Tour "Fiese Tricks von Polizei und Justiz"

k.o.b.r.a. - antirepressionsplattform 05.11.2007 19:20 Themen: Repression
Seit dem 14. Oktober tourt die Ton-Bilder-Schau "Fiese Tricks von Polizei und Justiz" durch verschiedene Städte. An einigen Orten kam es zu Absprachen über weitere Aktionen, in Freiburg liefen zudem zwei Trainings zu kreativem Widerstand und zum offensiven Umgang mit Polizei und Gerichten. Das ist jedoch erst der Auftakt - viele weitere Veranstaltungen werden folgen, während in der Stadt des Geschehens (Gießen) weiter große Teile von Polizeiführung, Staatsschutz und Gerichten fürchten müssen, nun selbst angeklagt zu werden. Derweil werden nach langer Pause wieder die ersten politischen Prozesse anlaufen, darunter die Wiederholungsverhandlung des vom Bundesverfassungsgericht gekippten Verfahrens.

Auftakt mit Ernstfall "Gerichtsverhandlung"

Die Fiese-Tricks-Rundtouren begannen mit einer Veranstaltung in Hannover. Am 14. Oktober lief dort "Fiese Tricks von Polizei und Justiz" in einem kleinen Rahmen, nachdem die Veranstaltung im JUZ Kornstraße unerwünscht war. Das vielleicht wichtigste Ergebnis: Es wurden weitere Kooperationen für die nächsten Monate diskutiert, z.B. Trainings zur offensiven Prozessführung bei einigen bevorstehenden Anklagen sowie eine Wiederholung der Veranstaltung in größerem Rahmen.
Kleines Bonbon am Folgetag: Bei einem anstehenden Prozess vor dem Amtsgericht Hannover konnte ein bisschen ausprobiert werden, wie so etwas aussehen kann.

 

Südtour: Fiese Tricks und Trainings

Es folgte eine zehntägige Tour durch die Schweiz und nach Freiburg. Diesmal war nicht nur die Ton-Bilder-Schau "Fiese Tricks von Polizei und Justiz" eingeplant, sondern zudem zwei Trainings - eines allgemein zu kreativem Widerstand und Direct-Action und eines zu kreativer Antirepression.

Start war eine Einführung in Direct-Action am 19. Oktober in der KTS in Freiburg sowie zwei Tage Trainings mit Workshops und Aktionsübungen draußen (z.B. Mars-TV in der Straßenbahn zum Thema "Warum Fahrkarten kaufen?").

Am Sonntagabend dann lief "Fiese Tricks". Ca. 40 Leute waren gekommen, es herrschte eine sehr gute Stimmung. Was wichtig war: Die Veranstaltung führte zu einigen spannenden Kontakten, z.B. zu kritischen Jurastudis - da kann noch einiges folgen ...

Am Dienstag, den 23.10., fand die Ton-Bilder-Schau in Basel. Ca. 20 Personen waren dabei. Leider fand die Veranstaltung ein etwas schwieriges Ende, weil der Referent - leicht kränkelnd angetreten - nach drei Stunden unkonzentriert wurde. So war die Stimmung am Ende etwas gedrückter, weitergehende Verabredungen blieben aus. Ohne solche Schwächen lief am Abend darauf die Veranstaltung in Luzern im besetztem Haus. Leider war nur in der Polit-Szene selbst mobilisiert worden, dafür aber war immer gute Stimmung.

Nach einem thematischen Intermezzo (Veranstaltung zu Demokratiekritik in Freiburg am 25.10.) folgte am Freitagabend, 26.10. eine Einführung in kreative Antirepression und am Folgetag je ein vierstündiges Training zu Polizeikontakt und Gerichtsverfahren. Unter anderem wurde eine komplette Gerichtsverhandlung nachgespielt.

