Antisemitismus beim Fußball in Dresden

Antirassistisches Dynamo-Autoren-Kollektiv 03.11.2007 14:08 Themen: Antirassismus Medien
Dynamo Dresden: Antisemitische Tendenzen unter dem Deckmantel der Provokation
Dresden schon wieder: ein ganzes Wochenende (27./28.10.07) war die Stadt im Ausnahmezustand.
Samstag und Sonntag jeweils über 1000 Polizisten bei den Spielen von Dynamo Dresden – Union Berlin (3. Liga - Samstag) und Dynamo Dresden II. – Lokomotive Leipzig (5. Liga – Sonntag). Lief der Samstag noch verhältnismäßig ruhig ab, so gab es am Sonntag Gewaltexzesse am Pirnaischen Platz und am Hauptbahnhof. Über 200 Festnahmen und 10 Verletzte sind die Bilanz. Alle festgenommen Personen haben laut Verein mit bundesweiten Stadionverboten zu rechnen.

Natürlich war das wieder ein gefundenes Fressen für die Medien. Aber trotz Konzentration der Medien auf Gewaltbilder ist die Berichterstattung in ihrer drastischen Darstellungsweise nicht weit von der Wirklichkeit am Sonntag entfernt gewesen. 6000 „Fans“ waren im Stadion. Anstatt schwarz – gelb (Dynamo) oder gelb – blau (LOK) wurde bevorzugt schwarz getragen. Aber das nur nebenbei. Zur Gewalt kann man stehen wie man will, einen Überblick zur Faszination der Gewalt bei Fußballspielen hat Olaf Meyer in seinem Bericht ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26513/1.html) treffend zusammengefasst.

Völlig zur Nebensache wurden unter dem gewaltgeilen (da unterscheidet sich die Presse nicht sonderlich von ihren „Krawallmachern“) Berichten über das Wochenende die antisemitischen Äußerungen zu beiden Spielen. Zum Spiel am Samstag war „traditionell“ wieder ein lautes „Juden – Berlin“ im Rudolph – Harbig – Stadion zu vernehmen. Obwohl klar antisemitisch, legitimieren viele (auch gemäßigte) Fans von Dynamo Dresden diese Äußerung mit dem Hinweis auf die „Tradition“ dieses „Fangesangs“ bei Spielen gegen Berliner Fußballvereine, insbesondere gegen Union Berlin. Antisemitismus hat Tradition in Deutschland. In Dresden ist zwar nicht jeder Fan, der solch eine „traditionelle“ Provokation mitsingt, ein überzeugter Antisemit. Aber selbst dieser Zustand ist bedenklich.

Fast zur Tradition geworden sind bei ostdeutschen Fußballderbys neben den akustischen, antisemitistischen Provokationen auch die visuellen. Gab es in Leipzig ein Plakat mit klarer Botschaft zu bestaunen und sogar zu kaufen (Bild 1), antworteten Dresdner Fans, offenbar inspiriert von der Zaunfahne von Cottbuser Fußballfans beim Auswärtsspiel am 05.12.05 in Dresden ( http://www.stern.de/sport-motor/fussball/558953.html?nv=ct_rl&backref=%2Fsport-motor%2Ffussball%2F%3ABrennpunkt-Stadion-Hooligans-Kontrolle%2F558988.html&cp=8), mit einer eigenen, in diversen Fanforen veröffentlichten, aber mittlerweile glücklicherweise entfernten, Auslegung der „Endlösung der Lokomotive – Leipzig - Frage“ (Bild 2).

Im Forum der offiziellen Vereinhomepage von Dynamo Dresden benötigte der Webmaster tatsächlich 12 Stunden, um dieses unsägliche Bild unter dem Verweis auf „Antisimitismus“ (!!!) zu entfernen. Viele nichtkommerzielle Fanseiten waren da schneller.
Ein Armutszeugnis für einen Verein, der in seiner Stadionordnung zwar ein Verbot von „Thor Steinar“ und anderen rechtsextremen Modelabeln und Symboliken hat, diese aber mit dem gleichzeitigen Verbot von „MobAction“ und dem bekannten „Faust-zerschlägt-Hakenkreuz“, welches beides für einen Kampf gegen Rassismus steht, ad absurdum führt.
Immerhin wird gegen beide Plakate mittlerweile strafrechtlich ermittelt.

Da der Fokus der Medien vor allem auf der Gewalt lag, gingen an diesem Wochenende neben den antisemitischen Entgleisungen leider auch einige erwähnenswerte antirassistische Aktionen von Dynamofans zur FARE – Action - Week ( http://www.farenet.org/) völlig unter.

(Bild 3) (Bild 4)

Bei Dynamo Dresden ist also nicht alles verloren…


www.farenet.org
www.1953international.de
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Ergänzungen

Artikel-Link

telepolis_Leserin 04.11.2007 - 12:39
Der eine im Text angeführte Link, der Vollständig- und Eindeutigkeit halber ergänzt, bezieht sich auf

Die "Freiheit" der 5. Liga

Die Krawalle in Dresden zeigen, was Fangruppen in unteren Ligen mitunter zelebrieren, um ihre "Ehre" zu verteidigen (...)  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26513/1.html [telepolis, 30.10.2007)

sowie vorangehend wohl gleichfalls ebenso auf

Ultras, Hooligans, Hooltras?

Ein Streiflicht auch auf die Verantwortung der Medien
Exemplarische Ereignisse im Umfeld von Dynamo Dresden zeigen, wie schnell der sportliche Support einer Fußballmannschaft Nebensache werden kann - und wie mitunter undifferenzierte Medienberichte noch ihren Teil dazu beitragen (...)  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24851/1.html [telepolis, 15.03.2007]

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danke! — (muss ausgefüllt werden)

abissl zu viel — rrrrr

antifas — bernd

Link-Zensur? — Kent Brockman

@Kent Brockmann - html — indy-ultra

hools aufs maul — tourist des gepflegten widerstandes

Zuerst informieren!!! — genervter

Antisemiten auffe Fresse — Frank Grimes