Spanien: Migration, Übergriffe, Nazipolizei

Colectivo Queda la Palabra 19.10.2007 06:01 Themen: Antifa Antirassismus Repression Weltweit
Provinz Almería: Neonazis bei der Guardia Civil begehen Übergriffe auf ImmigrantInnen und Diebstähle
ALMERÍA: ÜBERGRIFFE BEI AUSWEISKONTROLLEN
Alvar Chalmeta, Redacción Diagonal
Während der letzten Monate häuften sich in der Provinz Almería die Anzeigen polizeilicher Übergriffe auf ImmigrantInnen. Ein jüngstes Info der LandarbeiterInnengewerkschaft SOC berichtet, dass die Polizeikräfte zudem dabei auch Diebstähle begangen haben.

Allein im Verlauf der vergangen zwei Monate sind 100te Anklagen von ImmigrantInnen über polizeiliche Misshandlungen und Missbräuchlichkeiten bei der SOC eingegangen, die unter dem Schutz vermeintlicher Routinekontrollen von Papieren stattgefunden haben. Bei diesen Operationen wurden die Betroffenen beleidigt und verfolgt. Ausserdem wurde zu ihrer Einschüchterung in die Luft geschossen. Mindestens in einem Fall ist ihnen auch Geld entwendet worden. Die meisten dieser Taten haben in prekären Wohungen stattgefunden; zwei in den als 'Casas Viejas' bekannten Ruinen von San Isidro, in Níjar, die jeweils zwischen 20 und 40 Personen beherbergen. Die Ruinen werden von den ImmigrantInnen als Übergangslösung genutzt, bis sie eine feste Unterkunft auf den Finkas der Unternehmer oder eine Mietwohung gefunden haben. Ein Teil der BewohnerInnen gehört zu den sin papeles, d.h. hat keine Papiere oder befindet sich bezüglich des Status noch im Prüfungsverfahren. Alle arbeiten als TagelöhnerInnnen in der Landwirtschaft.

Laut den von der SOC dokumentierten Aussagen, haben zwei junge Guardia Civil-Beamte in diesem Kontext dort "in gewaltsamer, missbräuchlicher und unverhältmässiger Weise" Ausweiskontrollen vorgenommen. Dabei legten sie Immigranten ohne erkenntlichen Grund Handschellen an oder warfen unter Drohungen, ihnen vorgelegte Dokumente auf den Boden. Die Guardias schossen in die Luft und veranlassten mit dieser Einschüchterung, dass die Immigranten losliefen um sich in den Bergen in Sicherheit zu bringen. Dabei lachten die Beamten und riefen Beleidigungen hinter den Fliehenden her. Es gibt auch Fälle, bei denen die Polizisten Fliehende gefesselt haben.

Ein brutales Beispiel dieses Vorgehen hat sich am 04. September ereignet, als die Guardia Civil am Nachmittag per Auto an den 'Casas Viejas' erschienen war und das Vorzeiogen der Dokumente verlangt hatte. Die Bewohner mussten alle Papiere, einschliesslich ihres Geldes, in Plastiktüten stecken und den Beamten aushändigen. Die Guardias fuhren damit weg, um kurz darauf wiederzukommen und die Plastiktüten aus dem Wagenfenster zu werfen..., allerdings ohne das darin gewesene Geld. Als daraufhin zwei marokkanische Arbeiter, die eine Aufenthaltsgenehmigung besitzen, versucht hatten mit den Beamten zu reden und das Geld zurückzuverlangen, waren diese ausgestiegen und hatten mit ihren Schlagstöcken losgeprügelt. Doch damit nicht genug..., die beiden Marokkaner wurden auch noch unter der Anschuldigung Widerstand gegen die Staatsgewalt und verübter Körperverletzung festgenommen. Als am folgenden Tag ein weiterer Immigrant auf dem Revier der Guardia Civil die Zurückgabe des Geldes forderte, wurde er ebenfalls verhaftet und beschuldigt, an der "Aggression in 'Casas Viejas' Teil genommen zu haben".
Die Verhafteten erstatteten eine Anzeige wegen Diebstahls gegen die Guardias Civiles, die jedoch bislang noch kein Resultat erzielt hat.