 

Westtour: Viermal "Fiese Tricks"

Iserlohn, Paderborn, Wuppertal und Köln waren die Stationen der Tour durch Nordrhein-Westfalen, die am 30.10. in kleiner Runde startete und am 3.11. im Kölner SSK einen Abschluss in guter Stimmung mit ca. 20 BesucherInnen fand. Dazwischen lag das besetzte Haus "Rabatz" in Paderborn, in dem die Ton-Bilder-Schau wegen Fehlplanungen auf Mitternacht verschoben wurde, weil erst dann das zeitgleich gelegte Konzert der Gruppe "Tapete" vorbei war und ein Overheadprojektor gefunden wurde. Dann aber lief das volle Programm noch durch. Ende: 4.05 Uhr in der Frühe - das wird so schnell nicht getoppt werden können. Dagegen war der Rahmen im Wuppertal eher normal: Ca. 15 Personen waren im AZ zusammengekommen.
Leider kam es bei allen Veranstaltungen im Westen kaum zu weiteren Absprachen oder Ideen für Kooperationen. Etwas schwammig wurde vor allem Paderborn ein Training zu kreativer Prozessführung vor Gerichten ins Auge gefasst. In Köln musste das schon geplante Training zu kreativer Antirepression am 4.11. wieder abgesagt werden, weil es Raumprobleme gab - auch deshalb, weil aus politischen Zusammenhängen Kritik an der Idee offensiver Strategien gegen Repression gab. Diese Diskussion wird wohl noch andauern, denn sichtbar war, dass bei bisher fast allen Veranstaltungen die klassischen Repressionsgruppen durch Abwesenheit glänzten ...

 

In der Nische ...

Die bisherigen Veranstaltungen haben gezeigt, dass sowohl die Recherchen und Enthüllungen zu "Fiese Tricks von Polizei und Justiz" wie auch die Idee offensiver Strategien gegen Justiz und Polizei insgesamt und in großen Teilen politischer Bewegung nur ein Randgeschehen darstellen. Trotz der präzisen Dokumentation und der teilweise spektakulären Gerichtsbeschlüsse des Jahres 2007 (Verfassungsgericht hob Verurteilungen auf und Oberlandesgericht verglich Polizei- und Justizhandeln mit Nazimethoden) haben nur die Gießener Tageszeitungen und wenige weitere Blätter berichtet - z.T. auch unter Auslassung politischer Zusammenhänge, z.B. der Verantwortlichkeit des Hessischen Innenministers für mehrere der skandalösen Repressionsvorgänge. Gänzlich verschwiegen werden die Gießener Vorgänge in den dominanten, überregionalen Repressionsschutzgruppen. Ausgerechnet in Hessen ist die Lage am eindeutigsten: Bislang haben in keiner weiteren Stadt Gruppen Interesse an der Ton-Bilder-Schau oder den Ergebnissen der Recherchen gezeigt. Obwohl Landtagswahlkampf ist, wird die Regierung Koch und der Innenminister Bouffier aus seltsamen Motivationen bislang geschont. Noch bleiben wenige Wochen, um das zu ändern ... oder sollte das Festklammern an tradierte Verhaltensweisen gegenüber der Obrigkeit wichtiger sein als die Kritik an den Herrschenden und ihren Methoden?

Der Streit um die Frage, ob mensch sich berechenbar und unterwürfig-schweigsam gegenüber Repression zu verhalten hat oder unberechenbar wird, in dem auch offensive Strategien vor Gericht angewendet werden (Aussageverweigerung bleibt natürlich trotzdem wichtig - und Schweigen weiterhin möglich je nach Fall), wird weitergehen. Der faire Austausch von Argumenten wird bislang weitgehend durch Diskussionsverweigerung, Denkverbote und Ausgrenzung verhindert (einen Eindruck können die Kommentare zum Hannoverschen Gerichtsprozess vermitteln).

