[Berlin] Autonome Vollversammlung (zu Medien)

Ananymie 12.11.2007 02:20 Themen: Indymedia Medien
Am nächsten Dienstag, dem 13.11.2007 findet die allmonatliche linksradikale/autonome Vollversammlung statt. Das Schwerpunktthema soll diesmal unser Verhältnis zu Medien sein.
Dabei wollen wir zwischen zwei verschiedenen Debatten trennen. Zum einen die bürgerlichen Medien. Wie verhalten wir uns momentan zu diesen? Was wäre ein sinnvoller Umgang?
Und zum anderen "unsere" Medien: Welche gibt es und welche sollte es geben? Brauchen wir neue oder sollten bestehende Medien weiterentwickelt werden?

Bürgerliche Medien

Das Verhältnis zu bürgerlichen Medien ist ambivalent. Zum einen wird der Erfolg von Aktionen häufig an der Medienreaktion bemessen. Zugleich will niemand etwas mit den Medien zu tun haben. Eine organisierte Pressearbeit von Autonomen gibt es selten, Interviews will niemand geben und wenn, dann sind die sonst so radikalen Genoss*inn*en auf einmal Vertreter*innen einer Camp- Orga, eines Bündnisses oder einer Bürgerinitiative aber keinesfalls Autonome. Innerhalb von Bündnissen überlassen wir diese Arbeit gerne anderen und wundern uns hinterher über das Ergebnis.
Vielleicht wird die Medienarbeit ja auch zurecht so häufig verweigert? Denn schreiben die nicht ohnehin was sie wollen, bzw. sind für unsere Inhalte eh nicht zugänglich? Können wir überhaupt Menschen über Massenmedien erreichen und welche Inhalte können transportiert werden?
Zu diesen grundsätzlichen Überlegungen kommen noch die Probleme der Umsetzung: Wie kann eine Pressearbeit aussehen, bei der nicht einzelne Personen, sondern die Inhalte im Mittelpunkt stehen. Ansätze dazu waren z.B. die Pressesprecher*innen mehrerer Grenzcamps Karl und Lotta Camper.

Szene- Medien

Hier muss noch einmal in die Medien unterschieden werden, die aus der Szene für die Szene gemacht werden und in die Medien, die das Ziel haben darüber hinaus Menschen zu erreichen - sei es die Personengruppe, die gerne als links-alternativ gelabelt wird oder sei es die sogenannte "Öffentlichkeit".
Neben den verschiedenen Zielgruppen sollte bei einer Überlegung zu Szene- Medien auch betrachtet werden, welche Zwecke mit der Medienarbeit verfolgt werden.
Ein klassisches Szene- Medium ist die Interim. Hier wird seit längerem diskutiert, bzw. konstatiert, dass das Konzept Interim durch die weite Verbreitung und Nutzung des Internets an Relevanz verloren hat. Wir fragen uns, in welcher Form die Interim weiterhin Sinn macht. Wie müsste sie inhaltlich und organisatorisch konzipiert sein, damit sie mehr Relevanz und einer größere Verbreitung erlangen kann. Ist die Interim für Informationen und Aufrufe als Druckerzeugnis das optimale Konzept, wo alle Termine und Aufrufe bei Erscheinen längst im Internet stehen und schon wochenlang in den linken Kneipen ausliegen? Sollte die Interim nicht vor allem der Ort für unzensierte und repressionsfreie Debatten sein? Wie lässt es sich erreichen, dass mehr Leute die Interim nutzen, sowohl als Schreiber*innen, wie auch als Leser*innen.
Ein weiteres nicht zu übergehendes Szene- Medium ist Indymedia. Das Problem daran ist nur, dass Indymedia dieses weder sein möchte, noch wirklich ist. Dabei wird es keinem Aspekt gerecht. Weder dem ursprünglichen Indymediakonzept, noch dem offensichtlichen Bedarf nach einer Internetplattform für Aufrufe, Debatten und Termine aus dem linksradikalen Spektrum. Dabei gewinnt niemand, weder die Indymedia- Macher*innen, die ihr Projektkonzept nicht umsetzen können, noch wir, die wir unsere Diskurse durch die Zensurpolitik nicht linksradikaler Moderator*innen bestimmen lassen.