Ende September hatte es eine Verhandlung am Gericht in Almería gegeben, bei der 15 Personen verschiedener, sozialer Organisationen der Provinz anwesend waren, um ihre Solidarität mit den migrantischen Arbeitern zu demonstrieren. Laut Federico Pacheco vom Provinzkomitee der SOC, "identifizierte einer von ihnen, den Blonden der oben genannten Beamten als Mitglied des Fanclubs des Fussballteams von Almería. Bereits zuvor hat es Anklagen über Neonazis bei der Guardia Civil gegeben. Dadurch erklärt sich die Vorgehensweise ein wenig". Im Hinblick auf den Prozess ist Pacheco eher pessimistisch und sagt: "Es ist wenig wahrscheinlich, dass ein Richter einen Polizisten verurteilen wird. Wir haben wiederholt angeklagt, was sich abzeichnet aber ist, und das ist sehr wichtig, dass sowohl die lokale Presse wie auch die meisten gewerkschaftlichen,-und polizeilichen Organisationen dazu geschwiegen haben. Es gibt einen Pakt des Schweigens; ein Gefühl der Angst, die polizeilichen Missbräuchlichkeiten anzuklagen und aufzudecken...Deshalb ist die Kampagne, die wir gestartet haben, um Druck auszuüben, so wichtig. Wir benötigen die Unterstützung der Übrigen".
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Inzwischen gibt es die Nachricht, dass die Verhafteten, die der Aggression gegen die Guardia Civil beschuldigt worden waren, freigesprochen worden sind.
Die Widersprüche der Polizei haben gezeigt, dass alles eine Konstruktion gewesen ist, um den Diebstahl zu vertuschen. Die SOC bereitet einen Bericht über alle polizeilichen Missbräuchlichkeiten in der Region von Nijar vor, der dem Regierungsdelegierten,- und Subdelegierten in Andalusien und Almería sowie dem Ombudsmann des andalusischen Volkes übergeben werden wird.

Die SOC ruft alle ausländischen ArbeiterInnen dazu auf, diese Missbräuchlichkeiten anzuklagen.
SOC-Almería
www.soc-almeria.org

(Quelle:  http://diagonalperiodico.net/article4655.html )
Übersetzung: tierr@

Anmerkung, die Übersetzung ist trotz des positiven Ausgangs chronologisch, um zu zeigen, dass eine Initiative, wie die der SOC u.a., trotz einer Mauer des Schweigens erfolgreich sein kann und dass selbst hierbei nicht aufgehört werden darf, um die rassistischen Umtriebe von Neonazis ans Licht zu bringen und zu stoppen.

LINKS zu Spanien, Rassismus und Immigration:

Apartheid ist "ein warmes Bett"
 http://de.indymedia.org/2007/01/167253.shtml
Spanien:Legalisiertes ImmigrantInnenmorden
 http://de.indymedia.org/2007/09/194058.shtml
Spanien-Migration-Ticker und DesertifikATION:Umweltflucht
 http://de.indymedia.org/2007/09/195109.shtml
Spanien: Neues von der EU-Grenzfront
 http://de.indymedia.org/2007/07/189427.shtml
Human Rights Watch klagt sexuellen Missbrauch an migrantischen Jugendlichen in kanarischen Auffangzentren an - Andalusien, Initiative gegen die Ausweisung Minderjähriger - Fünfzig ertrunkene Flüchtlinge mehr: Untersuchung gefordert
Humane Katastrophe" spitzt sich zu
 http://de.indymedia.org/2006/03/141386.shtml
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Ergänzungen