 

Blick voraus: Nord- und Südosttour

Die bisherigen Veranstaltungen sind erst der Auftakt. Die nächsten Termine von "Fiese Tricks von Polizei und Justiz"

  • 7. November (Mittwoch), 20 Uhr im Wendland (Gasthof Meuchefitz) ++ Flyer
  • 8. November (Donnerstag), 18.30 Uhr in Vechta (Schuberta, WG in der Schubertstr. 22)
  • 9. November (Freitag), 18.30 Uhr in Verden (Likedeeler, Kneipe im Ökozentrum, Artelleriestr. 6) ++ Flyer
  • 11. November (Sonntag, 20 Uhr in Rostock (Cafe Median, Niklotstr 5-6) ++ Flyer ++ Seite des Veranstalters
  • 12. November (Montag), 19 Uhr in Eckernförde (Räucherei, Schnittergang) ++ Flyer ++ Seite des Veranstalters
  • In Planung : 13.11. (Dienstag) in Kiel ++ Näheres folgt
  • 15. November (Donnerstag), 19 Uhr in Mölln, Internationale Begegnungsstätte "Lohgerberei", Lohgerbergang ++ Flyer
  • 16. November (Freitag), 19.30 Uhr in Hamburg-Harburg ("Alles wird schön", Fr.-Naumann-Str. 27) ++ Flyer
  • Angefragt: 14.-16. Dezember auf der Linken Literaturmesse in Nürnberg
  • 16. November (Sonntag) in Leipzig (Gießer Str. 16) ++ Genaueres folgt
  • 17. November (Montag), 18 Uhr in Jena (Hörsaal 4, Unicampus) ++ Flyer
  • 18. Dezember (Dienstag), 19 Uhr in Halle/Saale im Cafe Biohope (Mittelstr. 9, Eingang Schulstr.) ++ Flyer
  • 19. Dezember (Mittwoch), 19 Uhr in Dresden im Jugendhaus "Roter Baum" (Pieschen, Großenhainer Str. 93, Hinterhof) ++ Flyer
  • 20. Dezember (Donnerstag), 20 Uhr in Erfurt ++ Genaueres folgt

 

Die Justizmühle läuft wieder an: Politische Prozesse in Gießen

Etliche Verfahren sind eingestellt worden - andere werden geschoben. Gießener Uniform- und RobenträgerInnen scheinen keine rechte Lust mehr auf politische Prozesse zu haben. Kein Wunder: Die bisherige Kriminalisierung schlug weitgehend fehl - wenn sie auch einige Menschen (leider) einschüchterte. Doch insgesamt konnten die bisherigen Gerichtsverfahren eher von den Angeklagten genutzt werden, die mit einer offensiven Verteidigungsstrategie die Gerichtssäle zu Plattformen für Justiz- und Polizeikritik nutzten. Wann mit den noch ausstehenden umfangreichen Prozessen wegen eines justizkritischen Farbanschlags auf Justizgebäude (zweite Instanz steht noch aus) und wegen der angekündigten Zerstörung eines Gengerstefeldes im Jahr 2006 (noch gar nicht begonnen) neue Auseinandersetzungen folgen, ist unklarer denn ja. Die Angeklagten haben offensives Verhalten im Anklagestand angekündigt und wollen den Spieß umdrehen: Der Staat und die den gesellschaftlichen Eliten dienenden Institutionen sollen in die Kritik genommen werden. Derweil laufen noch zwei Verfassungsklagen: Eine gegen die Verurteilung eines Kreidespruchs "Fuck the police" in drei Instanzen und eine gegen die Hausdurchsuchung am legendären 14. Mai 2006.

Für die nächsten Wochen stehen nur zwei Prozesse an - ein unumgänglicher, weil vom Verfassungsgericht neu angesetzter, und ein sehr kruder neuer.