Gegenöffentlichkeit

Neben der eigenen Szene wollen wir ja gelegentlich auch andere Menschen erreichen. Inwiefern wir das indirekt durch bürgerliche Medien schaffen ist fraglich. Ebenso dürfte auch die Webseite oder der Blog einer Kleinstgruppe oder Einzelperson kein Millionenpublikum haben. In bewegungsreicheren Zeiten gab es vielfältige Projekte, wie freie Radios oder Stadtzeitungen, die heute, wenn es sie überhaupt gibt, nur einen kleinen Kreis erreichen. Könnten solche Projekte so gestaltet werden, dass sie tatsächlich von vielen Menschen wahrgenommen werden. Wie könnte in der heutigen Zeit mit den heutigen Mitteln erfolgreiche Gegenöffentlichkeit aussehen?


weitere Themen:
- Update zu den 129a Verfahren und den Zeug*inn*envorladungen durch die BAW
- anstehende Demos (u.a. Hamburg 15.12.)
- ...

Dienstag, 19.30 Uhr im Sportraum der Köpi

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What's the Difference?

riotqueer 12.11.2007 - 06:44
Die Bestandsaufnahme legt es nahe, auf eine Integration von subversiven und radikal-queeren Theorien im Rahmen der Berichterstattung linksradikaler Medien, hinzuarbeiten - und zwar nicht zuletzt deswegen, weil sich die Rückkehr des Verdrängten in diesem Falle der unhinterfragten heteronormativen Verfasstheit von linksradikaler Autonomie - letzlich als destruktiv erweisen muss. Aanders gesagt: Wenn das pharmakon 'Szene' nicht zum politischen und epistemologischen Gift für die Medien selbst werden will, ist eine Rekonfiguration des Wissens notwendig. Für eine solche Revision ist es aufschlussreich, einige Aspekte der intellektuellen und institutionspolitischen Kämpfe des Squats, die innerhalb der linksradikalen 'Szene' eine Debatte um die Konkurrenz von Medienprojekte und 'militanter' Praxis geführt wurden, kurz zu beleuchten....

@riotqueer

ddd 12.11.2007 - 09:25
Schreib so, dass es alle verstehen oder bleib in deinem Uniseminar!

Elitendenken und das beharren auf ausschließender Sprache sind und bleiben HERRschaftsmechanismen! Egal, wie richtig das gesagt sein mag.

idiotenstrategie

butwhy 12.11.2007 - 11:00
wieso, wollt ihr sowas mit bullen unter totalüberwachung des staatsschutzes diskutieren, das ist einfach nur dumm, natürlich machen auch wir uns gedanken über medien und propaganda, aber das ist schlauer auf informeller ebene ohne zivis, wanzen und videoüberwachung, etc. pp.
wie immer - gib deinen feinden keine hinweise auf strategien zusammenhänge methoden kritik und analysen -
dieses treffen ist was für solche die sich profilieren wollen oder es nicht besser wissen - wollen

@ butwhy

vv-fan 12.11.2007 - 13:36
also was das schon wieder soll... klar ist bekannt das die köpi überwacht wird, aber was hat das mit einer diskussion über den umgang mit medien, aus autonomer sicht, zu tun? es geht bei den vv´s darum wieder gemeinsam zu diskutieren und sich auszutauschen. ich glaube eher du leidest, wie ein großteil der linken, an übertriebener paranoia. es geht nicht darum aktionen zu besprechen, sondern um einen austausch.

@butwhy

antagonism 12.11.2007 - 13:56
zB. :
*weil jedem autonomen die Möglichkeit gegeben werden soll den Konsens mit zu entscheiden.
*weil wenn es nicht nur eine kleine Gruppe sein soll,die dort diskutiert,muss mobilisiert werden und wie warscheinlich ist es,dass der Staatsschutz dieses dann nicht schon mitbekommen hat?! -selbst wenn es nur unter "vertrauten" weitergegeben wird.
*weil es eben auch Menschen gibt die wirklich "autonom" arbeiten und mit anderen Gruppen relativ wenig zu tun haben -sollen die ausgeschlossen werden?

also, so ein Treffen sollte -jedenfalls meiner Meinung nach- JEDEM offen stehen der linkspolitsche und autonome "Arbeit" macht.

