Argentinien: Zanon in Gefahr

AnRed 24.10.2007 17:58 Themen: Globalisierung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
ZANON - eine der bekannten Fabriken in ArbeiterInnenselbstverwaltung Argentiniens kämpft um´s Überleben. Ab 20. Oktober ist der Belegschaft der Weiterbetrieb unter den bislang gerichtlich abgesicherten Bedingungen untersagt worden. Die ArbeiterInnen haben Rechstmittel und einen Protestmarsch ( für morgen) angekündigt.
Während der Kampf der BesetzerInnen in Nordhausen und die erfolgreiche Strike-Bike-Produktion alle solidarischen Herzen mit Freude erfüllen, ist gegenwärtig die Keramikfabrik ZANON, die seit den Aufständen in Argentinien unter ArbeiterInnenselbstverwaltung produziert, laut der Belegschaft "einem eindeutigen Angriff von Regierungsseite ausgesetzt."

EIN KURZER RÜCKBLICK AUF DIE JÜNGSTE GESCHICHTE DES ARGENTINISCHEN WIDERSTANDS:

Am 9./20.12.2001 hatte in Argentinien eine folgenreiche Rebellion gegen den Neoliberalismus begonnen. Menschen waren töpfeschlagend auf die Strassen von Buenos Aires gegangen und der argentinische Präsident de la Rua floh per Helikopter aus dem Präsidentenpalast. Immer wieder übte der Staat massive Repression gegen die Protestierenden aus, beispielsweise am 25. und 26.11.03 mit Bleikugeln in Neuquén, Sitz der von ArbeiterInnen besetzten Keramikfabrik Zanon. Es gab zahlreiche Verletzte. Auch Indymedia-Argentinien wurde 2003 von der Staatsgewalt geräumt. Bei dem überall geleisteten Widerstand spielten die selbstverwalteten Fabriken wie Brukman und Zanon eine grosse Rolle. Im November 2003 wurde die einst besetzte Textilfabrik Brukman an eine Genossenschaft in ArbeiterInnenhand übergeben.

Nach gerade einmal 6 Jahren Selbstverwaltung, haben die ArbeiterInnen von Zanon die Produktion von einem Anfang bei Null, auf 375.000 2 mensuales (? das ist mir nun leider nicht ganz klar; menusal heisst monatlich; mehr steht im Orginaltext nicht ) gesteigert. Erst im September hat der erste Export nach Chile stattgefunden. Unter der Selbstverwaltung der Belegschaft wurden 250 neue Arbeitsplätze geschaffen und Millionenbeträge investiert, um die Maschinen anzupassen und in Stand zu halten. Die Gefahr von Arbeitsunfällen wurde beträchtlich vermindert und 1000de Meter (Kacheln) an soziale Organisationen,- und Institutionen gespendet. Ausserdem trugen die ArbeiterInnen von Zanon mit Geldbeträgen dazu bei, den Streikfonds von Organisationen im Kampf im ganzen Land zu er,-und unterhalten.

Diese Geschichte beweist, dass die Fabrik in den Händen der KeramikproduzentInnen trotz des politischen, justiziellen und legislativen Boykotts, effizient geführt worden ist. Die Geschichte Zanons ist eine der erfolgreichsten im Hinblick auf die Zurückeroberung der Fabriken, sowohl was die Produktivität anbelangt, als auch bezüglich der politischen Entwicklung in der Region.
Rückblickend siehe auch:
Zanon: Räumung verhindert:  http://www.wildcat-www.de/aktuell/a027arge.htm
Die ArbeiterInnen von Zanon:  http://www.obrerosdezanon.org


SELBSTVERWALTUNG SOLL AUSGEHEBELT WERDEN
ANRed - FR; 22. Oktober 2007
Auf Anforderung einer italienischen Gläibigerfirma hat die Berufungskammer der ArbeiterInnenkooperative FASINPAT die Autorisierung zur Verwaltung von "Zanon-Keramik" um die Dauer eines Jahres gekürzt. Die ArbeiterInnen hatten eigentlich eine gerichtlich garantierte Betriebgenehmigung bis 2009. Ihre Erklärung hierzu lautet, dass sie nicht zulassen werden, dass die Fabrik versteigert wird und sie fordern ein Treffen mit dem Gouverneur von Neuquén, um die Enteignung und Verstaatlichung zu fordern.