  • Do, 29. November 2007, 9 Uhr, Landgericht Gießen (Ostanlage), Raum E 15 (EG)
    Es wird das dritte Mal die gleiche Verhandlung auf der gleichen Instanz sein. Nötig wurde das durch die Aufhebung des zentralen Anklagepunktes durch das Bundesverfassungsgericht (Gießener und hessische Gerichte hätten dagegen gern mittels Verfassungsbruch ihren Kritiker hinter Gitter geschickt ...). Nun muss "nur" noch das Strafmaß der drei verbliebenen rechtskräftigen Verurteilungen festgelegt werden - Herumlaufen mit Aufklebern (gemeinschaftliche Sachbeschädigung von sechs Wahlplakaten), Zuschauen bei einer Stadtverordnetenversammlung (Hausfriedensbruch) und das Sich-verprügeln-lassen durch eine Grüne Politikerin (Beleidigung, weil sonst hätte die nicht zugeschlagen). Das Ringen um die Gesamtstrafe könnte trotzdem spannend werden, schließlich hat der Angeklagte schon mehrfach wegen diesem Prozess rechtswidrig hinter Gittern gesessen.
  • Do, 13. Dezember, Amtsgericht Gießen
    Ein Journalist fotografierte (ganz normal von der Straße aus) das hochumstrittene Genversuchsfeld am Alten Steinbacher Weg. Da kommt die Polizei vorbei und verhaftet ihn (plus zwei BegleiterInnen). Er hält den Uniformierten eine gültigen Presseausweis hin. Doch das nützt nichts ... eher macht es das schlimmer: Er wird festgenommen und erhält einen Platzverweis. Weil er nicht seinen Personalausweis gezeigt hatte, wird er nun vor Gericht gestellt. Ein absurder Prozess - ob sie das noch rechtzeitig merken und doch einstellen?
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Ergänzungen

Terminergänzungen

k.o.b.r.a. - antirepressionsplattform 05.11.2007 - 20:41

Genaueres zu zwei der genannten Termine

Prozess am 13. Dezember
Donnerstag, 13.12. im Amtsgericht Gießen, 11.45 Uhr, Raum 100 A

Fiese-Tricks-Veranstaltung am 20.12. in Erfurt
20. Dezember (Donnerstag), 20 Uhr in Erfurt im Fillerhaus (Schillerstr. 44, hinter dem ver.di-Haus) ++ Flyer

Korrektur zu Erfurt: 18.30 Uhr

k.o.b.r.a. 14.11.2007 - 13:00
Die angegebene Anfangszeit zu Erfurt (20.12.) ist falsch. Es muss 18.30 Uhr heißen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Beispiel für andere Gruppen bundesweit !

Antifa 05.11.2007 - 19:32
An dem detailierten Vorgehen gegen Repressionsorgane und ihre Machenschaften können wir WIRKLICH was lernen. Eine wichtige Ebene (neben vielen) im Kampf gegen Repressionstaat ist auch die rechtliche. Polizei und Staatsanwaltschaften checken wenn kein koordinierter Widerstand erfolgt eben auch aus, wieweit die Verfassungsebene verlassen werden kann in ihrem Kampf gegen Freiheit.
Lernen wir vom Beispiel Projektwerkstatt. Gegen Repression mit Rote-Hilfe-Ortsgruppen zusammenschliessen und alles an Repression ausführlich dokumentieren.
EUER BEISPIEL MACHT UNS MUT DAS GLEICHE ZU TUN !

AUS ERFAHRUNGEN LERNEN IST WICHTIG

Antifa 05.11.2007 - 22:05
Wir glauben das es wichtig ist sich auch mit Struktur internen differenzen auseinander zu setzen. Es ist nicht unbedingt richtig Jörg immer wieder vor die Tür zusetzen wichtiger wäre eine offene diskussion um die Probleme.
Nichts desto trotz steht er bzw. du auch bei uns in der Kritik.
Wenn wir lernen das Menschen die mit ihrem Gesicht in die Öffentlichkeit treten nicht gleich auch Helden sein wollen wäre vielleicht die Möglichkeit gegeben auch Mißverstände aus der Welt zu schaffen.
Leute seit mal offener für was neues oder anderes, werdet nich links konservativ aber vergesst auch nicht aus der Geschichte zu lernen.