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Jungle World in der Totalitarismusfalle

J.K. 26.10.2007 10:47
Über Uli Krugs Irrsinn im Artikel "Wie die Werwölfe" in der aktuellen Jungle World.
Dass „links“ und „rechts“ doch irgendwie das Gleiche ist, Deutschland gleichermaßen unter den zwei Diktaturen „Nationalsozialismus“ und „DDR“ zu leiden hatte und dass Stalin, Saddam, Honecker, Ahmadinejad oder auch Chavez jeder für sich der neue Hitler ist, ist inzwischen Konsens in der bundesdeutschen Mitte. Solche Weisheiten waren bislang immer in Blättern wie Springers WELT zu lesen. Seit einiger Zeit schreiben jetzt auch Autoren der „linken“ Wochenzeitung Jungle World bei der WELT und man lässt es sich natürlich auch nicht nehmen, Springer-Redakteure den verdienten Platz in der Jungle World einzuräumen.

Noch nicht bis in die WELT geschafft hat es Uli Krug, seines Zeichens Autor in der kleinen sektiererischen Zeitschrift „bahamas“, die sich konsequent verschwörungstheoretisch gegen die Linke engagiert. Sein jüngster Artikel mit dem Titel „Wie die Werwölfe“ hat es nicht bis in die WELT gebracht, sondern musste mit der Jungle World (Ausgabe vom 25.10.2007) vorlieb nehmen. Indes: Inhaltlich wäre er auch an der anderen Stelle gut aufgehoben gewesen. Mangelnde journalistische Kompetenz stand da wohl im Wege...

In dem Artikel versucht Krug sich mit der Beilage der linken Tageszeitung „junge Welt“ (jW) zum „Deutschen Herbst“ 1977 auseinanderzusetzen. Diese Beilage enthielt ein mehrseitiges Interview mit den ehemaligen RAF-Angehörigen Rolf-Clemens Wagner und Helmut Pohl.

Dabei fährt Krug natürlich nur die größten Geschütze auf: Die RAF, das war ein Werwolf-Kommando, dass sich um eine Generation verspätet hat!

Jetzt kann man der RAF natürlich einiges vorwerfen. Aber sie mit einem Mörderkommando des faschistischen Vernichtungsstaates gleichsetzen? Natürlich bleibt Krug auch die Erklärungen für eine solche Einschätzung nicht schuldig: Immerhin hat sich die westdeutsche Guerilla doch auch gegen die israelische Politik gegenüber den Palästinensern (ein Ausdruck übrigens, der in Krugs Wortschatz nicht existieren dürfte) positioniert. Dass Wagner in dem Interview z.B. Beteiligung an der Entführung der Landshut, welche aufgrund eines Vorschlages „palästinensischer Genossen“ erfolgte, als die schlimmste Entscheidung, an der er beteiligt gewesen sei, bezeichnet, ignoriert Krug natürlich.

Krug ficht das nicht an. Ihm hat es wohl schon gereicht, dass das Interview in der jW erschien und dass diese aufgrund der Aussage Wagners, dass er die Entführung Hanns-Martin Schleyers gerade auch aufgrund dessen SS-Vergangenheit immer noch für richtig halte, enorme Publicity erhielt.

Auch gegen die jW lässt Krug so einiges vom Stapel. Zunächst versucht er die jW mit einer haarsträubenden Assoziation in die Ecke irgendwelcher kruden Esoterik-Zeitschriften zu stellen.

Unschöner wird es dann, wenn er behauptet, die "Helden" der jW seien Ahmadinejad, Chavez und Assad. Mal abgesehen davon, dass es schon eher seltsam ist, wenn man meint, diese drei Personen in einen Topf werfen zu können: Wenn er die jW mal gelesen hätte, dann wüsste er, dass dort regelmäßig und kritisch etwa über die antisemitischen Ausfälle eines Ahmadinejad berichtet wird. Ebenso auch über die linke Opposition zu den Regimes im Iran und Syrien.

Völlig niveaulos wird Krugs Kommentar aber mit der Verbreitung der „Information“, dass die jW früher nicht nur eine FDJ-, sondern gar eine HJ-Zeitschrift gewesen sei.
Das ist natürlich völliger Blödsinn. Diese Behauptung geistert schon seit einiger Zeit als hoax durch das Internet, ist aber völlig falsch. Zwar existierte bis 1945 eine HJ-Zeitschrift unter dem Namen „Die Junge Welt“. Diese hatte aber rein gar nicht mit der zwei Jahre später in der DDR gegründeten Zeitung „Junge Welt“ zu tun, aus der die heutige jW hervorgegangen ist. Uli Krug sollte das wissen und tut es wahrscheinlich auch.

Die Verbreitung dieser Geschichte ist nicht nur eine leicht durchschaubare Verleumdung. Es ist auch mehr als grenzwertig, in so typisch bundesdeutscher totalitarismustheoretischer Manier die HJ und die FDJ gleichzusetzen. Gerade eine Zeitung wie die jW, in der nicht nur jede Woche eine Antifa-Seite erscheint, sondern die auch von Personen wie dem kürzlich verstorbenen Kurt Julius Goldstein oder Esther Bejarano geschätzt wird, hat das nicht verdient.

Dass Krugs Hetze gegen die Linke und seine totalitarismustheoretischen Wahnvorstellungen in der Jungle World erscheinen konnten, sagt leider einiges über den Zustand einer Zeitung aus, die noch immer Lieblingskind der autonomen linken Szene ist. Warum eigentlich?
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Ergänzungen

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falsch — hh joe

Oh Mann — krk

blöd — hi

schlimm! — und noch viel schlimmer

Ja klar.. — ..

Jungle World — bino

antifaschistische leit-kultur — strukturen, strukturen, strukturen

So schlimm auch nicht — Don Pankone

Nichts besseres zu tun? — Was solls!