"Der Beschluss ist eine klare Attacke der Regierung gegen die ArbeiterInnen und die Erfahrungen der Selbstverwaltung", charakterisierte die Zanonbelegschaft das aktuelle Geschehen in einem Pressekommunique, in dem auf die justizielle Massnahme, der FASINPAT bis zum Oktober diesen Jahres die Autorisierung zum Betrieb und dem Handel mit Erzeugnissen von "Zanon-Keramik" zu entziehen, gezielt wurde.

Die Berufungskammer des Handelsgerichts Nº 9 mit Sitz in Buenos Aires, hat diese Woche die von der italienischen Firma SACMI S.A einmgelegte Berufung akzeptiert. Das Unternehmen ist eine Gläubigerin von Luis Zanon und billigt den Vorschlag der Generalstaatsanwaltschaft, die drei Jahre Betriebgenehmigung, die den ZanonarbeiterInnen in Selbstverwaltung von dem Richter Rafael Barreiro zugestanden worden war, auf jetzt zwei Jahre zu begrenzen. Diese Anordnung bedeutet, dass die Kooperative ab dem 20. Oktober 2007 keine gerichtliche Sicherheit mehr besitzen wird, um die Fabrik weiterzubetreiben.

Die von der SACMI präsentierte Berufung ist von der nationalen Regierung (AFIP) und, unter anderen Gläubigern, der Weltbank akzeptiert worden. Überdies fordert die SACMI von "Zanon-Keramik"eine Zahlung 30 Millionen Pesos.

Die ArbeiterInnen haben inzwischen auf einer Pressekonferenz angekündigt, vor dem Obersten Gerichtshof Rechtsmittel gegen die Berufung einzulegen und dass sie darauf bestehen, von dem neu gewählten Gouverneur Neuquén´s, Jorge Sapaq, empfangen zu werden, um das gesetzliche Projekt der Enteignung und Verstaatlichung der Fabrik zu diskutieren, das bereits einmal der Provinzlegislatur und einmal dem Nationalkongress unterbreitet worden war.

"Mehr als jemals zuvor fordern wir öffentlich diese Zusammenkunft und wir werden diese Forderung zudem durch einen Marsch am 25. Oktober zum Ausdruck bringen. Denn wir werden nicht zulassen, dass Zanon unter ArbeiterInnenkontrolle versteigert wird. Wir werden nicht zulassen, dass der soziale Sinn der Fabrik zerstört wird und 100te Familien auf der Strasse stehen", so die autonome Belegschaft in ihrem Kommunique. "Sie wollen den sozialen Sinn zerstören, den die Fabrik durch die Selbstverwaltung erhalten hat, im Gegensatz zudem, was sie davor gewesen ist", so Alejandro López, der zudem ankündigte, dass bei einer Versammlung der KeramikerInnengewerkschaft in Neuquén die Organisationen über den Beschluss und alle weiteren Schritte informiert werden.

Die italienische SACMI S.A hat Firmenbesitzer Luis Zanon, als dieser noch die Verwaltung inne hatte und vor seinem Versuch, die Fabrik zu schliessen, mit Maschinen beliefert. Monate später legte die Firma eine Berufung vor, um den von Richter Rafael Barriero erklärten Konkurs widerrufen zu lassen. Dieser hatte den ArbeiterInnen eine dreijährige Betriebserlaubnis zugesagt. Barreirov verfügte 2005 den Bankrott von Zanon und im Juli 2006 überstellte er den kommerziellen Betrieb an die Kooperative der KeramikerInnen.