BItte übersetzen

Saiid 20.10.2007 - 03:39
Es laufen noch andere Sachen in "Spanien" die zu dem Thema mehr oder weniger passen ab:
Wer in der Lage ist mehr dazu zu berichten oder das zu übersetzen(mein spanisch reicht nicht aus) ist der tue es bitte!
Es handelt sich um ein Gebiet in Madrid das von der Polizei (Policía municipal und Policía nacional) geräumt werden sollte, auf dem, soweit ich das verstanden habe, "illegal" gebaute Häuser und Hütten stehen, die jedoch bis vor kurzem toleriert und auch zum Teil "legal" an diese Leute verkauft wurden und nun wegen "Drogenhandel" etc. geräumt werden sollten. Die Bewohner, aber auch Anwohner, haben Widerstand geleistet.
Der Link(von indymedia estrecho (also alles was sich um Strasse von Gibraltar herum befindet)):

 http://estrecho.indymedia.org/newswire/display/70892/index.php

Bitte, übersetzt

@saiid 20.10.2007 - 16:25
Räumung in Madrider Barackensiedlung wird zu Schlacht mit 30 Verletzten
[ spanisches Original:  http://estrecho.indymedia.org/newswire/display/70892/index.php ]

19.Oktober 2007


Madrid, EFE [Presseagentur]
Patricia Rafael 18.10.2007 12:03
Video ansehen:  http://www.publico.es/espana/007881/batalla/campal/desalojo/poblado/chabolista

Sie organisierten sich seit einem Tag: „Aufruf. Am Donnerstag den 18. um 8:30 Uhr Abriss der Parzelle Nummer 40. Kommt alle. Dein Haus kann das nächste sein.“ Solche Plakate riefen die EinwohnerInnen von Cañada Real Galiana, einer illegalen Madrider Siedlung, zum Widerstand gegen den Abriss des Hauses auf, in dem nach Auskunft der EinwohnerInnen seit über fünf Jahren Abdalilah, seine Frau Fátima und ihre beiden Kinder (alle aus Marokko) lebten.

Zum angegebenen Termin kamen, von Aufstandsbekämpfungseinheiten eskortiert, die Abrissbagger, um ihre Arbeit zu tun. Wie die Nachbarn sagen, waren etwa 100 PolizistInnen und über 15 Wannen vor Ort. Aber sie trafen auf hunderte von meist marokkanischen EinwohnerInnen, die Abdulilahs Aufruf gefolgt waren. Es fehlte niemand: Kinder, Erwachsene, Männer, Frauen, alle waren da.


Steinhagel

Sobald die BeamtInnen versuchten, das Haus zu räumen, wurden sie von einem Steinhagel eingedeckt. Im nächsten Moment ging eine wahre Schlacht los. Die EinwohnerInnen warfen mit allem, was sie in die Hände bekamen: Steine, Stühle, Flaschen, sogar Butangasflaschen. Die Polizei erwiderte dies mit Gummigeschossen und Knüppeln.

Fast zwei Stunden dauerte die Konfrontation. Mehr als 10 MarokkanerInnen wurden verletzt, darunter, wie Recherchen von Público [Zeitung] bestätigen, auch Minderjährige; 16 BeamtInnen der National- und 9 der Stadtpolizei wurden leicht verletzt; 9 EinwohnerInnen wurden laut Polizeidirektion festgenommen. Von Abdulilahs Haus blieben schließlich nur Trümmer. „Ich war mit anderen NachbarInnen im Haus. Als die Polizei hereinkam, haben sie uns gepackt und uns mit Gewalt hinausgeworfen“, erzählt die 17jährige Rabiaa und zeigt einen großen Bluterguss am linken Arm.

„Draußen haben mehrere PolizistInnen mit Knüppeln auf mich eingeschlagen“, fährt sie fort. Als hätte die Intifada Madrid erreicht, verschanzten sich nur 20 Minuten von der Puerta del Sol [Stadtzentrum] entfernt Kinder und Erwachsene in den Hügeln und warfen Steine auf die Polizei, um das zu verteidigen, was sie ihr Eigentum nannten.


40000 illegale EinwohnerInnen

Die Cañada Real Galiana ist eine unbefestigte Straße, etwa 15 km lang. Dort stehen über 2000 Gebäude mit 40000 BewohnerInnen, [davon] 15000 Minderjährige. Viele der Häuser sind Baracken, es gibt aber auch Einfamilienhäuser, manche sogar mit Swimmingpool. Alle sind illegal, auch wenn die Mehrheit an die Gemeinde Immobiliensteuer zahlt und die Gemeinde schon seit 40 Jahren den Bau dieser Wohnhäuser duldet. Seit ein paar Jahren ist eine Freifläche in der Siedlung zu einem Drogenverkaufsort geworden, dem größten von Madrid.