@ ddd

knows best 12.11.2007 - 15:31
Zuersteinmal muss gesagt werden, dass die sprache untrennbar mit dem denken verbunden ist. Bis zu einem gewissen gerad ist sie sogar grundlage unseres denkens (und späteren handelns). Wenn es nun an die analyse von gesellschaftlichen strukturen geht muss diese der komplexität der verhältnisse entsprechen. An sonsten würden zusammenhänge vereinfacht werden und das ergebniss wäre unzureichend. Gerade die linksradikale szene sollte sich vielleicht häufiger ins gedächtniss rufen, dass zuerst eine tiefgehende analyse von nöten ist, bevor irgendwelche praktischen schritte folgen können. In sofern sollte die forderung vielleicht eher sein, dass jedeR der/die mitreden will beginnen sollte sich selbst intelektuell weiterzuentwickeln. Dies hat absolut nichts mit hierarchien zu tun!

An die unteren Querverweise

riotqueer 12.11.2007 - 16:02
Kürzlich beobachtete ich, wie sich ein Maikäfer in einem Spinnennetz verfing. Er war geradewegs in die Mitte des Netzes geflogen und hatte, groß wie er war, in das feine Gespinst ein Loch gerissen. Nun baumelt er unterhalb des Netzes, nur so gerade von wenigen Seidenfäden der Spinne gehalten. Die Spinne, ein kleines braunes Ding, das im Nachtlicht glomm, bearbeitete methodisch das wie verrückt strampelnde Insekt, ein vermeintlich völlig ungleicher Kampf. Dennoch zappelte der Käfer mit der Zeit immer schwächer, wurden die Fäden immer zahlreicher. Am Morgen war er, längst geschlagen, vollkommen eingesponnen, und das scheinbar Phantastische hatte sich in die banalste Realität verwandelt........

Was von dem Linksradikalen Gewaltkult übrig geblieben ist, der auf einer Siegesprophezeiung beruht und geführt wird von Naturtalenten in der Kunst der Destruktion und Dekonstruktion, jedoch unfähig ist, irgendeine Aufgabe von Konstruktion oder Rekonstruktion zu organisieren, sieht sich einem Wort gegenüber, mit dem die Linksradikale 'Szene', wie sich immer wieder gezeigt hat, schlecht umgehen kann: NIEDERLAGE. Heute wie in der Vergangenheit als biblischer Fluch gebraucht, mit dem man(n) den Radical Queer als Widersacher belegt....

Bewerbungstraining mit Einschränkungen

Duvall 12.11.2007 - 18:20
In unseren Breitengraden scheint das Thema "Geschlechtsidentität" auf ein merkwürdiges Interesse zu stoßen. Neue Buchreihen werden ins Leben gerufen, Kongresse debattieren/inszenieren die folgenschwere Unterscheidung zwischen Natur und Kultur. In einer anderen Wahrnehmung scheint das Fragen allerdings aus der Mode gekommen zu sein. Da gibt es ein Schulterzucken: na gut, dann habe ich halt eben auch etwas vom anderen Geschlecht. Das ist heute ja auch gar nicht mehr so einfach zu trennen. Die Frauen in den Männerrollen, die Männer als effiminierte Moderatoren... Kurz: der Ansatz, der eine Umwertung sein soll, endet (in der Publikumsreaktion) als passive Indifferenz. Aber ich glaube, daß schon zwei Hinweise deutlich machen können, daß es sich um einen Trugschluß handelt: zum einen ist der Hintergrund der Reaktion sicherlich die Annahme, daß Sprache und Verhalten zwei verschiedene Welten sind; das Verhalten sei sprachlos (oder sprachlich nicht angemessen auszudrücken), die Sprache als der Luxus, den man sich leisten oder eben nicht leisten kann. Und zum zweiten weist die gleichgültige Reaktion (im übrigen meist auch gleichgültig gegenüber sich selbst) als Indifferenz auf das Überspringen einer Differenz hin, das gerade Thema in den Kreisen und Seminaren ist, die man sich hier so schwer nur vorstellen kann. Vielleicht kann die Distanz auch produktiv sein, insofern die Imagination sich nicht in der Vorstellung des selben gefällt, sondern zur Transmission und Übersetzung wird. Auf jeden Fall ist die Indifferenz nicht Lösung, sondern noch immer Teil des Problems (um eine etwas altmodische Ausdrucksweise zu bemühen).
An einem anderen Ort macht man sich jedenfalls scheinbar Gedanken über den Unterschied, der die Identität/Intimität des Einzelnen bestimmt und das Geschlecht ist. Und zwar nicht im Sinne einer Litanei oder Liturgie, die das Schema herausstellt und sich im Besitz dessen wähnt, was ihr entgehen soll (immer schon). Ich will einen Versuch (eigentlich sind es vielfältige Versuche, eine Reihe von Versuchen, eine Suche ohne vorgegebenes Ziel) vorstellen, den 'riotqueer' angestellt hat.