Sacmi ist einer jener Gläubiger, bei denen Luis Zanon sich während seiner Verwaltungszeit verschuldete und zwar in Höhe von 30 Millionen Pesos. Andere Hauptgläubiger sind die Weltbank, die Schweizer Kreditbank und die Nationalen,- und Provinzregierungen. Die Gesamtschuld beläuft sich auf 170 Millionen Pesos; davon entfallen 22 Millionen Dollar ($) auf die Weltbank.

Der Anwalt von Zanon, Mariano Pedrero, sieht "die Existenz einer klaren Komplizenschaft von L.Zanon und der SACMI, mit dem Ziel die Selbstverwaltung der ArbeiterInnen zu beenden, da die Firma es ablehnt, ihre Schuld aus den persönlichen Gütern von Luis Zanon einzuziehen, die dieser bei einer seiner letzten Transaktionen als Garantien präsentiert hat. Die von dem Bevollmächtigten der SACMI Impiante S.A und SACMI Imola S.A, Eduardo Mario Fenochietto, präsentierte Berufung ist bereits am 03. Juli von der Generalstaatsanwaltschaft unterstützt worden, die eine Versteigerung befürwortet hat, um die ArbeiterInnen auszuzahlen.

"SACMI, so Pedrero, verzeiht Luis Zanon die Millionen, die er nie gezahlt hat und befreit ihn von der Verschuldung und perönlichen Sicherheiten, die sein Konkurs zur selben Zeit aufwirft, in der die Selbstverwaltung der ArbeiterInnen beendet werden, um seine Schulden zu begleichen und sämtliche Maschinen und die ganze Fabrik zur Versteiogerung angeboten werden. Es ist eindeutig, dass SACMI und Luis Zanon gemeinsam operieren, um die Selbstverwaltung der ArbeiterInnen zu beenden und deshalb die Räumung und die Versteigerung fordern".

So bringt denn auch der Punkt sechs der Eingabe, die den Richtern der Berufungskammer von der Staatsanwaltschaft vorgelegt wurde, nichts anderes zum Ausdruck, als dass die Versteigerung eine Spekulation ist, um die Gläubiger durch den Erlös aus dem Inventar und der Immobilie, die die ArbeiterInnen in Stand gehalten und in die sie investiert haben, zu bevorteiligen.

Zanon-Keramik will weiterhin Selbstverwaltung !

(Anmrkg.: Das dürfte bedeuten, dass in Argentinien, Neuquén, ein wiedermaliger Kampf gegen die Räumung einer besetzten Fabrik ansteht; was das heisst oder heissen könnte, wissen wir ja noch oder schon. Also: HABT EIN AUGE AUF ARGENTINIEN!!!! ) ...

Weitere Informationen:

Alejandro López (Generalsekretariat der KeramikerInnengewerkschaft von Neuquén) - Telefon: 0299-154299136

Alberto Esparza (Presse und Verbreitung) - Tel: 0299-154299136

Jorge Esparza (KeramikerInnengewerkschaft) - Tel: 0299-154018274

Carlos Acuña (Koordinator der Produktion) - Tel: 0299-154299123

Mariano Pedrero (Anwalt von Zanon) - Tel: 0299-154299133

E-Mail-Kontakt:
 prensaobrerosdezanon@neunet.com.ar
www.obrerosdezanon.com.ar

( Quelle:  http://www.anred.org/article.php3?id_article=2323 )
 redaccion@anred.org

Freie Übersetzung: tierr@

Frühere LINKS zum Thema:

Zwei Beiträge zu besetzen Betrieben in Argentinien
 http://www.wildcat-www.de/dossiers/argentina/arg_occu.htm

Argentinien: Staat im Koma – Gesellschaft in Bewegung
Selbstorganisierung und alternative Ökonomien gegen die Krise
 http://arranca.nadir.org/artikel.php3?nr=26&id=213

Kampf um Brukman in Argentinien vor den "Wahlen"
 http://de.indymedia.org/2003/03/44613.shtml