„Wir hier verkaufen keine Drogen, wir arbeiten alle, die Häuser haben wir von SpanierInnen gekauft. Warum reißen sie nicht denen, die Drogen verkaufen, die Häuser ein, wenn die auch illegal sind?“, beklagte sich gestern die 28jährige Marokkanerin Mariam, Rezeptionistin einer Werbefirma. „Sie müssen uns eine Alternative geben, wo wir wohnen können.“ Nach der Schlacht kamen VertreterInnen der marokkanischen Botschaft in die Siedlung. Die Frauen empfingen sie mit Hochrufen auf König Hassan. Eine halbe Stunde lang hörten sie sich die Beschwerden ihrer Landsleute an und versprachen zum Schluss, mit den spanischen Behörden zu reden.

Um zwei Uhr nachmittags lag der Brandgeruch immer noch in der Luft. Ein während der Schlacht angezündetes Auto qualmte noch. Gegenüber das Loch, das von Abdulilahs und Fátimas Haus geblieben war. Ihn hatte die Polizei verhaftet, die Frau und die Kinder kamen in einer der städtischen Notunterkünfte unter.

Quellen der Stadtverwaltung erklärten, die Räumung dieser Familie wäre gerichtlich angeordnet worden, weil ihr Wohnhaus illegal gewesen sei und, wie viele andere in der Cañada, „auf einer der Comunidad [Gemeinde] gehörenden Vía pecuaria [Viehweg]“ gestanden hätte. Die Comunidad war es auch, die die Räumung beantragte. Weitere fünf Häuser sollen in Kürze abgerissen werden, es fehlt aber noch die richterliche Genehmigung.

Als die Räummaschinen abgezogen waren, mischten sich auf dem Boden die Trümmer mit den hinterlassenen persönlichen Gegenständen der Familie: eine Wiege, Spielzeug, Decken, das Bett. Währenddessen weigerten sich die NachbarInnen, in ihre Häuser zu gehen. Ein ums andere Mal wiederholten sie: „Das ist schlimmer als in Palästina! Wie kann so etwas in Spanien passieren?“ „Diese Polizei ist schlimmer als die Israelis!“, sagte eine zum Schluss.


Ruiz-Gallardón weiß von nichts

In der Pressekonferenz nach der Stadtratssitzung sagte der Bürgermeister Madrids Alberto Ruiz-Gallardón, er wisse nichts von den Ereignissen, die sich zur selben Zeit abspielten. Er versicherte aber: „Wie immer in diesem Bereich handelt die Stadtverwaltung in Erfüllung eines Gerichtsbeschlusses.“


„Die Cañada Real ist ein sehr ernstes Problem“

Weiter betonte er, der Madrider Stadtrat warte immer noch auf eine Antwort der Regionalregierung auf den Vorschlag, den es im August dieser und der [National-]Regierung von Rodríguez Zapatero gemacht hatte, einen gemeinsamen Ausschuss zur Cañada Real zu bilden, „mit Exekutivgewalt ausgestattet, um alle Probleme anzugehen“, die diese illegale Barackensiedlung aufwerfe.

„Die Cañada Real ist ein sehr ernstes Problem – eins der größten Probleme Madrids – das alle drei Verwaltungsebenen betrifft, und wenn wir es jetzt nicht entschlossen angehen, kann es zu einer offenen Wunde werden, die zu schließen später sehr schwierig werden kann“, warnte der Bürgermeister.

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:O 20.10.2007 - 00:16
Erstmal finde ich es schade, das alle hier schreibenden Menschen etwas zur regionalen Antifa zu sagen haben, aber dies hier scheint niemanden zu interessieren.
Es ist ein Witz, was sich die Cops dort erlauben, kann mensch da nicht irgendetwas gegen machen? Ich meine, wenn die Cops so abgehen, dann muss mensch doch etwas dagegen tun, selbst wenn wir nur regional agieren würden. Eine Soli fände ich wäre hier definitiv eine allgemein gesehene gute Handhabe um erstmal auf dieses Problem aufmerksam zu machen.
Mit solidarischen Grüßen