Text zum Thema.

saul 12.11.2007 - 22:13

Sachlichkeit

Verständlichkeit 13.11.2007 - 01:23
@ knows best: Sic. Sprache ist untrennbar mit dem Denken verbunden. Entweder kann riotqueer in seinem Elfenbeinturm sich nicht gemein verständlich ausdrücken, dann ist er bereits ein Synonym für hierarchische Strukturen, oder er denkt so krude, wie er schreibt, dann erübrigt sich jede Diskussion. Und jetzt muss ich dochmal fragen, ob die Masse an Fehlern in deinem Text dein Denken reflektieren oder wie es sonst um deine sprachliche Intelligenz bestellt ist. Sorry. Und sorry, lieber Riotqueer: du kannst ja sogar verständliche Texte zitieren (Quellenangabe???). Aber der Rest ist wieder geistiger Dünnschiss! "Duvall" jedenfalls ist eine recht ironische Antwort darauf, oder? Mann, Leute!

Medienreaktion

antonius 13.11.2007 - 02:30
Meiner Ansicht nach ist die Zeit für mehr Unabhäbgikeit von solchen Kapitalmedien gekommen.
Damit meine ich jetzt nicht das "Kapital" das bleibt Reibungspunkt.


Zu: Zum einen wird der Erfolg von Aktionen häufig an der Medienreaktion bemessen

Lexikon?@riotqueer

abc 13.11.2007 - 10:28
Hallo riotqueer,

leider habe ich nicht alles in Deinem Beitrag verstanden.

was bedeutet "das pharmakon 'Szene'", was hat es mit einem "epistemologischen Gift" auf sich, und wie definierst Du die "institutionspolitischen Kämpfe des Squats"?

Für eine Aufklärung besten Dank im Vorraus.

Arg

Arrrrg 13.11.2007 - 15:33
Jedesmal wenn ich Beitraege von riotqueer lese will ich in meine Tastatur beissen. Die Form der Analyse muss der Komplexitaet der Verhaeltnisse entsprechen. Liest sich sicher super in deiner Doktorarbeit, die wie 99 % aller Doktorarbeiten dafuer da ist, in irgendeinem Unibibliotheksregal vor sich hin zu verstauben. Ansonsten fuehrt so ein
Verhalten nicht zu einer gesellschaftsrelevanten Analyse und damit einer Veraenderung der Verhaeltnisse, sondern nur zu einem, der Isolierung der linksradikalen Szene gegenueber dem gesamten Rest der moeglicherweise interessierten Menschheit. Mensch Junge/Maedchen/Intersexueller hinter Riotqueer, schliess dich mit Gleichgesinnten irgendwo ein, und wenn ihr in 20 Jahren die Superanalyse ausgebruetet habt, dann wuerde es mich freuen, das Patentrezept zu Gesellschaftskritik und -veraenderung zu lesen, aber bis dahin fall bitte nicht denen in den Ruecken, die Politik machen wollen, indem du uns oeffentlich dem Rest der Welt gegenueber als hirnisolierte Spinner darstellst. Eine andere Wirkung auf jeden Nichtsoziologiestudenten oder Szeneangehoerigen mit unter 10 Jahren Szenezugehoerigkeit ist naemlich illusorisch.