ähnlich müssen Kinder von Hartz IV-Betroffenen wohl „alle Jahre wieder“ singen. „Denn beim Blick auf die Regelsatz-Positionen finden ihre Eltern, Verwandte und Freunde – die unter den von Peter Hartz als „gute Zeiten“ angekündigten Bedingungen leben müssen – nur eine große Null, wenn sie nach dem in unserem christlichen Kulturkreis wichtigsten Fest suchen“, bedauert Hartz4-Plattform-Sprecherin Brigitte Vallenthin.

Heute fielen die ersten Schneeflocken in Wiesbaden, in 18 Tagen ist erster Advent, in 22 Tagen Nikolaus und in 40 Heilig Abend. Jedoch nicht für Hartz IV-Kinder: für sie gibt es keinen Weihnachtsbaum und keine Bescherung zu Heilig Abend. Dies ist für die Hartz4-Plattform mehr als Grund genug, den neuen Sozialdezernenten und Sozialamts-Chef Arno Goßmann (SPD) danach zu fragen, ob er seiner Fürsorgepflicht und seinem Grundgesetzlichen Auftrag nicht mit einem raschen und unbürokratischen Weihnachtsgeld nachkommen will. „Wir haben den Sozialdezernenten angefragt, alle nötigen Vorkehrungen zu treffen, dass mit der nächsten Leitungsauszahlung zum 1. Dezember allen Hartz IV-Betroffenen zusätzliche 75-Weihnachts-€ ausgezahlt bekommen“, so die Sprecherin der Bürgerinitiative für Arbeitslose. Diesen Betrag hatte die Hartz4-Plattform kürzlich im Rahmen einer Musterklage gegen den zu geringen Hartz IV-Regelsatz als notwendig ermittelt, um Adventsschmuck, Weihnachtsbaum und Geschenke auch für Hartz IV-Betroffene zu ermöglichen.

„Wir glauben an das soziale Gewissen des neuen Dezernenten und eine baldige, gute Antwort aus dem Sozialamt“, hofft Vallenthin optimistisch.

Wiesbaden, 14. November 2007


An den
Sozialdezernenten
Arno Goßmann
Amt für Soziale Arbeit
Kurt-Schumacher-Ring 2

65195 Wiesbaden

Wiesbaden, 14. November 2007

Sehr geehrter Herr Goßmann,

gestatten Sie mir, Ihnen heute im Namen der Hartz4-Plattform e.V. eine ganz herzliche Bitte für alle Hartz IV-Kinder in unserer Stadt vorzutragen.

Für die meisten Menschen in Wiesbaden beginnt bald mit Advent und Weihnachten die schönste Zeit des Jahres. Sie wissen, dass dies für Hartz IV-Kinder, ihre Eltern, Verwandte und Freunde in ihrer schweren Lebenslage eher die traurigste und bitterste Zeit im Jahr ist. Kein Sternschnuppenmarkt, keine Adventskerzen, kein Nikolaus, keine Plätzchen oder Stollen, kein Weihnachtsbaum und keine Geschenke zum Heiligen Abend! Denn hierfür ist im Hartz IV-Regelsatz-Budget kein Cent vorgesehen.

Wir appellieren an Sie: öffnen Sie Ihr Herz für diese Kinder – die schon das ganze Jahr über soviel entbehren müssen -, dass sie Advent und Weihnachten nicht auch noch ausgegrenzt sind, sondern mit und wie alle ihre Freunde unser schönstes Fest des Jahres feiern können. Wir bitten Sie rasch und unbürokratisch alle Vorkehrungen dafür zu treffen, dass mit der nächsten Leitungsauszahlung zum 1. Dezember dafür allen Hartz IV-Betroffenen zusätzliche 75-Weihnachts-€ ausgezahlt werden. Ich bin sicher, Sie werden in unserer reichen Stadt rasch eine Quelle finden, mit deren Hilfe auch die Hartz IV-Kinder in Wiesbaden eine fröhliche Advents- und Weihnachtszeit erleben können.