QUE SE VAYAN TODOS 1 & 2/ Auszüge
 http://de.indymedia.org/2003/12/70426.shtml
 http://de.indymedia.org//2003/11/68313.shtml
QUE SE VAYAN TODOS (Sie sollen alle verschwinden) - ist ein Buch, dass von Menschen geschrieben wurde, die an den Aufständen 2001 in Argentinien direkt Teil genommen haben und in beeindruckender Weise schildern, wie das Empfinden damals war und was alles passierte:
"QUE SE VAYAN TODOS"
Krise und Widerstand in Argentinien
Colectivo Situaciones
Assoziation A
 assoziation-a@tr-online.de
ISBN 3-935936-19-2
Public Domain Dedication Dieses Werk ist gemeinfrei im Sinne der Public Domain
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Ergänzungen

2 mensual

lada 24.10.2007 - 20:53
heisst bimensual - zweimonatlich und das ist in der suedamerikanischen wirtschaft ein recht ueblicher abrechnungszeitraum.

2008

alix 24.10.2007 - 23:01
Eine kleine Korrektur: statt "Diese Anordnung bedeutet, dass die Kooperative ab dem 20. Oktober 2007 keine gerichtliche Sicherheit mehr besitzen wird, um die Fabrik weiterzubetreiben" müsste es heißen Oktober 2008. Die compañer@s haben also glücklicherweise ein Jahr Zeit für die Mobilisierung, mit der sie aber aus gutem Grund jetzt sofort beginnen.

Und zu den "375.000 2 mensuales": damit sind 375000 m2 Quadratmeter Kacheln monatlich gemeint.

Und noch ein Hinweis zu aktuellen Materialien zu besetzten Betrieben in Argentinien, die hier in der BRD erhältich sind:
Der Bildband, den die compañeros der besetzten Drudckerei Chilavert herausgegeben haben, siehe  http://www.ila-web.de/artikel/ila308/argentinien.htm

und ein Dokumentarfilm über die im Dezember 2001 besetzte Textilfabrik Brukman in Buenos Aires, siehe  http://www.ila-web.de/kulturszene/307besetzt.htm

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Artikel ABGEKUPFERT

c&p 25.10.2007 - 01:03
Anmerkung der Moderationsgruppe: Trotz der Bitte, de.indymedia.org zum Veröffentlichen von eigenen Berichten und selbst recherchierten Reportagen zu nutzen, wurde hier ein Text aus einer anderen Quelle, ein Flugblatt, eine Presseerklärung oder eine Stellungnahme einer Gruppe reinkopiert.
Es ist nicht das Ziel von Indymedia ein umfassendes Infoportal mit Kopien möglichst vieler vermeintlich wichtiger und lesenswerter Texte anzubieten. Indymedia will eine Plattform für engagierte MedienmacherInnen und ihre eigenen Inhalte bieten. Die strategische Zweitveröffentlichung von Texten gehört nicht zu den Zielen dieses Projektes.
Bitte lest zu diesem Thema auch die Crossposting FAQ.

Unverschämt

tierr@ 25.10.2007 - 11:03
Ich finde das "abgekupfert" eine Granatenunnverfrorenhei!t
Ich mache mir hier nicht die Mühe, zu versuchen, Unterstützung
und Solidarität u.a.für bedrohte Selbstverwaltung zu aktivieren,indem
ich Infos und akutelle Nachrichten übersetze ( gefälligst hat das nichts aber auch gar nichts mit "Abkupfern" zu tun), um mir so einen
primitiven Vorwurf gefallen zu lassen....

Ich möchte Euch mal sehen, falls je Indy.de von sowas bedroht
wäre, wenn dann in anderen Ländern geschrieben stünde: Nachricht
in Spanisch: abgekupfert
langt Euch mal ans Hirn!!!!

Seriöse Nachrichten kann mensch nicht erfinden, "nur" vermitteln und austauschen,
war das nicht mal der Sinn von Indymedia oder mutiert das hier zu
einem AutorInnenwettbewerbsforum ??? Scheissegomanien