Jugendpressetag des BMI: Hochinformativ!

Schäublebesucher 23.10.2007 22:24 Themen: Medien Repression
Am vergangenen Freitag, dem 19. Oktober, fand in Berlin der Jugendpressetag des Bundesinnenministeriums statt. Neben einem Gespräch mit Innenminister Schäuble stand für die 50 teilnehmenden jungen MedienmacherInnen eine Führung durch das Ministerium sowie die Besichtigung des Bundeskanzleramts auf dem Programm.
Ein nicht ganz ernst gemeinter, aber sachlicher Tatsachenbericht.
Jugendpressetag des Bundesministeriums des Inneren, oder: Wie ein Minister verzweifelt versucht, PR zu machen.

Dass das öffentliche Ansehen des Ministers in politischen Kreisen schon seit geraumer Zeit kriselt, ist mittlerweile auch schon in den verantwortlichen PR-Agenturen des Bundes angekommen. Um am Negativ-Image Herrn Schäubles die eine oder andere Schönheitskorrektur vorzunehmen, lud das Ministerium, zusammen mit dem Jugendmedienzentrum, 50 junge MedienmacherInnen ins Innenministerium.

Den Auftakt der Tagesveranstaltung – und auch den Kernpunkt – bildete ein Monolog des Ministers. Die Deklaration „Diskussion und Fragerunde“ muss der eine oder andere wohl in den falschen Hals bekommen haben. Dabei fiel ins Auge, dass nach der herzlichen Begrüßung der Anwesenden („Wer sind Sie eigentlich?“, an den Vorsitzenden des JMZ, Herrn Kolb, gerichtet), die schon fast auffällige Unvorbereitetheit des Ministers zu einem thematischen „Exkurs“ führte. Wobei: Wer der Anwesenden hätte nicht gerne mehr über die Fernsehgewohnheiten der Mutter des Ministers erfahren? Gerade damals, als es nur wenige Fernsehapparate gab, Programme also noch zentralisiert waren? Oder darüber, dass aufgrund der mütterlichen Abwesenheit – sie musste bei der Nachbarin die Krönung Elizabeth der Zweiten bewundern – das warme Mittagessen eines regnerischen Novembernachmittags ausfiel?

Dass diese inhaltliche Dimension allerdings nur zweitrangig war, lies sich am pedantischen Fototerminverhalten erkennen: Eingangs der Hinweis auf das Einzelportrait mit dem Minister, die Zwischendurchankündigung des gemeinsamen Gruppenbildes; gesehen müsste man werden. Apropos sehen: Voraussehen scheint das BMI auch zu können. Sozusagen präventiv wurde ein Text der PR-Abteilung, der die Ereignisse des Tages beschreiben sollte, erarbeitet. Dass dieser schon während der Veranstaltung online ging und keiner inhaltlichen Überarbeitung unterzogen wurde, spricht für die genaue Arbeit des Bundesorgans.

Schäubles erste Atempause wurde von den Jungjournalisten beherzt dazu genutzt, Fragen nach Schema F zu stellen. Dass die Antwort auf – durchaus kritisch ansetzende – Einwürfe in einer zeitlichen Dimension von 30 Sek. zu 10 Minuten ausfallen würde, hatten wohl eher wenige erwartet. Dennoch gelang dem Minister jeder thematische Sprung von konkreter Antwort hin zu inhaltsloser Sekundärinformation:

Karl Popper scheint eine wichtige Rolle im Leben des Ministers zu spielen; ebenso wie die Worte „Freiheit“, „Demokratie“ und „deutsch“. Während die Kombinationen „deutsch“ und „Demokratie“ zusammen gerade einmal 89 ergaben, schaffte es die Freiheit mit ca. 128 Nennungen auf Platz 1. Schade nur, dass Freiheit nie konkretisiert wurde. Abgesehen von der nötigen Freiheit des Staates, ganz frei in die freien Daten freier Bürger Einsicht zu nehmen. Oder so ähnlich.

Frei ist der Herr Minister auch in der Wahl seines Diskussionsstils: Auf sein Versäumnis seine Vorschläge zu konkretisieren aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, dass seine Pläne die Pressefreiheit in eklatantem Maße gefährden, erwachte das Kämpferherz. Vorurteile seien es, die linke Demagogen unter den Jungjournalisten gestreut hätten. Vorurteile, zu deren Überkommen sich der Fragesteller erst noch hinarbeiten müsse. Ebenso wie zu der Einsicht, dass Handydaten doch gespeichert werden müssten; und der Terrorist schon hinter dem nächsten Auto stehen könnte.

Aber in dieser Hinsicht muss sich der Minister keine Sorgen machen: Ist das Gebäude doch durch Kräfte der Bundespolizei stets gesichert, die kaum ins Steuerzahlergewicht fallen. Ebenso wenig wie das Gebäude, in dem das Ministerium untergebracht ist. Günstige Mietverträge mit einer Immobiliengruppen garantieren ein günstiges Preisniveau von lediglich 19€ pro Quadratmeter. Apropos Quadratmeter: Da es davon einige gibt, addieren sich im Monat Kosten von schlappen 500.000 €; ein echter Kampfpreis, will mensch meinen.

Aber da ja irgendwo gespart werden muss, wurde die Kantine fix an ein privates Unternehmen vermietet. Scheinbar hatte das, zumindest für die ungebetenen Jungjournalisten, nur kreative Nudeln-mit-Soße-Reste über.

A la carte!
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