Mit Dank im voraus freue ich mich, bald von Ihnen zu hören und verbleibe
mit freundlichen Grüßen

Brigitte Vallenthin
im Namen der
Hartz4-Plattform e.V.
keine Armut! - kein Hunger! - kein Verlust von Menschenwürde!
Bürgerinitiative für die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens
sowie die Information und Unterstützung von Hartz IV-Betroffenen
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Ergänzungen

Zur Kenntnis und Weitergabe

Widerspruch e.V. 15.11.2007 - 16:59
Liebe FreundInnen und KollegInnen, sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben unseren Leitfaden "Wie sichere ich meinen Lebensunterhalt - Arbeitslosengeld II / Sozialhilfe / Grundsicherung" von 2005 völlig überarbeitet
und nun als Neuauflage 2007 herausgebracht.

Die Aktualisierung des Leitfadens war dringend notwendig, denn die Haltbarkeitsdauer der Sozialleistungsgesetze wird immer kürzer.
Es vergeht fast kein Monat Monat, in dem die Politik - salopp gesagt - nicht eine neue Sau durchs Dorf treibt. Das vor 22 Monaten in Kraft getretene Sozialgesetzbuch II (im Volksmund Hartz IV genannt) hat innerhalb dieser Zeit bereits drei 3 größere und weitere kleine Gesetzesänderungen hinter sich. Außerdem gab es zudem die Gesundheitsreform, die Einführung des Elterngeldes und ähnliches mehr.
Weder Leistungsberechtigte noch BeraterInnen, die mit der Bewilligung von Sozialleistungen zu tun haben können erwarten, daß ihr vor sechs Monaten aktualisierter Wissensstand heute noch aktuell ist. Und ebenso wenig können sie darauf hoffen, daß die "Betroffenen" auf der anderen Seite des Schreibtisches - die Verwaltungskräfte, mit denen sie in Krankenkassen, Arbeitsagenturen und Sozialämtern zu tun haben - auf einem aktuelleren Wissensstand sind als sie selbst. Dafür ist der Wechsel der Rechtslage einfach zu schnell.

Der Leitfaden ist in erster Linie ein Ratgeber für Betroffene, der Erwerbslose und andere Sozialleistungsberechtigte als Wegweiser durch den Amtsdschungel in die Lage versetzen soll, ihre Rechte zu kennen und durchzusetzen. Gleichzeitig soll er den MitarbeiterInnen von Beratungsstellen und Sozialverwaltung als professionelle Beratungsgrundlage dienen.

Er beschäftigt sich nicht nur mit "Hartz IV", sondern beinhaltet die ganze undurchschaubare Menge von Sozialleistungen, die es sonst noch gibt :
Sozialhilfe (die ja auch immer noch existiert) und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Wohngeld; ein umfangreiches Kapitel für Schwangere und "arme" Eltern zu Mutterschaftsgeld, Kindergeld, Elterngeld und ... sowie Kapitel zu den Themen "Sozialleistungen für Ausländer", "Unterhalt" und über den "Rechtsweg" - also Widerspruch, Klage und so. Damit das Ganze kein "Buchdschungel" wird, gibt es vorne ein ausführliches Inhaltsverzeichnis und hinten ein umfangreiches Stichwortverzeichnis.
Auch unser Leitfaden wird nicht allzu lange auf dem neuesten Stand sein. Daher werden wir - bis zur nächsten überarbeiteten Auflage - regelmäßig aktualisierte Ergänzungsblätter zum Leitfaden herausgeben, die kostenfrei über uns bezogen werden können.

Der Leitfaden ist zu beziehen über uns -  widerspruchev@web.de - oder den Buchhandel

Widerspruch e.V. - Sozialberatung Bielefeld

Auch in anderen Städten...

Linksblog 15.11.2007 - 17:19
...finden ähnliche Aktionen statt:
 http://linksblog.wordpress.com/2007/11/06/pressemiteilung-weihnachtsbeihilfe-fur-bedurftige/
Je mehr mitmachen, desto größer wird der Druck auf die Städte und Kommunen!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

WO GIBTS GELD VOM STAAT? — HARTZ 4 MENSCH

...ach du scheiße!!! — is sowas von egal

kniefällig — Peter H.