Spanien will nicht mit Basken verhandeln

Ralf Streck 18.10.2007 10:09 Themen: Weltweit
Scheinbar hat der baskische Regierungschef Juan José Ibarretxe am 16. Oktober beim Besuch beim spanischen Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero in Madrid gegen eine Wand geredet. Offenbar scheiterte er mit dem Versuch, sich auf eine Formel zur Belegung des Jahrzehnte schwelenden Konflikts zu einigen, wie er einst in der Londoner Downing Street für Nordirland zu Stande kam und über welche die Bevölkerung das letzte Wort im Rahmen einer Abstimmung erhalten soll.
Zapatero wich in seinen Begründungen kein Stück von seiner Position ab. Die hatte er aufgebaut, nachdem Ibarretxe Ende September im baskischen Parlament seine Vorstellungen präsentierte, wie der Konflikt nach dem Scheitern des Friedensplans der Partei Batasuna (Einheit) und dem Ende der Waffenruhe der Untergrundorganisation ETA im Juni erneut auf einen Lösungsweg gebracht werden könnte.

Der Bevölkerung das Wort zu erteilen, hielt Zapatero ein "wasserklares" Nein entgegen. Höchstselbst trat er erstmals nach einem Treffen mit Ibarretxe vor die Presse und bezeichnete dessen Plan als "illegal", in der "Autonomen Baskischen Gemeinschaft" (CAV) im nächsten Jahr eine Volksbefragung durchzuführen. "Das wird nicht akzeptiert, nicht angenommen oder in die Praxis umgesetzt", sagte Zapatero. Der zweite Plan Ibarretxe "wird dasselbe Schicksal erleiden wie der erste", fügte er an.

So zeigt der Sozialist (PSOE) seine Hilflosigkeit. Er hat entweder keine Ahnung oder er verfügt über keinen Willen, sich einer Konfliktlösung zu nähern. 2005 ließ er den "Plan Ibarretxe" abschmettern, mit dem die Bevölkerung in drei der sieben baskischen Provinzen über den "freien Anschluss an Spanien" abstimmen sollte. Dessen Behandlung in der Verfassungskommission wurde verweigert, wie es das Reglement des spanischen Parlaments vorsieht, obwohl er im baskischen Parlament eine absolute Mehrheit erhielt.

So laufen Zapateros Hinweise ins Leere, die Basken sollten sich zuerst untereinander einigen. Die kennen ohnehin die Ergebnisse aus Katalonien, wo ein reformiertes Autonomiestatut von 90 Prozent des Regionalparlaments getragen wurde. Doch Zapatero hielt sein Versprechen nicht, es in dieser Form in Madrid abzusegnen. Dass der den Basken nun eine solche Reform "gemäß der spanischen Verfassung" anbietet, ist lächerlich. Denn schon das alte Statut wurde nie umgesetzt und seit fast 30 Jahren wird diese Verfassung gebrochen.

Deshalb ist Ibarretxe und seine Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) unter großem Druck, nachdem sie bei den Kommunalwahlen im Mai eine Schlappe einstecken musste. Wegen des spanischen Verhaltens erhalten hier und in Katalonien die Unabhängigkeitsbestrebungen weiter Zulauf. Deshalb erklärte Ibarretxe nach dem Treffen, man befände sich am "Beginn eines langen Weges". Dabei will er ohnehin nur den Status der drei autonomen Provinzen in Spanien absichern und auch ihm ist klar, dass ohne Teilnahme der Provinz Navarra, die seit 30 Jahren auf ein Referendum über den Anschluss an die CAV wartet, der Konflikt unlösbar bleibt. Dabei erlaubt das sogar die spanische Verfassung und an der Frage scheiterte der Friedensplan.

Beiden Politikern darf Wahltaktik unterstellt werden. Zapatero will die Wahlen im Frühjahr gewinnen, wofür es, vor allem nach dem Scheitern des Friedensprozess, schlecht aussieht. Gewinnt die ultrarechte Volkspartei (PP), darf mit der Umsetzung weiterer antidemokratischer Schritte gerechnet werden, mit denen schon die PSOE droht, falls Ibarretxe nun, wie angekündigt die Autorisierung für eine Volksbefragung vom baskischen Parlament einholt und danach Neuwahlen durchführt.

Ob die PSOE nach einem Wahlsieg die Volksbefragung durch die Polizei verhindern lässt oder die baskische Autonomie suspendiert, ist unwahrscheinlich. Ohne katalanische und baskische Nationalisten und der Vereinten Linken (IU) hat sie schon jetzt keine Mehrheit und die lehnen so etwas ab. Deshalb setzt Zapatero gegen Ibarretxe zunächst auf die Rhetorik der PP und auf deren repressives Vorgehen gegen die baskische Linke, um nicht weiter Stimmen an die PP zu verlieren. Am Montag wurde das 19. Führungsmitglied von Batasuna inhaftiert, dabei ist es ein Unding, die zu verhaften mit denen noch kürzlich Friedensgespräche geführt wurden.

Dass sich Zapatero und Ibarretxe über zwei Stunden lange unterhalten haben, deutet darauf hin, dass man sich trotz des in der Öffentlichkeit zur Schau gestellten Neins, intern wohl auf Grundzüge eines Vorgehens verständigt hat, falls die PSOE die Wahlen im März gewinnen sollte. Anders ist kaum zu erklären, warum Ibarretxe trotz der Ablehnung zu verhandeln daran festhält, die Abstimmung erst danach durchzuführen. Sonst wird trotz Repression die linke Unabhängigkeitsbewegung an Stärke gewinnen, woran weder Zapatero noch Ibarretxe ein Interesse haben.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastian den 17.10.2007
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Ergänzungen

Ergänzung

tierr@ 20.10.2007 - 19:37
Nicht nur kein Dialog... die Repression geht weiter:
Am Donnerstag, also am 18.10 wurden erneut zwei führende
Batasunamitglieder verhaftet und vor Garzon gestellt.
Eine Freilassung auf Kaution ist in beiden Fällen abgelehnt
worden

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Ja ja — Paul